Laut Zulassung in der Europäischen Union (EU) ist Pirtobrutinib (Jaypirca®) indiziert bei Erwachsenen mit rezidivierter oder refraktärer CLL, die zuvor mit einem kovalent bindenden BTKi behandelt worden sind [1]. Die Besonderheit der Substanz sei, dass Pirtobrutinib auch an das Wildtyp-BTK-Protein binden könne, sagte Prof. Clemens Wendtner, München. Daher ließen sich mit dem neuen Medikament vorhandene Resistenzmutationen überwinden. Wendtner verwies außerdem auf die hohe Bioverfügbarkeit, sodass einmal tägliche Verabreichungsintervalle der Tabletten ausreichten. Die ausgeprägte Spezifität des Inhibitors beeinflusse kaum andere Kinasen in ihrer Aktivität. Das wirke sich günstig auf die Verträglichkeit der Therapie aus, sagte er.
Die Zulassung in der EU erfolgte aufgrund der Ergebnisse der Phase-III-Studie BRUIN CLL-321. Teilgenommen hatten 238 mit einem BTKi vorbehandelte CLL-Patienten mit oft ungünstiger Prognose. So wies ein großer Anteil der Erkrankten charakteristische Merkmale eines aggressiven Krankheitsverlaufs auf wie TP53-Mutation und/oder 17p-Deletion sowie einen unmutierten IGHV(Immunglobulin Heavy-Chain Variable Region)-Status und einen komplexen Karyotyp. Im Median hatten sie drei Vorbehandlungen. Die Teilnehmenden hatten randomisiert im Verhältnis 1:1 die Pirtobrutinib-Monotherapie (200 mg einmal täglich) oder eine kombinierte Immunchemotherapie (Idelalisib/Rituximab oder Bendamustin/Rituximab) erhalten. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 19 Monaten betrug die progressionsfreie Überlebenszeit (PFS) 14 Monate im Vergleich zu 8,7 Monaten unter Standardtherapie (Hazard Ratio [HR] 0,54; 95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI] 0,39–0,75; p = 0,0002). Das Risiko für Krankheitsprogress oder Tod war um 46 % reduziert. Die Zeit bis zur nächsten Behandlung oder bis zum Tod (TTNT) betrug unter Pirtobrutinib im Median 24,0 versus 10,9 Monate in der Kontrollgruppe (HR 0,37; 95 %-KI 0,25–0,52; p < 0,0001) [2].
Das Pirtobrutinib war in der Regel gut vertragen worden. Häufigste unerwünschte Wirkungen vom Grad ≥ 3 sind Pneumonie (17 %), Anämie (11 %) und Husten (15 %). Sechs von 116 Patienten (5 %) brachen die Behandlung aufgrund therapiebedingter Nebenwirkungen ab. Blutungen und kardiovaskuläre Nebenwirkungen traten nur vereinzelt auf [2].
Dr. Thomas Meißner