Trotz der Vorsorgemaßnahmen würden in Deutschland immer noch 54 % der Patientinnen mit einem Zervixkarzinom in einem fortgeschrittenen Tumorstadium diagnostiziert, so Prof. Stefanie Corradini, München, bei einer Fachpresseveranstaltung. Im lokal fortgeschrittenen Stadium werden die Patientinnen seit mehr als 20 Jahren in der Erstlinie mit einer Radiochemotherapie (RCT) mit Cisplatin behandelt. Seit November 2024 kann diese bei Patientinnen der Tumorstadien III bis IVA mit Pembrolizumab (Keytruda®) ergänzt werden, wenn vorher keine definitive Therapie erfolgt ist. „Die Ergebnisse der zulassungsrelevanten Studie KEYNOTE-A18 waren sehr überzeugend, und das Gesamtüberleben konnte durch die RCT plus Pembrolizumab gefolgt von Pembrolizumab allein mit einer 43 %igen Reduktion des Sterberisikos gegenüber der alleinigen RCT deutlich verbessert werden“, fasste Conradini die Studiendaten zusammen [1]. Im fortgeschrittenen Stadium kann Pembrolizumab bereits seit 2022 in Kombination mit Chemotherapie mit oder ohne Bevacizumab eingesetzt werden, wenn die PD-L1-Expression eines persistierenden, rezidivierenden oder metastasierenden Zervixkarzinoms nachgewiesen wurde. Immunvermittelte Nebenwirkungen ließen sich heute gut managen, so Conradini.
Enorme Rolle der Immuntherapie beim fortgeschrittenen Endometriumkarzinom
„Es gibt kaum eine Patientin mit fortgeschrittenem Endometriumkarzinom, die keine Immuntherapie bekommt. In jeder Behandlungssituation gibt es Daten zur Immuntherapie, was vor einigen Jahren noch ganz anders ausgesehen hat“, konstatierte Prof. Sven Mahner, München.
Für einige dieser Immuntherapieregime müssen vorab Biomarker bestimmt werden, allen voran eine mögliche Defizienz der Mismatch Reparatur (dMMR) beziehungsweise von deren Folge: einer hohen Mikrosatelliteninstabilität (MSI-H). Diese Tumoren haben eine erhöhte Mutationslast und eine hohe Expression von Neoantigenen, weswegen sie sehr gut auf eine Immuntherapie ansprechen. Bei diesen Patientinnen mit primär fortgeschrittenen oder rezidivierenden Tumoren konnte Pembrolizumab bisher bereits als Monotherapie nach platinbasierter Vortherapie eingesetzt werden.
Außerdem war der PD-1-Inhibitor beim fortgeschrittenen Endometriumkarzinom bereits in Kombination mit dem Multityrosinkinase-Inhibitor Lenvatinib (Lenvima®) unabhängig vom dMMR-Status bei Patientinnen zugelassen, bei denen die Erkrankung während oder nach vorheriger platinbasierter Therapie weiter fortschritt.
Pembrolizumab plus Chemotherapie ohne Biomarkerbeschränkung
Im Herbst 2024 erfolgte dann die Zulassung für eine weitere Patientengruppe in einem anderen Therapiesetting, nämlich für Patientinnen mit primär fortgeschrittenem oder rezidivierendem Endometriumkarzinom, die mit einer platinbasierten Chemotherapie behandelt werden können, unabhängig von deren MMR- und PD-L1-Status. Dass in die zulassungsrelevante Studie KEYNOTE-868 (NRG GY018) auch non-dMMR-Patientinnen eingeschlossen wurden, bezeichnete Mahner als eine wichtige Stärke der Studie. Pembrolizumab führte in Kombination mit Carboplatin und Paclitaxel und danach als Monotherapie zu einer signifikanten Verbesserung des progressionsfreien Überlebens im Vergleich zu Chemotherapie plus Placebo. Das Progressions- und Sterberisiko wurde bei Patientinnen ohne dMMR/MSI-H um 43 % reduziert (Hazard Ratio [HR] 0,57; p < 0,0001), bei jenen mit dMMR/MSI-H um 66 % (HR 0,34; p < 0,0001) [2]. Obwohl die OS-Daten derzeit noch unreif sind, bezeichnete Mahner den Vorteil durch Pembrolizumab als „überzeugend für einen flächendeckenden Einsatz“. Exploratorische Analysen deuten derzeit auf einen Trend zu einem verbesserten OS in der KEYNOTE-868 [3].
Mascha Pömmerl