Diabetes mellitus Typ 1: Frühzeitige Diagnose dank Autoantikörpern

DOI: https://doi.org/10.47184/td.2023.01.10

Der Diabetes Typ 1 ist eine Autoimmunerkrankung, die gegen Beta-Zellen in den Langerhans-Inseln im Pankreas gerichtet ist. Infolge einer Insulitis kommt es mittelfristig zum kompletten Verlust der Insulinproduktion. Die Erkrankung tritt im Median mit 15 Jahren auf, kann jedoch auch im Erwachsenenalter manifest werden. Ausschlaggebend für die Prognose ist die rasche Gabe von Insulin. Eine frühzeitige Diagnose durch die Bestimmung spezifischer Autoantikörper ist daher essenziell und kann den Verlauf des Typ-1-Diabetes deutlich verbessern.

Schlüsselwörter: MODY, LADA, HLA, Blutzucker, IAA, ICA, IA-2A, GAD65, ZnT8-Ak

Im Jahr 1922, also vor 101 Jahren, wurde der erste Patient mit Diabetes mellitus Typ 1 (D. m. Typ 1) erfolgreich mit Insulin behandelt. Bis dahin war das Schicksal in aller Regel der frühe Tod wenige Monate bis Jahre nach Erstmanifestation der Erkrankung. Ca. 50 % der Fälle manifestieren sich erstmals vor dem 15. Lebensjahr, weshalb diese Form früher auch Juveniler Diabetes genannt wurde.

Die neue Nomenklatur hat viele Vorteile: Zum einen kommen immer mehr Fälle von Typ-2-Diabetes und v. a. auch Prädiabetes in jungem Alter vor. Hauptgrund dafür ist die stetige Zunahme von Übergewicht bei Kindern. Und auch in der Adoleszenz oder bei Erwachsenen kann es zur Manifestation des Typ-1-Diabetes kommen. Diese Form wird LADA genannt für „Late onset (oder auch: latent) autoimmune diabetes in adults“. Die Pathophysiologie von Typ-1- und Typ-2-Dia­betes unterscheidet sich erheblich und ist unabhängig vom Alter. Dagegen sind die Spätkomplikationen weniger abhängig vom Typ, sondern v. a. von der guten Einstellung der Blutglukose. Die Therapie des Typ-1-Diabetes ist immer von Anbeginn Insulin, während der Typ-2-Diabetes z. T. mit der Änderung der Lebensführung, v. a. Gewichtsreduktion, manchmal in den Griff zu bekommen ist. Dann stehen eine Reihe von Medikamenten, oral oder s. c., zur Verfügung; als Ultima ratio wird auch hier Insulin eingesetzt.

Neben diesen beiden Formen gibt es den Typ-3-Diabetes als Sammelbecken diverser Ursachen. Besonders interessant für die Labordiagnostik sind die monogenetisch bedingten Formen. Sie werden auch MODY für Englisch „Maturity onset diabetes of the young“ genannt. Diese treten typischerweise erstmals bei jüngeren Menschen auf. In Deutschland wurde MODY-Diabetes früher auch als Typ-3a-Diabetes bezeichnet. Typ 4 bezeichnet schließlich den Gestations- oder Schwangerschaftsdia­betes. Der Gestationsdiabetes mellitus (GDM, ICD-IO: 024.4G) ist definiert als eine Glukosetoleranzstörung, die erstmals in der Schwangerschaft mit einem 75-g-oralen Glukosetoleranztest (OGTT) diagnostiziert wird. Die Diagnose eines manifesten Diabetes während der Schwangerschaft entspricht der außerhalb einer Schwangerschaft; er gehört nicht in die Kategorie des GDM (Tab. 1).

Tab. 1: Formen des Diabetes mellitus.

Form

Definition/Ursache

Diagnostik

Therapie

Typ 1

 

Autoimmundiabetes

 

Autoimmune Insulitis; Zerstörung der Insulin-produzierenden Betazellen der Langerhans-Inseln;

absoluter Insulinmangel

Nachweis spezifischer Autoantikörper;

Insulin und C-Peptid deutlich erniedrigt bis nicht nachweisbar;

Glukose, HbA1c erhöht

Insulin (s. c.) (ausschließlich und so früh wie möglich nach Diagnose), ggfs. Ergänzung mit SGLT-2-Inhibitoren. In Studien: Transplantation von Betazellen oder Langerhans-Inseln

Typ 2

 

Insulinresistenz und/oder Sekretionsstörung; häufig assoziiert mit dem metabolischen Syndrom und assoziierten Erkrankungen wie Dyslipidämie

i. d. R. kein Nachweis spezifischer Autoantikörper;

zu Beginn der Erkrankung Insulin und C-Peptid normal, leicht bis mäßig erniedrigt oder erhöht; im Verlauf der Erkrankung kommt es zu komplettem Beta-Zellversagen infolge von Gluko- und Lipotoxizität sowie Inflammation

Glukose, HbA1c erhöht

Lebensstiländerung, Gewichts­abnahme; körperliche Bewegung; diverse orale Medikamente (Metformin, Sulfonylharnstoffe, DPP4-Hemmer, SGLT-2-Inhibitoren); s. c. GLP-1-Agonisten;

Ultima ratio: Insulin (s. c.)

Typ 3

 

diverse Ursachen; insb. alle monogenetischen Formen

Genetische Defekte (MODY), Erkrankungen des exokrinen Pankreas, Endokrinopathien, medikamentös-chemisch induziert, Infektionen u. a.

Nachweis (oder Ausschluss) monogenetischer Formen durch Gendiagnostik (wichtig für die Therapieplanung)

je nach Ursache unterschiedliche Therapieansätze. Insulin kann beim MODY in vielen Fällen zurückhaltender eingesetzt werden

Typ 4

 

Schwangerschafts- oder Gestationsdiabetes

Glukosetoleranzstörung, die erstmals in der Schwangerschaft mit einem 75-g-oralen Glukosetoleranztest (OGTT) diagnostiziert wird; meist spontane Normalisierung des Blutzuckers nach Geburt, jedoch erhöhtes Risiko, später dauerhaft einen manifesten D. m. Typ 2 zu entwickeln

OGTT (oraler Glukose-toleranztest) pathologisch

Lebensstiländerung, Ernährungsumstellung, körperliche Bewegung;

Ultima ratio: Insulin

 

orale Antidiabetika oder GLP-1-Analoga sind für Schwangere nicht zugelassen

Tab. 2: MODY – Monogenetische Formen des Diabetes mellitus (Auswahl nach [6]). 

Form

(betroffenes Gen)

ehem.

Bezeichnung

Häufigkeit

Manifestation

Symptome

Therapie

HNF4A-MODY

MODY1

5–10 %

Jugend, frühes Erwachsenenalter

schwere progrediente Hyperglykämie

Diät, Sulfonylharnstoffe, Insulin

GCK-MODY

MODY2

30–60 %

bereits bei Geburt

milde Hyperglykämie

Diät, Bewegung, ggf. Insulin i. d. Schwangerschaft

HNF1A-MODY

MODY3

30–65 %

Jugend, frühes Erwachsenenalter

ausgeprägte, schwere progrediente

Hyperglykämie, Glukosurie

Diät, Sulfonylharnstoffe, Insulin

PDX1-MODY

MODY4

1 %

frühes Erwachsenenalter

meist milde Hyperglykämie, manchmal übergewichtig

Diät, Sulfonylharnstoffe und weitere orale

Antidiabetika, Insulin

HNF1B-MODY

MODY5

< 5 %

bei Erwachsenen

ausgeprägte Hyperglykämie, renale Zysten, Anomalien des Urogenitaltrakts

Diät, Sulfonylharnstoffe und weitere orale

Antidiabetika, Insulin

Alle Formen des D. m. haben die Hyperglykämie als Leitsymptom und können deshalb insbesondere bei unzureichender Therapie zu den gleichen Spätkomplikationen führen. Insbesondere die Folgen der Makroangiopathie wie Schlaganfall und periphere Durchblutungsstörungen und der Mikroangiopathie wie Retinopathie, Nephropathie und z.B. der diabetische Fuss, als kombinierte Störung des autonome Nervensystems, einer peripherer Neuropathie und Mikro- und Makroangiopathie sind gefürchtete Folgeerkrankungen.

 

Pathophysiologie

D. m. Typ 1 ist eine Autoimmunerkrankung und stellt innerhalb der Diabetes-Formen ein völlig eigenständiges Krankheitsbild dar. Der oder die Auslöser der Autoimmunreaktion sind unklar und wie bei vielen Autoimmunerkrankungen wohl multifaktoriell (Abb. 1).

Eine genetische Komponente ist sicher vorhanden, aber weniger stark ausgeprägt als bei Typ-2-Diabetes.

Während der Typ 2 mit einer Wahrscheinlichkeit von annähernd 50 % von einem Elternteil auf ein Kind vererbt wird, sind es bei Typ 1 nur 3–5 %. Sind beide Elternteile an Typ-1-Diabetes erkrankt, steigt das Risiko auf 10–25 % an. Für einen eineiigen Zwilling liegt das Erkrankungsrisiko bei 30–50 %. Es besteht eine Assoziation des D. m. Typ 1 mit bestimmten HLA-Allelen. Dabei gibt es sowohl Risikoallele als auch protektive Allele. Neben der genetischen Komponente spielen Umwelteinflüsse eine wichtige Rolle. Assoziationen sind mit Exposition durch Strahlung und Viruserkrankungen (z. B. Coxsackie- und Herpesviren) beschrieben. Auch Darmbakterien – in Summe auch als Mikrbiom bekannt – stehen seit Längerem im Verdacht, ein Trigger für die Bildung von Insulin-Autoantikörpern zu sein. Die Entwicklung des Mikrobioms wird insbesondere in den ersten Lebensjahren vom Immunsystem überwacht. Um ein Übergreifen der Bakterien auf den Körper zu verhindern, werden auch Antikörper gegen Bakterienbestandteile gebildet. Die bekanntesten sind die Blutgruppenantikörper als kreuzreaktive Antikörper gegen Glykoproteine bestimmter Bakterien.

Bei dieser sogenannten molekularen Mimikry können auch Autoantikörper gegen andere körpereigene Strukturen entstehen. Im Zusammenhang mit der Entstehung des autoimmunen D. m. wurde kürzlich eine interessante Arbeit veröffentlicht [1]: Die Forschenden suchten systematisch nach Antigenen im Mikrobiom, die dem Insulinmolekül ähnlich sind. Insbesondere wurde auf den Abschnitt „insB:9–23“ des Insulinmoleküls gesucht, das ein häufiges Ziel der Autoantikörper bei Typ-1-Dia­betes ist. Siebzehn Proteine stimmten in ≥ 50 % der Aminosäuren mit „insB:9–23“ überein. Eines davon – „hprt4–18“ – war in Labortests fähig, T-Zellen von Betroffenen mit Typ-1-Diabetes und von NOD-Mäusen zu aktivieren (NOD = non-obese-diabetes; diese Mäuse dienen als Krankheitsmodell für Diabetes). Das Peptid „hprt4–18“ kommt im Darmbakterium Parabacteroides distasonis vor. Und tatsächlich kam es zu einer verstärkten Entzündungsreaktion in den Inselzellen der NOD-Mäuse und zu einem früheren Ausbruch des Typ-1-Dia­betes, wenn die Mäuse mit P. distasonis infiziert wurden. Eine Immunreaktion gegen Peptide des Mikrobioms könnte die Autoimmunkaskade zur Entstehung der Insulitis initiieren, die über die Bildung von Insulin-Antikörpern und die Betazell-Zerstörung in einen Typ-1-Diabetes mündet. Weiterhin fanden sich bei Kindern, bei denen das „hprt4–18“-Peptid in den Stuhlproben nachgewiesen werden konnte, deutlich häufiger Anti-Insulinantikörper. Diese sind ein frühes Zeichen eines drohenden Typ-1-Diabetes. Alles in allem zeigten die Resultate dieser Studie, dass Proteine des Mikrobioms molekulare Trigger in der Pathogenese des Typ-1-Diabetes darstellen können. Im Verlauf dieser Fehlreaktion des Immunsystems entstehen weitere typische Autoantikörper und eine Insulitis. Dabei werden die Langerhans-Inseln von Lymphozyten, überwiegend T-Zellen, infiltriert und v. a. die Betazellen zerstört. Unklar ist noch, wie die Reihenfolge der Immunreaktion verläuft. Werden zuerst Autoantikörper induziert, die dann eine Immunreaktion gegen die Betazellen auslösen? Oder kommt es zuerst z. B. durch die Infektion mit Viren oder Bakterien zu einer Zerstörung der Betazellen, was wiederum zu einer Induktion der Autoantikörperbildung führen kann?

Eine aktuelle Arbeit konnte zeigen, dass es kurz vor dem ersten Nachweis von Autoantikörpern zu starken Veränderungen der postprandialen Blutzuckerwerte kommt. Dies lässt vermuten, dass die Funktion der Betazellen beeinträchtigt ist. Dieses Ereignis geht der Autoimmunreaktion voraus und trägt möglicherweise zu ihrer Entwicklung bei [2]. Das spricht dafür, dass die fehlgesteuerte Autoimmunreaktion einer Schädigung der Betazellen folgt, dann aber wiederum zu einer weiteren Zerstörung führt. Wie bei vielen Organen ist auch bei den β-Zellen im Pankreas eine große Reserve vorhanden. Die anfängliche autoimmune Zerstörung durch T-Zellen hat daher zunächst keinen erkennbaren Einfluss auf die Blutzuckerkontrolle und verursacht auch keine sonstigen Symptome. Erst wenn mehr als 80 % der ursprünglichen Zahl an β-Zellen vernichtet sind, kommt es zu einem Insulinmangel. Dann treten die typischen Symptome einer Hyperglykämie oder Ketoazidose wie vermehrtes Wasserlassen und Durst, Schwäche und Müdigkeit auf. Zu diesem Zeitpunkt sind kaum noch Betazell-Reserven vorhanden und die eigene Insulinproduktion versiegt. So tritt schnell eine komplette Abhängigkeit von exogen zugeführtem Insulin ein.

Der Autoimmundiabetes Typ 1 tritt im Median im Alter von 15 Jahren auf, kann aber auch erst im Erwachsenenalter manifest werden (LADA s. o.). Obwohl die Pathogenese identisch ist, verläuft die Krankheit in höherem Lebensalter oft verlangsamt und Verwechslungen mit Typ-2-Diabetes sind nicht selten. Deshalb sollte in jedem Alter eine sichere Diagnose mithilfe der Labordiagnostik einschließlich der Bestimmung der spezifischen Autoantikörper erfolgen.

Labordiagnostik

Neben der Bestimmung der klassischen Diabetes-Laborparameter (Blutzucker, HbA1c, Insulin, C-Peptid) ist die Bestimmung der spezifischen Autoantikörper für die Diagnose des D. m. Typ 1 entscheidend. Die wichtigsten Antikörper sind Insulin-Autoantikörper (IAA), Inselzell-Antikörper (ICA), Antikörper gegen die Tyrosinkinase IA-2 (IA-2A), Antikörper gegen Glutamatdecarboxylase (GAD65) und Antikörper gegen den Zink-Transporter-8 (Tab. 3) [3, 4].

Tab. 3: Formen des Diabetes mellitus (nach [7]).

Antikörper

Auftreten/Nachweisbarkeit

Prävalenz bei

Erstmanifestation

Vorkommen

bei Verwandten

1. Grades

Inselzell-

Antikörper

häufig die ersten initialen Betazell-Antikörper

können schon viele Jahre vor Manifestation des D. m. nachgewiesen werden

ihre Wertigkeit wird im Vergleich zu den anderen Betazell-Antikörpern zunehmend geringer eingeschätzt

60–90 %

2–6 %

GAD65-

Antikörper

spezifisch für D. m. Typ-1 und das Stiff-Person-Syndrom
(SPS, i. d. R. sehr hohe Antikörperkonzentrationen)

können im Krankheitsverlauf des D. m. länger nachgewiesen werden als Inselzell-Antikörper (Bestätigung eines autoimmunen D. m. ist auch noch Jahre nach Erkrankungsbeginn möglich)

65–80 %

4 %

IA-2-

Antikörper

gegen eine Tyrosinphosphatase in der Inselzell-Membran gerichtet

bei Typ-1-Diabetes etwas weniger häufig positiv als Inselzell- oder GAD65-Antikörper

60–80 %

2 %

Insulin-

Antikörper

können infolge einer Insulintherapie mit exogenem Insulin oder im Rahmen eines Autoimmunprozesses entstehen

Unterscheidung von induzierten und autoimmunen Insulin-Antikörpern ist nicht möglich

Auftreten ist stark altersabhängig, spielen eine wichtige Rolle für die Risikoeinschätzung der Entwicklung eines Diabetes bei Kleinkindern

meist die ersten Autoantikörper; lassen sich oft schon mehrere Jahre vor der klinischen Manifestation eines D. m. Typ-1 nachweisen lassen

unter 5 Jahren: 100 %

 

6 bis 17 Jahre: ca. 90 %

 

über 17 Jahren: < 20 %

3 %

Zink-Transporter-8-Antikörper

werden häufig nachgewiesen, ohne dass einer der anderen etablierten Diabetes-spezifischen Autoantikörper positiv ist (in 25–30 % der Fälle); somit Steigerung der Gesamtsensitivität auf über 90 % möglich

sehr gute Korrelation des Markers mit Masse und Funktion der Betazellen

60–80 %

2 %

Für die Differenzierung zwischen einem LADA und einem Typ-2-Diabetes ist die Autoantikörperdiagnostik sehr wichtig: Je früher hier eindeutig die Diagnose eines autoimmunen Diabetes gestellt wird, umso früher kann gezielt mit Insulin therapiert werden. Inselzell-Antikörper sind in der Manifestationsphase bei Jugendlichen häufig als erstes nachweisbar und für die Pathogenese interessant. Die Wertigkeit in der Diagnostik hat jedoch aufgrund methodischer Schwierigkeiten und zusätzlicher spezifischer Antikörper abgenommen. Für die Erkennung von LADA-Patient:innen ist der Nachweis von anti-GAD65-Antikörpern am wichtigsten. Sie treten auch bei älteren Betroffenen mit einer hohen Prävalenz von ca. 80 % auf und bleiben im Krankheitsverlauf des Diabetes länger als andere Betazell-Antikörper nachweisbar.

Die Autoantikörperdiagnostik hat also mehrere wichtige Indikationen. Zum einen in früher Kindheit, insbesondere bei vorbelasteter Familienanamnese zur frühen Risikoeinschätzung für die Entwicklung eines D. m. Typ 1. Damit können Eltern und behandelnde Ärzt:innen z. B. beim Auftreten erster Symptome oder eines ketoazidotischen Komas schneller reagieren [5]. Neue Therapiemöglichkeiten können bei bestimmten Konstellationen mit hohem Risiko prophylaktisch eingesetzt werden und im besten Falle die Entwicklung des weiteren Immungeschehens und damit die Manifes­tation des D. m. stoppen. Teplizumab, ein monoklonaler Antikörper gegen CD3, wurde in den USA 2022 für diese Indikation zuge­lassen. Die Therapie soll im Stadium 2 der Erkrankung beginnen. Hier finden sich neben spezifischen Autoantikörpern tendenziell ansteigende Blutzuckerwerte. Die Therapie kann nach den vorliegenden Zulassungsstudien die Entwicklung des manifesten D. m. und die Insulinpflichtigkeit mindestens um zwei Jahre verzögern.

Des Weiteren kann der Nachweis v. a. von anti-GAD65-Antikörpern die Diagnose eines LADA, also Typ-1-Diabetes im Erwachsenenalter, bestätigen. Dies sollte zu einer sofortigen Insulintherapie führen und eine unnötige orale Therapie verhindern. Letztere kann zur vorzeitigen vollständigen Zerstörung der β-Zellen führen. So kann die Entwicklung von Spätkomplikationen bereits im Vorfeld günstig beeinflusst werden.

Ausblick

Vor hundert Jahren wurde der erste Mensch erfolgreich mit Insulin behandelt. Die bis dahin innerhalb von Wochen oder Monaten tödlich verlaufende Erkrankung hat ihren schlimmsten Schrecken verloren. Die häufig mehrmals täglich nötige Blutzuckerbestimmung und Insulingabe bedeutet aber weiterhin eine große Einschränkung der Lebensqualität, ganz abgesehen von den immer noch auftretenden Spätkomplikationen wie Schlaganfall, diabetischer Fuß, Nephropathie, Neuropathie und Makulopathie sowie der Gefahr eines diabetischen oder hypoglykämischen Komas. Die Optimierung der Blutzuckerbestimmung und Insulingabe im sog. „Closed-Loop-System“ hält rasant Einzug in die tägliche Versorgung der Betroffenen. Die Transplantation von Betazellen oder ganzer Langerhans-Inseln macht Fortschritte, ist aber noch weit davon entfernt, Therapiestandard zu werden.

Wie so oft in der Medizin ist für den schnellen Einsatz der optimalen Therapie die Diagnostik wichtige Voraussetzung. Die Autoantikörperdiagnostik ist gut etabliert und standardisiert, wird aber immer noch selten eingesetzt. Vielversprechende Therapieansätze zur Unterdrückung der Immunantwort die beim Prädiabetes eingesetzt werden, können und die Manifestation des D. m. verhindern oder zumindest verzögern. Erste Erfolge zeigte der bereits erwähnte monoklonaler Antikörper gegen CD3 (Teplizumab), der in den USA 2022 für die Therapie von Stadium 2 des Typ-1 D. m. zugelassen wurde. Es ist zu hoffen, dass diese Therapiemöglichkeiten weiterentwickelt werden. Dann muss auch intensiver über ein Autoantikörper-Screening nachgedacht werden.