Sicherung der Test- und Interpretations-Qualität

Ringversuche für die Hämostaseologie

Ringversuchsergebnisse für die Hämostaseologie weisen häufig eine höhere Variabilität auf als beispielsweise für die Klinische Chemie. Dies liegt zum Teil an der Komplexität der biochemischen Reaktionsabläufe, zum Teil auch an der Problematik stabiler lyophilisierter Kontrollmaterialien. In Kooperation mit einer niederländischen Organisation wurde ein neuer Ringversuchstyp entwickelt, der auch die klinische Interpretation mit einschließt.

Schlüsselwörter: Ringversuch, Hämostaseologie, Globaltests, Spezialtests, Von-Willebrand-Syndrom

Ein 65 Jahre alter Patient berichtet von milden Blutungszeichen mit Schleimhautblutungen und Nasenbluten. Das Blutbild zeigt leichte Anzeichen einer Anämie. Nach positivem Bluttest im Stuhl ist nun eine Koloskopie geplant. Eine mögliche hämorrhagische Diathese soll vorher klassifiziert werden. Die Gerinnungsglobaltests sind bis auf eine grenzwertige aPTT (POCT) normal.
Fragen:
Welche Tests werden mit den Gerinnungsproben durchgeführt, die Sie aus der Endoskopie bekommen haben?
Welche zusätzlichen Tests sollten angefordert werden?
Führen Sie weitere Tests nach Ihrem Ermessen durch.
Stellen Sie eine vorläufige Diagnose der Gerinnungsstörung des Patienten.

2015 startete INSTAND e. V. in Kooperation mit der niederländischen ECAT Stiftung* eine Qualitätsinitiative im Bereich der Hämostaseologie: Sie soll helfen, neben der analytischen Qualität auch die Interpretation der Laborbefunde zu verbessern. Der obige Fall ist ein Beispiel aus diesem neuen Angebot (Survey 2016-C1).

122 Krankenhäuser erhielten für den erweiterten Ringversuch eine lyophilisierte Plasmaprobe, 89 Teilnehmer schickten die Ergebnisse ihrer Stufendiagnostik ein und erhielten einen detaillierten Report mit der „Lösung des Rätsels": Die Probe stammte von einem Patienten mit einem milden Von-Willebrand-Syndrom (VWS) vom Typ 1**; er wies eine Mutation im VWF-Gen auf (c.3614 R, p.Arg1205His).

Instruktive Auswertung

Aus den sehr instruktiven Erläuterungen des Reports geht hervor, dass die Mehrzahl der Einsender eine leicht verlängerte aPTT fanden, wobei die verwendeten Reagenzien (IL, Siemens, Stago, Tcoag, Technoclone) unterschiedlich sensitiv reagierten. Auch andere Screeningtests (TPZ, TZ, Fibrinogen, AT, Reptilase etc.) fielen variabel – mit Tendenz zu leicht pathologischen Werten – aus. Sieben Labore, die eine verlängerte aPTT fanden, schlossen eine Heparin-Kontamination aus.

Die meisten Labore führten eine detaillierte Faktorenanalyse durch, die neben vereinzelten Artefakten eine Verminderung von FVIII und Von-Willebrand-Faktor (VWF) bei normalem Verhältnis von FVIII zu VWF ergab. Zwei Labore waren technisch in der Lage, die Mutation molekulargenetisch zu verifizieren.

Hohe Trefferrate

Von den 89 Teilnehmern entschieden sich 83 für ein VWS und fünf für andere Faktorenmängel; ein Labor gab eine „unklare Blutungsneigung" an. 58 Labore mit richtiger Diagnose differenzierten das VWS weiter; davon entschied sich ein gutes Drittel korrekt für Typ 1 (Verminderung von grundsätzlich funktionsfähigem VWF), etwa die Hälfte für Typ 2 (gestörte Funktion) und der Rest für Typ 3 (Fehlen von VWF).

Im abschließenden Kommentar bestätigt der Report eine insgesamt hohe Trefferrate für die Diagnose VWS bei allerdings heterogenen Angaben zum Typ. Diese Unsicherheit der Interpretation ist nach Ansicht der ECAT teils auf die Schwere des Falls (begleitender, für VWS nicht untypischer FVIII-Mangel) sowie möglicherweise durch Lyophilisierungsartefakte erklärbar.

Den Laboren, die das VWS nicht diagnostizierten, fehlte durchwegs die entscheidende technische Möglichkeit, eine adäquate VWF-Analytik durchzuführen.

Ringversuchsprogramm

Das umfangreiche Ringversuchsprogramm von INSTAND für die Hämostaseologie steht unter der Leitung von Prof. M. Spannagl und Dr. A. Dick, München, Prof. D. Peetz, Berlin und A. Giebl, Augsburg. Es umfasst aktuell 25 klassische Ringversuche sowie die eingangs beschriebene „Fallstudie Blutungsneigung" mit optionaler Zusatzanforderung einer DNA-Probe.

Die überwiegende Mehrzahl der hämostaseologischen Ringversuche bewertet gerinnungsphysiologische Methoden. Dabei wird ein breites Spektrum von Einzelfaktoren bis Globaltests in Plasma oder Vollblut angeboten. Neben den in Tab. 1 aufgeführten Profilen umfasst das Programm auch viele Einzelparameter wie etwa APC-Resistenz, Lupus-Anti­koagulans, HIT-AK, UF- und NM-Heparin, TEG/ROTEM sowie die gängigen direkten oralen Anti­koagulanzien (Apixaban, Dabigatran, Riva­roxaban etc.).

Gerade die Testung dieser neuen Medikamente ist ein hochaktuelles Thema. Steigende Teilnehmerzahlen zeigen das große Interesse an externer Qualitätskontrolle für das Monitoring der DOAKs. Ab 2018 werden auch Edoxabankontrollen angeboten. Nach aufwendiger Vorbereitung, insbesondere zur Optimierung der Logis­tik, konnte jetzt auch ein POCT-Ringversuch mit Einsatz von anti­koagulierten Vollblutproben etabliert werden.

Herstellung und Versand gerinnungsphysiologischer Ringversuche sind wegen der Komplexität der zugrunde liegenden biochemischen Prozesse eine besondere Herausforderung. Die Reaktionsabläufe werden durch zahlreiche Komponenten aus der Probenmatrix beeinflusst; deshalb ist die Variabilität der Ringversuchsergebnisse in der Hämostaseologie zum Teil höher als beispielsweise in der Klinischen Chemie. Die Bewertung der Teilnehmer innerhalb einer Reagenziengruppe ergibt je nach Testprinzip Variationskoeffizienten zwischen 5% und 12%, also zwischen „gut" und „erwartbar".

Zielwerte

In der Klinischen Chemie lässt sich die Richtigkeit häufig durch Vergleich mit absolut messenden Referenzverfahren überprüfen und gewährleisten. In der gerinnungsphysiologischen Diagnostik ist dies mit Ausnahme von Medikamentenspiegeln schon aus theoretischen Überlegungen heraus nicht möglich: Bei den einzelnen Gerinnungsfaktoren handelt es sich um Proteine mit zahlreichen Varianten und posttranslationalen Modifikationen, und Globaltests wie TPZ und aPTT lassen sich naturgemäß nicht „einwiegen" oder anderweitig absolut messen.

Für einige Analyten wie etwa die INR (international normalized ratio) sind internationale Standards etabliert, jedoch werden in der Regel die hämostaseologischen Testverfahren mithilfe von verfahrensabhängigen Konsensuswerten beurteilt. Als Zielwert dient der Konsensuswert eines Kollektivs, als Bewertungsgrenze – mit Ausnahme der RiliBÄK-pflichtigen Para­meter TPZ/INR und aPTT – der 2s-Bereich. Die funktionellen Parameter des Von-Willebrand-Faktors (RiCof, CBA und Aktivität, alle Angaben in %) können in Abhängigkeit vom verwendeten Reagenz sehr heterogene Zielwerte aufweisen.

Abb. 1 zeigt einen Vergleich der Ringversuchsergebnisse, die mit den Reagenzien von zwei unterschiedlichen Herstellern erzielt wurden. Die Einzelwerte der Teilnehmer sind aufsteigend sortiert. Den heterogenen Zielwerten liegen möglicherweise die unterschiedlichen Messprinzipien der Reagenzienkits zugrunde. Außerdem ist die Kalibration dieser Messverfahren nicht immer vergleichbar möglich.

 

Quelle

*External Quality Control of Diagnostic Assays and Tests, www.ecat.nl **Von-Willebrand-Syndrom, www.vwf.group.shef.ac.uk

Autoren
Prof. Dr. med. Michael Spannagl
Klinikum der Univ. München, ATMZH
Prof. Dr. med. Dirk Peetz
Helios Klinikum Berlin-Buch
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