Dermatoonkologie: aktuelle Daten zur Behandlung des malignen Melanoms

Beim diesjährigen ASCO-Meeting wurden unter anderem Updates zu verschiedenen Studien präsentiert, die zeigen, dass Patienten mit einem fortgeschrittenen malignen Melanom auch langfristig von einer zielgerichteten Behandlung bzw. einer Immuntherapie profitieren. Als besonders vielversprechend im palliativen Setting erwies sich auch eine immunonkologische Kombinationstherapie, bei der neben einem PD-1-Inhibitor ein neuer Checkpoint-Inhibitor zum Einsatz kam. Auch in früheren Stadien des Melanoms gab es Fortschritte. Während die adjuvante Therapie mit zielgerichteten Therapeutika und Immun-onkologika bei Patienten mit reseziertem malignem Melanom im Stadium III bereits etabliert ist, stellt die neoadjuvante Therapie des metastasierten Melanoms ein spannendes Forschungsgebiet beim schwarzen Hautkrebs dar. Auch dazu gab es beim ASCO neue Daten.

Schlüsselwörter: malignes Melanom, zielgerichtete Therapie, Immuntherapie, kutanes Melanom, Aderhautmelanom, Pembrolizumab, Nivolumab, Relatlimab, Lenvatinib, Lifileucel, autologe adoptive Zelltransfertherapie

Überzeugende Langzeitdaten

Die duale Immuntherapie mit Nivolumab (NIVO; 1 mg/kg) und Ipilimumab (IPI; 3 mg/kg) ist ein Behandlungsstandard bei Patienten mit metastasiertem Melanom. Zulassungsrelevant war die Phase-III-Studie CheckMate-067, deren 6,5-Jahres-Daten nun beim ASCO vorgestellt wurden. In der Studie waren Patienten mit zuvor unbehandeltem unresezierbarem oder metastasiertem Melanom nach 1:1:1-Randomisierung entweder mit NIVO, NIVO plus IPI oder IPI behandelt worden. Koprimäre Endpunkte sind das progressionsfreie (PFS) und das Gesamtüberleben (OS).
Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 77 Monaten lag die PFS-Rate für NIVO/IPI bei 34 %, für NIVO bei 29 % und für IPI bei 7 % – bei einem medianen PFS von 11,5 Monaten bzw. 6,9 Monaten bzw. 2,9 Monaten [1]. Für das OS lagen die Werte entsprechend bei 49 %, 42 % und 23 %, bei einem medianen OS von 72,1 Monaten bzw. 36,9 Monaten bzw. 19,9 Monaten. Nach median 6,5 Jahren war also jeder zweite Patient unter dem Einfluss der dualen Immuntherapie mit NIVO/IPI noch am Leben – ein Quantensprung im Vergleich zu den Überlebensraten beim malignen Melanom vor Einführung der Immuntherapie. Wurde allein das melanomspezifische Überleben betrachtet, das nicht-tumorbedingte Todesfälle unberücksichtigt lässt, war das Ergebnis für alle Therapiearme sogar noch besser (NIVO/IPI: Median nicht erreicht versus 58,5 Monate für NIVO und 21,9 % für IPI). Bemerkenswert war, dass alle relevanten Patienten-Subgruppen von der Behandlung profitierten, auch Patienten mit BRAF-mutierten Tumoren sowie Patienten, die bei Behandlungsbeginn bereits Lebermetastasen hatten.

Die Kombination von NIVO und IPI führt zudem zu einem dauerhaften intrakraniellen Ansprechen bei Patienten mit metastasierendem Melanom und asymptomatischen Hirnmetastasen, wie beim ASCO präsentierte Daten der Phase-II-Studie ABC zeigen. In der NIVO/IPI-Kohorte lag das intrakranielle PFS bei Patienten mit asymptomatischen, nicht vortherapierten Hirn-Metastasen nach 5 Jahren bei 46 % im Vergleich zu 6 % in der Kohorte mit einer NIVO-Monotherapie [2].
Damit bestätigte sich, dass die Behandlung von Hirnmetastasen durch die Möglichkeiten der Immuntherapie relevant verbessert werden konnte. Zwar können auch durch zielgerichtete Therapien intrakranielle hohe Ansprechraten erreicht werden, unter der dualen Immuntherapie halten die Remissionen aber deutlich länger an. Deshalb ist die Behandlung mit NIVO/IPI die bevorzugte Therapie bei Patienten mit asymptomatischen Hirnmetastasen.
Beim ASCO wurden auch zu einer zielgerichteten Therapie Langzeitdaten vorgestellt, nämlich für die Behandlung mit Vemurafenib und Encorafenib plus Binimetinib bei Patienten mit fortgeschrittenem BRAFV600-mutierten Melanom: Die Ergebnisse waren ebenfalls sehr gut, reichten aber insgesamt nicht ganz an die Überlebensraten der dualen Immuntherapie heran. Im Rahmen der Phase-III-Studie COLUMBUS hatten 577 Patienten nach 1:1:1-Randomisierung entweder Encorafenib plus Binimetinib oder Encorafenib mono oder Vemurafenib mono erhalten. Für die Gesamtpopulation der Patienten wurden eine 5-Jahres-PFS-Rate von 22,9 % und eine 5-Jahres-OS-Rate von 34,7 % dokumentiert [3].
Patienten mit einem LDH-Wert ≤ ULN profitierten mit einer 4-Jahres-PFS-Rate von 30,9 % und einer entsprechenden OS-Rate von 45,1 % in besonderem Maße von der zielgerichteten Therapie. Das war erst recht der Fall für Patienten, die neben niedrigen LDH-Werten zusätzlich noch eine geringe Tumorlast aufwiesen (5-Jahres-PFS 38,9 %, 5-Jahres-OS 47,7 %).

Ansätze zur adjuvanten …

Die adjuvante Therapie mit Pembrolizumab verbessert im Langzeitverlauf die Prognose von Patienten mit einem komplett resezierten Melanom im Stadium III und hohem Rezidivrisiko erheblich. Wie Prof. Alexander Eggermont, Utrecht, Niederlande, bereits beim ESMO 2020 in einem Update der KEYNOTE-054-Studie mit 1.019 Patienten berichtete, verlängerte eine adjuvante Therapie mit dem PD-1-Inhibitor gegenüber Placebo das rezidivfreie Überleben (RFS) in der Gesamtpopulation und in allen Subgruppen im Langzeitverlauf über 3,5 Jahre um absolut etwa 20 % (3,5-Jahres-RFS 59,8 % vs. 41,4 %; HR 0,59, p<0,001) und das fernmetastasenfreie Überleben um rund 16 % (3,5 Jahres-DMFS 68,2 % vs.51,5 %; HR 0,60; p < 0,001) [4].
Beim ASCO 2021 stellte Eggermont Daten zu 155 Patienten vor, die von der Placebogruppe in die Verumgruppe gewechselt waren (Cross-over) und zu weiteren 20 Patienten, die mindestens 6 Monate nach einer einjährigen Pembrolizumab-Behandlung eine Rechallenge mit dem CPI erhalten hatten. Die Crossover-Patienten profitierten bei weiterhin guter Verträglichkeit der Medikation von einem 3-Jahres-PFS von 32 % und einem medianen PFS von 8,5 Monaten [5] – was in etwa den Daten anderer CPI-Studien in der metastasierten Situation entspricht. Dagegen war die Wirksamkeit des CPI bei den Rechallenge-Patienten deutlich schlechter (1-Jahres- PFS 40 %, medianes PFS 4 Monate).

… und neoadjuvanten Therapie

Während die adjuvante Therapie bei resezierten Melanomen im Stadium III schon einen Stellenwert hat und weiterentwickelt wird, existiert bisher keine etablierte neoadjuvante Therapie für Patienten mit operablen Tumoren. Neoadjuvante Studien sind so konzipiert, dass aus der metastasierten Situation bewährte Therapien bei lokoregionärer Metastasierung präoperativ und vergleichsweise kurz verabreicht werden. Zielparameter ist in der Regel das Erreichen einer pathologischen Komplettremission (pCR). Bisher liegen bereits vielversprechende Studiendaten zu einer neoadjuvanten Therapie mit einer BRAF- und MEK-Inhibitor-Kombination bei Patienten mit BRAF-mutierten [6] und einer Kombination aus niedrigdosiertem IPI (1 mg/kg KG) plus NIVO (3 mg/kg KG) vor [7].
Beim ASCO wurde nun eine neue Kombination von Checkpoint-Inhibitoren vorgestellt, die sowohl im neoadjuvanten Setting beim resektablen Melanom, aber auch in nicht-resektablen, metastasierten Tumoren (s. u.) sehr vielversprechende Ergebnisse zeigte.
Bereits die Kombination aus NIVO und IPI verfolgt den prinzipiellen Ansatz, zwei unterschiedliche Checkpoints, hier PD-1 und CTLA-4, und deren nachgeschaltete Signalwege zu blockieren – mit dem Ziel, den Therapieerfolg beim Melanom weiter zu verbessern. Beim ASCO konnte mit der Kombination aus NIVO und dem Anti-LAG-3-Antikörper Relatlimab (RELA) eine neuartige duale Kombination ihre Wirksamkeit und gute Verträglichkeit bei Patienten mit Melanom im neoadjuvanten Setting zeigen.
Wie Dr. Rodabe N. Amaria, Houston, Texas, USA, berichtete, bindet der monoklonale Antikörper RELA an den Immuncheckpoint LAG-3 (lymphocyte-activation gene 3) und reaktiviert auf diese Weise die zuvor blockierte Anti-Tumoraktivität von T-Zellen [8]. In einer Studie erhielten nun 30 PD-1- und LAG-3-naive Patienten mit resektablem Melanom im Tumorstadium IIIB und IIIC oder im oligometastasierten Stadium IV zwei Dosen einer neoadjuvanten Therapie mit RELA (160 mg) plus NIVO (480 mg) q4w. Bei der anschließenden Operation wurde die pCR-Rate bestimmt, anschließend folgte eine adjuvante Therapie mit 10 Dosen RELA/NIVO.
Mit der neoadjuvanten Kombinationstherapie konnte eine hohe pCR-Rate von 59 % erzielt werden [8]. Patienten, die eine pCR oder Beinahe-pCR (bis zu 10 % lebende Tumorzellen) erreichten, wiesen nach einem medianen Follow-up von 16,2 Monaten ein verbessertes rezidiv-freies Überleben auf (p = 0,016).
Die Kombination war dabei bemerkenswert gut verträglich: In der neoadjuvanten Phase wurden keine Nebenwirkungen ab Grad 3 oder höher dokumentiert [8]. Die vielversprechende neue Kombination wird in Studien nun weiter evaluiert.

Neue Konzepte beim nicht-resektablen, metastasierten Melanom

Auch im Hinblick auf die Behandlung des nicht-resektablen, metastasierten Melanoms erreichte die neue Kombination NIVO/RELA Aufsehen. Als eines der dermatoonkologischen Highlights beim ASCO werden die Daten der zweiarmigen Zulassungsstudie RELATIVITY-047 (n = 714) beim metastasierten, nicht-resektablen Melanom angesehen [9], in der die Kombination NIVO/RELA gegen NIVO getestet wurde. Es handelt sich um die erste Phase-III-Studie überhaupt, in der die neue duale Immunkombination evaluiert wurde.
714 Patienten mit zuvor unbehandeltem, nicht-resezierbarem oder metastasiertem Melanom erhielten nach 1:1-Randomisierung entweder eine Fixdosis-Kombination aus NIVO (480 mg) und RELA (160 mg) q4w oder NIVO alleine (480 mg q4w). Primärer Studienendpunkt war das PFS, ermittelt in einem verblindeten unabhängigen zentralen Review (BICR), sekundäre Endpunkte waren das OSS und die ORR.
Wie Dr. Evan J. Lipson, MD, Baltimore, Maryland, USA, berichtete, war die mediane Zeit bis zur Krankheitsprogression unter NIVO/RELA signifikant länger als unter NIVO alleine (10,1 vs. 4,6 Monate; HR 0,75, 95%-KI 0,62–0,92; p = 0,0055) [9]. Die 12-Monats-PFS-Rate lag bei 47,7 % unter der Kombination gegenüber 36,0 % unter NIVO. Der Vorteil zugunsten der neuen Kombination betraf alle evaluierten Patientensubgruppen und war insbesondere unabhängig von der PD-L1- sowie LAG-3-Expression.

Bemerkenswert war auch hier die vergleichsweise gute Verträglichkeit der Kombination. Behandlungsassoziierte Nebenwirkungen (TRAEs) vom Grad 3/4 waren bei Patienten unter NIVO/RELA (18,9 %) zwar häufiger als unter NIVO allein (9,7 %) und führten bei 14,6 % bzw. 6,7 % der Patienten zum Therapieabbruch. Lipson betonte aber, dass die Nebenwirkungsrate der neuen Kombination geringer sei als die, die von anderen Kombinationen mit Checkpoint-Inhibitoren bekannt sei.
NIVO/RELA stellt damit eine mögliche zukünftige Erstlinien-Option für Patienten mit fortgeschrittenem Melanom dar. Die Ergebnisse für das Gesamtüberleben und die Gesamtansprechrate stehen allerdings noch aus, weil diese entsprechend dem Studiendesign erst später entblindet werden.

Wie geht es weiter mit Triplett-Therapien?

Das Konzept einer Triplett-Therapie aus der Kombination von Anti-PD(L)-1- Antikörpern mit BRAF- und MEK-Inhibitoren zur Behandlung von Patienten mit BRAFV600-mutiertem Melanom basiert auf einer potentiell synergistischen Aktivität zwischen BRAF-Inhibition und Anti-PD(L)-1-Therapie.
Die bisherigen Studienergebnisse zu diesem Ansatz waren allerdings bisher vergleichsweise bescheiden. Die erste Auswertung der Phase-III-TRILOGY (IMspire 150)-Studie, die Vemurafenib plus Cobimetinib plus den Anti-PD-L1-Antikörper Atezolizumab versus Vemurafenib/Cobimetinib testete, ergab nach rund 19 Monaten Follow-up einen statistisch signifikanten, klinisch aber relativ geringen PFS-Vorteil von ca. 4,5 Monaten für die Triplette bei moderat höherer Toxizität [10]. In der Phase-III-Studie COMBI-i, die Dabrafenib/Trametinib zusammen mit dem Anti-PD-1-Antikörper Spartalizumab versus Dabrafenib/Trametinib testete, war die Triplette der Doublette bezüglich des 1-Jahres-PFS nicht überlegen; die Studie erreichte den primären Endpunkt nicht (medianes PFS 16,2 vs. 12,0 Monate; HR 0,82) [11].
Das Triplett-Konzept wird dennoch weiter evaluiert. So wurden auf dem ASCO Daten einer Phase-I-Studie vorgestellt, in der eine verträgliche Kombination aus Encorafenib/Binimetinib mit dem PD-1-Antikörper Pembrolizumab gefunden wurde [12]. In der Phase-III-Erstlinienstudie STARBOARD soll diese Kombination nun gegen Pembrolizumab mono getestet werden.

Neue Daten zu Zweitlinientherapien

Für Patienten mit fortgeschrittenem Melanom nach Versagen einer PD(L)1-basierten Behandlung besteht ein hoher Bedarf an neuen Therapieoptionen. Es gilt, die Resistenz gegen die Immuntherapie durch eine intelligente Folgetherapie bestmöglich zu überwinden.
Aktuelle Daten der LEAP-004-Studie, die Dr. Ana Arance, Barcelona, Spanien, beim ASCO 2021 präsentierte, legen nahe, dass das durch eine Kombination aus einem Checkpoint-Inhibitor und einem geeigneten TKI gelingen könnte [13]. In der Phase-II-Studie wird derzeit die Kombination aus dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab mit dem Multikinase-Inhibitor Lenvatinib, der die Targets VEGFR-1-3, FGFR 1-4, PDGFRa, KIT und RET adressiert, bei Patienten mit fortgeschrittenem Melanom nach Progress auf eine PD-(L)1-Inhibition geprüft. Die Rationale für den gemeinsamen Einsatz von Pembrolizumab und mit dem potenten TKI besteht darin, dass Lenvatinib durch seine duale VEGFR- und FGFR-Inhibition in der Lage ist, den immunstimulatorischen Status der Tumor-Mikroumgebung zu erhöhen [14]. Auf diese Weise, so die Hoffnung, könnte die Wirksamkeit der PD-1-Inhibition verbessert und die Resistenz gegen die Immuntherapie vermindert werden [15].
In die Studie wurden 103 Patienten mit unresezierbarem Melanom im Stadium III oder metastasiertem Melanom aufgenommen, die binnen 12 Wochen nach einer Anti-PD(L)-1-Immuntherapie einen Progress erlitten hatten. Sie wurden mit der Kombination aus Pembrolizumab (200 mg i. v. q3w) für maximal 35 Zyklen und Lenvatinib (20 mg oral qd) bis zum Progress oder bis zum Auftreten inakzeptabler Toxizität behandelt. Primärer Stu-dienendpunkt war die objektive Ansprechrate (ORR), ermittelt durch BICR.
Nach einem medianen Follow-up von 15,3 Monaten betrug die ORR 21,4 %. Mit 2,9 % kompletten und 18,4 % partiellen Remissionen sowie 44,7 % Krankheitsstabilisierungen wurde eine Krankheitskontrollrate (DCR) von 66,0 % erreicht [13]. Die mediane Ansprechdauer betrug 8,3 Monate und war damit um 2 Monate länger als in einer früheren Analyse mit einem um drei Monate kürzeren Follow-up [16]. Patienten, die eine primäre oder sekundäre Resistenz gegenüber einer Anti-PD(L)1-Therapie aufwiesen (60,2 %), zeigten eine vergleichbare ORR (22,6 % bzw. 22,7 %). Das Ansprechen derjenigen Patienten, die im Vorfeld eine duale Immuntherapie aus PD(L)1- und CTLA4-Inhibitor erhalten hatten, war mit einer ORR von 33,3 % besonders hoch [13].
Das mediane PFS in der Gesamtpopulation betrug 4,2 Monate (geschätztes 12-Monats-PFS 18,5 %), das mediane OS 14,0 Monate (12-Monats-OS 54,5%) – bemerkenswert gute Werte angesichts der fortgeschrittenen Krankheitssituation der Patienten und der bestehenden Resistenz gegenüber der vorangegangenen Immuntherapie. Das Sicherheitsprofil der Kombination war konsistent mit früheren Studien, neue Sicherheitssignale traten nicht auf.
Eine weitere erfolgversprechende Zweitlinien-Therapie bei Patienten mit metastasiertem, nicht-resektablem Melanom nach PD-1-Versagen betrifft die autologe TIL(tumorinfiltrierende Lymphozyten)-Therapie mit Lifileucel [17]; sie wurde bei mehrfach vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Melanom durchgeführt, die nach multiplen Vortherapien einschließlich Anti-PD(L)-1- und BRAF/MEK-Inhibitoren ein medianes Überleben von lediglich 7 bis 8 Monaten erwarten dürfen.
In der globalen Phase-II-Studie C-144-01, in der 66 Patienten die Infusion mit Lifileucel erhielten, wurde eine ORR von 36,4 % erreicht. Erstaunlich angesichts des fortgeschrittenen Krankheitsbildes der Patienten war, dass die mediane Dauer des Ansprechens nach einem Follow-up von 33 Monaten noch nicht erreicht war [17]. Die Remissionen wurden im Verlauf der Behandlung sogar tiefer.
Besonders gute Therapieergebnisse wurden erzielt, wenn die Anti-PD(L)1-Therapie im Vorfeld möglichst kurz war. Die Autoren vermuten deshalb, dass eine frühere Intervention mit Lifileucel den klinischen Nutzen der Behandlung möglicherweise maximieren könnte.

Neues zum Aderhautmelanom

Das Aderhautmelanom ist insgesamt ein seltener Tumor, stellt aber den häufigsten Augentumor bei Erwachsenen dar und macht etwa 3 bis 5 % aller Melanome aus. Etwa jeder zweite Patient mit Aderhautmelanom entwickelt Lebermetastasen, und nur wenige profitieren von einer Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren. In der metastasierten Situation beträgt die 1-Jahres-Überlebensrate nur etwa 50 %.
Angesichts des hohen Bedarfs an neuen Behandlungsoptionen beim Aderhautmelanom erregten die Daten zur IMCgp100-202-Studie, bei der das Fusionsprotein Tebentafusp (IMCgp100) im Vergleich zu einer Behandlung nach Wahl des Prüfarztes (IC; u. a. Pembrolizumab, Ipilimumab oder Dacarbazin) beim nicht-resezierten, metastasierten Uveamelanom getestet wurde, großes Aufsehen. Tebentafusp erkennt zwei Targets – das Protein gp100, präsentiert in HLA A02:01 auf Melanomzellen, und ein zweites Target auf T-Zellen. Auf diese Weise werden Tumor- und Effektorzellen zusammengebracht und eine Immunreaktionen gegen die gp100-exprimierenden malignen Zellen erleichtert. Da das Tumorantigen gp100 von praktisch allen Aderhautmelanomen exprimiert wird, wurden die Patienten nach dem HLA- Subtyp selektiert.
Die Ergebnisse zum primären Endpunkt OS mit einem Follow-up von 14,1 Monaten wurden erstmals auf dem AACR-Kongress 2021 vorgestellt [18]. Das mediane OS im Tebentafusp-Arm betrug 21,7 Monate versus 16,0 Monate im Kontrollarm (HR 0,51; 95%-KI 0,37–0,71) – bei einer 1-Jahres-OS-Rate von 73,2 % versus 58,5 %. 45 % der Patienten entwickelten unter Tebentafusp Grad-3/4-Toxizitäten versus 17 % im Kontrollarm.
Beim ASCO 2021 wurden ergänzend Daten zum zweiten primären Endpunkt vorgestellt, nämlich zu dem OS bei Patienten, die binnen einer Woche unter der Behandlung einen Hautausschlag (Rash) jeden Grades entwickelten, im Vergleich zu den mit IC behandelten Patienten [19]. Es stellte sich heraus, dass Rash innerhalb einer Woche unter Tebentafusp mit einem noch einmal verbesserten OS im Vergleich zu IC einherging (HR 0,35; 95%-KI 0,23–0,53) bei 1-Jahres-OS-Raten von 83 % versus 58 % [19].
Für die Autoren stellt früh eintretender Rash damit einen Marker für eine Mobilisierung des Immunsystems gegenüber den gp100-exprimierenden Zielzellen dar. Dies lässt sich auch dadurch erklären, dass normale Melanozyten ebenfalls gp100 exprimieren. Die Zulassung des Fusionsproteins Tebentafusp als erste Systemtherapie des metastasierten, nicht resezierbaren Aderhautmelanoms in der EU-ist beantragt. Die Behandlung ist allerdings auf Patienten mit einem HLA-A-Typ 02:01 beschränkt, der bei etwa jedem zweiten West- und Mitteleuropäer vorliegt.

Fazit und Ausblick

Bei dem diesjährigen ASCO-Kongress stand bei den Hauttumoren wieder das Melanom im Vordergrund. Hier kündigt sich mit Nivolumab plus Relatlimab beim kutanen Melanom und mit Tebentafusp beim Aderhautmelanom die nächste Weiterentwicklung der Systemtherapie in fortgeschrittenen Stadien an. Die Langzeitdaten zu den zugelassenen Optionen (PD-1-Inhibitoren, Nivolumab plus Ipilimumab, BRAF- plus MEK-Inhibitoren) bestätigen die langfristige Wirksamkeit und Verträglichkeit.
Allerdings wurde auch der Handlungsbedarf gerade für Patienten, die auf eine Checkpoint-Inhibition nicht (mehr) ansprechen, deutlich. Hier gibt es bislang noch keine guten Konzepte, sodass für diese Patienten ein hoher Studienbedarf besteht.
Die Entwicklung beim malignen Melanom geht also auf hohem Niveau weiter und bestätigt die Bedeutung des Melanoms als Modelltumor für den klinischen Einsatz neuer Substanzen.