Ovarialkarzinom: Antikörper-Wirkstoff-Konjugat hilft bei Platinresistenz

Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC) Mirvetuximab-Soravtansin bindet an den von ovarialen Tumorzellen exprimierten Folatrezeptor alpha (FRα) und transportiert ein Zytostatikum ­direkt an den Tumor. Mit der kürzlich erteilten Zulassung besteht jetzt eine neue Therapieoption für Patientinnen, die auf platinhaltige Zytostatika nicht mehr ansprechen.

Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom (OC) erhalten nach primärer Staging- und zytoreduktiver Operation in der Regel eine platinbasierte Chemotherapie gefolgt von einer Erhaltungstherapie. „Allerdings erleiden 80 % ein Rezidiv“, wie Prof. Jalid Sehouli, Berlin, berichtete. Während 92 % der Patientinnen auf die platinbasierte Erstlinien­therapie ansprechen würden, nehme die Wirkung mit jeder weiteren Therapielinie ab.

Ein neuer Therapieansatz könnte helfen: Der FRα wird fast nur auf der Oberfläche von Ovarialzellen exprimiert – meist auch auf den OC-Zellen. Mit einem entsprechenden Antikörper, der an FRα bindet, kann der Antitubulin-Wirkstoff DM4 direkt an die Tumorzelle gebracht werden. Ein solches ADC ist Mirvetuximab-Soravtansin (Elahere®). Zwar exprimieren die meisten Frauen in der platinresistenten Situation auf der Oberfläche der Ovarialkarzinomzellen FRα, dennoch muss vor Behandlungsbeginn der Rezeptorstatus erhoben werden.

Wenn dieser für FRα positiv ausfällt, könne mit dem ADC das progressionsfreie Überleben bei vergleichsweise guter Verträglichkeit verbessert werden, berichtete Prof. Sven Mahner, München. 453 Frauen mit einem fortgeschrittenen platinresistenten Ovarialkarzinom und hoher Expression von FRα erhielten in der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie ­MIRASOL entweder Mirvetuximab-Soravtansin oder eine herkömmliche Monochemotherapie (CT), zum Beispiel Paclitaxel oder Topotecan [1].

Risiko für Tumorprogression oder Tod um ein Drittel reduziert

Das Ergebnis: Das Risiko für Tumorprogression oder Tod war in der Verumgruppe im Vergleich zur CT um 35 % ­reduziert (Hazard Ratio [HR] 0,65; 95 %-Kon­fidenzintervall [95 %-KI] 0,52–0,81; p < 0,0001). Auch das Gesamtansprechen ist mit dem ADC mehr als doppelt so hoch ausgefallen (ORR 42,4 vs. 15,9 % mit CT) wie im Kontrollarm.

Beim Gesamtüberleben (OS) konnte ein signifikanter Überlebensvorteil gezeigt werden: Der Median sei hier mit dem ADC nach 16,46 versus 12,75 Monaten mit der CT erreicht, erklärte Mahner. „Das entspricht einer Verringerung des Mortalitätsrisikos um 33 %“ (HR 0,67; 95 %-KI 0,50–0,89; p = 0,005).

Okuläre Nebenwirkungen beachten!

Während mit dem ADC 9,2 % der Patientinnen die Therapie infolge unerwünschter Effekte abgebrochen haben, lag der Anteil mit CT bei 15,9 %. Anders als bei der klassischen CT traten unter Mirvetuximab-Soravtansin vermehrt okuläre Nebenwirkungen auf: Augentrockenheit, verschwommenes Sehen und Keratopathie. Die Onkologen waren jedoch der Ansicht, dass diese Augenprobleme ebenso wie die Übelkeit gut behandelbar sind. In der ­MIRASOL-Studie brachen nur vier Teilnehmerinnen die ADC-Therapie aufgrund der okulären Nebenwirkungen ab. Dennoch rieten die Vortragenden bei dieser ADC-Therapie Ophthalmologen mit einzubinden.

Mirvetuximab-Soravtansin ist in der Europäischen Union seit 14.11.2024 nach ein bis drei vorherigen Therapielinien zugelassen: zur Monotherapie bei Frauen mit FRα-positivem, platinresistentem und hochgradig serösem epithelialem Ovarialkarzinom.

Angelika Ramm-Fischer