Jeder Laborbefund enthält neben Analyt, Messwert und Einheit eine weitere Spalte mit … ja was eigentlich genau?
Meist steht dort als Überschrift das Wort Referenzbereich, manchmal auch Normalbereich oder gar die sehr veraltete Bezeichnung Normwert – aber nur selten das, was es wirklich ist. Schaut man in die Rili-BÄK, so findet man im Abschnitt A 6.3.2 die korrekte Beschreibung des Inhalts: „Referenzbereiche oder andere Hinweise zur Interpretation der Untersuchungsergebnisse“. Deshalb sind die üblichen Spaltenüberschriften meistens zu eng gefasst. Korrekt wären Sammelbegriffe wie „Interpretationshilfe“ oder – im Amtsdeutsch der elektronischen Patientenakte – „Richtgrößen“.
Woran aber erkennt man nun, ob es sich bei der Angabe Natrium 135–145 mmol/L oder CRP < 5 mg/L um Referenz- oder Entscheidungsgrenzen handelt? Als einfache Faustregel kann gelten: Wenn sowohl eine Untergrenze als auch eine Obergrenze angegeben ist, so handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein Referenzintervall; steht dort hingegen nur ein Wert mit einem Kleiner- oder Größer-Zeichen, dann ist es eher eine Entscheidungsgrenze. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. So weisen Angaben wie ALT < 50 U/L keineswegs auf eine Entscheidungsgrenze hin, sondern auf eine fehlende Untergrenze des Referenzintervalls. Diese wäre in vielen Fällen leicht bestimmbar, lag aber früher unter der Nachweisgrenze der damals noch zu unempfindlichen Labormethoden. Hier ist unbedingt eine Aktualisierung aufgrund von Hersteller- und Literaturangaben sowie eigenen Messungen angezeigt.
Während Referenzgrenzen gesunde Populationen charakterisieren, erfordern Entscheidungsgrenzen – wie der Name schon sagt – medizinische Entscheidungen oder auch Aktionen bei Vorliegen von Krankheiten oder Krankheitsrisiken. Ihre Lage hängt von der Fragestellung ab. So spricht ein CRP-Wert über 100 mg/L für eine bakterielle Infektion, während ein Wert über 5 mg/L auch bei Entzündungen anderer Genese vorkommt und ein dauerhaft erhöhter CRP-Wert über 3 mg/L auf ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko hinweist.
Ein Beispiel
Abb. 1 zeigt Beispieldaten, die für die Erstellung von Entscheidungsgrenzen benötigt werden: In der mittleren Spalte steht der Messwert für CRP in mg/L und in der rechten Spalte die korrekte Entscheidung: 1 steht für die Positivklasse (Entzündung), 0 für die Negativklasse (keine Entzündung).