Mantelzell-Lymphom: molekulare Grundlagen und risikoadaptierte Therapie
Mantelzell-Lymphome werden von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in zwei prognostisch bedeutende Subgruppen unterteilt. Obwohl eine Vielzahl von molekularen Markern und prognostischen Faktoren beschrieben wurde ist eine genaue Prognosestellung für den einzelnen Patienten immer noch kaum möglich. Die therapeutischen Möglichkeiten haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Neben der optimierten Immunchemotherapie, die für fitte Patienten die Gabe von hochdosiertem Cytarabin beinhaltet und durch eine autologe Stammzelltransplantation konsolidiert werden sollte, steht heute eine große Zahl moderner Therapien zur Verfügung. Diese Therapieoptionen reichen von Inhibitoren des B-Zell-Rezeptors über immunmodulatorische Substanzen und BCL-2-Antagonisten bis zur CAR-T-Zell-Therapie. Trotz aller Fortschritte bleibt das Mantelzell-Lymphom derzeit eine Erkrankung, bei der es im fortgeschrittenen Stadium noch therapeutische Herausforderungen zu lösen gilt.
Schlüsselwörter: Mantelzell-Lymphom, Stammzelltransplantation, Ibrutinib, CAR-T, Rituximab, Lenalidomid, Rituximab, Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin, Prednison, Dexamethason, Cytarabin, Bendamustin, Bortezomib, Fludarabin, Temsirolimus, Venetoclax
Klassifizierung
Mantelzell-Lymphome (MCL) sind Neoplasien der B-Zell-Reihe, die durch die pathognomonische Translokation t(11;14) geprägt sind. Sie werden in zwei Subgruppen unterteilt, die sich durch unterschiedliche Entstehungsmechanismen auszeichnen. Das klassische MCL besteht typischerweise aus IGHV-unmutierten oder nur minimal mutierten B-Zellen, die üblicherweise SOX11 exprimieren. Typischerweise sind bei diesem Subtyp Lymphknoten und extranodale Gewebe betroffen. Eine Transformation in einen aggressiveren Subtyp ist möglich und meist mit dem Auftreten weiterer onkogener Aberrationen assoziiert [1, 2].
Patienten mit einem primär leukä-mischen und nicht-nodalen Phänotyp zeigen einen weniger aggressiven Verlauf [1, 3–5]. Eine Unterscheidung zwischen diesen Subtypen auf der Grundlage von klinischen Parametern ist nicht immer eindeutig möglich, und der prognostische Wert des SOX11-Expressionsstatus wird in der Literatur uneinheitlich bewertet [6, 7]. Deswegen sollte eine gemeinsame Betrachtung von klinischen und molekularen Biomarkern zur Unterscheidung herangezogen werden [7].
Aus der Gesamtheit der MCL sind darüber hinaus die deutlich selteneren In-situ Mantelzell-Neoplasien (ISMCN) abzugrenzen. Sie sind charakterisiert durch das Vorkommen von Cyclin-D1-positiven Zellen in der Mantelzone von Follikeln in lymphatischen Geweben, die keine weiteren Zeichen eines MCL aufweisen [8]. Da sie in den meisten Fällen einen indolenten Verlauf haben, müssen sie vom MCL diagnostisch abgegrenzt werden [1] (Abb. 1).

Diagnostik
Zur Diagnosestellung ist nach Definition der Weltgesundheitsorganisation sowie der deutschen und europäischen Fachgesellschaften die Detektion der Translokation t(11;14) zielführend, wenngleich die Existenz t(11,14)-negativer MCL diskutiert wird [2, 9–11]. Zum Zeitpunkt der Erstdiagnose weisen MCL-Patienten ein medianes Alter von 60 bis 65 Jahren auf, wobei Männer deutlich häufiger betroffen sind (ca. 3 : 1) [12]. 90–95 % der Patienten präsentieren sich in einem fortgeschrittenen klinischen Stadium (Ann Arbor III–IV), 51 % zeigen einen eingeschränkten Allgemeinzustand (ECOG ≥ 2) [12, 13].
Bei 91 % der Patienten liegt ein extranodaler Befall vor, der zumeist das Knochenmark (81 % der Patienten) [12], die Milz (45–60 %), die Leber (35 %) und den Gastrointestinaltrakt (15–30 %) betrifft [2]. Der Befall von anderen Organen wie Haut, Lunge, Brust- und Weichteilgewebe sowie Speicheldrüsen und Orbita ist in der Literatur beschrieben, jedoch seltener [2, 14].
Eine Beteiligung des zentralen Nervensystems (ZNS) bei Erstdiagnose ist selten (< 5 %); im weiteren Krankheitsverlauf jedoch weisen insbesondere Patienten mit hohem Ki-67-Index ein erhöhtes Risiko einer ZNS-Beteiligung auf (bis 26 %) [15].
Staging
Zur Stadieneinteilung werden die gleichen Verfahren genutzt wie bei anderen Non-Hodgkin-Lymphomen. Diese beinhalten eine vollständige körperliche Untersuchung, hämatologische und biochemische Laboranalysen und eine Computertomographie (CT), optional sind eine gastrointestinale Untersuchung und eine Knochenmarkbiopsie. Es gibt keine klare Empfehlung für eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET), da in den meisten Situationen eine CT einen ähnlichen prognostischen Wert hat. Lediglich in frühen Stadien kann eine PET zur Untersuchung des lokalen Krankheitsstadiums eine therapeutische Konsequenz haben [2, 10].
Rekurrente chromosomale und genetische Aberrationen
Die Translokation t(11;14) ist die definierende Veränderung des MCL, die durch die Annäherung von CCND1 an den Immunglobulin-Schwerketten-Enhancer zu einer Überexpression von Cyclin D1 und zur Deregulierung des Zellzyklus führt. Die Rolle als Onkogen kann durch Amplifikationen oder mRNA-Trunkierung verstärkt werden. In Tiermodellen zeigte sich, dass Cyclin D1 von sekundären genetischen Alterationen abhängig ist, um ein MCL zu erzeugen [16]. Ein komplexer Karyotyp, definiert als drei oder mehr zusätzliche Aberrationen neben t(11;14), konnte als prognostisch ungünstig beschrieben werden [17, 18].
Der Mutationsstatus des Immunglobulinschwerkettengens (IGHV) spiegelt den zellulären Ursprung des MCL wider. Klassische MCL entstehen in der Regel aus Zellen, die nicht den Reifungsschritt der somatischen Hypermutation in den Keimzentren durchlaufen haben und sind somit IGHV-unmutiert. MCL vom nicht-nodalen Typ hingegen entstehen in der Regel aus Zellen, die diesen Reifungsschritt durchlaufen haben, und sind, wie bereits zuvor diskutiert, prognostisch günstiger. In einer multivariaten Analyse zeigte sich der IGHV-Mutationsstatus als signifikanter prognostischer Marker, wohingegen die Unterscheidung zwischen klassischen und nicht-nodalen MCL keinen signifikanten prognostischen Wert behielt [4].
Hartmann und Kollegen konnten durch die Untersuchung von Einzelnukleotid-Polymorphismen Kopienzahlvariationen (CNA) mit dem unterschiedlichen Überleben von MCL-Patienten assoziieren [19]. Dort konnte eine negative prognostische Assoziation von Verlusten in den Chromosomen 9p und 1q32, doppelten Verlusten von 9p21.3, 1p32.3/33 und 2q13 sowie einer Amplifikation von 12q14 nachgewiesen werden [19]. Eine multivariate Analyse dieser Assoziationen wurde leider nicht berichtet.
In einer Analyse bei Patienten der europäischen MCL-Younger-Studie konnte ein negativer prognostischer Einfluss von Deletionen in 13q14, RB1, CDKN2A, TP53 und CDKN1B (p27) auf das Gesamtüberleben und die Zeit bis zum Therapieversagen identifiziert werden, der vom Risikoscore MIPI (Mantle Cell Lymphoma International Prognostic Index) unabhängig war [20]. In einer multivariaten Analyse unter Berücksichtigung von Deletionen in RB1, CDKN2A, TP53, CDKN1B und des Risikoscores MIPI konnten nur die Deletionen in CDKN2A (HR 2,3; p = 0,007) und TP53 (HR 2,4; p = 0,007) validiert werden.
Eine besondere Bedeutung haben dabei TP53-Mutationen, weil sie mit einer sehr schlechten Prognose assoziiert sind [21–23]. Das Gesamtüberleben (OS) von MCL-Patienten, die eine TP53-Mutation tragen und eine konventionelle Chemotherapie erhielten, war mit 1,8 gegenüber 12,7 Jahren (HR 6,2) für Patienten ohne TP53-Mutation deutlich reduziert [24]. Dieser schlechte prognostische Einfluss von mutiertem TP53 bei Patienten persistiert auch im Kontext einer Behandlung mit hochdosiertem ARA-C und autologer Stammzelltransplantation. Stefancikova und Kollegen konnten auch im MCL bestätigen, dass eine starke Assoziation zwischen TP53-Mutationsstatus und der p53-Expression besteht [25].
Der zugrunde liegende Mechanismus, warum sich mutiertes TP53 im Lymphom akkumuliert, kann mit dem Transformations-/Transkriptionsdomänen-assoziierten Protein (TRRAP) in Verbindung gebracht werden, das die natürliche Degradation von p53 regulieren kann [26]. Die Verwendung der p53-Expression als prognostischen Marker wurde in einer großen Kohorte von MCL-Patienten weiter validiert und erwies sich als unabhängig vom MIPI-Score und der Ki-67-Expression [7]. Zusammengefasst stellt die Evaluation der TP53-Mutation einen wichtigen Prognosemarker dar, der auch im Kontext einer Therapieentscheidung berücksichtigt werden sollte [20, 24, 27–30].
CDKN2A kodiert den CDK4/6-Inhibitor INK4a und den p53-Aktivator ARF. Eine Deletion von CDKN2A wird als Treiber der MCL-Progression betrachtet [6]. Ebenso konnten weitere rekurrente somatische Mutationen des MCL identifiziert werden. Häufig mutierte Gene betreffen die Zellzyklus-Regulation (z. B. TP53, ATM, RB1, POT1 und CCND1), die epigenetische Maschinerie (WHSC1, MLL2 und SMARCA4), die Zelladhäsion (BIRC3, DLC1 und ROBO2) und zentrale Wachstumssignale (NOTCH1, CCND1) [24, 25].
Risikostratifizierung
Das MCL ist durch eine hohe Varianz des Krankheitsverlaufes charakterisiert. Zur Abschätzung dieser variablen Pro-gnose hat sich der MIPI etabliert. Dieser wurde von Hoster und Kollegen entwickelt, weil die bisher entwickelten Risikoscores IPI und FLIPI nicht zuverlässig die Risikogruppen unterscheiden konnten, obwohl Bestandteile dieser Risikoscores (Alter, Allgemeinzustand und LDH) in einer multivariaten Analyse prognostischen Wert behielten.
Eine Vielzahl weiterer Patientencharakteristika wurde untersucht, um einen MCL-spezifischen Risikoscore zu erheben, wobei der Leukozytenwert im peripheren Blut als zusätzlicher prognostischer Marker bestimmt werden konnte [31]. Durch den MIPI wurden 44 % der Patienten in eine Gruppe mit niedrigem Risiko eingeteilt, deren medianes OS in der Studie nicht erreicht wurde. 35 % der Patienten wurden in eine Gruppe mit mittlerem Risiko eingeordnet, die ein medianes OS von 51 Monaten aufwies. Die übrigen 21 % der Patienten bildeten die Hochrisikogruppe mit einem medianen OS von 29 Monaten [31]. Der prognostische Wert dieses Scores konnte in einer unabhängigen und standardisiert therapierten Kohorte bestätigt werden [32].
Der MIPI ist ein in der Klinik einfach anwendbarer Risikoscore und in der Lage, zuverlässig die Prognose abzuschätzen; er spiegelt jedoch nicht vollständig die biologische Heterogenität der Erkrankung wider. Hoster und Kollegen haben deshalb den Ki-67-Index, die Zytologie und die Wachstumsmuster von Lymphknotenbiopsien untersucht und deren prognostischen Wert in Kombination mit dem MIPI analysiert. Während in univariaten Analysen eine blastoide Zytologie mit einer schlechteren Prognose assoziiert war, so zeigte sich in einer multivariaten Analyse Ki-67 als stärkster zusätzlicher Marker neben dem MIPI [33]. Die Kombination des MIPI mit dem Ki-67-Index konnte die prognostische Aussagekraft weiter verbessern [33].
Ob sich der MIPI-Score auch im Kontext moderner zielgerichteter und zellulärer Therapien betätigen lässt, muss noch gezeigt werden. Der prognostische Wert von Ki-67 scheint auch im Kontext von Ibrutinib-Therapien zu bestehen [34] (Tab. 1).
Tab. 1 Prognostische Marker mit negativem Einfluss bei MCL-Patienten. Mod. nach [35].
In klinischer Anwendung | Potential zur klinischen Anwendung |
---|---|
• Schlechter Allgemeinzustand • ZNS-Befall bei Diagnosestellung • Transformierte MCL • Blastoide oder pleomorphe Zytomorphologie • MIPI-Risikoscore • Ki-67-Index > 30 % • Komplexer Karyotyp • TP53-Mutationen oder TP53-Überexpression in der immunhistochemischen Färbung • MYC-Translokation oder -Überexpression • Unmutierter-IGHV-Status | • NOTCH1- und NOTCH2-Mutationen • CCND1 • NSD2 (WHSC1) • SWI/SNF (SMARCA4) • BIRC3 • KMT2D/MLL2 • BTK • CDKN2A • MAP3K14 • CARD11 • MCL35-RNA-Expression • Metabolisches Tumor-Volumen im PET-CT • Klonale Evolution basiert auf zirkulierender Tumor-DNA • Feststellung von minimaler Resterkrankung (MRD) per Durchflusszytometrie, PCR für IgH, t(11;14) • miRNA18b |
Therapie
Noch vor ca. 5 Jahren waren Immunchemotherapien die einzigen Optionen für Patienten mit MCL. Diese sind jedoch limitiert durch die assoziierten Nebenwirkungen wie Myelosuppression, Zweitmalignome und Infektneigung. Intensive Therapieregime mit Stammzelltransplantation sind zudem fitten Patienten vorbehalten. In den vergangenen Jahren wurden mehrere neue Therapien entwickelt, welche die Therapielandschaft für MCL revolutioniert haben [35].
Risikoadaptierte Therapie
Durch das Aufkommen der neuen Therapieoption ist eine Identifikation von Hochrisikopatienten mit geringer Ansprechrate auf konventionelle Chemotherapien entscheidend. Insbesondere Patienten mit TP53-Mutationen [24], CDKN2A-Deletionen [36], KMT2D-Mutationen [37] und komplexem Karyotyp [18]zeigen ein deutlich schlechteres Ansprechen auf Chemotherapien. Der prädiktive Wert dieser genetischen Alterationen für das Therapieansprechen scheint nicht im gleichen Maße in moderneren Therapieregimen zu bestehen. In einer Studie mit Ibrutinib-Rituximab-Lena-lidomid-Therapie zeigte sich sogar ein Trend zu einem längeren PFS in TP53-mutierten Patienten, der jedoch nicht signifikant war (HR 2; p = 0,11). Auch kombinierte Deletionen in TP53 und CDKN2A sowie ATM- und KMT2D-Mutationen zeigten keinen Einfluss auf das Therapieansprechen [38]. Bei Patienten mit Hochrisikokonstellationen sollte somit schon in der Erstlinientherapie eine Therapie mit Ibrutinib evaluiert werden, beispielsweise analog der TRIANGLE-Studie [39].
In einer Subgruppe von Patienten in einem frühen Erkrankungsstadium und einem günstigen prognostischen Profil kann eine abwartende Therapie gewählt werden [40]. Eine retrospektive Analyse aus Kanada konnte eine Patientengruppe mit verzögertem Therapiebeginn beschreiben, die mit gutem Allgemeinzustand, dem Fehlen von B-Symptomen, niedrigen LDH-Werten, geringer Tumorlast, einer nicht-blastoiden Zellmorphologie und niedrigem Ki-67-Index assoziiert war. In dieser Gruppe zeigte sich ein therapiefreies Intervall von 35 Monaten sowie ein signifikant längeres OS verglichen mit Patienten, die innerhalb von 3 Monaten nach Diagnosestellung eine Therapie begonnen haben (72 vs. 52,5 Monate). In einer multivariaten Analyse war die Therapieentscheidung nicht assoziiert mit dem OS [41]. Trotz weiterer großer retrospektiver Studien mit ähnlichen Ergebnissen kann bis heute noch nicht sicher vorhergesagt werden, welche Patienten von abwartendem Verhalten profitieren [42]; ebenso kann noch nicht sicher gesagt werden, ob diese Beobachtungen auch bei den neuen Therapieoptionen für MCL anwendbar sind.
In der klinischen Praxis sollte eine umfassende Betrachtung von genetischen Faktoren (u. a. TP53-negativ, IGHV-mutiert), niedrigem MIPI, leukämischer, nicht-nodaler Präsentation, niedrigem Ki-67 (< 30 %) und geringer Symptomlast bei der Entscheidung für eine abwartende Strategie berücksichtigt werden [6].
Frühe Krankheitsstadien
Die Diagnosestellung eines MCL in frühen Erkrankungsstadien (I–II) ist selten, nur 5–25 % der Patienten werden in diesen Stadien diagnostiziert [31]. Obwohl nur bei einem geringen Anteil von Patienten (19 %) durchgeführt, konnte gezeigt werden, dass diese Patienten von einer kombinierten Radiochemotherapie profitieren, insbesondere in Fällen mit geringer Tumorlast [9, 43].
Patienten in Stadien I–II mit großer Tumorlast oder mit einem ungünstigen Risikoprofil sollten eine systemische Therapie entsprechend der Empfehlung für fortgeschrittene Stadien erhalten [9].
Fortgeschrittene Krankheitsstadien
Die meisten Patienten in fortgeschrittenen Krankheitsstadien benötigen unmittelbar nach Indikationsstellung eine Therapie. Junge Patienten (≤ 65 Jahren) sollten dabei eine dosisintensivierte Therapie mit konsolidierender autologer Stammzelltransplantation erhalten [2, 9]. Induktionstherapien mit Cytarabin werden derzeit als klinischer Standard betrachtet, da dadurch ein deutlich längeres Therapieansprechen induziert werden konnte als mit einer alleinigen CHOP- basierten Induktionstherapie (9,1 vs.
3,9 Jahre; p = 0,038) [44]. Eine alternierende Induktionstherapie mit R-CHOP (Rituximab, Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin und Prednison) und R-DHAP (Rituximab, Dexamethason, Cytarabin und ein Platinderivat) [44] oder eine ausschließlich auf R-DHAP basierende Induktionstherapie [45] sind möglich. Die TRIANGLE-Studie des Europäischen MCL-Netzwerks untersucht, ob man auf die autologe Transplantation verzichten kann, wenn Ibrutinib in der Erstlinientherapie während der Induktion und der Erhaltungstherapie eingesetzt wird (EudraCT-Nummer: 2014-001363-12) [36]. Eine Erhaltungstherapie mit Rituximab für 3 Jahre nach der autologen Stammzelltransplantation verglichen mit einer reinen Beobachtungsgruppe führte zu einem verlängerten progressionsfreien Überleben (PFS) (83 % vs. 64 % nach 4 Jahren; p < 0,001) sowie einem verlängerten OS (89 % vs. 80 % nach 4 Jahren; p = 0,04) [45]. Allogene Stammzelltransplantationen bei jungen Patienten in der Erstlinie sind möglich [46], jedoch gibt es bisher keine klare Datengrundlage, um diese zu empfehlen [2, 9].
Bei Diagnosestellung ist ungefähr die Hälfte der Patienten über 65 Jahre alt und somit nicht primär geeignet für eine dosisintensivierte Chemotherapie [9]. Diese Patienten sollten eine Immunchemotherapie mit Rituximab erhalten, da diese ein verbessertes PFS und OS verglichen mit Chemotherapie allein zeigte [47]. Derzeit gibt es keine klare Empfehlung für die Wahl der Erstlinientherapie. Eine Behandlung mit R-CHOP oder Bendamustin und Rituximab (BR) ist möglich; BR zeigte ein signifikant längeres PFS (69,5 vs. 31,2 Monate; p < 0,0001) bei einer besseren Verträglichkeit [48]. Die Substitution von Vincristin durch Bortezomib in R-CHOP (VR-CAP) bewirkte ein deutlich längeres medianes PFS (24,7 vs. 14,4 Monate; p < 0,001) sowie ein längeres OS (64 % vs. 54 % nach 4 Jahren) im Vergleich zu R-CHOP [49]. Die Kombination Rituximab-Fludarabin-Cyclophosphamid erwies sich als sehr toxisch im Vergleich zu R-CHOP und war mit einem deutlich schlechteren OS assoziiert [50], sodass diese Therapie nicht ohne Vorbehalte empfohlen werden kann [9]. Die Kombination aus Bendamustin und Cytarabin hat sich als effektiv, jedoch auch als nebenwirkungsreich erwiesen und bleibt somit nur den fitteren älteren Patienten vorbehalten [51]. Sowohl nach alleiniger CHOP-basierter Therapie als auch nach autologer Stammzelltransplantation verlängert die Rituximab-Erhaltungstherapie das PFS und OS und stellt somit den klinischen Standard dar [9, 10, 50].
Rezidiv- und Refraktär-Therapie
Die im Vergleich zu anderen indolenten Lymphomen schlechtere Prognose des MCL ist zum Teil auf die Entwicklung einer hohen Rate an Chemotherapie-refraktären Verläufen im Rezidiv zurückzuführen. In einer EBMT-Analyse konnten wir zeigen, dass etwa 30 % der Patienten im Rezidiv nach autologer Stammzelltransplantation eine Chemotherapierefraktäre Erkrankung entwickelt haben [52]. Zielgerichtete Therapien, die unabhängig vom Wirkmechanismus der Chemotherapie angreifen, sind in dieser Situation von besonderer Bedeutung. Zu dieser Gruppe von Medikamenten gehört Ibrutinib, ein Inhibitor des BCR-Signalwegs, der im rezidivierten/refraktären (r/r) MCL eine Gesamtansprechrate (ORR) von 68 % sowie ein medianes PFS von 13,9 Monaten aufwies [53]. Auch bei Patienten mit mindestens zwei vorherigen Zyklen Bortezomib zeigte Ibrutinib eine ORR von 62,7 % [54]. In einer Phase-III-Studie wurde unter Ibrutinib ein längeres PFS als unter Temsirolimus (14,6 vs. 6,2 Monate; p < 0,0001) sowie eine bessere Verträglichkeit (68 % vs. 87 % Nebenwirkungen Grad ≥ 3) beobachtet [55]. In Kombination mit Rituximab konnte eine ORR von 88 % sowie ein medianes PFS von 43 Monaten erreicht werden [34, 56]. Aufgrund dieser Ergebnisse stellt Ibrutinib derzeit den Standard für das r/r MCL in Deutschland dar.
Patienten, die während der Therapie mit Ibrutinib einen Progress erfahren, haben eine schlechte Prognose. Das mediane OS dieser Patienten betrug nach Therapieende nur 2,9 Monate; jene Patienten, die im Rezidiv nach Ibrutinib noch eine weitere Therapie erhalten haben, zeigten ein medianes OS von 5,8 Monaten [57]. Keine der im Rezidiv nach Ibrutinib evaluierten Therapien konnte in dieser retrospektiven Analyse einen klaren Überlebensvorteil zeigen [57].
Eine sehr gute Option könnte das Medikament Venetoclax für diese Patienten darstellen, das durch Hemmung des anti-apoptotischen Proteins BCL-2 zur Apoptose führt. In der ersten Phase-I-Studie zeigten sich eine ORR von 75 % der MCL-Patienten und ein PFS von 14 Monaten [58]. In Kombination mit Ibrutinib konnte bei 62 % der Patienten ein vollständiges Ansprechen nach 16 Wochen beobachtet werden. 78 % der Patienten zeigten nach 15 Monaten ein anhaltendes Therapieansprechen [59]. Venetoclax ist jedoch aktuell für MCL in Deutschland noch nicht zugelassen (Abb. 2).

Für junge Patienten mit Rezidiv nach autologer Stammzelltherapie kann eine allogene Stammzelltransplantation eine potentiell kurative Option sein, die im Einzelfall diskutiert werden sollte [52]. Die hohe transplantationsassoziierte Mortalität von mehr als 25 % ist jedoch im Rezidiv ein limitierender Faktor dieser Therapie.
Viel Hoffnung liegt deshalb auf der Chimeric-Antigen-Receptor-T-(CAR-T)-Zell-Therapie, bei der patienteneigene T-Zellen mit einem chimären Antigen-rezeptor versehen werden, welcher Oberflächenproteine der Zielzellen binden kann. KTE-X19, eine anti-CD19 basierte CAR-T-Therapie, konnte in einer Phase-II-Studie bei 93 % der behandelten Patienten ein objektives Therapieansprechen erreichen, 67 % zeigten ein vollständiges Ansprechen auf die Therapie. Alle Patienten waren zuvor bereits mit Ibrutinib behandelt worden. Nach 12 Monaten lag das PFS bei 61 % und das OS bei 83 %. Bei dieser Hochrisikogruppe nach Ibrutinib-Versagen konnten CAR-T-Zellen eine anhaltende Wirkung induzieren.
Obwohl einige schwerwiegende Nebenwirkungen Grad ≥ 3 bei der CAR T-Zell-Therapie auftraten, erscheint die Verträglichkeit deutlich besser als bei der allogenen Stammzelltransplantation zu sein [60].
In Deutschland ist diese Therapieform in ausgewählten Zentren auf der Basis eines „Compassionate use“-Programms verfügbar.
Summary
Mantle cell lymphoma are classified by the World Health Organization into two prognostically distinct subgroups. Although many molecular and prognostic markers have been described, determination of prognosis for individual patients remains challenging. Therapeutic options have dramatically improved in recent years. Besides optimized immunochemotherapies including high-dose cytarabine in fit patients and consolidation with autologous stem cell transplantation, many new treatment options are available. These range from B-cell-receptor inhibitors, immunomodulatory substances, and BCL-2 antagonists to CAR-T cell therapies. Despite all advances, treatment of relapsed and refractory mantle cell lymphoma remains challenging.
Keywords: Mantle cell lymphoma, stem cell transplantation, ibrutinib, CAR-T cells