Inflammasom Signaling und chronische Entzündungsreaktionen
DOI: https://doi.org/10.47184/ti.2021.01.06 Inflammasome sind Multiproteinkomplexe, die typischerweise aus drei Proteinentitäten – einem Sensor, einem Adaptor und Caspase 1 – bestehen. Sie werden als Antwort auf die Erkennung von Pathogen-assoziierten molekularen Strukturen (PAMPs) oder Gefahren-assoziierten molekularen Strukturen (DAMPs) gebildet. Eine Schlüsselrolle im Inflammasom-Signalweg spielt dabei das Zymogen Pro-Caspase 1, das zunächst selbst durch Autoprozessierung aktiviert werden muss. Aktive Caspase 1 prozessiert die Vorstufen der pro-inflammatorischen Interleukine (IL) IL-1beta (IL-1β) und IL-18, die daraufhin sekretiert werden. Caspase 1 schneidet zusätzlich Gasdermin D proteolytisch, was eine spezielle, pro-inflammatorische Form des Zelltods – Pyroptose – induziert. Durch die Sekretion der pro-inflammatorischen Interleukine und Pyroptose wird eine starke Entzündungsreaktion ausgelöst. Das Ausmaß einer Inflammasom-vermittelten chronischen Entzündungsreaktion wird bei Patienten mit „gain-of-function“-Mutationen deutlich, bei denen es zu einer Überaktivierung der Inflammasom-Sensoren kommt. Diverse Mutationen in Genen, die einzelne Sensoren der Inflammasome kodieren, lösen chronische Entzündungs- und Autoimmunerkrankungen aus, die unbehandelt tödlich verlaufen können. Viele Studien haben uns gezeigt, wie essentiell präzise Regulations- und Aktivierungsmechanismen sind, um eine effektive Bekämpfung von Pathogenen zu ermöglichen und gleichzeitig unkontrollierte und damit schädliche Entzündungsreaktionen zu verhindern. Dieser Review-Artikel fasst die allgemein anerkannten Konzepte der Inflammasomforschung zusammen und gibt Einblicke in die Aktivierungsprozesse von Inflammasome-Sensoren und die Bildung von Inflammasom-Komplexen.
NLRP1, NLRP3, NLRC4, AIM2, pyrin, CAPS, ASC, inflammasome, IL-1 β, IL-18, caspase-1
Hintergrund
Die Schlüsselfunktion des angeborenen Immunsystems ist es, Krankheitserreger möglichst frühzeitig zu erkennen und unmittelbar eine effektive Immunantwort auszulösen. Dabei bedient sich das angeborene Immunsystem einer Vielzahl von Keimbahnkodierten Rezeptoren und Sensoren. Eine besondere Klasse bilden die zytosolisch lokalisierten Inflammasom-Rezeptoren, die bei einer Aktivierung eine starke Entzündungsreaktion auslösen. Im Gegensatz zu anderen Rezeptoren des angeborenen Immunsystems sind sie in der Lage, Pathogene nicht nur direkt über deren molekulare Strukturen (PAMPs), sondern auch indirekt über deren Aktivität zu erkennen. Die indirekte Erkennung umfasst die Detektion von zellulären Schäden (DAMPs), die Aktivität von bakteriellen Enzymen und Veränderungen von essentiellen zellulären Funktionen. Die Überwachung des zellulären Status stellt sicher, dass eine Immunantwort auch dann ausgelöst wird, wenn ein Pathogen sich einer direkten Erkennung entzieht, beispielsweise indem sich die Pathogene in gesonderten Kompartimenten replizieren.
Die Bandbreite an Aktivierungsmechanismen hat allerdings auch zur Folge, dass einige Rezeptoren auch in Abwesenheit eines Pathogens aktiviert werden können. Das geschieht beispielsweise durch DAMPs, die bei einer zellulären Stressantwort auf Umweltschadstoffe oder metabolischen Veränderungen gebildet werden. Darüber hinaus können ‚gain-of-function‘-Mutationen in den Komponenten der Inflammasome auch eine Autoaktivierung der Signaltransduktionskette hervorrufen. Inflammasom-Rezeptoren spielen deswegen nicht nur eine wesentliche Rolle in der Bekämpfung von diversen Infektionskrankheiten, sondern stehen auch im Zusammenhang mit einer Vielzahl von chronischen Entzündungen und Autoimmunerkrankungen [1, 2]. Gerade im Hinblick auf die Entwicklung und Verbesserung von Therapien für Patienten ist das Verständnis der Aktivierungs- und Regulationsmechanismen von Inflammasom-Rezeptoren essentiell.
Ein Alleinstellungsmerkmal von Inflammasom-Rezeptoren ist, dass die Aktivierung zur Bildung einer Signalplattform – dem sogennanten Inflammasom – führt. Mechanistisch besteht ein Inflammasom aus zwei bis drei verschiedenen Proteineinheiten: Ein aktivierter Inflammasom-Rezeptor (I) rekruitiert entweder indirekt über das Adaptorprotein apoptosis-associated speck-like protein containing a caspase recruitment domain (ASC) (II) oder direkt die Effektorprotease Caspase 1 (III), welche die weitere Signalkaskade auslöst [3, 4] (Abb. 1).