Vielfalt und Funktionsweise der GPCR
G-Protein-gekoppelte Rezeptoren haben ein sehr breites Wirkspektrum, das nicht nur durch ihre große Anzahl und Unterschiedlichkeit, sondern ebenfalls durch die variable Funktionsweise jedes einzelnen GPCR als Reaktion auf einen spezifischen externen Stimulus zustande kommt.
Die ca. 800 bislang identifizierten GPCR des Menschen durchdringen die Zellmembran in der Regel mehrfach in Form von sieben α-helikalen Proteindomänen und werden folglich als heptahelikale Transmembranrezeptoren bezeichnet. Trotz dieser Gemeinsamkeit unterscheiden sie sich teilweise sehr stark in ihrer Größe und Aminosäurenabfolge, wodurch die Affinität der Rezeptoren zu einer großen Menge unterschiedlicher Liganden zustande kommt. Die einzelnen GPCR sind außerdem in der Lage, mehr als nur einen Liganden zu binden; sie besitzen also mehrere extrazelluläre Ligandenbindungsstellen. Jeder dieser Liganden hat einen einzigartigen Effekt auf den Rezeptor, der durch die Interaktion seine Konformation in einer spezifischen Art und Weise ändert. Diese ligandeninduzierte Konformationsheterogenität der GPCR ist eine wichtige Basis für die vielfältige Funktionsweise der Rezeptoren. Teilweise wird durch eine solche Konformationsänderung eine Homo- oder Heterodimerisierung des Rezeptors gefördert, also eine Komplexbildung mit einem identischen Rezeptor oder einem anderen Protein [1].
Grundsätzlich werden durch die Konformationsänderung des Rezeptors die heterotrimeren G-Proteine aktiviert. G-Proteine sind sogenannte molekulare Schalter, die in zwei Zuständen vorliegen können: aktiv und inaktiv. In ihrer aktiven Form binden die Proteine GTP und können durch dessen Hydrolyse zu GDP in den inaktiven Zustand übergehen [2]. Es gibt eine Reihe unterschiedlicher heterotrimerer G-Proteine, die sich aus jeweils einem der 16 verschiedenen α-, fünf β- und zwölf γ-Untereinheiten des Menschen zusammensetzen können. Je nachdem welches G-Protein aktiviert ist, werden verschiedene intrazelluläre Signalkaskaden in Gang gesetzt (siehe Hauptsignalwege der GPCR) [3]. Ein Rezeptor kann gleichzeitig an mehrere unterschiedliche G-Proteine gekoppelt sein und ihre spezifische Aktivierung hängt stark von dem gebundenen extrazellulären Liganden ab [1].
In verschiedenen Zelltypen unterscheiden sich zusätzlich die Effektormoleküle des downstream Signalweges, woraus schließlich eine große Bandbreite an liganden-, zell-, rezeptor- und G-Protein-spezifischen biologischen Antworten resultiert [2]. Die Signalweiterleitung der GPCR wird außerdem durch verschiedene Regulator-Moleküle beeinflusst. Dabei handelt es sich z. B. um RGS (regulators of G-Protein signaling), GRKs (G-protein coupled receptor kinases) oder β-Arrestin, die im aktiven Zustand mithilfe von unterschiedlichen molekularen Mechanismen die GPCR-Signaltransduktion inhibieren können [4, 5].
Allgemein sind GPCR in der Lage, sehr sensibel und spezifisch auf Veränderungen des extrazellulären Milieus zu reagieren. Ein Wechsel zwischen ihrem aktiven und inaktiven Zustand kann sehr schnell erfolgen und trägt maßgeblich zur Wirkungsweise des Rezeptors bei – ebenso wie die Expressionsstärke in der Zelle. Da auch unter physiologischen Bedingungen stets Fluktuationen der Umgebung stattfinden, spiegelt die momentane Expressionsstärke der GPCR einer Zelle ihre aktuelle, spezifische Reaktion auf externe Signale wider [6].
Klassen der heterotrimeren G-Proteine
Bevor näher auf die verschiedenen Signaltransduktionswege der GPCR eingegangen wird, empfiehlt sich ein kurzer Exkurs zur Klassifizierung und Funktionsweise der unterschiedlichen heterotrimeren G-Proteine. Diese besitzen als second messenger der Signalkaskade eine zentrale Aufgabe. Je nachdem welcher G-Protein -Typ an den GPCR gekoppelt ist, verlaufen die Signalwege in verschiedene, teilweise gegensätzliche Richtungen. Insgesamt lassen sich die heterotrimeren G-Proteine in vier Familien unterteilen, wobei ausschließlich die Art der Gα-Untereinheit entscheidend für diese Einteilung ist:
- Die Gs-Familie der trimeren G-Proteine wird durch die Bindung von Katecholaminen, Glucagon, Purinen, Histamin, Vasopressin, Prostaglandin E2 und einigen Hormonen (LSH, TSH, FSH) aktiviert. Zu ihr zählen außerdem sämtliche G-Proteine, die an GPCR des Riechepithels gekoppelt sind. Die Gs-Proteine aktivieren das Effektor-Enzym Adenylatcyclase, das für den Anstieg von cAMP in der Zelle verantwortlich ist.
- Eine Subgruppe der heterotrimeren G-Proteine ist die Gi-Familie, die beispielsweise durch die Liganden Angiotensin, Glutamat, Somatostatin, Purine, verschiedene Chemokine oder Katecholamine aktiviert wird. Auch die G-Proteine, die bei der Licht- und Geschmackswahrnehmung involviert sind, gehören zu dieser Klasse und werden durch Opsine, Photonen oder Geschmacksstoffe stimuliert. Sie wirken allesamt inhibitorisch auf ihr jeweiliges Effektormolekül, bei dem es sich um Adenylatcyclase oder cGMP-Phosphodiesterase handeln kann. Als Folge sinkt die Konzentration der cAMP- bzw. cGMP-Moleküle in der Zelle.
- Wird hingegen die Gruppe der Gq-Proteine durch die Bindung von Liganden wie Bradykinin, Angiotensin oder Katecholaminen an den jeweiligen GPCR in ihren aktiven Zustand versetzt, so wird das Effektormolekül Phospholipase Cβ aktiviert, wodurch schließlich die zytoplasmatische Calciumionenkonzentration ansteigt [2].
- Die vierte Subgruppe der heterotrimeren G-Proteine wird als G12/13-Familie bezeichnet. Ihre Aktivierung erfolgt durch Bradykinin, TSH oder Bombesin und resultiert in der Stimulation der Rho-Kinase, die Veränderungen im Zytoskelett der Zelle bewirken kann [4].
Wie hier am Beispiel von Angiotensin deutlich wird, ist die Signaltransduktion bestimmter Liganden nicht nur auf eine Art von G-Protein beschränkt. Ihre Wirkweise hängt stark von der Zielzelle ab, an die sie binden, sowie dem GPCR und dessen downstream Effektormolekülen.
Hauptsignalwege der GPCR
Signaltransduktion mittels Adenylatcyclase
Ist die extrazelluläre Ligandenbindungsstelle eines GPCR nicht besetzt, so liegt der Rezeptor in seiner inaktiven Form vor. Dabei hat er an seiner intrazellulären Domäne ein heterotrimeres G-Protein gebunden, dessen α-Untereinheit mit einem GDP-Molekül assoziiert ist und somit auch in seinem inaktiven Zustand vorliegt. Bindet ein entsprechender Ligand an den G-Protein-gekoppelten Rezeptor einer Zelle, so kommt es zu einer Konformationsänderung der Transmembranhelices zueinander. Durch diesen Prozess wird dieGuanine-exchange-factor(GEF)-Domäne des Rezeptors stimuliert, die den Austausch des vom G-Protein gebundenen GDP zu einem aktivierenden GTP-Molekül katalysiert. Das nun aktive G-Protein zerfällt in seine α- und βγ Untereinheit und dissoziiert vom Rezeptor (Abb. 1).