Intoxikationen mit Medikamenten sind nach Alkohol-Intoxikationen die zweithäufigste Gruppe von behandlungspflichtigen Vergiftungen. Führend sind hier vor allem Vergiftungen mit Hypnotika (Schlafmitteln), Psychopharmaka und Analgetika [1]. Bei den Analgetika-Intoxikationen machen Paracetamol-Bestimmungen den Großteil der toxikologischen Analysen aus. Zwar gibt es auch immer wieder Opioid-Vergiftungsfälle, diese resultieren jedoch meist aus einer missbräuchlichen Einnahme zum Beispiel von Heroinersatzmedikamenten wie Methadon und nicht aus der Einnahme im Rahmen einer Schmerztherapie. Opioid-Intoxikationen werden im Artikel „Drogen in der Klinischen Analytik“ besprochen. Im Folgenden werden Vergiftungen mit dem Analgetikum Paracetamol, mit Benzodiazepinen (aus der Gruppe der Hypnotika/Sedativa) sowie mit trizyklischen Antidepressiva (TCAs) als wichtige Gruppe der Psychopharmaka näher vorgestellt. Diese Auswahl repräsentiert die am häufigsten nachgewiesenen Medikamente in unseren klinisch-toxikologischen Laboren, jedoch gibt es auch immer wieder Vergiftungsfälle mit anderen Arzneistoffen wie Antiarrhythmika oder Neuroleptika.
Paracetamol
Die Paracetamol-Vergiftung ist in Deutschland eine häufige Ursache für akutes Leberversagen. Sie ist durch Antidot-Gabe gut zu therapieren, wenn sie in den ersten 24 Stunden nach einer Paracetamol-Aufnahme erkannt wird. Bei Vergiftungen wird Paracetamol meist in suizidaler Absicht eingenommen; Überdosierungen bei Kindern im Rahmen der Therapie fiebriger Erkrankungen kommen hingegen selten vor. Bei Paracetamol handelt es sich um ein Latenzgift. Die Betroffenen haben zunächst keine oder leichte Oberbauchbeschwerden. Zum Leberversagen kommt es hingegen erst zeitversetzt nach ein bis zwei Tagen. Da die klinisch-chemischen Leberwerte ebenfalls erst verzögert ansteigen, wird bei begründetem Verdacht einer Paracetamol-Vergiftung direkt mit einer Antidot-Therapie mit Acetylcystein (ACC) begonnen. Acetylcystein fördert die Entgiftung des toxischen Paracetamol-Metaboliten N-Acetyl-Benzochinonimin (Abb. 1).