Die Deutsche Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht berichtet für das Jahr 2021 von insgesamt etwa 18.000 stationären Aufnahmen in deutschen Kliniken wegen akuter Intoxikationen durch Betäubungsmittel [1]. Während noch vor wenigen Jahren die Anzahl der Substanzen, die missbräuchlich konsumiert wurden, recht übersichtlich war, ist es inzwischen so, „dass fast alles, was psychoaktive Eigenschaften aufweist, auf dem Drogenmarkt auftauchen kann“ [2]. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Produkte oftmals nicht korrekt gekennzeichnet sind – von Risikohinweisen ganz zu schweigen. Oft wissen nicht einmal die Konsumierenden selbst, was genau sie eingenommen haben. In der Klinik gleicht die Suche nach dem Wirkstoff, der zu einer Intoxikation geführt hat, dann oftmals einer Detektivarbeit, bei der es enorm wichtig ist, die Chancen und Grenzen der Analytik von Drogeninhaltsstoffen genau zu kennen.
Analytische Messverfahren
Die Nachweisbarkeit des Drogenkonsums ist substanz-, dosis-, matrix- und methodenabhängig. Üblicherweise werden aus den Notaufnahmen der Kliniken Serumproben ins Labor geschickt. Die Konzentrationen von Drogeninhaltsstoffen im Serum ist aber sehr viel niedriger als im Urin. Dies muss bei der Interpretation der Analyseergebnisse in Abhängigkeit von der Leistungsfähigkeit der verwendeten Messmethode berücksichtigt werden. Prinzipiell kommen zwei verschiedene Messverfahren zum Einsatz: zum einen immunologische Messverfahren und zum anderen chromatographische Messverfahren. Die immunologischen Messverfahren stehen in nahezu allen klinischen Laboren zur Verfügung, oftmals rund um die Uhr. Die chromatographischen Verfahren hingegen stehen nicht in jedem Labor zur Verfügung; sie sind sehr teuer und zeitaufwendig.
Fragestellungen
In Bezug auf den Nachweis von Drogeninhaltsstoffen ergeben sich im klinischen Kontext zwei grundsätzlich verschiedene Fragestellungen: zum einen die Frage danach, ob ein Patient/eine Patientin überhaupt etwas konsumiert hat (Abstinenz oder Adhärenz), und zum anderen die Frage danach, ob eine Intoxikation vorliegt. Die Frage nach der Abstinenz oder Adhärenz ist vor allem für psychiatrische Einrichtungen von Bedeutung, wenn sich die Betroffenen beispielsweise in einer Entgiftung befinden oder wenn sie sich bei einer Therapie wegen drogeninduzierter Störungen zeitweise außerhalb der Klinik aufhalten dürfen. Die Frage nach einer möglichen Intoxikation interessiert dagegen vor allem die Notaufnahmen und Intensivstationen.
Während das Labor bei der Frage nach der Abstinenz möglichst geringe Konzentrationen an Drogeninhaltsstoffen möglichst lange nach dem Konsum noch nachweisen können muss, geht es bei einer fraglichen Intoxikation darum, auch hohe Konzentrationen noch ausreichend genau zu bestimmen.
Abgesehen von diesen grundsätzlichen Fragestellungen gibt es bei jedem einzelnen Drogeninhaltsstoff Besonderheiten, die bei der Interpretation der Analyseergebnisse berücksichtigt werden müssen.
Cannabis
Der psychoaktive Hauptwirkstoff der Cannabispflanze ist Tetrahydrocannabinol (THC); er entsteht beim Erhitzen der Cannabisblüten oder des Cannabisharzes. Im Körper wird THC zunächst zu OH-THC, das ebenfalls psychoaktiv wirksam ist, und dann weiter zu THC-COOH abgebaut (Abb. 1).