Der Nachweis toxisch wirksamer Substanzen kann in verschiedenen Szenarien wichtig sein. Neben akzidentiellen Intoxikationen oder Überdosierungen im Rahmen des Konsums von Missbrauchssubstanzen kommen zum Beispiel auch Suizidversuche oder die Beibringung durch Dritte vor. Das Substanzspektrum reicht von sehr kleinen Molekülen wie Methanol, Ethanol und Propanol bis hin zu größeren Molekülen wie etwa bestimmten Pflanzentoxinen. Dieses sehr heterogene Feld kann nicht umfassend durch ein einzelnes Analysesystem abgedeckt werden.
Besonders zeitkritisch ist die Aufklärung, wenn aus dem Ergebnis eine direkte therapeutische Konsequenz folgt. Bei einer gezielten Fragestellung für bestimmte Substanzen kann dies – in Abhängigkeit der Ausprägung der Symptomatik der Betroffenen – bereits bei der Anforderung entschieden werden. Hier sind Substanzen am wichtigsten, die eine Antidot-Therapie erfordern. Darüber hinaus bedingen einige Intoxikationen wie mit Trizyklischen Antidepressiva (TCA) aufgrund einer starken Wirkung auf kritische Organsysteme eine engmaschige, intensive Überwachung („intermediate care“; IMC).
In den Fällen, in denen keine gezielte Fragestellung vorliegt, wird die Dringlichkeit oft anhand der Symptomatik festgelegt. Prinzipiell werden toxikologische Analysen nicht nur bei konkretem Verdacht, sondern auch zum Ausschluss einer Intoxikation angefordert. Aufgrund dieser Punkte besteht – in unterschiedlicher Ausprägung – die Notwendigkeit einer möglichst raschen Diagnostik. Im Optimalfall hat man zu jeder Zeit (24/7) Zugang zu einer solchen Analytik.
Um möglichst zügig ein Ergebnis liefern zu können, spielt die initiale Auswahl des erfolgversprechendsten Analysesystems eine zentrale Rolle. Oft sind hier Informationen über die Auffindesituation, die Symptomatik sowie über klinisch-chemische Parameter der Betroffenen entscheidend. Nach Auswahl des Analysesystems wird über eine möglichst breite, ungerichtete („general unknown“) oder gerichtete („multi target“) Analyse (Screening) – meist im Serum, aber gegebenenfalls auch im Urin – versucht, relevante Substanzen zu identifizieren. Bei Urin ist zu beachten, dass substanzabhängig Metabolite miterfasst werden und dass gegebenenfalls Phase-2-Metaboliten wie zum Beispiel Glucuronide gespalten werden müssen. Danach erfolgt eine Konzentrationsabschätzung im Serum zur Einschätzung einer potenziell toxischen Wirkung. Abhängig von der Potenz der Wirkstoffe, die sich in zu erwartenden Konzentrationsbereichen widerspiegelt, müssen die Analysemethoden eine große Konzentrationsbreite abdecken. Anschließend muss die ermittelte Konzentration toxikologisch eingeordnet werden, um eine potenziell toxische Wirkung in direkter Kommunikation mit dem behandelnden ärztlichen Personal anzunehmen oder auch auszuschließen (Abb. 1).