Der Wandel der Zeit

Editorial

In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich das Kompetenzprofil für die Leitung eines Labors stark gewandelt: Vor gut 20 Jahren, als diese Zeitschrift unter dem Titel „Labormanagement aktuell“ zum ersten Mal erschien, sahen sich labormedizinische Chefärzte in erster Linie als Wissenschaftler. Die finanzielle Situation war damals noch deutlich rosiger als heute, und um das Geld sowie die damit einhergehenden Managementaufgaben sollte sich die Verwaltung kümmern. 

Auch POCT war in den 1990er-Jahren für viele noch eher ein rotes Tuch, da man die kleinen Geräte als Konkurrenz zum Zentrallabor wahrnahm. Heute gehören Satellitenlabore und zentral verwaltete POCT-Geräte zum selbstverständlichen Angebot der meisten Labore (s. a. "Update POCT-Systeme" und  "Laborversorgung mit POCT-Geräten").

In den Nullerjahren wurden dann Management und Kostenoptimierung ganz groß geschrieben: Man konnte fast den Eindruck gewinnen, dass man ohne einen Abschluss als „Master of Business Administration“ in der Labormedizin keine Chefarztstelle mehr bekleiden kann. Plötzlich ging es für die Laborleitung um den Spagat zwischen hohen Qualitätsanforderungen, kurzen Antwortzeiten und geringen Kos­ten (s. a. "Prozessoptimierung im Labor"). Mittlerweile scheinen die meisten Labore diese Problematik aber ganz gut im Griff zu haben. 

Natürlich bleibt Labormedizin auch weiterhin eine Wissenschaft. So muss der Labormanager neue Entwicklungen wie etwa das molekulardiagnostische Neugeborenenscreening bewerten können (s. a. "Update Neugeborenenscreening"), geeignete Biomarker für komplexe Krankheitsbilder – zum Beispiel die Sepsis – auswählen (s. a. "Update Sepsisdiagnostik" und "Sepsisdiagnostik") und die Sinnhaftigkeit einer Vitamin-D-Bestimmung hinterfragen, die einem Großteil der Bevölkerung einen Vitaminmangel bescheinigt (s. a. "Vitamin D – eine Übersicht über die Versorgungslage und Gesundheitseffekte").

Es kann gut sein, dass sich das Labormanagement künftig wieder weg von reinem Wirtschaftlichkeitsdenken und stärker hin zur Eigenentwicklung neuer Verfahren ausrichten muss bzw. darf: Die neue IVD-Verordnung z. B. wird vor allem Auswirkungen auf Labore haben, die selbst entwickelte Tests (LDT) einsetzen (s. a. "Auswirkungen der IVD-Verordnung auf medizinische Laboratorien"). 

Zudem schadet es nicht, wenn der Laborarzt eine gewisse Computeraffinität mitbringt. So kann die in der Rili-BÄK vorgeschriebene Überprüfung von Referenzintervallen mit etwas Hintergrundwissen und den geeigneten (kostenlosen) Softwareprogrammen auf Basis von Routinewerten aus der Labor-EDV selbst durchgeführt werden (s. a. "Referenzbereiche im medizinischen Labor" und "Referenzintervall-Überprüfung mit indirekten Verfahren"). 

Ein hohes Maß an Computeraffinität wird künftig aber vor allem für das Management von Hochdurchsatzanalysen der Genomik, schwer beherrschbaren Datenfluten und künstlich intelligenten Computern gefordert sein. Dies ist zwar nicht Thema dieses Heftes, wird aber in der nächsten Ausgabe mit dem Schwerpunkt „Mikrobiom“ wieder eine Rolle spielen. 

Autor
Dr. med. vet. Sabine Ramspott
Chefredakteurin