ASH 2020 - Neue Daten zu malignen Lymphomen
Es war eine völlig neue Erfahrung: Statt nach San Diego zu fliegen, brauchte man sich beim Kongress der American Society of Hematology (ASH) im vergangenen Dezember keinen Augenblick vom eigenen Computer wegzubewegen. Auch wer die persönliche Interaktion mit Kollegen aus aller Welt schmerzlich vermisste, konnte die präsentierten Ergebnisse – um die es ja bei einem solchen Kongress in allererster Linie geht – in gewohnter Qualität und zeitlich deutlich flexibler genießen – zum Beispiel auf dem Gebiet der malignen Lymphome, auf dem wieder allerlei Interessantes zu sehen und zu hören war. Wir bringen eine repräsentative Auswahl.
Schlüsselwörter: Hodgkin-Lymphom, periphere T-Zell-Lymphome, aggressive Non-Hodgkin-Lymphome, Mantelzell-Lymphom, indolente Non-Hodgkin-Lymphome, Haarzell-Leukämie; Pembrolizumab; Azacitidin; Brentuximab Vedotin; Nivolumab; Lenalidomid; Rituximab; Ibrutinib; Axicabtagene Ciloleucel; Venetoclax; Obinutuzumab; Polatuzumab Vedotin
Hodgkin-Lymphom
Neue effektive Kombinationen für problematische Situationen
Das Hodgkin-Lymphom (HL) ist einer der am besten heilbaren malignen Tumoren. Probleme und Raum für Optimierung bieten zum einen Rezidive bzw. therapierefraktäre Erkrankungen, zum anderen ältere bzw. multimorbide Patienten. Beim ASH-Kongress wurden drei Phase-II-Studien vorgestellt, die in diesen beiden Situationen Verbesserungen versprechen.
Zweitlinientherapien des HL werden meist von einer Hochdosis-Chemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation (ASCT) gefolgt und bringen Komplettremissionsraten zwischen 50 % und 70 %. Alison Moskowitz, New York, und Kollegen testeten in einer monozentrischen Phase-II-Studie bei bislang 39 Patienten ein neues Protokoll [Abstract #470], das neben Pembrolizumab zwei bis vier Zyklen einer Chemotherapie aus Gemcitabin, Vinorelbin und liposomalem Doxorubicin (Pembro-GVD) enthielt. Patienten mit negativem PET nach zwei bzw. vier Zyklen konnten anschließend eine ASCT erhalten.
Die Induktionstherapie war gut verträglich, und 34 Patienten (92 %) erzielten bereits nach zwei Zyklen eine Komplettremission, ein weiterer nach zwei zusätzlichen Zyklen; elf dieser Patienten erhielten nach ASCT eine Konsolidierung mit dem Antikörper-Toxin-Konjugat Brentuximab Vedotin (BV). Nach median 11,2 Monaten waren alle Patienten in anhaltender Remission.
Gemcitabin, so Moskowitz, wirkt auch immunstimulierend und könnte die Wirksamkeit der Immuncheckpoint-Inhibition unterstützen. Angesichts der hohen Raten an Komplettremissionen nach vier Zyklen Pembrolizumab-GVD kann man möglicherweise die ASCT künftig auf die Drittlinie verschieben. Daher erhalten in einer Expansions-Kohorte nun Patienten mit Komplettremission nach vier Zyklen Pembrolizumab-GVD anstelle der Transplantation 13 zusätzliche Zyklen Pembrolizumab als Erhaltungstherapie.
BV + Nivolumab für Hochrisiko-Patienten
Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem HL und mindestens einem Risikofaktor wurden in einer weiteren, multizentrischen Phase-II-Studie behandelt, die Alex Herrera, Duarte, vorstellte [Abstract #472]: An eine konventionelle Zweitlinientherapie mit nachfolgender ASCT schloss sich eine experimentelle Konsolidierung aus bis zu acht Zyklen BV und dem PD-1-Inhibitor Nivolumab an. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS) nach 18 Monaten.
48 der 59 eingeschlossenen Patienten (81 %) waren nach der ASCT in kompletter Remission, und nach 18 Monaten lag die PFS-Rate bei 95 %, die Rate für das Gesamtüberleben (OS) bei 98 %. Patienten mit zwei oder mehr Risikofaktoren waren zu 92 % progressionsfrei, solche mit drei oder mehr Faktoren zu 89 %. Von sechs Patienten konvertierten fünf erst nach Transplantation – im Verlauf der Konsolidierungsphase – zu einer Komplettremission. Es gab lediglich zwei PFS-Ereignisse: Ein Patient erlitt nach 15 Monaten ein Rezidiv, und einer verstarb an einer Pneumocystis-Pneumonie, nachdem er selbst die Prophylaxe abgesetzt hatte.
Die Therapie war verträglich, obwohl häufiger als im Prä-Transplantations-Setting immunbedingte Nebenwirkungen durch den Checkpoint-Inhibitor beobachtet wurden. Auch periphere Neuropathien und Neutropenien waren nicht selten.
Erstlinientherapie für komorbide Patienten
In einer ebenfalls multizentrischen Phase-II-Studie erhielten ältere komorbide Patienten als Erstlinientherapie BV entweder in Monotherapie (n = 26) oder in Kombination mit Dacarbazin (n = 19), Bendamustin (n = 20) oder Nivolumab (n = 20), so Christopher Yasenchak, Eugene [Abstract #471]. Der Medianwert für das PFS lag in den vier Kohorten in der genannten Reihenfolge bei 10,5, 46,8, 40,3 Monaten bzw. war im Nivolumab-Arm noch nicht erreicht; für das Gesamtüberleben waren es 77,5 – 64,0 – 46,9 Monate bzw. wiederum nicht erreicht. Die Ansprechraten waren hoch mit 92 % – 100 % – 100 % bzw. 95 %. Therapiebedingte Nebenwirkungen vom Grad ≥ 3 wurden bei 50 %, 37 %, 70 % bzw. 60 % der Patienten beobachtet, am häufigsten periphere Neuropathien (35 %, 26 %, 20 % bzw. 35 %). Es gab keine therapiebedingten Todesfälle, aber der Bendamustin-Arm musste wegen akuter Toxizitäten frühzeitig geschlossen werden. Dacarbazin und Nivolumab sind also offenbar sehr gute Kombinationspartner für BV bei Patienten, die sich für eine Kombinations-Chemotherapie nicht mehr eignen.
Periphere T-Zell-Lymphome
Gemischte Resultate mit HDAC-Inhibitor
Periphere T-Zell-Lymphome (PTCL) sind eine aggressive Entität von Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL), für die es vor allem in rezidivierten oder refraktären Stadien nur sehr wenige Behandlungsoptionen gibt. Die malignen Zellen tragen häufig multiple Mutationen in Genen für epigenetisch aktive Proteine sowie in Genen, die Bezüge zum T-Zell-Rezeptor aufweisen. Mutationen der epigenetischen Modifier TET2, IDH2 und DNMT3A waren ursprünglich die Rationale dafür, den Pan-Histon-Deacetylase-Inhibitor (HDACi) Romidepsin bei T-Zell-Lymphomen zu untersuchen. In den USA ist er bereits für die rezidivierte bzw. refraktäre Situation zugelassen – auf Basis einer Phase-II-Studie mit einer Ansprechrate von 25 % (davon 15 % komplett) und einer medianen Dauer des Ansprechens von rund 17 Monaten. Beim ASH-Kongress stellte nun Emmanuel Bachy, Lyon, die finale Analyse der französischen Phase-III-Studie Ro-CHOP vor, in der 421 Patienten mit neu diagnostiziertem PTCL sechs Zyklen CHOP und im Verumarm zusätzlich Romidepsin (12 mg/m2 an den Tagen 1 und 8 jedes Zyklus; Ro-CHOP) erhalten hatten. Beim Auftreten von Toxizitäten konnte die Dosierung auf 10 bzw. 8 mg/m2 reduziert werden [Abstract #39].
Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS), bei dem sich nach median 27,5 Monaten kein signifikanter Vorteil für Romidepsin zeigte (median 12 vs. 10,2 Monate; Hazard Ratio 0,81; p = 0,096). Beim sekundären Endpunkt des OS war der Romidepsin-Arm mit median 51,8 versus 42,9 Monaten numerisch etwas besser, die Gesamtansprechraten waren praktisch identisch (63 % vs. 60 %; Komplettremissionen 41 % vs. 37 %). Nebenwirkungen vom Grad ≥ 3 waren vor allem hämatologischer Natur und im Ro-CHOP-Arm häufiger, ebenso Unterbrechungen (36 % vs. 20 %) bzw. Dosisreduktionen der Chemotherapie (26 % vs. 15 %); Therapieabbrüche waren mit jeweils 3 % in beiden Armen selten. Während das Sicherheitsprofil damit etwa dem aus Phase-Ib/II-Studien entspricht, scheint der HDACi in der Erstlinientherapie des T-Zell-Lymphoms keinen Fortschritt zu bringen. Subgruppenanalysen sollen zeigen, so Bachy, ob bestimmte Patientenpopulationen vielleicht doch profitieren könnten.
In den USA ist Romidepsin für rezidivierte/refraktäre TCL zugelassen, die wegen der häufigen Mutationen in Genen mit Bezug zum T-Zell-Rezeptor möglicherweise dem Angriff von Immunzellen leichter entgehen können; außerdem stimulieren HDACi die PD-L1-Expression und das Ansprechen auf Checkpoint-Inhibitoren. Am M. D. Anderson Cancer Center in Houston wurde Romidepsin deshalb in einer Phase-I/II-Studie in der rezidivierten Situation in Kombination mit Pembrolizumab getestet [Abstract #645]. Die Gesamtansprechrate lag laut Swami Iyer, Houston, bei 50 %; insgesamt acht der bislang 20 behandelten Patienten erzielten eine komplette Remission, und von ihnen sind vier nach mehr als einem Jahr therapie- und rezidivfrei. Komplettremissionen korrelierten mit einer höheren Expression von PD-L1. Die Remissionen wurden vor allem bei Patienten mit anaplastischen großzelligen, angioimmunoblastischen und peripheren TCL mit TfH-Phänotyp gesehen; keiner von drei Patienten mit Mycosis fungoides sprach an, so Iyer.
Hypomethylierende Medikamente in Erstlinie vielversprechend
Mutationen in Genen für epigenetische Regulator-Proteine (TET2, DNMT3A, IDH2 oder RHOA) sind bei peripheren T-Zell-Lymphomen, vor allem bei solchen mit T-follikulärem Helfer-Phänotyp (PTCL-TfH) sehr häufig und der Grund für die Testung epigenetisch wirksamer Medikamente wie des DNA-Methyltransferase-Inhibitors Azacitidin. Nachdem die Substanz alleine und in Kombinationen in der rezidivierten/refraktären Situation Wirkung gezeigt hat, wurde sie in einer multizentrischen Phase-II-Studie als Erstlinientherapie mit CHOP kombiniert. Wie Jia Ruan, New York, berichtete [Abstract #40], erhielten 21 Patienten mit PTCL – überwiegend mit TfH, darunter vor allem angioimmunoblastische T-Zell-Lymphome – sechs Zyklen CHOP, denen beim ersten Zyklus eine siebentägige, bei den übrigen eine 14-tägige Behandlung mit oralem Azacitidin (300 mg/d) voranging. Primärer Endpunkt war eine Rate von mindestens 60 % Komplettremissionen. Die Therapie war gut verträglich, mit überwiegend hämatologischen Nebenwirkungen und einer febrilen Neutropenie bei nur etwa jedem siebten Patienten (die Gabe von Wachstumsfaktoren war obligat).
Von 20 auswertbaren Patienten sind median 15 Monate nach Ende der Therapie 15 (75 %) in kompletter Remission, bei den 17 mit PTCL-TfH sogar 88 %. Die Überlebensrate nach einem Jahr betrug für alle Patienten 80,7 %, für diejenigen mit PTCL-TfH 93,8 %. Molekulargenetische Begleituntersuchungen ergaben, dass TET2-Mutationen (bei 72 % der Patienten) signifikant mit dem Eintreten einer Komplettremission (p = 0,014) sowie mit einem längeren Gesamtüberleben korrelierten (p = 0,042), während DNMT3A-Mutationen (17 % aller Patienten) das Überleben negativ beeinflussten (p = 0,028).
Diese sehr ermutigenden Resultate mit 88 % Komplettremissionen bei PTCL-TfH-Patienten sind Anlass für eine randomisierte dreiarmige ALLIANCE/Intergroup-Studie, in der bei Patienten mit neu diagnostiziertem CD30-negativem PTCL Azacitidin/CHO(E)P mit der Kombination aus dem PI3K-Inhibitor Duvelisib und CHO(E)P sowie mit der alleinigen CHO(E)P-Chemotherapie verglichen werden soll.
Hemmung multipler Interleukine bei kutanen TCL
Eine neuartige, vielversprechende Option für kutane T-Zell-Lymphome (CTCL) ist ein Peptid-Antagonist gegen gleich drei Interleukin-Spezies (IL-2, -9 und -15), die an der Pathogenese dieser Lymphome beteiligt sind: IL-2 und IL-15 begünstigen Vermehrung und Überleben der Tumorzellen, IL-2 und IL-9 sind an der Aktivierung regulatorischer T-Lymphozyten beteiligt, die Immunreaktionen gegen Lymphomzellen behindern können, und IL-15 verstärkt vorhandene Entzündungszustände und aktiviert vor allem die an der Erkrankung beteiligten CD8-positiven T-Zellen. Von der Hemmung dieser drei Zytokine verspricht man sich daher einen starken Nutzen bei der Bekämpfung der CTCL, und diese Hemmung gelingt mit einem einzigen Molekül: Die Rezeptoren aller drei Zytokine nutzen nämlich zur Signalweiterleitung die gleiche γ-Polypeptidkette, die von dem pegylierten Peptid und Immunmodulator BNZ-1 gehemmt wird. In eine multizentrische Phase-I/II-Studie wurden bislang 30 Patienten mit therapierefraktärer Mycosis fungoides oder Sezary-Syndrom in den Stadien IB–IVB (v. a. IB und IIB) eingeschlossen, die zuvor im Median fünf Therapielinien erhalten hatten, so Christiane Querfeld, Duarte [Abstract #43].
BNZ-1 wurde i. v. verabreicht und zeigte in der Phase I in allen Dosierungen Wirkung. Unter der für die weitere Behandlung gewählten Dosierung von 2 mg/kg erzielte von 19 auswertbaren Patienten einer eine komplette und zehn eine partielle Remission, während sich bei den übrigen die Krankheit stabilisierte. Während der Nachbeobachtungs-zeit von über einem Jahr, so Querfeld, wurde kein Rezidiv registriert. Die mediane Dauer des Ansprechens beträgt für die Patienten im Phase-I-Abschnitt bislang 9,2 Monate, für die übrigen lässt sie sich noch nicht angeben. Mit diesen Ergebnissen, so Querfeld, wird nun eine Phase-III-Studie geplant.
Aggressive Non-Hodgkin-Lymphome
Prospektive Studien zu aggressiven Non-Hodgkin-Lymphomen beschränkten sich beim ASH-Kongress dieses Mal vor allem auf frühe Entwicklungsphasen und rezidivierte bzw. refraktäre Krankheitsstadien, bei denen die Heilungschancen derzeit relativ gering sind: In einer vom National Cancer Institute koordinierten Phase-Ib/II-Studie wurde die VIPOR-Kombination getestet, deren einzelne Komponenten die wichtigsten Signalwege bei diesen Tumoren hemmen sollen [Abstract #598]: Venetoclax (Hemmung des Anti-Apoptose-Proteins BCL-2), Ibrutinib (Bruton-Tyrosinkinase), Prednison, Obinutuzumab (Anti-CD20-Antikörper) und Lenalidomid (NF-κB-Signalweg). Die 53 bislang eingeschlossenen Patienten hatten im Median drei und maximal neun Vortherapien erhalten. Dafür waren die Ergebnisse beeindruckend: Von 43 auswertbaren Patienten zeigten 70 % eine Remission, die bei 49 % komplett ausfiel. Dabei schnitten follikuläre besser ab als aggressive Lymphome, die aber immerhin auch auf 56 % Remissionen (37 % komplett) kamen; hier wiederum schien der Non-GCB- gegenüber dem GCB-Subtyp im Vorteil zu sein. Auch von zehn Patienten, die bereits eine CAR-T-Zelltherapie hinter sich hatten, sprachen vier an, darunter drei komplett. 25 von 36 Remissionen dauern nach median 13 Monaten noch an, und die Verträglichkeit der Therapie war gut, mit überwiegend hämatologischen Nebenwirkungen und keinen schweren Infektionen.
In einer italienisch-australisch-US-amerikanischen Phase-Ib/II-Studie wurde in einer ähnlich stark vorbehandelten Population von Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem diffus-großzelligem B-Zell-Lymphom (DLBCL) das gegen das CD79b-Antigen gerichtete Immuntoxin Polatuzumab Vedotin mit Venetoclax und Rituximab kombiniert. Nach sechs dreiwöchigen Induktionszyklen mit allen drei Medikamenten wurden Venetoclax und Rituximab noch als achtmonatige Konsolidierung gegeben [Abstract #599]. Die von den behandelnden Ärzten bestimmte Komplettremissionsrate der 48 bisher auswertbaren Patienten betrug nach Ende der Induktion 31 % und über den ganzen – median sieben Monate langen – Beobachtungszeitraum 65 %, mit einer medianen Dauer des Ansprechens von 5,8 Monaten. Progressionsfreie und Gesamtüberlebensdauer lagen bei median 4,4 bzw. 11,0 Monaten.
CAR-T-Zellen haben sich beim rezidivierten/refraktären DLBCL als wirksam erwiesen, aber Rezidive infolge des Verlusts des CD19-Antigens auf den Lymphomzellen oder einer Hochregulierung des PD-L1-Checkpoint-Moleküls sind nicht selten. Um dieses Problem zu umgehen, wurde in einer Phase-I-Studie ein neues CAR-T-Zell-Konstrukt, das sowohl das CD19- als auch das CD22-Antigen erkennt, mit dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab kombiniert [Abstract #600]. Die Sicherheit des Produkts war gut, es traten keine schweren Zytokin-Release-Syndrome oder Neurotoxizitäten auf. Von den 29 bisher dafür auswertbaren Patienten sprachen 69 % an, 52 % mit einer Komplettremission, wobei diese Zahlen bei höheren Zelldosen auf 73 % bzw. 60 % anstiegen. Alle der zuletzt genannten Patienten mit Komplettremission sind bisher (maximal sechs Monate lang) rezidivfrei.
Chinesische Kollegen erweiterten dieses Konzept dahingehend, dass sie Patienten immunhistochemisch auf die Expression verschiedener Antigene in ihren Lymphomen testen (neben CD19 auch CD20, CD22, CD30, CD38, CD70 und PSMA [Abstract #601]). Je nach Expressionsmuster erhielten bisher 17 Patienten mit DLBCL ein Zellprodukt, das gegen zwei Antigene gerichtet war (CAR 2.0: neben CD19 noch CD20, CD22, CD38 oder CD70), während bei sieben Patienten mit primär mediastinalem B-Zell-Lymphom CD19 mit CD20, CD22 oder CD30 kombiniert wurde. Abb. 1 (links) zeigt, dass das Ansprechen auf diese neue Generation von CAR-T-Zellen beim DLBCL deutlich besser war als das auf Zellen mit einfachem Rezeptor.

In der Studie wurden auch Patienten mit weniger aggressiven Lymphom-Entitäten behandelt; wenn sie mitberücksichtigt wurden, fielen die Ergebnissen noch etwas besser aus (Abb. 1 rechts). Lediglich ein Patient entwickelte ein Zytokin-Release-Syndrom vom Grad 3, aber er konvertierte daraufhin von einer partiellen zu einer kompletten Remission.
Mantelzell-Lymphom
Sequentielle Initialtherapie vielversprechend
Die Prognose des Mantelzell-Lymphoms (MCL) ist unterschiedlich, aber auch die Formen am eher benignen Pol des Spektrums sind letztlich nicht heilbar. Jüngere, fitte Patienten erhalten meist eine Immunchemotherapie und eine ASCT, auch wenn das in randomisierten Studien das Überleben nicht verlängerte. Besonders schlecht ist die Prognose für Patienten mit Hochrisiko-Charakteristika wie TP53-Mutationen, hohem Proliferationsindex oder einer Blasten-Histologie – zumal sich nicht alle für die beschriebene aggressive Behandlung eignen.
In einer Phase-II-Studie, deren erste Resultate Zachary D. Epstein-Peterson, New York, vorstellte [Abstract #119], wurde deshalb eine neue, sequentielle Strategie erprobt: Patienten mit überwiegend Hochrisiko-Erkrankungen erhielten zunächst vier dreiwöchige Zyklen R-CHOP, an den ersten 14 Tagen jeweils begleitet von 15 mg/d Lenalidomid, danach zwei Zyklen Rituximab plus Hochdosis-Cytarabin und als dritte Komponente sechs Monate lang monatlich Rituximab sowie täglich 15 mg Lenalidomid. Nach jeder dieser drei Therapiephasen und sechs Monate nach Abschluss der gesamten Behandlung wurde die minimale Resterkrankung (MRD) im peripheren Blut bestimmt. Primärer Endpunkt war das 3-Jahres-PFS, für das eine Rate von mindestens 75 % angepeilt wurde.
Von 47 auswertbaren Patienten hatten knapp zwei Drittel eine Hochrisiko-Erkrankung und 18 % eine TP53-Mutation. 45 beendeten die Therapie planmäßig, und von ihnen erzielten 43 (91 %) eine komplette Remission. Mit einer PFS-Rate von 64 % nach drei Jahren wurde der primäre Endpunkt zunächst nicht erreicht, aber dieses Ergebnis war vor allem dadurch kontaminiert, dass nur einer der sieben TP53-mutierten Patienten (14 %) den Endpunkt erreichte; bei Patienten mit TP53-Wildtyp lag die Rate bei 85 % (p < 0,0001), und dort wirkten sich auch die übrigen Risikofaktoren nicht auf das Ergebnis aus.
Der MRD-Status sechs Monate nach Ende der Therapie korrelierte mit der Prognose: Für 14 MRD-negative Patienten war das mediane PFS mit 30,8 Monaten mehr als doppelt so lang wie bei den MRD-positiven (13,2 Monate; p = 0,02). Auffällig ist zum einen, so Epstein-Peterson, dass von zwölf Patienten elf erst nach der hochdosierten Cytarabin-Gabe MRD-negativ wurden; das unterstreicht die Wirksamkeit dieser Konsolidierung. Zum anderen hatten sechs nach Ende der gesamten Therapie MRD-negative Patienten ein halbes Jahr später wieder nachweisbare MRD im Blut: Sechs Monate Erhaltungstherapie könnten also zu kurz sein.
Früher MRD-Status prädiktiv für Therapieerfolg
Die MRD erweist sich immer mehr als wichtiger Prognoseparameter auch beim MCL. Allerdings ist die Bestimmung dort noch nicht in der täglichen Praxis etabliert, weshalb eine Phase-III-Studie der französischen Lyma-Gruppe vom Lyma-MRD-Projekt begleitet wurde, um die Bedeutung der MRD-Messung in einer typischen klinischen Situation detailliert zu dokumentieren.
In der Studie hatten 220 Patienten mit neu diagnostiziertem MCL vier Zyklen R-DHAP zur Induktion erhalten, gefolgt von einer ASCT. Anschließend waren sie randomisiert entweder nur nachbeobachtet oder mit einer Rituximab-Erhaltung behandelt worden. Die primäre Auswertung hatte bereits eine Verlängerung des ereignisfreien Überlebens, des PFS und des OS durch die Erhaltung gezeigt, die mittlerweile Standard bei solchen Patienten ist. Die MRD-Titer waren im peripheren Blut und im Knochenmark nach Ende der Induktion sowie nach der Transplantation bestimmt worden (Empfindlichkeit ≤ 10-4).
Von 195 auswertbaren Patienten waren nach der Induktion 77 % im peripheren Blut und 64 % im Knochenmark MRD-negativ, so Mary Callanan, Dijon [Abstract #120]. Dieser MRD-Status vor Transplantation war prädiktiv für PFS und OS (jeweils p < 0,0001 für peripheres Blut, im Knochenmark mit p = 0,0295 für PFS und p = 0,0407 für OS). Durch die ASCT wurde bei 94 % der Patienten MRD-Negativität im peripheren Blut und bei 81 % im Knochenmark erreicht; auch dieser Status war prädiktiv für das PFS, nicht jedoch für das OS. Bei Patienten, die zumindest zu einem der beiden Zeitpunkte MRD-negativ gewesen waren, war auch die Rituximab-Erhaltungstherapie mit einer signifikanten Verbesserung von PFS und OS assoziiert, aber auch die MRD-positiven Patienten hatten von Rituximab profitiert. Und schließlich war die Vorhersage noch ein wenig präziser, wenn der MRD-Status (prä- oder post-ASCT) mit dem PET-Status vor bzw. nach Transplantation kombiniert wurde.
Ein frühes Monitoring der minimalen Resterkrankung vor und direkt nach ASCT liefert also einen starken Prädiktor für den klinischen Erfolg der Behandlung und könnte damit einen frühen Surrogat-Endpunkt darstellen, um Patienten zu identifizieren, die eine intensivierte Therapie benötigen.
Indolente Non-Hodgkin-Lymphome
Morbus Waldenström: Kombination überlegen
Der BTK-Inhibitor Ibrutinib in Kombination mit Rituximab ist zur Behandlung erwachsener Patienten mit Waldenström-Makroglobulinämie zugelassen. Grundlage dafür waren frühe Resultate der amerikanisch-europäischen Phase-III-Studie iNNOVATE, für die beim ASH-Kongress die 5-Jahres-Daten gezeigt wurden. In der Studie hatten 150 Patienten mit Morbus Waldenström randomisiert zwei Zyklen Rituximab zusammen mit entweder Placebo oder Ibrutinib (420 mg/d) erhalten. Bereits nach gut zwei Jahren ebenso wie nach zweieinhalb Jahren war die Kombination beim primären Endpunkt des PFS signifikant überlegen gewesen – sowohl bei vorbehandelten als auch bei therapienaiven Patienten. Christian Buske, Ulm, konnte nun zeigen, dass nach median 50 Monaten die Zugabe von Ibrutinib das Risiko für Progression oder Tod um drei Viertel reduziert hatte (Medianwert nicht erreicht vs. 20,3 Monate; HR 0,25; p < 0,0001 [Abstract 336]). Nach 54 Monaten waren etwa zwei Drittel der Patienten unter der Kombination (68 %), aber nur ein Viertel derer unter Rituximab-Monotherapie progressionsfrei am Leben. Dieser Vorteil der Kombination galt für vorbehandelte ebenso wie therapienaive Patienten und war auch unabhängig von allen untersuchten Patientencharakteristika, darunter dem Mutationsstatus bezüglich der Gene MYD88 und CXCR4, der ansonsten die Prognose beeinflussen kann.
Auch die Rate an mindestens partiellen Remissionen war im Kombinationsarm mehr als verdoppelt (76 % vs. 31 %; p > 0,0001), und der Anteil an sehr guten partiellen Remissionen hatte sich nach fünf Jahren von initial 11 % auf 29 % erhöht. Der Anteil an Patienten, deren Hämoglobinwerte sich verbesserten, war im Kombinationsarm ebenfalls höher (77 % vs. 43 %; p < 0,0001). Noch nicht unterschiedlich sind die Gesamtüberlebensraten mit 86 % versus 84 % nach 54 Monaten; beinahe die Hälfte der Patienten im Rituximab-Arm hat nach einer bestätigten Progression Ibrutinib als Monotherapie erhalten. Eine Folgebehandlung nach der primären Studientherapie war im Kombinationsarm nach 54 Monaten bei insgesamt 87 % der Patienten noch nicht nötig, während lediglich 29 % im Rituximab-Arm darauf verzichten konnten. Die Verträglichkeit ist weiterhin gut: Von zwölf Patienten im Kombinationsarm mit Vorhofflimmern vom Grad 3/4 mussten lediglich drei Ibrutinib absetzen.
CAR-T-Zellen auch bei indolenten NHL wirksam
Indolente NHL, darunter vor allem das follikuläre und das Marginalzonen-Lymphom, schreiten zwar im Allgemeinen langsam fort, aber sie zeigen nach den gängigen Standardtherapien in aller Regel Rezidive, die mit jeder Therapielinie schneller eintreten. In der Phase-II-Studie ZUMA-5 wurde bei diesen beiden Entitäten die CAR-T-Zelltherapie mit Axicabtagen Ciloleucel (Axi-Cel) getestet, die bereits zur Behandlung rezidivierter oder refraktärer aggressiver NHL zugelassen ist.
Der chimäre Antigen-Rezeptor in Axi-Cel richtet sich gegen das CD19-Antigen auf B-Lymphozyten. Eingeschlossen in ZUMA-5 wurden bislang 146 Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem follikulärem (FL; n = 124) oder Marginalzonen-Lymphom (MZL; n = 22), von denen fast zwei Drittel zuvor mindestens drei Therapielinien erhalten hatten und zwei von drei gegen die letzte vorangegangene Therapie refraktär gewesen waren, so Caron Jacobson, Boston [Abstract 700].
Bei den 104 auswertbaren Patienten, darunter 84 mit FL, lag nach median 17,5 Monaten die Gesamtansprechrate bei 92 %, die Komplettremissionsrate bei 76 %; bei den FL waren die Werte mit 94 % bzw. 80 % etwas höher als bei den MZL (85 % bzw. 60 %). Das Ansprechen war unabhängig von allen gängigen Risikofaktoren (FLIPI, Frührezidive, Tumormasse, Refraktärität oder Zahl der Vortherapien). Zum Auswertungszeitpunkt waren 62 % aller Patienten weiterhin in Remission, die 1-Jahres-Raten für Dauer des Ansprechens, PFS und OS lagen bei 72 %, 74 % und 93 %.
Die häufigsten Nebenwirkungen vom Grad ≥ 3 waren hämatologischer Natur, ein Zytokin-Release-Syndrom dieser Schweregrade wurde bei 6 % der Patienten mit FL und bei 9 % derer mit MZL beobachtet, entsprechende Neurotoxizitäten bei 15 % bzw. 41 %. Die meisten dieser Nebenwirkungen waren reversibel; es gab drei Todesfälle, von denen nur einer mit der Therapie zusammenhing.
Nach zwölf Monaten anhaltende Remissionen waren mit höheren Konzentrationen an CAR-T-Zellen in der Zirkulation assoziiert. Die Therapie mit Axi-Cel stellt eine wirksame und insgesamt gut verträgliche Salvage-Behandlung von Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem FL und MZL dar, so Jacobson.
Haarzell-Leukämie
Gut mit Purin-Analogon behandelbar
Die Haarzell-Leukämie ist eine lymphoproliferative Erkrankung mit exzellenter Prognose, die standardmäßig mit Purin-Analoga behandelt wird. Weil Rezidive trotzdem möglich sind, werteten italienische Hämatologen retrospektiv eine Kohorte von 513 Patienten aus, die zwischen 1991 und 2019 Cladribin in der Erstlinie erhalten hatten.
Die Patienten waren überwiegend in sehr gutem Allgemeinzustand gewesen, so Marianna Criscuolo, Rom [Abstract #341]. 83 % sprachen auf die Therapie an, 335 (65 %) mit einer kompletten und 96 (19 %) mit einer partiellen Remission, und 40 weitere Patienten (8 %) erzielten zumindest eine hämatologische Verbesserung. Beinahe drei Viertel der Non-Responder sprachen auf eine anschließende Salvage-Therapie an.
Eine komplette Remission nach Cladribin korrelierte mit höheren Hämoglobinwerten, einem geringeren Anteil zirkulierender Haarzellen, dem Fehlen einer Splenomegalie und einer schnelleren Erholung der Neutrophilen-Zahlen. Die Art der Verabreichung (i. v. versus s. c.) spielte keine Rolle. Die mediane Dauer des Ansprechens betrug 12,2 Jahre; nach fünf, zehn und 15 Jahren waren 75,1 %, 53,6 % bzw. 45,5 % der Patienten rezidivfrei, wobei der Medianwert dafür nach einer Komplettremission mit 19,4 Jahren deutlich besser war als nach einer nur partiellen Remission (4,7 Jahre; p < 0,0001; Abb. 2).

Andere Faktoren, die sich auf die Prognose auswirkten, konnten nicht identifiziert werden.
Nicht-hämatologische Toxizitäten vom Grad ≥ 3 wurden bei 21 % der Patienten registriert, fast in allen Fällen Infektionen. Sechs Patienten verstarben an Aspergillosen, bakteriellen Pneumonien oder bakterieller Sepsis. Es gab keine Spättoxizitäten, 4 % der Patienten entwickelten sekundäre Malignome.
118 Patienten, die binnen median 4,4 Jahren Rezidive erlitten, erhielten überwiegend wieder Cladribin – alleine oder mit Rituximab. Auch hier sprachen mehr als 80 % der Patienten wieder an, in der Mehrzahl mit einer Komplettremission. In der Folge ist der Medianwert des Gesamtüberlebens noch lange nicht erreicht: Von den Patienten, die zu Beginn im Median 54 Jahre alt gewesen waren, lebten nach fünf, zehn bzw. 15 Jahren noch 95,7 %, 92,8 % bzw. 82,3 %. Von 51 bislang verstorbenen Patienten war lediglich bei 14 die Haarzell-Leukämie direkt oder indirekt (durch Infektionen) die Todesursache.
Eine Haarzell-Leukämie lässt sich also in der weit überwiegenden Zahl der Fälle ausgezeichnet mit einem Purin-Analogon wie Cladribin behandeln: Sowohl Ansprechraten als auch 15-Jahres-Überlebensraten liegen deutlich über 80 %.
Falls Sie die Daten zu bispezifischen Antikörpern bei Lymphomen vermissen sollten, die beim ASH-Kongress gezeigt wurden: Dazu berichten wir ergänzend im nächsten Heft von Trillium Krebsmedizin.