Rat Sarcoma viral oncogene (RAS)
Bei einer Reihe von Tumoren lassen sich Mutationen der RAS (Rat Sarcoma viral oncogene)-Genfamilie nachweisen. Tatsächlich bilden HRAS, NRAS und KRAS die am häufigsten mutierte Onkogen-Familie. Gerade bei den vielfach tödlich verlaufenden Tumorerkrankungen Lungen-, Kolorektal- und Pankreaskarzinom finden sich die meisten RAS-Mutationen. RAS ist jedoch keine einfach anzugehende therapeutische Zielstruktur und galt lange als „undruggable“. Bisher ist es noch nicht gelungen, effektive RAS-Inhibitoren bis zur Marktreife zu bringen. Die Testung spezifischer KRAS- oder Pan-KRAS-Inhibitoren in klinischen Studien hat begonnen, befindet sich aber noch in einer frühen Phase. Mit einem Mutations-spezifischen KRAS-Inhibitor wurden bereits Erfolge beim fortgeschrittenen NSCLC beobachtet. „Vom Biomarker zur Therapie“ – das Motto unserer Reihe will im Falle der RAS-Genfamilie nicht recht passen, ist doch der Zusammenhang zwischen Detektion der genetischen Aberration und Therapie nicht so direkt wie bei anderen molekularen Alterationen und therapeutischen Targets. Dennoch hat der KRAS- und NRAS-Mutationsstatus zumindest beim kolorektalen Karzinom bereits heute direkte therapeutische Implikationen: Eine KRAS/NRAS-Mutation wird als negativer prädiktiver Marker für ein Ansprechen auf eine anti-EGFR-Therapie herangezogen.
Bei fast 30 % aller Tumoren lassen sich Mutationen der RAS(Rat Sarcoma viral oncogene)-Genfamilie (KRAS, NRAS und HRAS) feststellen [1]. Die Bezeichnung der beiden RAS-Gene HRAS und KRAS geht auf das RAS-Gen muriner Viren, die bei Ratten Sarkome hervorrufen können, und auf ihre Entdecker Jennifer Harvey (Harvey rat sarcoma virus, HRAS) und Werner Kirsten (Kirsten rat sarcoma virus, KRAS) zurück [2, 3]. 1982 wurden humane, zu den HRAS- und KRAS-Onkogenen homologe Sequenzen in Zelllinien von Blasen- und Lungenkarzinomen entdeckt [4, 5]. Kurz darauf wurde ein drittes Mitglied der Genfamilie nachgewiesen, NRAS (Neuroblastoma rat sarcoma), benannt nach seiner ersten Entdeckung in Neuroblastomzellen [6–8].
Besonders häufig finden sich Mutationen der humanen RAS-Gene beim Pankreaskarzinom (ca. 90 %), beim kolorektalen Karzinom mit 45 % und beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) mit 35 % [9]. KRAS ist bei diesen drei Tumorarten das am häufigsten mutierte Onkogen, während NRAS bei Melanomen und akuten myeloischen Leukämien und HRAS beim Blasenkarzinom die jeweils am häufigsten mutierte Isoform darstellt [9, 10]. Insgesamt entfallen 83 % aller RAS-Mutationen auf das KRAS-Gen, 13 % auf NRAS und 4 % auf HRAS [1, 11].
RAS-Mutation: EGFR-unabhängige Signalkaskade und Aktivierung des RAS-Effektor-Signalwegs
Hauptverursacher der onkogenen Aktivierung von RAS sind somatische Missense-Mutationen in den Codons 12, 13 und 61. Diese führen zu einer konstitutiven Aktivierung des RAS/RAF/MEK/ERK-Signalweges [12] (Abb. 1).

Abb. 1 EGFR-Funktionen und ihre therapeutischen Angriffspunkte. Mod. nach [12].
Die mutierten RAS-Proteine sind nicht nur Treiber der Tumorbildung, sondern tragen auch dazu bei, dass der transformierte Phänotyp erhalten bleibt [11, 12].
Die humanen RAS-Gene KRAS4A, KRAS4B, HRAS und NRAS kodieren für vier kleine Guanosintriphosphatasen (GTPasen). Diese Gruppe von monomeren GTPasen, die RAS-Proteine, haben eine wichtige Kontrollfunktion bei der zellulären Signaltransduktion. Sie bilden ein zentrales Glied im EFGR-Signaltransduktionsweg; als Teil der RAS-RAF-MEK-ERK-Signalkette gehören sie zum Mitogen-aktivierten-Proteinkinase (MAPK)-Signalweg. Dieser wird durch die Bindung eines Liganden an eine Rezeptor-Tyrosinkinase wie den epidermalen Wachstumsfaktorrezeptor (EGFR) aktiviert. RAS kann in der inaktiven Form (Guanosindiphosphatase, GDP) oder in seiner aktivierten Form (GTP) vorliegen. Der Übergang zwischen den beiden Stadien führt zur Signalweiterleitung vom Rezeptor an der Zelloberfläche in das Zellinnere. Dieser Vorgang ist essentiell für das Zellwachstum und die Zelldifferenzierung [9]. RAS hat damit im Prinzip die Funktion eines molekularen Schalters, der im „An“-Zustand die Si-gnale des aktivierten EGFR an weitere Mediatoren weitergibt. Normalerweise wechselt das aktivierte RAS schnell in den inaktiven „Aus“-Zustand zurück, der keine Signale mehr weitergegeben kann.
Anders ist es jedoch bei mutierten RAS-Proteinen. Die GTP-gebundene, aktive Form von RAS ist zusammen mit der Insensitivität gegenüber zytosolischen GTPase-aktivierenden Proteinen der entscheidende biochemische Defekt der mutierten RAS-Proteine. Dieser führt dazu, dass aktive, GTP-gebundene Proteine akkumulieren und multiple Effektoren downstream im Signalübertragungsweg aktiviert werden [9]. Die dauerhaft aktiven RAS-Proteine bewirken somit eine ständige Stimulation des Zellwachstums, denn der aktivierte EGFR-Signalübertragungsweg fördert Proliferation, Angiogenese und Metastasierung [13].
KRAS-Mutationen
Unter den RAS-mutierten Tumoren ist die KRAS-Isoform mit 84 % am häufigsten mutiert [14]. Die verbreitetste KRAS-Mutation ist die KRASG12D-Mutation, gefolgt von der KRASG12C-Mutation. Während die KRASG12D-Mutation vor allem beim Pankreaskarzinom beobachtet wird, dominiert beim NSCLC die KRASG12C-Mutation [1, 15]. Als Target für zielgerichtete Therapien steht KRAS seit Jahren im Fokus des Forschungsinteresses. Obwohl Mutationen im KRAS-Gen als Ursache für das Wachstum von Tumoren schon so lange bekannt sind, konnte bis heute keine zielgerichtete Therapie zugelassen werden.
KRAS- und NRAS-Mutationen beim kolorektalen Karzinom
Bei etwa der Hälfte der kolorektalen Karzinome (CRC) liegt eine aktivierende somatische Mutation im KRAS- oder NRAS-Gen vor [9, 16, 17]. Die Mutationen führen zu einer konstitutiven Aktivierung des RAS-RAF-MEK-ERK-Signalwegs unter Ausschluss einer Regulation durch EGFR. Somit verliert eine Blockade des EGFR durch gegen die extrazelluläre Domäne des EGFR gerichtete Antikörper wie Cetuximab und Panitumumab ihre Wirkung – Anti-EGFR-Therapien sind bei diesen Patienten damit weitgehend wirkungslos [18, 19]. RAS-Mutationsanalysen stellen daher unabdingbare prädiktive molekularpathologische Tests beim metastasierten CRC dar [20]. Die aktuelle S3-Leitlinie zum CRC bezeichnet die RAS-Mutation als negativen prädiktiven Marker im Hinblick auf die Wirksamkeit einer Anti-EGFR-Therapie [21].
Sowohl die PRIME- als auch die OPUS-Studie hatten gezeigt, dass die Zugabe von Panitumumab oder Cetuximab zu einer FOLFOX-Chemotherapie bei Vorliegen einer RAS-Mutation mit einem ungünstigeren progressionsfreien Überleben (PFS) und Gesamtüberleben (OS) verbunden ist als die Chemotherapie alleine [18, 22].
RAS-Testung beim mCRC
Mutationsanalysen von KRAS und NRAS zum Ausschluss einer RAS-Mutation sind unabdingbare prädiktive molekularpathologische Tests beim metastasierten CRC (mCRC). Bis zu 90 % der KRAS-Mutationen werden in den Codons 12 und 13 festgestellt: Am weitaus häufigsten sind Punktmutationen, die das Codon 12 und Codon 13 des Exons 2 betreffen.
Die RAS-Testung vor einer Anti-EGFR-Therapie sollte gemäß den Empfehlungen der European Society for Medical Oncology (ESMO) mindestens die Mutationsanalysen von KRAS und NRAS beinhalten (Exons 2, 3 und 4; Codons 12, 13, 59, 61, 117 und 146) [20].
Auch die S3-Leitlinie empfiehlt die Analyse des Mutationszustands der RAS-Gene KRAS und NRAS (Hotspot-Regionen der Exons 2, 3 und 4), und zwar möglichst noch vor Einleitung der Erstlinientherapie.
Die Mutationsanalyse kann entweder am Primärtumorgewebe oder an Metastasen erfolgen, da grundsätzlich von einer hohen Konkordanz des RAS-Mutationsstatus im Primarius und in Metastasen auszugehen ist.
Für den Fall, dass die RAS-Mutationsanalyse aus Tumorgewebe nicht möglich ist, verweist die S3-Leitlinie auf die Möglichkeit einer Liquid Biopsy, um den RAS-Mutationsstatus aus der im Blut zirkulierenden Tumor-DNA (ctDNA) zu ermitteln [21]. Kolorektale Karzinome in fortgeschrittenen Stadien setzen in hohem Maße Tumor-DNA ins Blut frei. Vorteil des Nachweises einer RAS-Mutation über eine Liquid Biopsy ist, dass sie – im Unterschied zu einer Gewebeprobe – auch die natürliche intra- und interläsionale Heterogenität der Tumorerkrankung berücksichtigt.
Beim mCRC schließen sich RAS- und BRAF-Mutationen fast immer aus [9]. Aus diesem Grund ergibt sich die Möglichkeit einer Stufendiagnostik; nur bei RAS-Wildtyp erfolgt die Bestimmung des BRAF-Mutationsstatus [21].
mCRC: Therapie nach RAS-Mutationsstatus
Patienten mit RAS-Wildtyp und einer linksseitigen Lokalisation des Kolonkarzinoms erhalten als Erstlinientherapie der metastasierten Erkrankung präferentiell eine Chemotherapie-Doublette in Kombination mit einer Anti-EGFR-Therapie. Verschiedene Studien hatten einen deutlichen Vorteil durch die zusätzliche Anti-EGFR-Therapie bei linksseitigen Tu-moren gezeigt [23, 24].
Patienten mit RAS-Wildtyp und einem rechtsseitigen Tumor sollten dagegen die Chemotherapie in Kombination mit Bevacizumab erhalten [21].
Rolle der Liquid Biopsy: erworbene Resistenz und NeoRAS-Wildtyp
Eine Analyse untersuchte prospektiv Tumor-Biopsate und ctDNA aus Liquid Biopsies von 22 mCRC-Patienten mit RAS-BRAF-Wildtyp (HER2/MET-negativ), die zunächst von einer Anti-EGFR-Therapie profitiert hatten, dann aber eine Resistenz entwickelten [25]. Es zeigte sich, dass die Resistenz gegenüber der Anti-EGFR-Therapie mit RAS-Mutationen und HER2/MET-Amplifikationen einherging. Außerdem wurde eine inter- und intraläsionale Heterogenität der Resistenz-mechanismen deutlich.
Dies zeigt die Komplexität der klonalen Evolution des Tumors, die aufgrund des Selektionsdrucks durch die EGFR-Blockade entsteht, und damit die Komplexität der Resistenzmechanismen gegenüber zielgerichteten Therapien [26].
Neu aufgetretene RAS-Mutationen können also für einen Progress unter einer Anti-EGFR-Therapie verantwortlich sein. Mittlerweile weiß man, dass auch bei mCRC-Patienten mit einer RAS-Mutation der Mutationsstatus nicht unveränderlich festgelegt sein muss, sondern Änderungen unterworfen sein kann.
So kann sich hier der NeoRAS-Wildtyp entwickeln, der von initial RAS-mutiert zu RAS-Wildtyp gewechselt hat [27].
Bedeutung einer Rechallenge
Eine weitere wichtige Forschungsfrage ist derzeit, ob eine Rechallenge mit einer Anti-EGFR-Therapie bei mCRC-Patienten mit RAS- und BRAF-Wildtyp, die zunächst auf eine Anti-EGFR-Therapie ansprachen, dann aber resistent wurden, nach einem Therapiewechsel erfolgreich sein kann.
Eine kleine einarmige Phase-II-Studie untersuchte diese Frage bei dieser Patientensubgruppe, die auf die Erstlinientherapie mit Cetuximab und Irinotecan eine Resistenz entwickelt hatte [28]. Nach einer Therapieumstellung auf Oxaliplatin und Bevacizumab in der Zweitlinie erhielt sie als Drittlinientherapie erneut Irinotecan und Cetuximab.
Von 28 Patienten der Studie zeigten vier eine bestätigte partielle Remission, bei weiteren neun stabilisierte sich die Erkrankung. Bei keinem der Patienten mit partieller Remission wurde eine RAS-Mutation in der ctDNA nachgewiesen, was möglicherweise darauf hinweist, dass nach einer Therapieumstellung RAS-Mutationen durch den wegfallenden Selektionsdruck wieder verschwinden könnten.
Auch eine Rechallenge-Strategie auf Basis einer Anti-EGFR-Therapie (z. B. mit Cetuximab) in Kombination mit einer Checkpoint-Inhibition bei mCRC-Patienten mit RAS- und BRAF-Wildtyp erscheint sinnvoll. Die Rationale: Cetuximab steigert die antikörperabhängige zelluläre Zytotoxizität (ADCC) und fördert die Expression von MHC-Klasse-II-Molekülen auf dendritischen Zellen – was wiederum die Wirksamkeit einer PD-1/PD-L1-Inhibition erhöhen könnte.
Tatsächlich erwies sich in der Phase-II-Studie CAVE, die Rechallenge mit Cetuximab und dem PD-L1-Inhibitor Avelumab bei Patienten mit einem chemorefraktären RAS/BRAF-Wildtyp-mCRC als wirksam und gut verträglich [29].
KRAS-Mutationen beim NSCLC
Auch beim NSCLC stellen aktivierende Mutationen im KRAS-Gen mit 35 % die häufigste onkogene Treibermutation dar [30] (Abb. 2).

Abb. 2 Häufigkeit von Treibermutationen beim NSCLC (Adenokarzinom). Mod. nach [29].
KRAS-Mutationen kommen in der Regel nur bei Adenokarzinomen vor, insbesondere bei Rauchern oder ehemaligen Rauchern [30]. Die Mutationen betreffen meist die Codons 12, 13 und 61 der Exons 2 und 3.
Diese Karzinome zeigen ein schlechtes Ansprechen auf Chemotherapie [31]; einige Analysen weisen auf ein besseres Ansprechen auf die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren hin [31, 32].
Eine diese Beobachtung stützende Hypothese sieht die RAS-Mutation als Ausdruck der zunehmenden Mutationslast (TMB) durch das Rauchen (und der dadurch bedingten Zunahme an Neoantigenen), sodass diese möglicherweise als Marker für die Wirksamkeit einer Immuntherapie beim NSCLC herangezogen werden könnte [33, 34].
Bisher wurden noch keine randomisierten kontrollierten Studien durchgeführt, um solche Wirksamkeitsunterschiede der Immuntherapie nach molekularen Subgruppen beim NSCLC zu zeigen, jedoch haben sich zwei Meta-Analysen dieser Frage gewidmet.
Während die eine einen Vorteil durch Checkpoint-Inhibitoren bei NSCLC-Patienten mit KRAS-Mutation im Vergleich zu einer alleinigen Chemotherapie herausarbeitet und den KRAS-Mutationsstatus als potentiellen Biomarker für die Patientenselektion bei einer Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren sieht [32], zeigt sich in einer zweiten Analyse kein solcher Zusammenhang. Hier kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die Datenlage es derzeit nicht zulässt, den KRAS-Mutationsstatus als alleinigen prädiktiven Biomarker für die Checkpoint-Inhibitor-Therapie zu nutzen [35].
Allerdings bestätigte auch diese Arbeit einen Zusammenhang zwischen KRAS-Mutationsstatus und einer Zunahme an Tumor-infiltrierenden Lymphozyten sowie der PD-L1-Expression und der TMB.
KRASG12C-Mutationen beim NSCLC
Die Detektion einer KRAS-Mutation bei Patienten mit NSCLC hat derzeit also noch wenig direkte klinische Konsequenzen. Allerdings liegen erste vielversprechende Ergebnisse zu einem KRASG12C-Inhibitor vor, der sich derzeit in der klinischen Prüfung befindet. Bei 13 % aller Adenokarzinome der Lunge liegt eine KRASG12C-Mutation vor [36]. Diese Patienten scheinen häufiger Hirnmetastasen zu entwickeln; Ko-Mutationen mit anderen wichtigen Treiber-Mutationen wie ALK, EGFR, BRAF oder ROS1 treten in der Regel nicht auf [36]. KRASG12C-Mutationen werden bereits in frühen Läsionen nachgewiesen, bleiben in allen Metastasen erhalten und entwickeln sich typischerweise bei Rauchern [37].
Das Vorliegen einer KRASG12C-Mutation ist mit einer schlechteren Prognose assoziiert. In der offenen Phase-I/II-Basket-Studie CodeBreaK 100 mit 129 Patienten verschiedener Tumorerkrankungen und KRASG12C-Mutation – darunter 59 Patienten mit mehrfach vorbehandeltem fortgeschrittenem NSCLC – zeigte Sotorasib (AMG510) vielversprechende Wirksamkeit [38]. Sotorasib ist ein small molecule, das durch die irreversible kovalente Bindung KRASG12C selektiv inhibiert.
In der Subgruppe der NSCLC-Patienten (n = 59) lag die objektive Ansprechrate bei 32,2 %, die Krankheitskontrollrate bei 88,1 % und das mittlere progressionsfreie Überleben (PFS) bei 6,3 Monaten [38]. Eine Phase-III-Studie, die Sotorasib gegenüber Docetaxel in der Zweitlinie beim NSCLC vergleicht, hat mit der Rekrutierung begonnen (CodeBreak 200; NCT04303780).
Aufgrund der zunehmenden klinischen Relevanz werden von nun an Ringversuche zum qualitätsgesicherten Nachweis von Biomarkern angeboten (https://www.quip.eu/de_DE/).
Auch bei Patienten mit Pankreas-karzinom oder CRC wurde ein Ansprechen auf Sotorasib beobachtet. Eine KRASG12C-Mutation kann bei ca. 3–5 % der Patienten mit mCRC detektiert werden. Beim vorbehandelten metastasierten CRC mit KRASG12C-Mutation lag die objektive Ansprechrate im Rahmen dieser Phase-I/II-Studie mit 42 Patienten bei 12 %, die Krankheitskontrollrate bei 80 % und das mediane PFS bei 4,2 Monaten.
Die Verträglichkeit der oralen Therapie war gut, die Nebenwirkungen waren zumeist gut beherrschbar. Im Vordergrund stand (meist geringgradige) Diarrhö [39, 40].
Ein weiteres orales small molecule ist MRTX849, das derzeit ebenfalls in einer Phase-I/II-Studie (NCT03785249) bei verschiedenen fortgeschrittenen Tumoren mit KRASG12C-Mutation untersucht wird. Auch ein Pan-KRAS-Inhibitor befindet sich bereits in der klinischen Prüfung bei Patienten mit verschiedenen fortgeschrittenen soliden Tumoren mit KRAS-Mutationen, sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit dem MEK-Inhibitor Trametinib [41]. Interessant sind derzeit laufende klinische Untersuchungen, die auf eine gesteigerte Wirksamkeit von KRAS-Inhibitoren in Kombination mit Anti-PD-1- und Anti-EGFR-Antikörpern hindeuten [42, 43].
KRAS-Mutationen beim Pankreaskarzinom
Die Progression von der Dysplasie duktaler Epithelzellen zum Adenokarzinom ist biologisch durch die Akkumulation einer Vielzahl genetischer und epigenetischer Aberrationen charakterisiert. Als häufigste genetische Aberrationen finden sich Varianten im KRAS-Onkogen. KRAS-Mutationen sind damit beim Pankreaskarzinom der bedeutsamste onkogene Treiber [44]. In der Literatur werden Inzidenzraten für KRAS-Mutationen von 85 % bis nahezu 100 % bei duktalen Adenokarzinomen des Pankreas angegeben [1, 44–46]. Damit ist das Pankreaskarzinom die am stärksten von der RAS-Mutation abhängige Tumorentität. Häufigste spezifische KRAS-Mutation ist die KRASG12D-Mutation [46] (Abb. 3).

Abb. 3 Spezifische KRAS-Mutationen beim Pankreaskarzinom. Mod. nach [46].
KRAS-Mutationen stellen beim Pan-kreaskarzinom die initiale onkogene Veränderung in Richtung einer malignen Transformation dar. Dazu können Varianten in den Tumorsuppressorgenen CDKN2A, TP53 und SMAD4 kommen [46]. Die Tumorsuppressoren sollten eigentlich die Gegenregulation ungerichteter Wachstumsreize übernehmen, doch ist TP53 beim Pan-kreaskarzinom fast ebenso häufig mutiert wie KRAS.
Trotz der großen Bedeutung der KRAS-Mutation beim Pankreaskarzinom hat der Nachweis der Mutation derzeit keine therapeutischen Implikationen; spezifische Therapieoptionen stehen nicht zur Verfügung.
In der bereits beim NSCLC erwähnten Basket-Studie mit dem KRASG12C-Inhibitor wurde auch bei einem Patienten mit Pankreaskarzinom ein partielles Ansprechen beobachtet [38].
NRAS-Mutationen beim malignen Melanom
15–20 % aller Melanome entstehen aufgrund von aktivierenden NRAS-Mutationen. Diese Melanome sind besonders aggressiv, die Prognose betroffener Patienten ist schlechter als die von Patienten ohne NRAS-Mutation [47]. Auch beim Melanom gibt es noch keine spezifische zielgerichtete Therapie für diese Subgruppe; eine Therapiemöglichkeit ist die Immuntherapie.
Die S3-Leitlinie empfiehlt bei kutanen Melanomen ab dem Tumorstadium IIIB auf Mutationen zu testen; zunächst auf die deutlich häufigere BRAF-Mutation, bei BRAF-Wildtyp dann auf eine NRAS-Mutation [48]. Auch bei mukosalen Melanomen soll bei lokaler Inoperabilität bzw. ab dem Stadium der Lymphknotenmetastasierung der Mutationsstatus für KIT, BRAF und NRAS erhoben werden.
Derzeit werden beim NRAS-mutierten Melanom MEK-Inhibitoren als Monotherapie und in Kombination mit MAPK-, PI3K- oder CDK4/6-Inhibitoren entwickelt [49]. Auch die S3-Leitlinie nennt die Möglichkeit eines Off-Label-Einsatzes von MEK-Inhibitoren bei Vorliegen einer NRAS-Mutation [48].
In der internationalen, unverblindeten randomisierten Phase-III-Studie NEMO bei Patienten mit fortgeschrittenem Melanom (Stadium IIIC oder IV) mit NRAS-Mutation führte der MEK-Inhibitor Binimetinib zu einem längeren PFS als eine Chemotherapie mit Dacarbazin [50]. Eine retrospektive Analyse von 364 Patienten mit metastasiertem Melanom zeigte, dass Immuncheckpoint-Inhibitoren (Anti-PD-1 und Anti-CTLA-4) zu vergleichbaren Ansprechraten bei Patienten mit und ohne NRAS-Mutation führten, das Überleben bei den Patienten mit NRAS-Mutation jedoch schlechter war. Außerdem wurde deutlich, dass mit der zusätzlichen Gabe eines MEK-Inhibitors der klinische Benefit etwas verbessert werden konnte [51].
Fazit
RAS-Gene sind die am häufigsten mutierten Onkogene im menschlichen Organismus. Sie kodieren für Proteine, die an einer Reihe von wichtigen, das Zellwachstum regulierenden Signalübertragungswegen beteiligt sind. Die Inhibition von RAS-Downstream-Effektor-Signalwegen könnte ein Ansatzpunkt sein; auch für spezifische KRAS-Inhibitoren werden vielversprechende Ansätze geprüft. Spezifische RAS-Inhibitoren befinden sich derzeit in der klinischen Entwicklung und belegen die Effektivität dieses Behandlungsansatzes.
Es gilt abzuwarten, ob sich die vielversprechende Therapie gegen KRASG12C-Mutationen Entitäten-übergreifend durchsetzen wird und ob andere RAS-Unterformen zukünftig „druggable“ werden.