Phosphatidylinositol-4,5-Bisphosphate 3-Kinase Catalytic Subunit Alpha (PIK3CA)

Aktivierende Mutationen im PIK3CA-Gen, das für die katalytische α-Untereinheit der Phosphatidylinositol-3-Kinase (PI3K) kodiert, sind mit einer unkontrollierten Signalweiterleitung über den PI3K-Signalweg assoziiert. Sie findet sich bei einer Vielzahl von soliden Tumoren, u. a. beim Mamma-, Ovarial- und Endometriumkarzinom, beim kolorektalen Karzinom, beim Lungenkarzinom und beim Glioblastom. Der Signalübertragungsweg über PI3K/AKT/mTOR spielt eine essentielle Rolle bei der Regulierung von Zellüberleben und –proliferation sowie Migration, Metabolismus, Angiogenese und Apoptose. Da der PI3K-Signalweg bei so vielen Tumoren überaktiviert ist, wird schon lange versucht, die Signalweiterleitung über diesen Pathway via Inhibierung verschiedener Proteine im PI3K/AKT/mTOR zu unterbinden. Die klinischen Resultate sind allerdings bisher hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Gründe hierfür sind die Komplexität des Signalnetzwerks, die Entwicklung von Resistenzen und die Toxizität der Inhibitoren. Seit der Zulassung des ersten gezielt an der PIK3CA-Mutation ansetzenden, selektiven PI3Kα-Inhibitors Alpelisib für die Therapie des metastasierten Hormonrezeptor-positiven, HER2-negativen Mammakarzinoms in Kombination mit Fulvestrant steht erstmals eine zielgerichtete Therapieoption zur Verfügung, die den PI3K/AKT-Signalweg blockiert. Ein therapierelevanter Biomarker ist die PIK3CA-Mutation somit derzeit nur in der Therapie des metastasierten Mammakarzinoms; die Testung kann aber auch bei anderen Tumorentitäten zumindest prognostische Bedeutung haben.

Aktivierende Mutationen im PIK3CA-Gen (phosphatidylinositol-4,5-bisphosphate 3-kinase catalytic subunit alpha) finden sich bei einer Reihe von soliden Tumoren. Sie führen zu einer Hyperaktivierung der α-Isoform der Phosphatidylinositol-3-Kinase (PI3K) – einer der wesentlichen Kinasen im PI3K/AKT1/mTOR-Signalweg (Abb. 1). 

PI3K fungiert als Regulator für eine Vielzahl von zellulären Prozessen wie Proteinsynthese, Überleben, Proliferation und Glukose-Metabolismus [1, 2]. Dies ist ein Grund für die signifikante, meist Dosis-limitierende Toxizität, die die Entwicklung von Inhibitoren des PI3K/AKT1/mTOR-Si-gnalwegs immer wieder behindert hat. Der Signalweg wird über eine Vielzahl von Oberflächenrezeptoren aktiviert, über eine Reihe von Inhibitoren, Effektoren und Second Messengern beeinflusst und ist hoch komplex.

Gesteigerte Aktivität der PI3K/AKT-Signalkaskade bei vielen Tumoren

Genetische Veränderungen – u. a. am PIK3CA-Gen, aber z. B. auch am Tumorsuppressorgen PTEN – können zu einer gesteigerten Aktivität dieses Signalwegs führen [3]. PIK3CA-Mutationen und der Funktionsverlust des Tumorsuppressorgens PTEN bzw. ihrer jeweiligen Proteine führen in ihrer Funktion als jeweils wichtigster positiver und negativer Regulator des PI3K-Signalwegs zur unregulierten Aktivierung der Signalweiterleitung [4]. PI3K spielt damit eine wichtige Rolle bei Zellwachstum, Proliferation und Überleben zahlreicher solider Tumoren [5, 6, 7]. So ist der PI3K-Signalweg u. a. beim Mammakarzinom, beim kolorektalen Karzinom, beim Ovar-, Endometrium- und Pankreaskarzinom, beim Glioblastom und bei anderen Tumoren aktiviert. Tatsächlich geht man davon aus, dass dieser Signalweg nach p53 der am zweithäufigsten von genetischen Alterationen betroffene und an der Krebsentstehung beteiligte Signalweg ist [3, 8]. 

Mutationen vorwiegend auf Exon 9 und 20

Das PIK3CA-Gen kodiert für die p110α-katalytische Untereinheit der Lipidkinase PI3K und befindet sich auf dem Chromosom 3 (3q26.3). Aktivierende Mutationen treten v. a. in den Hotspots der Exons 9 und 20 auf [9, 10]. Über 80 % der PIK3CA-Mutationen wurden in der helikalen Domäne von Exon 9 (Codon 542 und 545) und der Kinase-Domäne von Exon 20 (Codon 1047) entdeckt. Beim Mammakarzinom finden sich am häufigsten Mutationen in Exon 20, beim kolorektalen Karzinom dominieren Mutationen in Exon 9 [11]. In einer aktuellen Untersuchung fanden sich 73 % aller PIK3CA-Mutationen beim Mammakarzinom in den Exons 4, 9 und 20 [12].

Mammakarzinom

Beim Mammakarzinom ist die PI3K/AKT1/MTOR-Signalkaskade einer der am häufigsten durch genetische Aberrationen gestörten Signalwege. Bei mehr als 70 % aller Mammakarzinome finden sich molekulare Alterationen an mindestens einer Komponente dieses Signalübertragungswegs. 
Dazu gehören neben PIK3CA-Mutationen u. a. der Funktionsverlust von PTEN sowie Aberrationen von PDK1 sowie AKT1 und 2 [3, 9]. Beim Mammakarzinom scheinen sich PIK3CA- und PTEN-Mutationen gegenseitig auszuschließen [3, 10].

Überwiegend HR-positive Tumoren betroffen

Bei etwa 10–40 % aller Mammakarzinome finden sich PIK3CA-Mutationen [3], allerdings unterscheidet sich die Häufigkeit zwischen den Mammakarzinom-Subtypen (Tab. 1).

Tab. 1 Häufigkeit von PIK3CA-Mutationen. Mod. nach [3]. 

  Häufigkeit von PIK3CA-Mutationen
Alle Mammakarzinome 10–40 %
Hormonrezeptor-positive Tumoren 35–40 %
HER2-positive Tumoren 20–25 %
Triple-negative Tumoren 8–9 %

Am häufigsten treten sie bei luminalen, Hormonrezeptor-positiven Tumoren auf [10, 13–15]. Sie sind mit einer primären oder sekundären endokrinen Resistenz assoziiert [16].
Neben der Östrogen- und Progesteron-Rezeptor-Positivität scheint außerdem eine Verbindung der PI3K-Aktivierung mit einer Lymphknotenbeteiligung und einer HER2-Überexpression zu bestehen [3, 17]. PIK3CA-mutierte Hormonrezeptor-positive Mammakarzinome weisen eine schlechtere Prognose auf als Tumoren mit PIK3CA-Wildtyp [18].

Aufgrund der klonalen Evolution des Tumors und des Selektionsdrucks durch bereits stattgehabte Therapien können sich die genetischen Alterationen beim meta-stasierten Mammakarzinom erheblich unterscheiden. Die Häufigkeit von somatischen Mutationen ist bei metastasierten Tumoren meist höher. So wurden beim metastasierten Mammakarzinom bei 42 % der Tumoren PIK3CA-Mutationen nachgewiesen [19].

PIK3CA-Mutationen beim HER2-positiven Mammakarzinom 

Ein simultaner Funktionsverlust von PTEN und PIK3CA-Mutation bei HER2-positiven Mammakarzinomen stellt einen prädiktiven Faktor für eine Trastuzumab-Resistenz dar [17]. Eine Analyse von HER2-positiven Mammakarzinomen bei insgesamt 63 Patientinnen mit Rezidiv oder Progression trotz initialer Trastuzumab-Therapie ergab einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen einer Resistenz gegenüber Trastuzumab und einer Aktivierung des PI3K/AKT/mTOR-Signalweges durch aktivierende PIK3CA-Mutationen oder Funktionsverlust von PTEN [20].
Spätestens mit der Möglichkeit einer zielgerichteten Therapie mit dem PI3K-Inhibitor Alpelisib ist die PIK3CA-Mutation klinisch relevant. Somit wird die Analyse auf PIK3CA-Mutationen bei Patientinnen mit metastasiertem Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom in den Leitlinien empfohlen [21].

Kolorektales Karzinom 

Bei etwa 10–20 % aller kolorektalen Karzinome (CRC) liegen PIK3CA-Mutationen vor. Damit ist das PIK3CA-Gen beim CRC eines der am häufigsten mutierten Gene [22, 23]. PIK3CA-Mutationen sind beim CRC derzeit noch kein therapeutisches Target, werden aber als prognostischer und prädiktiver Biomarker diskutiert. 
Als einzelner prognostischer Marker scheinen PIK3CA-Mutationen beim CRC insgesamt, wenn überhaupt, nur einen geringen Einfluss auf die Prognose zu haben [22]. Allerdings gibt es Hinweise auf ihre Rolle als prädiktiver Marker für das Ansprechen auf Anti-EGFR-Therapien bei Patienten mit RAS-Wildtyp-Tumoren [24–26], wobei eine andere Arbeit zu gegenteiligen Ergebnissen kommt [27]. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang ein unterschiedlicher Effekt durch Mutationen in den Exons 9 und 20. 
Eine Meta-Analyse, die den Einfluss einer PIK3CA-Mutation auf das progressionsfreie Überleben (PFS) und das Gesamtüberleben (OS) von CRC-Patienten in 28 klinischen Studien untersucht hat, konnte keinen Einfluss auf das Überleben und damit auch keinen prognostischen Stellenwert der PIK3CA-Mutation feststellen. Auch war weder eine PIK3CA-Mutation in Exon 9 noch in Exon 20 signifikant mit dem Überleben assoziiert [23]. 
Eine PIK3CA-Mutation wird beim CRC außerdem als positiver prädiktiver Biomarker für den adjuvanten Einsatz von Aspirin diskutiert. So kam eine große Studie, die retrospektiv Daten von 964 CRC-Patienten aus zwei großen prospektiven Studien auswertete, zu dem Schluss, dass die regelmäßige Einnahme von Acetylsalicylsäure (ASS) bei CRC-Patienten mit PIK3CA-Mutation signifikant mit einem verlängerten Überleben assoziiert ist. 
Bei Patienten mit PIK3CA-Wildtyp verlängerte ASS das Überleben nicht [28]. Eine weitere retrospektive Studie bestätigte den Stellenwert der PIK3CA-Mutation als positiven prädiktiven Biomarker für die ASS-Einnahme [29]. 

Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom

PIK3CA-mutierte nicht kleinzellige Lungenkarzinome (NSCLC) stellen eine klinisch und genetisch heterogene Subgruppe dar. In einer Analyse des Tumorgewebes von 1.144 NSCLC-Patienten wurden bei 3,7 % der Patienten PIK3CA-Mutationen in den Exons 9 oder 20 festgestellt. Plattenepithelkarzinome waren häufiger betroffen als Adenokarzinome. Die Mehrheit der Patienten hatte noch weitere onkogene Treiber-Aberrationen (57,1 %). Die PIK3CA-Mutationen hatten nach der Operation oder nach systemischer Therapie keinen negativen Einfluss auf das Überleben. Lungenkarzinome mit PIK3CA-Mutationen treten gehäuft bei Patienten auf, die vorher bereits andere Malignome hatten [30]. Dagegen war in einer Meta-Analyse von 13 retrospektiven Studien mit 3.908 NSCLC-Patienten eine PIK3CA-Mutation mit einem schlechteren PFS und OS assoziiert. Außerdem zeigte sich eine Assoziation mit Lymphknotenmetastasen. PIK3CA-Mutationen traten häufiger bei (ehemaligen) Rauchern auf [31].

Testung auf PIK3CA-Mutationen

PIK3CA-Mutationen lassen sich in Gewebe- oder Plasmaproben nachweisen. Die schnellen und effizienten PCR-basierten Einzelgentests erfassen nur bekannte Mutationen in bestimmten Hotspot-Regionen einzelner Gene; dagegen können beim Next Generation Sequencing (NGS) mit unterschiedlich großen Genpanels auch unbekannte Mutationen detektiert werden. 
Die PIK3CA-Mutationsanalyse bei Mammakarzinom-Patientinnen wird üblicherweise an Tumormaterial (FFPE-Gewebeprobe) durchgeführt. Mit Real-Time-PCR-Technologie lassen sich dann die häufigsten Mutationen des PIK3CA-Gens in Hotspot-Regionen identifizieren. Beim cobas® PIK3CA Mutation Test von Roche sind das 17 Mutationen in den Exons 1, 4, 7, 9 und 20. In den USA ist der Therascreen® PIK3CA RGQ PCR-Kit von Qiagen als Companion Diagnostikum für Alpelisib bei Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom zugelassen. Der Test detektiert 11 Mutationen des PIK3CA-Gens in den Exons 7, 9 und 20. Die Analyse kann am Tumormaterial oder anhand einer Blutprobe als Liquid Biopsy erfolgen. Auch der NGS-Test FoundationOne®CDx wurde in den USA als Companion Diagnostikum für die Anwendung von Alpelisib zugelassen. 
Auch die PIK3CA-Testung mittels NGS erfolgt in Deutschland üblicherweise am Tumorgewebe einer aktuellen Tumorprobe oder Metastase, aber prinzipiell ist auch eine Liquid Biopsy möglich. PIK3CA-Mutationen sind in einer Reihe von Genpanels enthalten. 
Eine aktuelle Untersuchung kam zu dem Schluss, dass die PCR-Technologie mit dem Therascreen-Test, die nur bekannte Mutationen erfasst, bis zu 20 % der möglichen PIK3CA-Mutationen nicht erkennen kann [32]. Die Kommission Mamma der AGO empfiehlt in ihren Guidelines BreastVersion 2021.1D die Testung der Exons 7, 9 und 20 in Primärtumor, Metastasen oder Plasma mit einem ++ [21].

Erster spezifischer PI3Kα-Inhibitor Alpelisib

Als bisher erster gezielt an der PIK3CA-Mutation ansetzender PI3K-Inhibitor wurde 2020 Alpelisib zugelassen. Der α-spezifische PI3K-Inhibitor wird in Kombination mit Fulvestrant zur Behandlung von postmenopausalen Patienten mit HR-positivem, HER2-negativem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom mit PIK3CA-Mutation bei Fortschreiten der Erkrankung nach endokriner Therapie als Monotherapie angewendet. Die Einnahme erfolgt einmal täglich. 
Basis der Zulassung ist die Placebo-kontrollierte SOLAR-1-Studie, die Alpelisib in Kombination mit Fulvestrant bei postmenopausalen Frauen mit metastasiertem, HR-positivem, HER2-negativem Mammakarzinom mit Progress nach endokriner Therapie mit einem Aromatasehemmer mit alleinigem Fulvestrant verglich. Alpelisib führte gegenüber Fulvestrant zu einer Steigerung der Remissionsrate und zur signifikanten Verlängerung des PFS [33] (Abb. 2). 

Die beim ESMO-Jahreskongress 2020 vorgestellte finale Analyse des OS zeigte eine Verlängerung des medianen OS um 7,9 Monate (39,3 vs. 31,4 Monate, HR 0,86; p = 0,15) und verfehlte damit die vorab festgelegte Signifikanzgrenze. 
Besonders ausgeprägt war der OS-Vorteil bei Patientinnen mit Lungen- und/oder Lebermetastasen (Abb. 3).

Auch die Zeit bis zur ersten Chemotherapie wurde durch Alpelisib verlängert (23,3 vs. 14,8 Monate, HR 0,72) [34]. 
Eine zielmolekülabhängige, zu erwartende Nebenwirkung der PI3K-Hemmung von Alpelisib sind Hyperglykämien. Auch schwere Hyperglykämien einschließlich Ketoazidosen wurden beobachtet. Die in Studien mit Alpelisib aufgetretenen Hyperglykämien waren in der Regel behandelbar und reversibel. Weitere typische Nebenwirkungen von Alpelisib sind erhöhtes Kreatinin, Diarrhöen, Übelkeit und Hautveränderungen. Im klinischen Alltag kann ein interdisziplinäres Nebenwirkungsmanagement in Zusammenarbeit mit Diabetologen und gegebenenfalls auch mit Dermatologen erforderlich sein. Für die Praxis ist ein Leitfaden zum Hyperglykämie-Management erhältlich, der mit dem „Blaue Hand“-Logo als behördlich genehmigtes Schulungsmaterial zur Arzneimittelsicherheit gekennzeichnet ist. 
 Neben dem Mammakarzinom wird Alpelisib auch bei anderen Tumoren und in verschiedenen Kombinationen mit anderen Substanzen untersucht.