Serie "Vom Biomarker zur Therapie": Tumor Mutational Burden (TMB)

Schlüsselwörter: TMB, Tumor Mutational Burden, Tumormutationslast, Mutationen, Biomarker, Immuncheckpoint-Inhibitoren, Nivolumab, Ipilimumab, Pembrolizumab, Atezolizumab

Bei einer Reihe von Tumorentitäten, so u. a. beim Melanom, Lungen-, Blasen- und Nierenzellkarzinom sowie beim triple-negativen Mammakarzinom, zeigt die Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren in fortgeschrittenen Stadien vielversprechende Resultate – allerdings nur bei einem Teil der Patienten. Sprechen die Patienten aber auf die Immuntherapie an, dann häufig stabil über lange Zeit-räume – man spricht von sogenannten „Long-Term-Respondern“. Umso wichtiger ist es, diese Patienten anhand von Biomarkern vorab zu identifizieren. Weder die PD-L1-Expression noch MSI-H/dMMR erweisen sich als für alle Tumorentitäten zufriedenstellende Biomarker zur Identifikation aller Patienten, die auf eine Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren mit hoher Wahrscheinlichkeit ansprechen werden. Zu den außerdem derzeit untersuchten Biomarkern für die onkologische Immuntherapie gehört die TMB. Mit ihrer Hilfe wurden Patienten identifiziert, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Therapie mit PD-1- bzw. PD-L1-Inhibitoren ansprechen [1]. 

Je mehr Mutationen, umso höher die Wahrscheinlichkeit für vermehrte Neoantigene

Die TMB gilt als ein Hinweis auf eine erhöhte Anzahl von Neoantigenen. Diese Neoantigene sind ein integraler Bestandteil der Immuntherapie, denn werden die Neopeptide auf Major Histocompatibility Complex (MHC)-Molekülen auf der Zellober-fläche präsentiert, können sie von T-Zellen erkannt werden [2]. Dies scheint bei einer Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren, die die T-Zell-Aktivität reaktiviert, umso vielversprechender zu sein. Dabei ist zu bemerken, dass bei Weitem nicht alle somatischen Mutationen zur Produktion von Neoantigenen führen, die den T-Zellen präsentiert und von ihnen erkannt werden (Abb. 1) [3, 4]. 

Trotzdem ist die TMB eine Art Surrogatmarker für die Zahl an Neoantigenen eines Tumors [5]. PD-L1-Expression auf Tumorzellen und TMB sind unabhängige prädiktive Marker für die Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren und in den meisten Tumorentitäten nicht miteinander assoziiert [5, 6].

TMB – alle somatischen Mutationen eines Tumorgenoms

Die TMB meint die Gesamtzahl der somatischen Mutationen im Exom (kodierender Bereich des Genoms) bzw. die Anzahl der Mutationen pro Megabase (Mb) im kodierenden Bereich des untersuchten Genomabschnitts [7, 8]. Für die TMB wird also nur die Anzahl der aftungallein tumorspezifischen Mutationen berücksichtigt. Keimbahnmutationen müssen herausgefiltert werden, da diese auch im Normalgewebe des Patienten zu finden sind. Außerdem werden nur die Mutationen berücksichtigt, die zu einer Proteinveränderung führen.
Zu den Tumoren mit hoher TMB gehören MSI-H/dMMR-Tumoren, da eine Inaktivierung von an der DNA-Mismatch-Reparatur beteiligten Genen zur Hypermutation von Tumoren führt [9]. In einer Analyse von 100.000 Genomen verschiedener humaner Tumoren wiesen 83 % der MSI-H-Tumoren eine hohe TMB (definiert als > 20 Mutationen/Mb) auf. 97 % der MSI-H-Tumoren hatten ≥ 10 Mutationen/Mb [9]. Umgekehrt gilt das nicht. Nur 16 % der TMB-H-Tumoren waren auch MSI-H. Die Korrelation von TMB-H und MSI-H hing in der Analyse stark vom Tumortyp ab. Gastrointestinale Tumoren wie Adenokarzinome des Magens, des Duodenums und Dünndarms hatten fast immer eine hohe Mikrosatelliteninstabilität und auch eine hohe TMB, was bei Melanomen, Plattenepithelkarzinomen und Lungenkarzinomen nicht der Fall war [9].
Aber nicht nur Defekte in den DNA-Reparatur-Mechanismen, sondern auch andere Einflüsse wie die Exposition gegenüber exogenen mutagenen Faktoren wie Zigarettenrauch oder UV-Strahlung können die Rate an somatischen Mutationen eines Tumors erhöhen [9]. Außerdem können Defekte des DNA-Replikations-Pathways die Hypermutation von Tumoren zur Folge haben. So führen somatische Loss-of-function-Mutationen in Genen, die für die DNA-Polymerase Epsilon (POLE) oder die DNA-Polymerase Delta Catalytic Subunit (POLD1) kodieren, zu hypermutierten Kolorektal- und Endometriumkarzinomen [10]. 

TMB als Biomarker für Ansprechen auf Immuncheckpoint-Inhibitoren

Bei einzelnen Entitäten wurde bereits vor einigen Jahren gezeigt, dass eine durch Whole Exome Sequencing (WES) bestimmte hohe TMB mit einem besseren Ansprechen auf Immuntherapien assoziiert ist, so beim Melanom [11] und beim NSCLC [12, 13]. Auch bei Patienten mit Platin-vorbehandeltem fortgeschrittenem Urothelkarzinom erwies sich die TMB in einer explorativen Analyse im Rahmen einer einarmigen Phase-II-Studie als unabhängiger prädiktiver Faktor für ein Ansprechen auf die Therapie mit einem PD-L1-Antikörper [14]. Nach den positiven Ergebnissen nach Platin-Vorbehandlung wurde auch bei unvorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem Urothelkarzinom mit erhöhter TMB ein verbessertes Gesamtüberleben (OS) beobachtet [15].
2017 untersuchte eine Studie TMB als Biomarker für ein Ansprechen auf verschiedene Immuntherapien (PD-1/PD-L1- und CTLA4-Inhibitoren als Mono- und Kombinationstherapien) bei Patienten mit verschiedenen Tumorhistologien. Fazit der Studie: Eine höhere TMB erwies sich bei einer Reihe verschiedener Tumorarten als unabhängiger prädiktiver Marker für ein Ansprechen auf eine PD-1- und PD-L1-Blockade. Das Ansprechen auf eine duale Checkpoint-Inhibition war dagegen nicht im selben Maße mit der TMB assoziiert [16].
Ebenfalls 2017 zeigte ein umfassendes Tumorprofiling (Comprehensive Genomic Profiling, CGP, mit dem FoundationOne Assay) von 100.000 Genomen verschiedener humaner Tumoren, dass bei einer ganzen Reihe von Tumorentitäten Tumoren mit hoher TMB auftreten. Untersucht wurden Proben von insgesamt 541 verschiedenen Tumorarten, wobei die Mehrheit der Gewebeproben von Patienten mit erheblich vorbehandelten, fortgeschrittenen oder metastasierten Tumoren stammte. In der Analyse unterschied sich die mediane TMB je nach Tumorart erheblich. Sie reichte von 0,8 Mutationen/Mb beim myelodysplas-tischen Syndrom bis zu 45,2 Mutationen/Mb beim kutanen Plattenepithelkarzinom. Bei pädiatrischen Tumoren war die Mutationslast geringer (im Median 1,7 Mutationen/Mb) als bei Tumoren von Erwachsenen (im Median 3,6 Mutationen/Mb) [9]. Bei Tumoren, die mit einer erhöhten Mutagen-Exposition assoziiert sind, wie bei Lungentumoren und Melanomen, war die TMB mit im Median 7,2 Mutationen/Mb bzw. 13,5 Mutationen/Mb deutlich erhöht. Allerdings wurden in der Analyse über alle Tumorarten hinweg individuelle Tumoren mit einer besonders hohen TMB gefunden, was bedeuten könnte, dass es bei jeder Tumorart einzelne Patienten gibt, die besonders von einer Immuntherapie profitieren könnten [9]. Tab. 1 zeigt einige Tumorarten, bei denen mehr als 5 % der in der Analyse untersuchten Proben eine hohe TMB (> 20 Mutationen/Mb) aufwiesen. 

Tab. 1 Tumorarten mit hoher TMB (mediane Anzahl von Mutationen/Mb und prozentualer Anteil der Proben, bei denen eine TMB > 20 Mutationen/Mb gefunden wurde), modifiziert nach [9].

Tumorentität

Anzahl

Tumorproben

Mediane Anzahl von Mutationen/Mb

Prozentsatz an Proben mit

< 20 Mutationen/Mb (95%-KI)

Basalzellkarzinom

92

47,3

70,7 (60,7–79)

Plattenepithelkarzinom der Haut

266

45,2

67,3 (61,4–72,7)

Melanom (Haut)

879

14,4

39,7 (36,4–42,9)

Unbekanntes primäres Melanom

1.324

12,6

37,6 (35–40,2)

Großzelliges Karzinom der Lunge

74

12,2

24,3 (14,9–33,7)

Diffus großzelliges B-Zell-Lymphom

348

10,0

18,4 (14,7–22,8)

Kleinzelliges Lungenkarzinom, undifferenziert

913

9,9

9 (7,3–11)

Großzelliges neuroendokrines Karzinom der Lunge

288

9,9

19,8 (15,6–24,8)

Plattenepithelkarzinom der Lunge

2.102

9,0

11,3 (10–12,7)

NSCLC

2.636

8,1

17 (15,6–18,5)

Blasenkarzinom

77

8,1

14,3 (8,2–23,8)

Wann ist eine TMB hoch?

Ein essentieller Aspekt des Biomarkers TMB ist der Schwellenwert, ab wann eine Mutationslast als hoch zu bezeichnen ist. In verschiedenen Studien bei unterschiedlichen Tumorentitäten mit verschiedenen Checkpoint-Inhibitoren und unterschiedlichen Methoden zur Bestimmung der TMB wurden unterschiedliche Schwellenwerte herangezogen. Während beispielsweise von Goodman et al. 20 Mutationen/Mb als Schwellenwert vorgeschlagen wurden [16], beruht die von der FDA 2020 erteilte Zulassung für Pembrolizumab für vorbehandelte fortgeschrittene Tumoren mit hoher TMB auf einem Schwellenwert von 10 Mutationen/Mb, basierend auf den Daten der KEYNOTE-158-Studie. In beiden Analysen wurde der Assay von FoundationOne verwendet  [17, 18].
Dass es wohl keinen universellen Schwellenwert für die Definition einer hohen TMB gibt, zeigte zum Beispiel eine Publikation des Memorial Sloan Kettering Cancer Centers in New York aus dem Jahr 2019, die klinische und genomische Daten von 1.662 Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen, die mit Immuncheckpoint-Inhibitoren behandelt wurden, sowie von 5.371 Patienten, die keine Immuntherapie erhalten hatten, analysierte [19]. Zur Bestimmung der TMB wurde ein Next-Generation-Sequencing (NGS)-Verfahren (MSK-IMPACT) eingesetzt. Insgesamt war eine hohe TMB (hier für jede Histologie individuell definiert durch die jeweils 20 % höchstmutierten Tumoren) mit einem besseren OS nach Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren assoziiert. Die Korrelation zwischen hoher TMB und verbessertem OS wurde für die meisten Tumorhistologien – eine Ausnahme war das Gliom – beobachtet. Allerdings unterschieden sich die über das 20 %-Quantil definierten TMB-Schwellenwerte zwischen den verschiedenen Tumor-arten erheblich [19].
Der Schwellenwert für die TMB unterscheidet sich also offensichtlich bei verschiedenen Tumorentitäten und kann außerdem durch die verwendeten Nachweis- und 
Quantifizierungsmethoden beeinflusst werden [7, 20].

FDA-Zulassung für Pembrolizumab bei Tumoren mit hoher TMB

Wie gerade erwähnt, wurde Pembrolizumab in den USA für Patienten mit verschiedenen nicht-resezierbaren oder meta-stasierten Tumoren mit einer hohen TMB von ≥ 10 Mutationen/Mb und Progress nach vorangegangener Therapie und ohne weitere Behandlungsoptionen tumoragnostisch von der FDA zugelassen. Als begleitendes Compendium Diagnostikum für Pembrolizumab wurde der FoundationOneCDx Assay (Foundation Medicine) zugelassen [17].
Zugrunde liegen die Wirksamkeitsergebnisse einer prospektiv geplanten retrospektiven Analyse von zehn Kohorten der nicht-randomisierten, unverblindeten Phase-II-Studie KEYNOTE-158, in die Patienten mit neun verschiedenen Tumorarten eingeschlossen wurden. Bei den 102 mit Pembrolizumab behandelten Patienten mit hoher TMB lag die objektive Ansprechrate bei 29 % (95%-KI 21–39) gegenüber 6 % bei den Patienten ohne hohe TMB [18]. 81 der 102 Patienten hatten zwar eine hohe TMB, waren aber nicht MSI-H. Kritisieren lässt sich an der Studie, dass die Mehrheit der eingeschlossenen Tumoren kleinzellige Lungenkarzinome (SCLC) waren und sehr häufige Tumorarten wie Mamma- und Prostatakarzinom sowie kolorektale Karzinome nicht eingeschlossen waren [20]. 
Am MD Anderson Cancer Center wurden Daten von mehr als 10.000 Patienten mit 31 verschiedenen Tumoren aus dem Cancer Genome Atlas (TCGA) ausgewertet. Die retrospektive Analyse zeigte, dass eine TMB von ≥ 10 Mutationen/Mb zwar für einige, aber nicht für alle Tumorarten als prädiktiver Marker für das Ansprechen auf Immuncheckpoint-Inhibitoren herangezogen werden kann. Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass eine hohe TMB eben kein universeller Biomarker für das Ansprechen auf eine Immuntherapie ist, sondern zusätzliche Tumorart-spezifische Studien notwendig sind. 
Im Detail zeigte die Arbeit auf, dass eine Korrelation zwischen hoher TMB und Ansprechen auf die Immuntherapie nur bei Tumoren besteht, bei denen die TMB auch mit der Zahl der tumorinfiltrierenden CD8-T-Zellen korreliert. Diese bezeichneten McGrail et al. als Kategorie-I-Tumoren; zu ihnen gehören Lungen- und Blasentumoren sowie das Melanom. Bei den Tumoren ohne Korrelation zwischen CD8-T-Zell-Infiltrierung und TMB zeigte sich kein verbessertes Ansprechen, unter Immuntherapie blieben die Ansprechraten unter 20 %. Bei diesen Level-II-Tumoren – zu denen u. a. Mamma- und Prostatakarzinome sowie Gliome gehören – wurde mit einer Immuntherapie insgesamt sogar eine niedrigere Ansprechrate erreicht als bei Tumoren mit geringer TMB [20]. 

TMB-Diagnostik

Um die TMB zu bestimmen, muss eine breite genetische Testung mittels NGS erfolgen. Die Bestimmung der TMB mittels WES, wobei Tumor-DNA mit der DNA von Normalgewebe des Patienten verglichen wird, wäre sicherlich die genaueste und optimale Vorgehensweise, ist für den Routineeinsatz aber noch zu zeitaufwendig und kostenintensiv. Dass für die genetische Testung auch NGS-Genpanels eingesetzt werden können, bei denen nur bestimmte, gut verstandene Gene untersucht werden, wurde mittlerweile in verschiedenen Arbeiten gezeigt [1, 9, 13]. In der Analyse von Chalmers et al. etwa korrelierten die mit umfassendem Tumorprofiling (Comprehensive Genomic Profil-ing, CGP) gemessenen TMB-Werte mit den durch WES bestimmten Werten [9]. Allerdings wird durch Reduktion der analysierten Genomsequenz vom Exom auf die Panelregion der TMB ein stochastischer Fehler aufgeprägt, der für kleine Panels und für Tumoren mit niedriger TMB erheblich sein kann und zu einer suboptimalen Prädiktion des Ansprechens auf eine Immuntherapie führen kann [21]. Diese NGS-Genpanels berücksichtigen meist auch synonyme Basensubstitutionen sowie Mutationen durch Insertionen und Deletionen (Indels) pro Megabase des untersuchten Genoms. Einen Überblick gibt Tab. 2.

Tab. 2 Übersicht der NGS-Panels zur TMB-Bestimmung, modifiziert nach [8].

Labor

Panel

Anzahl

Gene

Abgedeckte

Gesamtregion

(Mb)

Abgedeckte

TMB-Region§

(Mb)

Art der exonischen Mutatio­nen, die zur TMB-Berechnung herangezogen werden

ACT Genomics

ACTOnco+

440

1,8

1,12

Nicht-synonym***, synonym

AstraZeneca

AZ600

607

1,72

1,72

Nicht-synonym, synonym

Caris

SureSelect XT

592

1,60

1,40

Nicht-synonym

Foundation Medicine

FoundationOne CDx*

324

2,20

0,80

Nicht-synonym, synonym

Guardant Health

GuardantOMNI**

500

2,15

1,00

Nicht-synonym, synonym

Illumina

TSO500 (TruSight Oncology 500)

523

1,97

1,33

Nicht-synonym, synonym

Memorial Sloan Kettering Cancer Center

MSK IMAPCT

468

1,53

1,14

Nicht-synonym

NeoGenomics

NeoTYPE Discovery Profile for Solid Tumors

372

1,10

1,03

Nicht-synonym, synonym

Personal Genome Diagnostics

PGDx elio tissue complete

507

2,20

1,33

Nicht-synonym, synonym

Qiagen

QIAseq TMB panel

486

1,33

1,33

Nicht-synonym, synonym

Thermo Fisher Scientific

Oncomine Tumor Mutation Load Assay

409

1,70

1,20

Nicht-synonym

§ Zur Schätzung der TMB herangezogene kodierende Region unabhängig von der Größe der Region, die das Panel abdeckt.
* Von der FDA zugelassen, ** Plasma-basierter Test an zirkulierender Tumor-DNA, *** nicht synonyme Mutationen beinhalten Einzelnukleotid-Varianten, Spleißstellen-Varianten und kurze Insertionen und Deletionen (Indels). 

Mit beiden Methoden wurden Vorteile durch die Immuntherapie nachgewiesen. Sowohl die Qualitätssicherungs-Initiative Pathologie QuIP als auch die Initiative von Friends of Cancer Research bemühen sich um die Harmonisierung und Standardisierung der TMB-Nachweismethoden und deren Reproduzierbarkeit [8, 22].
Neben diesen technischen Aspekten hängt die TMB-Diagnostik aber auch von biologischen Faktoren ab. In einer Studie zur intratumoralen Heterogenität der TMB im pulmonalen Adenokarzinom zeigte ein Drittel der analysierten Fälle eine erhebliche Varianz (± 5 mut/Mbp) des TMB zwischen den einzelnen Proben eines Tumors. Haupt-ursächlich konnten hierfür zum einen eine subklonale Entwicklung des Tumors mit teils unterschiedlichen Mutationsprofilen in unterschiedlichen Bereichen des Tumors und zum anderen ein niedriger Tumorzellgehalt der analysierten Probe ausgemacht werden. Vor allem Letzteres ist ein entscheidender Parameter, der in der Präanalytik kontrolliert werden sollte, da auf Grund eines geringen Tumorzellgehalts niedrig-frequente Varianten u. U. nicht erfasst werden und somit nicht in die TMB einfließen [23].

Ausblick 

Die TMB unterscheidet sich bei verschiedenen Tumorentitäten, die Tumorlokalisation und -histologie macht bei diesem Biomarker offensichtlich einen Unterschied. Dementsprechend variieren auch die Schwellenwerte, ab wann eine TMB als hoch definiert wird; allerdings müssen solche tumorspezifischen TMB-Cut-offs noch prospektiv validiert werden. Eine TMB-Bestimmung mittels Panelsequenzierung ist im Vergleich zu WES leichter in der molekularpathologischen Routinediagnostik umzusetzen – essentiell ist bei dieser Panel-basierten NGS die Standardisierung und Harmonisierung der TMB-Messung mit den verfügbaren Plattformen. 
Eine Limitation der TMB besteht darin, die Last der Mutationen nur quantitativ zu erfassen, aber die spezifische Immunogenität verschiedener Mutationen unberücksichtigt zu lassen. In einer Studie an 19 Tumorentitäten zur tumorspezifischen Bindung von Neoantigenen wurde eine neunfach erhöhte Anreicherung bei Indels mit Verschiebung des Leserahmens im Vergleich zu Punktmutationen prognostiziert [24]. Diese Be­obachtung kann zur Erklärung der Erfolge der Immuntherapie bei Nieren­tumoren beitragen, die typischerweise eine hohe Indel-Last bei gleichzeitig niedriger TMB besitzen. Eine weitere Möglichkeit zur qualitativen Analyse der TMB ist ihre Zerlegung in Mutationssignaturen, die sich spezifischen Mutationsprozessen zuordnen lassen [25]. In einer Studie an 21 Tumorentitäten wurde gezeigt, dass die Höhe spezifischer Mutationssignaturen mit der Anreicherung spezifischer Immunzellpopulationen im Tumormikromilieu korreliert [6]. Zusammengefasst ist es derzeit noch Gegenstand der Forschung, wie die qualitativen Merkmale der TMB am besten zur Auswahl von Patienten für die Immuntherapie ausgebeutet werden können.
Bei der Bewertung des Stellenwerts der TMB als prädiktiver Biomarker für die Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren sind eine Reihe weiterer Faktoren zu berücksichtigen, denn immunogene Neoantigene – über deren Vorhandensein uns die TMB Auskunft geben soll – stellen nicht den einzigen Faktor dar, der die Fähigkeit von T-Zellen, Tumorzellen zu bekämpfen, beeinflusst. So kann es durch inaktivierende Mutationen zur Beeinträchtigung des Antigen-Präsentations-Pathways kommen, sodass die Peptide dem Immunsystem schlechter präsentiert werden können [26–28]. Auch das Tumor-Mikro-environment spielt eine zentrale Rolle für eine adäquate Immunantwort. Eine hohe Anzahl an tumorzellinfiltrierenden Lymphozyten lässt eine gute Wirkung von Checkpoint-Inhibitoren erwarten, sodass zum einen die Dichte von Lymphozytenpopulationen, zum anderen aber auch die Diversität der infiltrierenden Immunzellen bedacht werden müssen. In einer Analyse von Exom-/Trans-kriptom-Daten von über 1.000 mit Checkpoint-Inhibitoren behandelten Patienten mit sieben verschiedenen Tumorarten erwies sich die CXCL9-Expression als stärkster Marker für die Immunzellinfiltration. CXCL9 ist ein wichtiges Chemokin, das CXCR3 auf T-Zellen bindet und so die Rekrutierung von zytotoxischen CD8+-Zellen in den Tumor verbessert und die Differenzierung inflammatorischer T-Helfer-Typ 1 (Th1) und Th17-CD4-T-Zellen fördert [29]. Stärkster prädiktiver Marker für das Ansprechen auf die Checkpoint-Inhibitor-Therapie war in der Analyse die klonale TMB, gefolgt von der Gesamt-TMB und der CXCL9-Expression [29]. Auch das intestinale und orale Mikro-biom scheinen das Ansprechen auf die onkologische Immuntherapien zu beeinflussen [30, 31]. 
Es deutet also einiges darauf hin, dass ein kompositorischer Biomarker, der neben der TMB verschiedene Komponenten berücksichtigt, um sowohl den Tumor als auch seine Umgebung möglichst genau zu charakterisieren, den richtigen Weg darstellen wird, um möglichst viele Patienten, die von einer Immuntherapie profitieren, zu identifizieren. Sobald durch die Analyse präklinischer Studien ein Konsens über die verwendeten Parameter eines solchen kompositorischen Biomarkers gefunden wurde, wird es wie bei allen neuen Biomarkern darum gehen, dessen Robustheit und prädiktiven Mehrwert im Vergleich zu bereits etablierten Biomarkern, wie hier der PD-L1 IHC, in pro­spektiven klinischen Studien zu untersuchen.

Interessenkonflikte: 
A. Stenzinger: Advisory Board/Speaker’s Bureau: Astra Zeneca, AGCT, Bayer, BMS, Eli Lilly, Illumina, Janssen, MSD, Novartis, Pfizer, Roche, Seattle Genetics, Takeda, Thermo Fisher. 
Grants: Bayer, BMS, Chugai
D. Kazdal: Personal fees from Agilent, AstraZeneca, Bristol-Myers Squibb, Lilly, Pfizer and Takeda outside the submitted work
V. Endris: Advisory Boards für Astra Zeneca und Novartis.
J. Budczies, M. Kloor: keine

Autoren
Prof. Dr. rer. nat. Jan Budczies
Institut für Pathologie
Universitätsklinikum Heidelberg
Dr. rer. nat. Daniel N. Kazdal
Institut für Pathologie
Universitätsklinikum Heidelberg
Dr. rer. nat. Volker Endris
Institut für Pathologie
Universitätsklinikum Heidelberg
PD Dr. med. Matthias Kloor
Abteilung für Angewandte Tumorbiologie, Institut für Pathologie
Universitätsklinikum Heidelberg und Klinische Kooperationseinheit Angewandte Tumorbiologie DKFZ Heidelberg
Prof. Dr. med. Albrecht Stenzinger
Institut für Pathologie
Universitätsklinikum Heidelberg