Adjuvante Therapie des Kolonkarzinoms
In der adjuvanten Therapiesituation beim Kolonkarzinom sind insbesondere die beim ASCO 2025 präsentierten Daten der Phase-III-Studie ATOMIC und der Phase-II/III-Studie DYNAMIC-III von besonderer Relevanz.
ATOMIC-Studie: neuer Standard beim dMMR-Kolonkarzinom
Die ATOMIC-Studie (NCT02912559) wurde als wichtigster Studienbeitrag im Rahmen der Plenarsitzung beim ASCO 2025 vorgestellt [1]. Es handelt sich um eine multizentrische, randomisierte Phase-III-Studie zur adjuvanten Therapie beim Kolonkarzinom im Stadium III mit nachgewiesener Mismatch-Reparatur-Defizienz (dMMR). Untersucht wurde der Einsatz des Chemotherapieregimes mFOLFOX6 (bestehend aus 5-Fluorouracil, Folinsäure und Oxaliplatin) entweder allein oder in Kombination mit Atezolizumab. Eingeschlossen waren Personen mit einem chirurgisch resezierten Kolonkarzinom im Stadium III (alle T-Kategorien, N1/2, M0) und bestätigtem dMMR. Die molekulargenetische Bestimmung erfolgte lokal und wurde zentral verifiziert.
Die Teilnehmenden erhielten 1:1-randomisiert entweder mFOLFOX6 plus Atezolizumab (840 mg i. v.; q2w) über zwölf Zyklen für sechs Monate mit anschließender Atezolizumab-Monotherapie über weitere sechs Monate (Gesamtdauer zwölf Monate) oder mFOLFOX6 allein über zwölf Zyklen (sechs Monate). Die Stratifikation erfolgte nach T- und N-Stadium sowie Tumorlokalisation. Der primäre Endpunkt war das krankheitsfreie Überleben (DFS). Sekundäre Endpunkte umfassten das Gesamtüberleben (OS) sowie therapieassoziierte Nebenwirkungen, erfasst nach CTCAE (Common Terminology Criteria for Adverse Events) und PRO-CTCAE. Insgesamt wurden über 700 Patienten randomisiert (Atezolizumab plus mFOLFOX6 n = 355; mFOLFOX6 allein n = 357).
Bei der zweiten Interimsanalyse nach einem medianen Follow-up von 37,2 Monaten zeigte sich ein signifikanter Vorteil zugunsten der Kombinationstherapie (Atezolizumab plus mFOLFOX6). Die 3-Jahres-DFS-Rate betrug 86,4 % unter Atezolizumab plus mFOLFOX6 versus 76,6 % unter mFOLFOX6 allein (Hazard Ratio [HR] 0,50; 95 %-Konfidenzintervall [95 %-KI] 0,35–0,72; p < 0,0001). Der therapeutische Vorteil war über alle vordefinierten Subgruppen hinweg konsistent, einschließlich für Ältere (> 70 Jahre) sowie für niedrig stratifizierte (T1–3/N1) und hochrisikostratifizierte Gruppen (T4 und/oder N2).
Schwerwiegende therapieassoziierte Nebenwirkungen (≥ Grad 3) traten bei 71,7 % der Teilnehmenden im Kombinationsarm versus 62,1 % unter alleiniger mFOLFOX6-Therapie auf.
Die Kombination aus Atezolizumab und mFOLFOX6 führte somit zu einer signifikanten Verbesserung des DFS und ist demnach adjuvanter Therapiestandard für Betroffene mit einem Kolonkarzinom im Stadium III und dMMR.
Bei ausstehender Zulassung ist eine vorherige Kostenübernahme von der jeweiligen Krankenkasse einzuholen. Diskutiert werden muss, ob diese Patienten bereits vor der Operation identifiziert werden sollten, um dann analog der Studien NICHE-1 und NICHE-2 nur für ein kurzes Zeitintervall neoadjuvant mittels Immuncheckpointtherapeutika zu behandeln [2, 3]. Auch hierzu gibt es keine Zulassung.
DYNAMIC-III-Studie: Rezidivrisiko steigt mit erhöhter ctDNA-Last
Das Risiko für ein Rezidiv nach einer adjuvanten Chemotherapie (ACT) ist für Betroffene mit einem resezierten Kolonkarzinom im Stadium UICC (Union Internationale Contre le Cancer) III (Tumoren jeder Größe mit dem Befall von einem oder mehreren regionären Lymphknoten ohne Fernmetastasen) besonders hoch, wenn zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) nachweisbar ist. In der multizentrischen Phase-II/III-Studie DYNAMIC-III wurde deshalb der Einsatz von einer ctDNA-gesteuerten Eskalation beziehungsweise Deeskalation der ACT untersucht [4].
Randomisiert im Verhältnis 1:1 wurden die Teilnehmenden einem ctDNA-basierten Management oder einer Standardtherapie (SOC) zugeordnet. Bei ctDNA-Positivität (fünf bis sechs Wochen postoperativ) erfolgte eine Eskalation der ACT im ctDNA-basierten Management. Der primäre Endpunkt in der ctDNA-positiven Kohorte war das rückfallfreie Überleben (RFS) nach zwei Jahren. Die geplante Fallzahl von 250 Patienten sollte mit einer statistischen Power von 80 % und einem 90 %-KI eine Überlegenheit der ctDNA-gesteuerten Therapieeskalation gegenüber der SOC-Strategie bestätigen (HR 0,746) (Abb. 1).