European Lung Cancer Congress (ELCC) 2025

Nichtkleinzelliges und kleinzelliges Lungenkarzinom: Neue Therapieoptionen ­deuten sich an

Beim nichtkleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) werden aktuell Behandlungsstrategien auf Basis verschiedener ­Wirkstoffklassen geprüft, die nach Versagen von Immuncheckpoint-­Inhibitoren (ICIs) und nach zielgerichteten Vortherapien zum ­Einsatz kommen sollen. Beim Kleinzeller (SCLC) stehen Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADCs), antiangiogene ­Wirkstoffe sowie Substanzen zur T-Zell-Aktivierung im Fokus, wie beim European Lung Cancer Congress (ELCC) 2025 zu hören war.

Schlüsselwörter: nichtkleinzelliges Lungenkarzinom, kleinzelliges ­Lungenkarzinom, ­Immuncheckpoint-Inhibitoren, ­Tyrosinkinase-Inhibitoren, ­Antikörper-Wirkstoff-­Konjugate, antiangiogene Wirkstoffe, T-Zell-Aktivierung

NSCLC: Wirkstoffkandidaten nach zielgerichteter Therapie

Interessante Wirkstoffkandidaten, die oft nach ICI-Therapie geprüft werden, adressieren laut Prof. Martin Reck, Großhansdorf, die Zielstrukturen TIGIT („T-cell immunoreceptor with immunoglobulin and ITIM domains“) und LAG3 („lymphocyte-activation gene 3“). Es deute sich aber an, dass möglicherweise Kombinationsstrategien mit Anti-PD-(L)1 erforderlich seien, um die notwendige Aktivität zu erreichen. Vielversprechend seien darüber hinaus bispezifische Antikörper und bispezifische T-Zell-Engager (BiTE®s), die verschiedene Zielstrukturen adressieren, ergänzte Prof. Solange Peters, Lausanne, Schweiz. Es sei auch möglich, mit bispezifischen Antikörpern zwei tumorassoziierte Antigene zu adressieren. Hierbei ist es das Ziel, die Tumorimmunogenität zu erhöhen, die T-Zell-Funktion und -Infiltration zu verbessern und die Immunantwort in einer oft immunsuppressiven Tumormikroumgebung (TME) zu verbessern. Auch NK-Zell-Engager würden klinisch geprüft. 

Der Einsatz von CAR(Chimärer Antigenrezeptor)-T-Zellen bei soliden Tumoren sei vergleichsweise schwierig, da die TME oft immunsuppressiv wirke und unterstützende Faktoren für tumorspezifische T-Zellen fehlten, erklärte Dr. Ben Creelan, Tampa, FL/USA. Aktuell werde geprüft, wie diesen Limitationen begegnet werden könnte, etwa mittels speziell designter CAR-T-Zellen, die mit Interleukin 15 (IL-15) oder TGFβ („transforming growth factor β“) „bewaffnet“ würden. Erfolgversprechende Targets seien Glypican-3 (GPC3) für Plattenepithel-NSCLCs und DLL3 („delta-like protein 3“) für neuroendokrine Lungentumoren. 

NSCLC: Ansätze nach zielgerichteter Therapie

Nach Versagen von Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKIs) beim NSCLC mit Mutationen im Gen des epidermalen Wachstumsfaktorrezeptors (EGFR) könnten künftig bispezifische Antikörper, BiTE®s und ADCs zum Einsatz kommen, konstatierte Prof. Sanjay Popat, London, Großbritannien. Das Spektrum der evaluierten Substanzen, die zum Teil als zielgerichtete Option (z. B. gegen MET) ergänzend zur weitergeführten Therapie mit dem TKI Osimertinib geprüft würden, sei beachtlich. Nach Versagen des Standards Lorlatinib beim ALK-alterierten NSCLC seien potente, ZNS-gängige ALK-TKIs wie Neladalkib vielversprechend, so Dr. Geoffrey Liu, Toronto, ON/Kanada. Andere Post-TKI-Optionen adressierten den vaskulären Wachstumsfaktor (VEGF), PD-(L)1, TROP2 („trophoblast cell-surface antigen 2“) oder spezifische Resistenzsignalwege.

Therapiestrategien für den Kleinzeller

Obwohl die Tumorbiologie des SCLC inzwischen besser verstanden sei, werde in der Erstlinie nach wie vor die mäßig wirksame platinbasierte Chemotherapie eingesetzt, im Extensive-Stage(ES)-Stadium ergänzt durch ICIs, so Dr. Carminia Maria Della Corte, Neapel, Italien. Neue, zielgerichtetere Optionen für die Erstlinie und die Folgelinien seien dringend erforderlich. 

Aus Sicht von Dr. Kersti Oselin, Tallinn, Estland, stehen drei Wirkstoffgruppen, die spezielle Zielmoleküle angehen, vor dem Einsatz in der Klinik: ADCs, antiangiogene Wirkstoffe und Substanzen zur T-Zell-Aktivierung. Unter den ADCs erscheinen jene, die an die Targets TROP2, gegen das transmembrane immunregulatorische Protein B7-H3 und an SEZ6 („seizure related 6 homolog“) binden, besonders vielversprechend. In nichtkontrollierten Phase-I-/II-Studien seien beim vorbehandelten ES-SCLC Ansprechraten von 30 bis 60 % und ein medianes progressionsfreies Überleben von vier bis sieben Monaten erreicht worden, berichtete Oselin. 

Zu den antiangiogenen Substanzen, die Erfolg versprechen, gehören der TKI Anlotinib und außerdem der bispezifische Antikörper Ivonescimab (Anti-VEGF/-PD-L1). Anlotinib in Kombination mit dem neuen PD-L1-Inhibitor Benmelstobart ergänzend zur platinbasierten Erstlinientherapie (gefolgt von einer Erhaltungstherapie mit den neuen Substanzen) habe in einer Phase-III-Studie ein erstaunliches medianes Gesamtüberleben (OS) von 19,3 Monaten erreicht [1]. Unter den T-Zell-aktivierenden Wirkstoffen hob Oselin jene hervor, die DLL3 adressieren – eine Zielstruktur, die bei 90 % der SCLCs überexprimiert wird. Unter den evaluierten Anti-DLL3-Wirkstoffen nannte die Expertin das ADC Rovalpituzumab-Tesirin (Rova-T) und den bispezifischen T-Zell-Engager Tarlatamab. Mit Tarlatamab sei im Phase-II-Setting (DeLLphi-301) beim vorbehandelten ES-SCLC ein medianes OS von 17,5 Monaten erzielt worden [2], erklärte die Onkologin. Darüber hinaus sei DLL3 eine bevorzugte Zielstruktur für CAR-T-Zellen, die derzeit klinisch entwickelt würden. 

Mehr zu Lungentumoren

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Bericht vom European Lung Cancer Congress (ELCC) 2025 vom 26. bis 29.03.2025 in Paris, Frankreich.