Die Obduktion hat nach wie vor eine wichtige Bedeutung für das Verständnis der Pathogenese von Infektionskrankheiten und deren Verlauf. Beispiele sind nicht nur der Ausbruch des Marburgvirusfiebers und in jüngerer Zeit HIV, sondern auch SARS und MERS. Hier haben Autopsiebefunde dazu beigetragen, klinische Krankheitsbilder zu verstehen, und damit auch therapeutische Konzepte beeinflusst.
Die Zahl der COVID-19-infizierten Menschen steigt sowohl in Deutschland als auch global weiter an. Trotz der großen Anstrengungen, die Krankheit besser zu verstehen, ist immer noch vergleichsweise wenig über die Pathogenese der Krankheit, ihre Ausbreitung im menschlichen Körper oder ihre Auswirkungen auf die jeweiligen Organe und Zellen bekannt. Obduktionen von COVID-19-infizierten Verstorbenen sind sehr gut geeignet, um diese Fragen zu beantworten. Letztlich können die dadurch gewonnenen Erkenntnisse und das gesammelte Material auch dazu beitragen, die Therapie der Patienten zu verbessern. Wie im Beitrag von Siegert & Poremba gezeigt, wird intensiv an der Erforschung der Pathogenese von COVID-19 anhand von Obduktionen gearbeitet. Frühe Studien aus COVID-19-Obduktionen, viele davon aus Deutschland, deuteten auf mögliche wichtige Pathomechanismen hin, wie z. B. der häufige Nachweis von Mikrothromben. Dies unterstreicht den potenziell großen medizinisch-wissenschaftlichen, aber auch den gesellschaftlichen Wert dieser Untersuchungen. Eine frühzeitige, vereinte Öffentlichkeitsarbeit insbesondere der pathologischen Fachgesellschaften für die Durchführung von Obduktionen machte den medizinischen Fachkreisen, den deutschen Gesundheitsbehörden und der breiteren Öffentlichkeit die wichtige Rolle der Obduktion als ein unverzichtbares Instrument zum Verständnis der Pathophysiologie von COVID-19 im Besonderen – und neu auftretender Krankheiten im Allgemeinen – deutlich.