Deutsches Register für COVID-19-Obduktionen: Von den Toten für die Lebenden lernen

DOI: https://doi.org/10.47184/td.2021.01.06

Autopsiebefunde tragen seit vielen Jahren dazu bei, klinische Krankheitsbilder zu verstehen. Im Deutschen Register COVID-19-Obduktionen sollen deutschlandweit möglichst alle Obduktionsfälle von an COVID-19 Erkrankten erfasst werden. Es dient damit als zentrale Vermittlungsstelle für die Datenanalyse und ist das elektronische Rückgrat des Deutschen Forschungsnetzwerks für Autopsien in Pandemien.

Schlüsselwörter: Pathogenese, SARS-CoV-2, DeRegCOVID, RWTH Aachen, BDP, GDP, DEFEAT PANDEMIcs

Die Obduktion hat nach wie vor eine wichtige Bedeutung für das Verständnis der Pathogenese von Infektionskrankheiten und deren Verlauf. Beispiele sind nicht nur der Ausbruch des Marburgvirusfiebers und in jüngerer Zeit HIV, sondern auch SARS und MERS. Hier haben Autopsiebefunde dazu beigetragen, klinische Krankheitsbilder zu verstehen, und damit auch therapeutische Konzepte beeinflusst.
Die Zahl der COVID-19-infizierten Menschen steigt sowohl in Deutschland als auch global weiter an. Trotz der großen Anstrengungen, die Krankheit besser zu verstehen, ist immer noch vergleichsweise wenig über die Pathogenese der Krankheit, ihre Ausbreitung im menschlichen Körper oder ihre Auswirkungen auf die jeweiligen Organe und Zellen bekannt. Obduktionen von COVID-19-infizierten Verstorbenen sind sehr gut geeignet, um diese Fragen zu beantworten. Letztlich können die dadurch gewonnenen Erkenntnisse und das gesammelte Material auch dazu beitragen, die Therapie der Patienten zu verbessern. Wie im Beitrag von Siegert & Poremba gezeigt, wird intensiv an der Erforschung der Pathogenese von COVID-19 anhand von Obduktionen gearbeitet. Frühe Studien aus COVID-19-Obduktionen, viele davon aus Deutschland, deuteten auf mögliche wichtige Pathomechanismen hin, wie z.  B. der häufige Nachweis von Mikrothromben. Dies unterstreicht den potenziell großen medizinisch-wissenschaftlichen, aber auch den gesellschaftlichen Wert dieser Untersuchungen. Eine frühzeitige, vereinte Öffentlichkeitsarbeit insbesondere der pathologischen Fachgesellschaften für die Durchführung von Obduktionen machte den medizinischen Fachkreisen, den deutschen Gesundheitsbehörden und der breiteren Öffentlichkeit die wichtige Rolle der Obduktion als ein unverzichtbares Instrument zum Verständnis der Pathophysiologie von COVID-19 im Besonderen – und neu auftretender Krankheiten im Allgemeinen – deutlich.

 

DeRegCOVID

Um Daten möglichst aller Obduktio­nen und des verfügbaren Materials in Deutschland zentral und koordiniert zu sammeln, hat das Institut für Pathologie der Universitätsklinik RWTH Aachen (Leitung: Prof. Knüchel-Clarke) ein zentrales Register für COVID-19-Obduktionen eingerichtet (www.DeRegCOVID.ukaachen.de). Das Register sammelt die Daten,  wertet sie zentral aus und dient auch als Vermittlungsplattform für Forschungsanfragen. Das Register ist offen für alle interessierten Zentren und bietet Unterstützung bei allen Fragen zu COVID-19-Obduktionen und damit verbundenen Forschungsprojekten (Abb. 1). Viele universitäre, aber auch viele außeruniversitäre Zentren aus ganz Deutschland sind bereits aktive Teilnehmer des Registers und es wurden bereits mehrere Forschungsvorhaben unterstützt [1–5].
Das Register wurde mit der Unterstützung des Bundesverbandes Deutscher Pathologen e. V. (BDP) und der Deutschen Gesellschaft für Pathologie (DGP) aufgebaut und wurde vor kurzem mit dem Register der Deutschen Gesellschaft für Neuropathologie und Neuroanatomie (DGNN; CNS-COVID-19) fusioniert. Derzeit gibt es keine andere Initiative, die Daten aus Obduktionen sammelt. Das Register ergänzt damit die Bemühungen, umfassende COVID-19-Patientenregister und -Datensammlungen in ganz Deutschland und Europa zu etablieren. Es ist das erste zentralisierte nationale Register von COVID-19-Obduktionen weltweit.

 

DEFEAT PANDEMIcs

Für eine zukünftige harmonisierte, systematische, validierte und hochwertige Aufarbeitung der COVID-19-Pandemie sowie zur Vorbereitung auf zukünftige Pandemien wurde das DEutsche ForschungsnEtzwerk für AuTopsien in PANDEMIen gegründet (DEFEAT PANDEMIcs). Das Ziel dieses Netzwerks ist, eine systematische, strukturierte, harmonisierte, umfassende und schnelle Analyse von epidemiologischen Daten, Befunden und Gewebeproben aus Obduktionen während der COVID-19-Pandemie und bei zukünftigen Pandemien oder Epidemien auf bundesweiter Ebene zu implementieren und zu verbessern. In diesem Zusammenhang ist DeRegCOVID die zentrale und nachhaltige Datenplattform, Informationsvermittler und damit das elektronische Rückgrat des DEFEAT PANDEMIcs Netzwerks. Diese nachhaltigen Strukturen werden uns bei der gemeinsamen Bewältigung der aktuellen Pandemie sowie zukünftiger Epi- und Pandemien helfen.   

Autoren
Prof. Dr. med. Peter Boor (korresp. Autor)
nstitut für Pathologie und Medizinische Klinik II (Nephrologie und Immunologie),
Universitätsklinikum der RWTH Aachen
Prof. Dr. med. Ruth Knüchel-Clarke
Institut für Pathologie, Universitäts­klinikum der RWTH Aachen
Dr. med. Saskia von Stillfried
Institut für Pathologie, Universitäts­klinikum der RWTH Aachen
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