Überarbeitung der Rili-BÄK: Neue Anforderungen an das medizinische Labor

Die überarbeitete Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen wird im Dezember 2019 publiziert. In der neuen Fassung wurden u. a. Weiterentwicklungen im Bereich Qualitätsmanagement übernommen, neue Messgrößen aufgenommen und die Vorgaben für die Messgröße HbA1c angepasst.

Schlüsselwörter: Qualitätsmanagement-Richtlinie, Peer-Review, Liquor, Trockenblut, Rili-BÄK-Beirat, Ringversuche

Der Vorstand der Bundesärztekammer hat der überarbeiteten Version der Richtlinie zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (Rili-BÄK) im Oktober 2019 zugestimmt.
Seit dem Jahr 2007 hat die aktuelle Rili-BÄK einen einheitlichen Aufbau, der aus dem allgemeinen Teil A, mit grundlegenden Anforderungen an die Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen sowie fünf B-Teilen besteht, die spezifische Vorgaben für
quantitative laboratoriumsmedizinische Untersuchungen,
qualitative laboratoriumsmedizinische Untersuchungen,
den direkten Nachweis und Charakterisierung von Infektionserregern,
Ejakulatuntersuchungen sowie
molekulargenetische und zytologische laboratoriumsmedizinische Untersuchungen
umfassen.
Darüber hinaus ist im Teil C die Zusammensetzung des Beirats der Rili-BÄK beschrieben und im Teil D die der Fachgruppen (D 1 bis D 5). Im Teil E sind die allgemeinen Anforderungen an Referenzinstitutionen definiert sowie in den Teilen F und G die Übergangsregelungen und das Inkrafttreten der Richtlinie festgelegt.
Im Rahmen der Überarbeitung wurden im Teil A Weiterentwicklungen im Bereich des Qualitätsmanagements aufgegriffen und in die Rili-BÄK übernommen. So wurden Teile der verbindlichen Anforderungen der Qualitätsmanagement-Richtlinie/QM-RL des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) aus dem Jahr 2015, wie z. B. das Risikomanagement, übernommen. In der DIN EN ISO 9001:2015 wurde der Begriff „Dokument“ durch „dokumentierte Information“ ersetzt, sodass nun z. B. Videos genutzt werden können, um Aspekte und Tätigkeiten zu beschreiben und zu dokumentieren. Somit darf auch im laboratoriumsmedizinischen Bereich künftig mit prozessorientierten Qualitätsmanagement- Programmen gearbeitet werden, sodass Prozesse nicht mehr in Standardarbeitsanweisungen (SOP) beschrieben werden müssen, sondern in Workflows abgebildet werden, die eine hohe Prozesssicherheit gewährleisten.
Eine weitere wichtige Änderung ist die Einführung des „Peer-Reviews“. In der wissenschaftlichen Welt sind die Peer-Reviews fest etabliert, um Artikel inhaltlich zu bewerten und zu verbessern, bevor sie veröffentlicht werden. Beim Peer-Review handelt es sich um die kritische (Selbst-)Reflexion des ärztlichen Handelns im Dialog mit Fachkollegen auf Augenhöhe. Ziel ist es, Verbesserungspotenziale zu identifizieren, damit die Krankenversorgung sich inhaltlich und qualitativ verbessert und die Sicherheit der Patientenversorgung erhöht wird. Im Rahmen der neuen Rili-BÄK können anstelle der bislang vorgeschriebenen internen Audits alternativ auch Peer-Reviews durchgeführt werden.
Im speziellen Teil B 1 wurden nach intensiver Diskussionen 30 weitere Messgrößen eingeführt, für die lediglich Vorgaben für die interne Qualitätssicherung definiert worden sind. Damit entfällt für diese weiteren Messgrößen die Berechnung der laborinternen Fehlergrenzen, wodurch die Mitarbeitenden in den medizinischen Laboratorien entlastet werden. Darüber hinaus wurden bei der Messgröße HbA1c die Vorgaben für die interne und externe Qualitätskontrolle den medizinischen Bedürfnissen angepasst. Seit einigen Jahren kann das HbA1c gemäß von Leitlinien auch für die Diagnosestellung des Diabetes mellitus herangezogen werden. Dabei hat sich gezeigt, dass die aktuellen Qualitätsvorgaben nicht den medizinischen Anforderungen genügen. Bereits bei einem Variationskoeffizienten (VK) von ± 4 % ist die Messunsicherheit und damit die Streuung (Impräzision) größer als der Entscheidungsbereich zwischen unauffälligen und erhöhten HbA1c-Werten (Abb. 1). Im Ergebnis werden die Vorgaben für die interne Qualitätssicherung für HbA1c stufenweise auf ± 5 % und nach einer zweijährigen Übergangsphase auf ± 3 % reduziert. Für die Ringversuche wird die Akzeptanzgrenze auf ± 8 % abgesenkt. Im Hinblick auf die bevorstehenden Anforderungen einer Präzisionsmedizin oder stratifizierten Medizin ist es unabdingbar, dass sich die Laboratoriumsmedizin weiterentwickelt, um den steigenden analytischen Anforderungen gerecht zu werden.
Darüber hinaus wurden im Abschnitt B 1 (Tabelle B 1c) die Messbereiche für die Liquordiagnostik den klinischen Erfordernissen angepasst und erstmalig das Probenmaterial Trockenblut (Tabelle B 1d) aufgenommen, das im Rahmen des Neugeborenenscreenings verwendet wird.
In den Teilen B 2 und B 3 wurden die Tabellen um einige Messgrößen erweitert. Eine wichtige Erweiterung im Teil B 3 besteht darin, dass Ausführungen für die Verwendung geschlossener Messsysteme für Nukleinsäureamplifikationstechniken Eingang gefunden haben.
Durch die Einführung der risikobasierten Qualitätssicherung wird die Entscheidungskompetenz der handelnden Ärztinnen und Ärzte betont, die im Einzelfall stets gefordert sind, um kluge Entscheidungen für die uns anvertrauten Patienten zu treffen.
In den Teilbereichen B 4 und B 5 wurden nur marginale redaktionelle Veränderungen durchgeführt.
Hinsichtlich der Zusammensetzung der Mitglieder des Rili-BÄK-Beirats und der diesem zuarbeitenden Fachgruppen D 1 bis D 5 wurden nach Rücksprache mit den im Rili-BÄK-Beirat vertretenen Organisationen,  zum Beispiel dem Bundesministerium für Gesundheit, geringfügige Anpassungen vorgenommen. Die D-Teile wurden in erster Linie redaktionell überarbeitet und inhaltliche Redundanzen beseitigt. Im Teil E wurden Spezifizierungen vorgenommen, in dem z. B. Anforderungen an die Referenzorganisationen zur erfolgreichen Teilnahme an internationalen Ringversuchen eingeführt worden sind, um den hohen Qualitätsanspruch an die Referenzinstitutionen zu unterstreichen.
Die überarbeitete Rili-BÄK wird im Dezember 2019 im Deutschen Ärzteblatt angekündigt und auf der Homepage der Bundesärztekammer publiziert. Es ist dieses Mal auch eine englischsprachige Version vorgesehen.   

Autor
Prof. Dr. med. Matthias Nauck
Universitätsmedizin Greifswald
Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin
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