Hochdosistherapie beim Multiplen Myelom

Trotz der relevanten Weiterentwicklung der pharmakologischen Kombinationsbehandlung beim Multiplen Myelom bleibt die Hochdosis-Chemotherapie (HDT) mit anschließender autologer Blutstammzelltransplantation (ASZT) zentraler Bestandteil der Erstlinientherapie bei geeigneten Patienten. Durch die Kombination von HDT und monoklonalem Antikörper, Proteasom-Inhibitor, Immunmodulator und Steroid erreichen die meisten Patienten hohe Ansprechraten sowie tiefe und anhaltende Remissionen. Angesichts der Geschwindigkeit, mit der sich die Therapie des Multiplen Myeloms weiterentwickelt, sollte der Stellenwert der HDT aber immer wieder neu geprüft werden.

Schlüsselwörter: Hochdosistherapie, Melphalan, monoklonaler Antikörper, Proteasom-Inhibitor, Immunmodulator, Steroid

Entwicklung der Hochdosistherapie (HDT)

Vor ca. 60 Jahren wurde das erste relevant wirksame Medikament zur Therapie des Multiplen Myeloms (MM) eingeführt: Melphalan [1]. Zehn Jahre später wurde die Kombination von Melphalan mit Steroiden der Behandlungsstandard [2]. Mitte der 1980er-Jahre etablierte sich eine Kombination aus Vincristin, Adriamycin und hochdosiertem Dexamethason (VAD) als Salvagetherapie nach Versagen einer Melphalan-haltigen Erstlinientherapie [3].
Aufgrund der Begrenztheit wirksamer Substanzen zur Behandlung des MM wurde der Versuch unternommen, die Melphalan-Dosis zu steigern. Hierdurch traten zwar langanhaltende Zytopenien auf, doch wurden daneben nur relativ moderate Nebenwirkungen beobachtet. Insbesondere waren hohe Melphalan-Dosierungen nicht kardio- oder hepatotoxisch. Daraus entstand die Idee, die patienteneigene Hämatopoese vor der Behandlung mit höher dosiertem Melphalan zu schützen. Dies geschah zunächst mit einer Knochenmark-Entnahme. Nun war es möglich, die Melphalan-Dosis zu steigern und mittels einer autologen Knochenmarktransplantation die Phase der schwerwiegenden Zytopenie und das damit assoziierte Infektionsrisiko zu verkürzen. Mit der höheren Melphalan-Dosis gelang es, Resistenzen gegen niedrigdosiertes Melphalan zu durchbrechen. Es stellte sich die Frage, ob diese hochwirksame Therapie nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt in der Therapiesequenz eingesetzt werden kann [4].
Vor 30 Jahren startete die französische Myelom-Studiengruppe Intergroupe Francais du Myelome (IFM) eine randomisierte Studie (IFM90), die hochdosiertes Melphalan (140 mg/m2) in Kombination mit Ganzkörperbestrahlung mit einer konventionellen Therapie in der Erstlinie verglich [5]. Nach positivem Ergebnis für die Hochdosistherapie (HDT) führten die französischen Kollegen eine weitere Studie (IFM94) durch, die eine einmalige mit einer zweimaligen HDT verglich [6]. Auch hier ergab sich eine Überlegenheit für den intensivierten Ansatz, die sogenannte Tandem-HDT. In einer zusätzlichen Studie wurde gezeigt, dass eine weitere Dosissteigerung des Melphalans (200 mg/m2) die Ganzkörperbestrahlung bei reduzierter Toxizität ersetzen kann [7].
Somit bestand die Standardtherapie vor gut zwei Dekaden aus einer Induktion mit VAD, gefolgt von ein oder zwei Hochdosis-Melphalan-Behandlungen mit autologer Blutstammzelltransplantation. Letztere hatte aufgrund der weniger invasiven Form der Stammzellgewinnung zwischenzeitlich die autologe Knochenmarktransplantation abgelöst.
Zwei Fragen standen zu diesem Zeitpunkt im Vordergrund:

  • Wie kann die Toxizität des Verfahrens weiter gesenkt werden?
  • Können auch ältere Patienten von der wirksamen Therapie profitieren?

Die Deutsche Studiengruppe Multiples Myelom (DSMM) konnte in der DSMM-II-Studie für die Gruppe der älteren Patienten (434 Patienten, 60–70 Jahre) zeigen, dass die meisten Todesfälle während der Erstlinientherapie nicht etwa nach der Stammzelltransplantation, sondern während der Induktion mit VAD auftraten [8]. In der gleichen Studie wurde nach der toxischen Chemotherapie und Dexamethason-basierten Induktionstherapie ein ähnliches progressionsfreies Überleben (PFS) erreicht wie ohne Induktion – bei geringerer Toxizität und kürzerer Therapiedauer. Zusätzlich unterschieden sich die Alterssubgruppen (60–64 und 65–70 Jahre) nicht in Bezug auf Toxizität und PFS sowie Gesamtüberleben (OS). Altersadaptiert wurde hier mit zweimal 140 mg/m2 Melphalan behandelt.
Für Melphalan 200 mg/m2 wurde später ebenfalls gezeigt, dass dieses bei älteren Patienten mit vergleichbarer Wirkung und Toxizität verabreicht werden kann. In den Subgruppen 60–64 Jahre vs. 65–69 Jahre vs. 70–75 Jahre wurden vergleichbare PFS- und OS-Raten erzielt (Abb. 1) [9, 10].

Bei ausgewählten Patienten über 70 Jahre konnte zudem nachgeweisen werden, dass eine HDT nicht mit einer erhöhten transplantassoziierten Mortalität (TRM) einhergeht [11].
Ältere Patienten sollten demnach in Zukunft, sofern medizinisch geeignet, in HDT-Studien eingeschlossen werden.

HDT und neue Sequenzen

Die GMMG (German-speaking Myeloma Multicenter Group) verglich mit der HOVON-Studiengruppe nun in der GMMG-HD4/HOVON-65-Studie randomisiert die bisher als Standard geltende VAD-Induktion in Kombination mit dem mittlerweile verfügbaren Bortezomib (PS351) plus Adriamycin und Dexamethason (PAD) bei tendenziell jüngeren Patienten (18–65 Jahre). Zusätzlich erhielten die Patienten im Bortezomib-Arm eine Erhaltungstherapie mit Bortezomib über 2 Jahre und die Patienten im Standard-Arm eine Erhaltungstherapie mit Thalidomid; letzteres stellte zwischenzeitlich einen Quasi-Standard als Erhaltungstherapie nach HDT dar, obwohl eine entsprechende Zulassung fehlte.
Die GMMG-HD4/HOVON-65-Studie zeigte – auch bei langjährigem Follow-up – die Überlegenheit der Hinzunahme von Bortezomib zum HDT-Konzept, insbesondere bei Patienten mit initialer Niereninsuffizienz und solchen mit Deletion 17p [12]. Somit konnte durch Verbesserung der Induktions- und Erhaltungstherapie der Gesamterfolg der Erstlinientherapie bei HDT-geeigneten Patienten – speziell auch bei Hochrisikopatienten – erheblich gesteigert werden.
In der Folge wurde versucht, die Induktions- und Erhaltungstherapie weiter zu verbessern: In der GMMG-MM5-Studie wurden zwei verschiedene Bortezomib-haltige Induktionen verglichen (PAD vs. VCD (Bortezomib/Cyclophosphamid/Dexamethason)). Insgesamt waren beide Regime vergleichbar effektiv, PAD aber insgesamt toxischer und aufgrund der Doxorubicin-Gabe über 4 Tage umständlicher in der Anwendung [13]. VCD wurde daher als GMMG-Standard außerhalb von Studien etabliert.
Als Weiteres wurde in dieser Studie die Dauer der Erhaltungstherapie randomisiert geprüft. Eine Erhaltungstherapie mit Lenalidomid war aufgrund eines OS-Vorteils von 2,5 Jahren in einer großen Metaanalyse zum Standard geworden [14]. Da eine Reihe von Patienten nach HDT zum Teil sogar ohne Erhaltungstherapie 10, 15, mitunter sogar 20 Jahre rückfallfrei blieben, stellte sich die Frage nach der Dauer der Erhaltungstherapie. Randomisiert wurde in der GMMG-MM5-Studie eine Erhaltungstherapie mit Lenalidomid über fix 2 Jahre nach HDT  verglichen mit der gleichen Behandlung bis zum Zeitpunkt des Erreichens einer kompletten Remission (CR). Auch wenn der Unterschied in den Therapiearmen nur bei Patienten bestand, die aufgrund besten Ansprechens (CR) vorzeitig die Behandlung mit Lenalidomid abgebrochen hatten, zeigte sich ein Vorteil im Überleben für die Fortführung der Lenalidomid-Erhaltungstherapie über 2 Jahre [15]. Eine Aussage über die Weiterführung der Erhaltung über 2 Jahre hinaus war mit dieser Studie nicht möglich.
Mit der Etablierung neuer, wirksamer Kombinationstherapien stellt sich immer wieder die Frage, ob eine zusätzliche HDT überhaupt notwendig ist. Problematisch ist in diesem Kontext, dass vergleichende Studien zwischen HDT und bester konventioneller Therapie heutzutage häufig noch während der Nachbeobachtungszeit bereits wieder durch neuere, wirksamere Therapien überholt werden.
Zu beachten ist außerdem, dass Studien zum Vergleich zwischen HDT und konventioneller Therapie für die meisten Patienten nur den Vergleich zwischen früher HDT versus HDT im Rezidiv darstellen, da Patienten aus den Kontrollarmen in der Rezidivsituation nach Versagen der konventionellen Therapie regelmäßig die HDT angeboten wird. Das bedeutet, dass auch die Betrachtungen zur Toxizität entsprechend zu interpretieren sind, wenn klar ist, dass die Patienten im Rezidiv (dann allerdings außerhalb der Studie) ebenfalls die HDT mit entsprechender Toxizität erhalten. Evtl. ist die Toxizität wegen des höheren Alters und der stattgehabten Vortherapie dann sogar erhöht oder eine HDT kann aufgrund des Alters (z. B. > 70 Jahre beim ersten Rezidiv) oder (neuer) Komorbiditäten gar nicht mehr durchgeführt werden.
Randomisierte Studien bestätigten regelmäßig den klinischen Nutzen einer zusätzlichen HDT trotz zunehmender Effektivität konventioneller Therapien:
In der EMN02-Studie wurde die HDT gegenüber einer konventionellen Therapie mit Bortezomib, Melphalan und Prednison (VMP) getestet [16]. Es zeigt sich aktuell, mit ca. 7-jährigem Follow-up, ein OS-Vorteil für die HDT.
Die französische IFM-2009-Studie mit einem 93-monatigen Follow-up bestätigt erneut die Überlegenheit der HDT (5 Zyklen Bortezomib, Lenalidomid und Dexamethason (VRD) plus HDT versus 8 Zyklen VRD) [17]. Die Überlegenheit betraf das mediane PFS. Auch wenn in beiden Therapiearmen das OS vergleichbar war, raten die Autoren zur HDT in der Erstlinie, da sich hierdurch 35 % der Patienten auch nach 8 Jahren noch in erster Remission befanden und keine Rezidivtherapie benötigten. Zudem zeigte sich durch die frühzeitige HDT eine höhere Rate an messbarer Resterkrankung(MRD)-Negativität, ohne eine erhöhte Rate an sekundären Malignomen.
Als Studie mit einer moderneren, konventionellen Therapie – aber damit auch kürzerem Follow-up – zeigte aktuell die italienische FORTE-Studie die Wichtigkeit der HDT zum Erhalt einer Remission, selbst im Vergleich mit hochwirksamer konventioneller Therapie. In der Studie wurden 12 Zyklen Carfilzomib, Lenalidomid und Dexamethason (KRD) randomisiert verglichen mit 8 Zyklen KRD plus HDT [18]. Anschließend erfolgte eine erneute Randomisierung der Erhaltungstherapie: Carfilzomib/Lenalidomid (KR) gegenüber einer Lenalidomid-Monotherapie (R). Trotz vergleichbarer MRD-Negativität vor Erhaltungstherapie zeigte die aktuelle Analyse einen signifikanten Unterschied hinsichtlich der MRD-Negativität nach einem Jahr und beim PFS nach 36 Monaten (78 % vs. 66 %, p = 0,02) zugunsten der HDT. Unter der KR-Therapie wurden zudem 46 % der Patienten, die vor Beginn der Erhaltungstherapie noch MRD-positiv gewesen waren, MRD-negativ, unter R dagegen signifikant weniger (32 %).
Die erwähnten Studien sind eindrückliche Beispiele für die Effektivität der Kombination aus HDT und neuen konventionellen Regimen mit Proteasom-Inhibitoren und Immunmodulatoren in Induktions- und Erhaltungstherapien und unterstreichen, dass die HDT, wenn möglich, in der Erstlinientherapie eingesetzt  werden sollte.

Rolle der Tandem-Transplantation

In der Phase vor der Einführung der neuen Substanzen – Immunmodulatoren und Proteasom-Inhibitoren – konnten zwei große Phase-III-Studien den Nutzen einer Tandem-HDT hinsichtlich PFS und OS zeigen, wenn nach der ersten HDT kein tiefes serologisches Ansprechen erreicht werden konnte [19, 20].
Subgruppenanalysen aus der Phase-III-Studie EMN02 deuten darauf hin, dass die Tandem-HDT auch in der Ära der neuen Therapien gegenüber der einfachen HDT ein besseres PFS und OS generieren kann (5-Jahres-PFS: HR 0,74; p = 0,036; 5-Jahres-OS: HR 0,62; p = 0,022 für Tandem-HDT vs. einfache HDT) [21]. Insbesondere Patienten mit einer Hochrisiko-Zytogenetik (z. B. Deletion 17p oder Translokation t(4;14) profitierten in der EMN02-Studie von einer Tandem-HDT. Zusammenfassend sollte eine Tandem-HDT insbesondere bei Patienten mit suboptimalem Ansprechen vor HDT, ungünstiger Zytogenetik oder deutlicher Verbesserung des Ansprechens auf die erste HDT erwogen werden, sofern medizinisch keine Kontraindikationen bestehen.

Die neue Zeit der Antikörper

Mit der Entwicklung myelomspezifischer monoklonaler Antikörper konnte die Therapie des MM nochmals signifikant verbessert werden. Zunächst im Rezidiv, dann bei älteren, nicht HDT-geeigneten Patienten eingesetzt, wurden die Antikörper auch zunehmend für jüngere Patienten im Zusammenhang mit HDT in der Erstlinie getestet und schlussendlich auch in diesem Setting zugelassen.
In der nächsten Studien-Generation der GMMG wurden die zwischenzeitlich verfügbaren Antikörper in die Induktion und Erhaltungstherapie eingeführt. Am Beispiel des Elotuzumab, das über keine nennenswerte Einzelsubstanz-Aktivität verfügt, erkannte man, dass sich die Wirksamkeit von Antikörpern – hier Elotuzumab – durch die Kombination mit Rd steigern lässt [22]. Obwohl der damalige GMMG-Standard VCD nie direkt mit VRD verglichen wurde, war die VRD-Kombination ebenfalls eine etablierte, mindestens vergleichbar effektive und umfangreich verwendete Induktionstherapie vor HDT. Wegen des oben beschriebenen Effektes in Kombination mit Antikörpern, wechselte die GMMG für die folgenden Antikörper-basierten Studien die Standardinduktion auf VRD.
In der GMMG-HD6-Studie wurde der SLAMF7-Antikörper Elotuzumab in Kombination mit VRD als Induktion und in Kombination mit Lenalidomid als Erhaltungstherapie, jeweils randomisiert, getestet [23]. In der GMMG-HD7-Studie wird vergleichbar der CD38-Antikörper Isatuximab ebenfalls mit VRD-Induktion und Lenalidomid-Erhaltung randomisiert eingesetzt. In der aktuell noch rekrutierenden DSMM-XVII-Studie wird eine Kombination aus Elotuzumab und KRD (Carfilzomib, Lenalidomid und Dexamethason) verwendet. Reife Daten stehen in allen drei Studien noch aus.
KRD wurde aufgrund der Daten in der Rezidivtherapie [24], die eine Überlegenheit von Carfilzomib über Bortezomib zeigten, auch in der Erstlinie für wirksamer gehalten. Allerdings wurde dies kürzlich in der Studie  ENDURANCE mit KRD vs. VRD – zumindest für Standardrisikopatienten – widerlegt [25].
Für Hochrisikopatienten wird diese Kombination auch mit Isatuximab (Isa-KRD) in der einarmigen Phase-II-GMMG-Studie CONCEPT untersucht [26]. In der ersten Analyse von 50 der eingeschlossenen 153 Patienten zeigte sich ein sehr gutes Therapieansprechen mit einer Rate an mindestens sehr guten partiellen Remissionen (≥ VGRP) von 90 %. Das Besondere an dieser Studie ist, dass sie exklusiv für Hochrisikopatienten konzipiert ist. In bisherigen Studien wurden Hochrisikopatienten nur als Subgruppe betrachtet und profitierten in der Regel von den Maßnahmen weniger als Standardrisikopatienten. Die CONCEPT-Studie verfolgt nun ein sehr intensives Konzept, das mit den o. g. Substanzen als Induktion, Konsolidierung und Erhaltung in Kombination mit HDT für Standardrisikopatienten vielleicht zu toxisch erscheint.
Mittlerweile wurden mehrere HDT-Studien mit Antikörpern publiziert und führten im Einzelfall (Dara-VTD plus HDT) auch schon zur Zulassung für jüngere, HDT-geeignete Patienten. Zur Zulassung führte die CASSIOPEIA-Studie [27]. Darin erhielten alle Patienten neben einer HDT und Induktion sowie einer Konsolidierungstherapie mit Bortezomib, Thalidomid und Dexamethason (VTD) zusätzlich randomisiert den Anti-CD38-Antikörper Daratumumab. Im Antikörper-Arm stieg die MRD-Negativitätsrate nach Konsolidierung (64 % vs. 44 %): Parallel verbesserte sich das PFS nach 18 Monaten (93 % vs. 85 %). Bedenken bestanden zunächst bezüglich der Polyneuropathie (PNP), weil in dieser Studie zwei neurotoxische Substanzen (Bortezomib und Thalidomid) kombiniert wurden.
Eine aktuelle Auswertung [28] relativierte dieses Problem allerdings: In der CASSIOPEIA-Studie entwickelten zwar 9 % der Patienten eine Grad-3/4-PNP, doch war bei über 40 % der Patienten die Dosis von Bortezomib oder Thalidomid bei Auftreten von Polyneuropathie nicht, wie im Protokoll vorgesehen, reduziert worden. Zusätzlich zeigte sich, wie bedeutsam die Untersuchung auf eine vorbestehende PNP war. Bei frühzeitiger Dosisreduktion und zurückhaltendem Einsatz von VTD bei Patienten, die bereits eine PNP vor Therapie hatten, war Dara-VTD risikoarm als Induktionstherapie durchführbar. Bei signifikanter PNP mit Beeinträchtigung des täglichen Lebens kann das Thalidomid durch Cyclophosphamid ersetzt werden.  
Als Alternative bietet sich die Therapiekombination mit Lenalidomid an, die in der GRIFFIN-Studie untersucht wurde [29]. In dieser randomisierten Phase-II-Studie erhielten 207 Patienten eine HDT und randomisiert als Induktion und Konsolidierung entweder die Kombination aus Daratumumab, Lenalidomid, Bortezomib und Dexamethason (D-RVD) und eine Erhaltungstherapie mit Daratumumab und Lenalidomid (DR) oder eine Induktion und Konsolidierung mit RVD und Erhaltungstherapie mit Lenalidomid mono.
Nach 12 Monaten Erhaltungstherapie betrug die MRD-Negativitätsrate im D-RVD-Arm 62,5 % versus 27,2 % mit RVD allein. Das 24-Monate-PFS betrug 94,5 % versus 90,8 %. Dieser Vorteil betraf nahezu alle Subgruppen; allenfalls die Gruppe der Patienten mit Hochrisikogenetik hatte einen geringeren Nutzen. Die Poly-neuropathie-Rate mit D-RVD betrug 65 % für alle Grade und 7 % für eine PNP Grad 3/4.
Da es sich hierbei nur um eine Phase-II-Studie handelt, die Daten aber sehr vielversprechend sind, werden die Ergebnisse der Phase-III-Studien, die Anti-CD38-Antikörper mit VRD und HDT kombinieren (z. B. GMMG HD7) mit großem Interesse erwartet. Die GMMG-HD7-Studie (Abb. 2) hat ein anspruchsvolles translationales Begleitprogramm, das neue Prognosefaktoren untersuchen und erarbeiten soll.

Insgesamt zeigt sich eine weitere Verbesserung der Erstlinientherapie jüngerer Patienten durch die Kombination der HDT mit monoklonalen Antikörpern.

Hochdosistherapie im Rezidiv

Neben der Erstlinie kommt die HDT seit den Anfängen ihrer Entwicklung auch im Rezidiv zum Einsatz. Zuletzt nahm ihr Stellenwert hier allerdings durch die vielen neuen Therapiesubstanzen und -regime mit ausgezeichneter Wirksamkeit ab. Der Großteil der Patienten, die in Deutschland eine Rezidiv-HDT erhalten, hatten zuvor bereits eine Erstlinien-HDT erhalten. In Bezug auf den Therapieerfolg korreliert die erneute HDT dabei mit der vorherigen, sodass die zweite HDT nur bei Patienten mit ausreichend langer Remission nach Erstlinien-HDT eingesetzt wird. In Abwesenheit klar definierter Kriterien werden bei Patienten ohne Erhaltungstherapie in der Regel 18 Monate als Mindestvoraussetzung für eine erneute HDT angenommen.
Die erste randomisierte Studie, die eine Rezidiv-HDT mit einer konventionellen Rezidivtherapie verglich, war die englische Myeloma-X-Relapse-Studie [30]. Von 297 registrierten Patienten wurden nach Induktion mit PAD nur 89 Patienten in den HDT-Arm (Melphalan 200 mg/m2) und 85 in den konventionellen Arm mit Cyclophosphamid 400 mg/m2 wöchentlich über 12 Wochen randomisiert. Im Vergleich zu diesem bereits seinerzeit nicht mehr als Standard anzusehenden Kontrollarm zeigte sich ein signifikanter PFS- und OS-Vorteil für die Rezidiv-HDT.
Der Effekt ist jedoch im Vergleich mit einem effektiveren Kontrollarm weniger ausgeprägt, wie die GMMG in der ReLApsE-Studie (n = 282) zeigen konnte [31]. Gegenüber dem konventionellen Lenalidomid/Dexamethason(Rd)-Schema zeigte sich für die Kombination von Rd-Reinduktion, HDT und Lenalidomid-Erhaltung in der primären Analyse kein signifikanter Überlebensvorteil. Eine Landmark-Analyse zum Zeitpunkt der Rezidiv-HDT konnte jedoch für die 70 % der Patienten, die die HDT tatsächlich erhielten, einen moderaten Überlebensvorteil (Abb. 3) nachweisen, der sich multivariat für PFS und OS statistisch signifikant zeigte.

Rd kann heutzutage nach Etablierung der effektiveren Triplett-Therapien im Rezidiv nicht mehr als Therapiestandard angesehen werden, sodass der Stellenwert der Rezidiv-HDT aktuell nicht abschließend geklärt ist. Die mediane PFS-Dauer nach Rezidiv-HDT von 19 Monaten in der englischen Studie (ohne Erhaltungstherapie) und 23 Monaten in der GMMG-Studie (mit Erhaltungstherapie) liegen im eher niedrigen Bereich dessen, was mit modernen Triplett-Therapien im ersten bis dritten Rezidiv erreicht wird. Faktoren, die bei geeigneten Patienten trotzdem für die Rezidiv-HDT sprechen können, sind die reduzierte Therapieintensität nach Rezidiv-HDT und das Einsparen neuer Substanzen – einhergehend mit dem Verhindern von Refraktärität im Vergleich zu den konventionellen Schemata, die in der Regel bis zum Krankheitsprogress weitergeführt werden. In beiden Studien zeigte sich keine relevante transplantationsassoziierte Mortalität (1 % bzw. 0 % in der englischen und der GMMG-Studie).
Auffällig in beiden bisherigen Studien zur Rezidiv-HDT ist der hohe Anteil von 30–40 % der Patienten, die die geplante HDT nicht erhalten konnten. Die Gründe für das vorzeitige Ausscheiden waren vielfältig und betrafen sowohl frühzeitige Krankheitsprogression und Toxizität sowie auch das Versagen der Stammzellsammlung im Rezidiv.
Letztere ist aufgrund der limitierten Knochenmarkreserve nach Vortherapie (meist inklusive HDT) eingeschränkt, gelingt jedoch unter Einsatz von Plerixafor zusätzlich zur Standard-Stammzellmobilisation trotzdem bei 75 % der Patienten [32]. Einfacher ist die Sammlung und Konservierung zusätzlicher Stammzelltransplantate im Rahmen der Erst-linientherapie bei Patienten, die angesichts ihres Alters für eine zukünftige Rezidiv-HDT infrage kommen.

Fazit und Ausblick

Die HDT beim Multiplen Myelom ist trotz Einführung mehrerer Generationen an neuen Therapiesubstanzen nach wie vor ein zentraler Bestandteil der Erstlinientherapie geeigneter Patienten. In Kombination mit Antikörper, Proteasom-Inhibitor, Immunmodulator, und Steroid liefert sie bei einer Mehrheit der Patienten sehr gute Ergebnisse in Bezug auf Therapieansprechen, Ansprechtiefe und Remissionsdauer. Eine Subgruppe von Patienten erreicht gar Remissionen, die über ein Jahrzehnt und länger anhalten. Nichtsdestotrotz gilt es, den Stellenwert der HDT angesichts der hohen Geschwindigkeit, mit der sich die Myelomtherapie weiterentwickelt, immer wieder neu zu prüfen.
Die nächste Herausforderung stellen monoklonale Antikörper dar, die bereits in der Erstlinie angekommen sind. Weiterhin sind neuere Immuntherapien wie bispezifische Antikörper und T-Zellen mit chimärem Antigenrezeptor (CAR-T-Zellen) kurz davor, sich nach eindrücklichen Ergebnissen in der Rezidivtherapie ihren Weg in frühere Therapielinien zu bahnen.

Summary

Despite the relevant further development of the pharmacological combina-tion treatment in multiple myeloma, high-dose therapy (HDT) with subsequent autologous blood stem cell transplantation remains a central component of first-line therapy in suitable patients. Through the combination of HDT and monoclonal antibody, proteasome inhibitor, immunomodulator and steroid, most patients achieve high response rates as well as deep and sustained remissions. In view of the speed with which the ther-apy of multiple myeloma is developing, the importance of HDT should be re-examined again and again.

Keywords: high dose therapy, melphalan, monoclonal antibody, protea-some inhibitor, immunomodulator, steroid

Autoren
Dr. med. Hans J. Salwender
Asklepios Tumorzentrum Hamburg,
Asklepios Klinik St. Georg und Altona
Dr. med. Marc-Andrea Bärtsch
Klinik für Innerer Medizin V
Universitätsklinikum Heidelberg
Dr. med. Elias K. Mai
Klinik für Innerer Medizin V
Universitätsklinikum Heidelberg
Prof. Dr. med. Ahmet Elmaagacli
Asklepios Klinik St. Georg
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