Die (nahe) Zukunft der Myelomtherapie: Bispezifische Antikörper und CAR-T-Zellen

Auch wenn sich die Prognose von Patienten mit Multiplem Myelom sogar in der Rezidivsituation in den letzten Jahren deutlich verbessert hat, sind selbst bei Therapieerfolg mit den aktuell verwendeten Substanzen überwiegend nur chronische Krankheitsverläufe erreichbar. Spätestens seit der Zulassung der adoptiven Zelltherapie zur Behandlung der akuten lymphatischen B-Zell-Leukämie (ALL) sowie des diffus großzelligen B-Zell-Lymphoms (DLBCL) sind zelluläre Immuntherapien in den Hauptfokus der (Hämato-)Onkologie gerückt. Chimeric Antigen Receptor(CAR)-T-Zell-Therapien zeigen hohe Ansprechraten selbst bei stark vorbehandelten Patienten und konnten in soliden Tumorentitäten in Einzelfällen zur Heilung führen. Die Implementierung dieser Therapien setzt technisches Know-how und klinische Erfahrung in der Behandlung Immuntherapie-spezifischer Toxizität voraus. Eigens zur Steigerung der T-Zell-Immunität modifizierte bispezifische Antikörper (bsAbs) bestehen aus zwei fusionierten Antigen-Bindungsketten gegen Zielstrukturen auf Tumor- und T-Zellen zugleich; sie sollen so tumorreaktive T-Zellen „einfangen“ und über eine Aktivierung durch räumliche Nähe sorgen. Diese neuen Immuntherapien könnten bereits in naher Zukunft die Myelomtherapie revolutionieren. Jedoch bleiben aktuell noch wichtige Punkte offen, etwa die Ansprechdauer, immunologische und neurologische Langzeit-Effekte sowie die Patientenselektion.

Schlüsselwörter: Multiples Myelom, Immuntherapie, Zelltherapie, bispezifischer Antikörper, bsAbs, CAR-T-Zelle, BCMA, Ciltacabtagen Autoleucel, Idecabtagen Vicleucel, Teclistamab, Talquetamab

Die Idee, das körpereigene Immunsystem für eine effektive Krebsimmuntherapie zu modulieren oder einzelne Bestandteile des Immunsystems exogen zu applizieren, ist nicht neu. Die heute verfügbaren Krebsimmuntherapeutika basieren auf den Errungenschaften der Onkologie und der Immunologie der letzten Jahrhunderte. Bereits im 18. Jahrhundert wurde die erste erfolgreiche Kuhpocken-Vakzinierung zur Prävention von Variola von Edward Jenner durchgeführt. 1908 bekam Paul Ehrlich den Nobelpreis in Physiologie und Medizin als Anerkennung seiner Arbeiten über die Immunologie, insbesondere für seine Seitenkettentheorie [1]. Zudem prägte er mit seinem Konzept der „Zauberkugel" die Grundidee einer gezielten Therapie gegen diverse Krankheiten [2]. Bereits 1998 wurde der erste monoklonale Antikörper – Rituximab – für die Behandlung des malignen Lymphoms in der Europäi-schen Union zugelassen [3]. Bis heute haben sich die immuntherapeutischen Strategien noch weiter differenziert und diversifiziert und mit der klinischen Etablierung und Nobelpreis-Würdigung der Immuncheckpoint-Therapie ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht [4].
Aus der Vielzahl an Komponenten des Immunsystems und diversen Resistenzmechanismen von Tumorzellen resultieren multiple Strategien, um die Antitumoraktivität zu steigern. Grundsätzlich können aktive von passiven Immuntherapien unterschieden werden. Passive Immuntherapeutika sind beispielsweise monoklonale Antikörper oder adoptiv transferierte zytotoxische T-Zellen. Beispielhaft ist hier der krebsimmuntherapeutische Einsatz des adoptiven T-Zelltransfers Glykoprotein(gp)100-spezifischer oder auch New York esophageal squamous cell carcinoma 1(NY-ESO-1)-spezifischer T-Zellen gegen die grundsätzlich sehr immunogene Tumorentität der Melanome zu nennen [5–7]. Gegen NY-ESO-1 gerichtete T-Zellen wurden auch 2015 erstmals beim Multiplen Myelom eingesetzt [8]. Die Zellen können aber auch vor der Retransfusion ex vivo gentechnisch manipuliert werden, um beispielsweise transgen affinitätsoptimierte Chimeric Antigen Receptors (CARs) mit günstigen kostimulatorischen Eigenschaften zu exprimieren.
Monoklonale Antikörper gegen Antigene, die auf Tumorzellen exprimiert werden, können Tumorzellen demaskieren und opsonieren oder werden als Vehikel für zytotoxische Substanzen benutzt. Eigens zur Steigerung der T-Zell-Immunität modifizierte bispezifische Antikörper sollen tumorreaktive T-Zellen „einfangen“ und über eine Aktivierung durch räumliche Nähe sorgen [9].

Bispezifische Antikörper (bsAbs): Übersicht, Funktionsweise, Potential

Bispezifische monoklonale Antiköper (bispecific T cell engagers, sog. TCEs oder bsAbs von bispecific monoclonal anti-bodies) sind gentechnisch modifizierte, monoklonale Antikörper, die zeitgleich T-Zellen und Zielstrukturen auf Tumorzellen binden können. Die Besonderheit dieser Antikörper besteht in der Modifikation der Antigen-Bindungsstellen, die im Gegensatz zu regulären (und physiologischen) Antikörpern zwei Zielstrukturen (Epitope) erkennen können. Jede dieser beiden Antigenbindungsstellen besteht aus zwei scFv-Fragmenten, die über eine Peptidbrücke miteinander verbunden sind. Bedingt durch die unterschiedliche Spezifität der jeweiligen scFv-Fragmente ist ein bsAb in der Lage, zwei ungleiche Epitope gleichzeitig zu erkennen. Basierend auf dieser sogenannten Bispezifität bindet eines der scFv-Fragmente an die Antigene von T-Zellen (am häufigsten an den ubiquitär vorhandenen CD3-Rezeptor). Die zweite Bindungsstelle erkennt ein Oberflächenmolekül der Zielzelle, die im Sinne der onkologischen Therapie eine maligne Zelle darstellt, aber prinzipiell jede Körperzelle sein kann. Durch die starke Bindung beider Zellen soll ein bsAb zum einen T-Zellen „einfangen“ und damit zur Anreicherung von T-Zellen im Tumormikromilieu führen und zum anderen durch die räumliche Nähe zur Tumorzelle und die Bindung an den T-Zell-aktivierenden CD3-Rezeptor eine Antigenantwort dieser T-Zelle auslösen. Adressiert ein bsAb auf diese Weise eine zytotoxische T-Zelle, soll dies über die Ausschüttung zytotoxischer Moleküle wie Granzyme B oder Perforin zur Lyse der Zielzelle führen (Abb. 1) [9].

Die Idee, das Prinzip von bsAbs zu nutzen, um T-Zellen in die Nähe von Tumorzellen umzuleiten, wurde erstmals in den 1980er-Jahren demonstriert und resultierte in mehreren klinischen Studien [10]. Blinatumomab (Anti-CD19 x Anti-CD3), ein bispezifischer Antikörper (BiTE©), der das Antigen CD19 auf B-Zellen erkennt, war der erste Antikörper, der von der US Food and Drug Administration (FDA) zugelassen wurde [11–13]. Catumaxomab (anti-EpCAM x anti-CD3) war der erste Antikörper, der 2009 die klinische Zulassung in der Europäischen Union erhielt [14, 15].
Seitdem befinden sich mehr als 100 bispezifische Antikörper in verschiedenen Stadien der klinischen Entwicklung; bisher wurde jedoch kein bsAb für die Therapie des Multiplen Myeloms zugelassen. Aktuell werden aber 13 bispezifische Antikörper, die gegen unterschiedliche Zielstrukturen auf malignen Plasmazellen gerichtet sind, in klinischen Studien untersucht. Die ersten Studienergebnisse von AMG 420 (Anti-BCMA x Anti-CD3) zur Therapie des rezidivierten und refraktären Multiplen Myeloms wurden 2020 veröffentlicht (Tab. 1) [16, 17].

Tab. 1 Übersicht klinischer Studien, die bispezifische Antikörper beim Multiplen Myelom untersuchen. Quelle: Autoren.
ORR: Gesamtansprechrate; CR: Komplette Remission; CRS: Zytokinfreisetzungssyndrom.

Präparat
Studie
Zielstruktur Phase Geschätzte Fallzahl Ansprechrate Sicherheitsprofil Referenz
AMG 420
(BI 836909)

NCT02514239
BCMA x CD3 I 120 ORR: 31 %
CR: 8/42
CRS 38 %
Grad 3/4: 29 %
Topp
et al.
JCO 2020
AMG 424
NCT03445663
CD38 x CD3 I 20 vorzeitig beendet
AMG 701
NCT03287908
BCMA x CD3 I 135 ORR: 23,2 % CRS 61 %
Grad 3/4: 8 %
Harrison et al.
ASH 2020
Blinatumomab
NCT03173430
CD19 x CD3 I 20 vorzeitig beendet
CC-93269
NCT03486067
BCMA x CD3 I 19 ORR: 40 %
CR: 5/30
CRS 77 %
Grad 3/4: 9 %
Grad 5: 1 Tod
Costa
et al.
ASH 2019
Cevostamab
NCT03275103
FcRH5 x CD3 I 80 - CRS 74,5 %
Grad 3/4: 2 %
Cohen
et al.
ASH 2020
GBR 1342
NCT03309111
CD38 x CD3 I 125 Ergebnisse 2021 erwartet
PF-06863135
NCT03269126
BCMA x CD3 I 80 CR: 2/18 CRS 61 %
Grad 3/4: 67 %
Lesokhin et al.
ASH 2020
REGN 5458
NCT03761108
BCMA x CD3 I/II 56 ORR: 35,8 % CRS 88,2 %
Grad 3/4: 0 %
Madduri et al.
ASH 2020
REGN 5459
NCT04083534
BCMA x CD3 I/II 56 Ergebnisse 2023 erwartet
Talquetamab
NCT03399799
GPRC5D x CD3 I 185 i. v.: ORR 67 %
s. c.: ORR 66 %
i. v. + s. c.
CRS 47 %
i. v. Grad 3/4: 8 %
s. c. Grad 3/4: 0 %
Shari
et al.
ASH 2020
Teclistamab
NCT03145181 
BCMA x CD3 I 120 ORR: 25 %
CR: 9/120
i. v. 53 %
s. c. 50 %
Grad 3/4: 0 %
Garfall
et al.
ASH 2020
TNB-3838
NCT03933735
BCMA x CD3 I 72 ORR: 37 %
CR: 3/38
21%
Grad 3/4: 0 %
Rodrigues et al.
ASH 2020

AMG 420 bindet mit einer Bindungsstelle an den B-cell maturation antigen (BCMA)-Rezeptor, einen Vertreter der Familie der Tumornekrosefaktor-Rezeptoren, der vorwiegend auf malignen und gesunden Plasmazellen und einigen reifen B-Zellen exprimiert wird.
Die zweite Bindungsstelle von AMG 420 adressiert den CD3-Rezeptor auf T-Zellen. In einer Phase-I-first-in-human-Studie im rezidivierten und refraktären Multiplen Myelom (r/r MM) lag die Gesamtansprechrate (ORR) bei 31 % (n = 13/42), die ORR unter der maximal tolerierten Dosis von 400 µg pro Tag bei 70 % (n = 7/10). Fünf der in dieser Dosisstufe behandelten Patienten zeigten eine minimal residual disease(MRD)-negative komplette Remission, wobei alle sieben Patienten während des ersten Zyklus auf die Therapie angesprochen hatten und teilweise eine Ansprechdauer von über einem Jahr zeigten. Als problematisch erwies sich die kurze Halbwertzeit von AMG 420, die eine kontinuierliche Gabe über Wochen notwendig machte. AMG 420 fällt in die erste Kategorie, sodass der Hersteller angesichts mehrerer zurzeit untersuchter Präparate mit Fragment crystallisable(Fc)-Regionen und der aufwendigen Gabe von AMG 420 die weitere Entwicklung einstellte.
BCMA x CD3-bispezifische monoklonale Antikörper sind die zurzeit häufigsten untersuchten Präparate und binden wie der Prototyp AMG 420 den BCMA-Rezeptor auf malignen und gesunden Plasmazellen [17]. AMG 701 ist eine Weiterentwicklung von AMG 420 mit einer modifizierten Struktur; sie ermöglicht eine höhere Halbwertzeit und kann damit das Behandlungsintervall deutlich verlängern.
In einer aktuellen Phase-I-Studie wurde AMG 701 entsprechend einmal wöchentlich intravenös verabreicht. Das Gesamtansprechen lag hier bei insgesamt 26 % bzw. bei 83 %, wenn man die letzte evaluierte Kohorte der Dosiseskalation heranzieht. Ein Zytokin-Freisetzungssyndrom (cytokine release syndrome, CRS) trat in dieser Studie bei 61 % der Patienten auf.
Ein weiterer Vertreter der BCMA-spezifischen bsAbs ist CC-93269, in dessen Phase-I-Studie bei der letzten Interimsanalyse Ansprechraten von bis zu 80 % auftraten – jedoch auch CRS in bis zu 80 % der Fälle.
PF-06863135, ein subkutan eingesetzter BCMA x CD3-Antikörper, führte bei zwei der ersten 18 Patienten zu einem Therapieansprechen und zeigte eine CRS-Prävalenz von 61 %.
JNJ-64007957 (Teclistamab) ist ein weiterer subkutan einsetzbarer Antikörper, der im Rahmen einer Phase-I-Studie untersucht wurde und nun in die Phase II fortschreitet. Mit Stand November 2020 wurden 149 Patienten mit Teclistamab in Dosierungen zwischen 0,3–1.500 µg/kg behandelt. Das Gesamtansprechen betrug 73 % mit einer akzeptablen CRS-Rate von 55 % ohne Grad 3/4-Toxizität. Bei einigen dieser Patienten wurde MRD-Negativität dokumentiert.
Schließlich werden aktuell die bsAbs REGN-5458 und REGN-5459 in Phase-I/II-Studien untersucht. Die bisherige ORR von REGN-5458 wird als 35,8 % über 8 Monate beziffert, wobei das Gesamtansprechen mit steigender Dosis anzusteigen scheint und in der höchsten Dosisstufe 62,5 % betrug. Ein Ansprechen wurde in den meisten Fällen innerhalb der ersten vier Wochen ab Therapiebeginn gezeigt.
Interessant ist, dass keiner der höher dosierten Studienteilnehmer eine komplette Remission oder stringente komplette Remission erreichte, obwohl die ORR in der höchsten Dosisstufe am höchsten war. Der Phase-II-Teil der Studie rekrutiert zurzeit. Die ersten Daten des verwandten REGN-5459 stehen noch aus.
Die hohe und homogene Expression von BCMA auf Plasmazellen zählt eindeutig zu den Vorteilen dieser Zielstruktur; kritisch zu betrachten ist jedoch die Depletion von gesunden Plasmazellen und reifen B-Zellen mit der möglichen Konsequenz der weiteren Immunkompromittierung von Myelompatienten [18].
GPRC5D x CD3 sind die Zielstrukturen des bisher einzigen Vertreters seiner Klasse, Talquetamab, der zurzeit im Rahmen einer Phase-I-Studie bei 157 Patienten als subkutane oder intravenöse Formulierung untersucht wird. GPRC5D (G-protein coupled receptor family C group 5 member D) wird von Plasmazellen und Haarfollikeln exprimiert. Der Rezeptor ist hochabundant auf Myelomzellen und korreliert mit weiteren myelomspezifischen Hochrisiko-Faktoren [19].
Das Sicherheitsprofil war in den nie-drigen Dosisstufen sehr gut, jedoch traten unter höheren Dosen vermehrt Nebenwirkungen wie Hautausschlag, Rückenschmerzen und orale Toxizität bei 36 % der Patienten auf. Ungeachtet dessen wurden nur Fälle von CRS niedrigen Grades berichtet. Die Gesamtansprechrate war mit 67 % bzw. 66 % nahezu gleich bei beiden Applikationsarten. Sechs von neun dreifach-refraktären Patienten und beide fünffach-refraktären Patienten sprachen auf Talquetamab an, sodass dieser bispezifische Antikörper selbst für hochprogrediente Patienten attraktiv sein könnte. Die subkutane Formulierung ermöglicht eine bequemere und potentiell weniger häufige Applikation.
Große Hoffnungen werden in GPRC5D-spezifische Antikörper für r/r MM-Patienten gesetzt, die sich letztendlich für eine CAR-T-Zell-Behandlung eignen, jedoch eine Bridging-Therapie benötigen. Die Therapie mit Talquetamab bei refraktären Myelompatienten mit hoher Krankheitsaktivität, die bereits mit BCMA-spezifischen Therapien behandelt sind, stellt eine neue Option dar.
FcRH5 x CD3-bispezifische monoklonale Antikörper sind gegen eine Zielstruktur gerichtet, die auf 100 % der Myelomzellen exprimiert werden soll [20]. FcRH5 könnte ein attraktives Target sein, weil es auf unreiferen B-Zellen nicht hochfrequent exprimiert wird und wie GPRC5D eine andere Zielstruktur als BCMA darstellt [21]. Entsprechend konnten in die Phase-I-Studie des bis dato einzigen Vertreters Cevostamab auch Patienten mit vorheriger Anti-BCMA-CAR-T-Zell- oder bsAbs-Therapie eingeschlossen werden. Interessanterweise zeigten diese Studienteilnehmer eine ORR von 63 %. Bei 15–25 % der Patienten wurden höhergradige Blutbildveränderungen wie Anämie oder Thrombozytopenie beobachtet; CRS traten in 76 % der Fälle auf, wobei nur ein Studienteilnehmer ein (reversibles) drittgradiges CRS aufwies. Sechs von sieben Patienten mit einer Komplettremission unter der Therapie waren MRD-negativ, wobei die messbare Konzentration von FcRH5 nicht mit der Ansprechtiefe des jeweiligen Studienteilnehmers korrelierte.
CD38 x CD3-bispezifische monoklonale Antikörper sind gegen eine Oberflächenstruktur gerichtet, die auch im Rahmen der durchflusszytometrischen Diagnostik des Multiplen Myeloms zur Identifkation von Plasmazellen eingesetzt wird. Während die Phase-I-Studie von AMG 424 durch den Sponsor vorzeitig beendet wurde, befindet sich GBR 1342, das von der FDA 2019 als Orphan Drug klassifiziert wurde, zurzeit in einer offenen Phase-I-Studie. Diese rekrutiert Patienten in den Vereinigten Staaten und soll 125 Teilnehmer einschließen. Erste Ergebnisse werden für die erste Jahreshälfte 2021 erwartet.

Funktionsweise der CAR- oder TCR-transgenen T-Zell-Therapie

Chimäre Antigenrezeptor(CAR)-T-Zellen werden zurzeit als die state-of-the-art-Evolution der passiven Immuntherapie betrachtet. Hierbei werden patienten-autologe T-Zellen ex vivo genetisch modifiziert und mit einem affinitätsoptimierten chimären Antigenrezeptor (CAR) ausgestattet. CARs sind in ihrer Struktur meist von monoklonalen Antikörpern gegen die jeweilige Zielstruktur abgeleitet. Durch die Bindung eines Antigens (das beispielsweise auf einer Tumorzelle exprimiert wird) an den CAR wird ein Signalweg ausgelöst, der zur Aktivierung der modifizierten T-Zelle und damit zur Eradikation der erkannten Tumorzelle führen soll [22].
Man unterscheidet affinitätsoptimierte CARs der ersten Generation von solchen, die mit zusätzlichen T-Zell-aktivierenden Domänen ausgestattet sind (CARs der zweiten Generation) oder von Kon-strukten, die T-Zell-Erschöpfung verhindern beziehungsweise die T-Zellen mit zusätzlichen zytotoxischen Mitteln „bewaffnen“ (CARs der dritten und vierten Generation) [23].
Bei T-Zell-Rezeptor(TCR)-transgenen T-Zellen handelt es sich um ein weiteres spannendes Konzept, um genetisch modifizierte T-Zellen zu generieren, die für jeden Patienten personalisiert sind. Allerdings sind diese bisher noch nicht relevant in der Klinik vertreten. Der Grund ist, dass sich die variablen Ketten von TCRs nur mit großem Aufwand sequenzieren lassen und eine klinische Applikation durch die HLA-Restriktion des TCRs und interindividuell unterschiedlicher Haplotypen komplex ist. Diese experimentellen Zelltherapien haben bemerkenswerte Ansprechraten und -tiefen in einzelnen soliden wie hämatologischen Tumorentitäten gezeigt [24, 25].
CAR-T-Zellen werden typischerweise aus autologen T-Zellen generiert, die mittels Leukapherese aus dem peripheren Blut des jeweiligen Patienten gewonnen werden. Diese Zellen werden dann gentechnisch modifiziert, um den CAR zu exprimieren, und unter sterilen Bedingungen ex vivo expandiert. Während die CAR-T-Zellen hergestellt werden, erhalten die Patienten häufig eine Bridging-Therapie, um die Krankheitsaktivität vor der Reinfusion zu kontrollieren. Vor dem tatsächlichen Zelltransfer enthalten die meisten Zelltherapie-Protokolle eine Konditionierungstherapie (am häufigsten werden Fludarabin und/oder Cyclophosphamid eingesetzt), um über Lymphodepletion eine Nische mit geeigneten Bedingungen für die Expansion, Persistenz und Aktivität der CAR-T-Zellen zu schaffen.
Diese Ansätze sind jedoch nur effektiv, wenn die Wahl der Zielstruktur einer zeitnahen Resistenzentwicklung vorbeugt. Mechanismen der Toleranzentwicklung gegen eine CAR-T-Zell-Therapie oder TCR-transgene T-Zelltherapie sind vielfältig und biologisch komplex (Abb. 2).

Das Auftreten von Toleranzmechanismen in Tumorzellen führt zur sogenannten Immunevasion oder immunological escape. Immunevasion durch maligne Zellen gelingt am häufigsten durch Mutation oder Verlust der Zielstruktur, also des Antigens, das von transgenen TCRs, CARs oder auch bsAbs erkannt wird (A) [22, 24]. Beschrieben sind auch die Deletion des Zielgens oder der Verlust von MHC-Klasse-I- und -II-Molekülen mit einer daran anschließenden Selektion von resistenten Klonen, die die jeweiligen Epitope nicht mehr auf der Zelloberfläche präsentieren (B). Schließlich können Zielstrukturen auf Tumorzellen durch andere Proteine maskiert werden (C) oder transgene T-Zellen durch ein immunsuppressives Tumormikromilieu in ihrer Aktivität gehemmt werden.
Zukünftige Studien zum therapeu-tischen Einsatz modifizierter T-Zellen werden entsprechend neben Toxizität und Kostenfaktoren auch immunologische Resistenzentwicklung und deren Vorbeugung adressieren müssen.

Aktuelle Evidenz zur CAR-T-Zell-Therapie beim Myelom

Die ersten klinisch etablierten Zelltherapien sind zwei CAR-T-Zell-Präparate, die beide gegen CD19 gerichtet sind. CD19 ist auf der Zelloberfläche vieler B-Zell-Neoplasien vorhanden und befindet sich zudem auf gesunden B-Zellen. Auf der Datengrundlage einiger Leuchtturm-Studien, die die Sicherheit und Effektivität von Anti-CD19-CARs demonstriert haben, hat die EMA 2018 zwei Präparate zugelassen. Axicabtagen-Ciloleucel ist zur Behandlung des diffus großzelligen B-Zell-Lymphoms (DLBCL) zugelassen, während Tisagenlecleucel zur Behandlung der akuten lymphatischen B-Zell-Leukämie (ALL) und des DLBCL zugelassen wurde. Zurzeit rekrutieren weltweit über 300 laufende klinische Studien, die die CAR-T-Zell-Therapie untersuchen.
Allerdings sind die Langfristigkeit des Therapieansprechens auf CARs durch die ungenügende Persistenz der transgenen Zellen, Immunevasionsmechanismen sowie Sicherheitsbedenken bereits jetzt wichtige Faktoren, die intensiv unter Klinikern und Immunologen diskutiert werden. Die Toxizität transgener T-Zellen umfasst meist CRS unterschiedlicher Intensität sowie immunzellvermittelte Neurotoxizität (immune effector cell‐associated neurotoxicity syndrome, ICANS) und teils prolongierte Zytopenien.
Das Multiple Myelom ist erst vor Kurzem in den Fokus der adoptiven Zelltherapie gerückt. Die möglichen Zielstrukturen entsprechen weitgehend denen der bispezifischen Antikörper, wobei BCMA das am meisten untersuchte Target ist (Abb. 3) [18].

Eine Vielzahl früher klinischer Studien hat die Effektivität von Anti-BCMA-CAR-T-Zellen demonstriert (Tab. 2) [18].

Tab. 2 Übersicht klinischer Studien mit veröffentlichten (Interims-)Analysen zur CAR-T-Zell-Therapie beim Multiplen Myelom. Quelle: Autoren.
BCMA: B-cell maturation antigen; CAR: chimärer Antigenrezeptor; CR: komplette Remission; CRS: Zytokinfreisetzungssyndrom; EGFRt: verkürzter Rezeptor für den epidermalen Wachstumsfaktor; ND: nicht veröffentlicht; PR: partielles Ansprechen; sCR: stringente komplette Remission; ChiCTR: Chinese Clinical Trial Registry; VGPR: sehr gutes partielles Ansprechen.

Präparat
Studie
Zielstruktur Geschätzte Fallzahl Kostimulation Ansprechrate Sicherheitsprofil
HRAIN BCMA-CART
NCT03093168
BCMA 49 4-1BB +
EGFRt
sCR/CR (45 %)/
VGPR (18 %)
CRS Grad 1–2 (12 %), Grad ≥ 3 (6 %)
BCMA-CART
ChiCTR-18000017404
BCMA 33/32 4-1BB sCR/CR (66 %)/
VGPR (22 %)
CRS Grad 1–2 (52 %), Grad ≥ 3 (48 %)
LCAR-B38M
NCT03548207
BCMA 113 4-1BB sCR/CR (67 %)/
VGPR (26 %)
CRS Grad 1–2 (90 %), Grad ≥ 3 (5 %)
Neurotoxizität (10 %)
LCAR-B38M
NCT03090659
Phase-2
BCMA 57 4-1BB sCR/CR (73 %)/
VGPR (4 %)
CRS Grad 1–2 (82 %), Grad ≥ 3 (7 %)
Neurotoxizität (2 %)
LCAR-B38M
NCT03090659
Phase-1
BCMA 17 4-1BB sCR/CR (82 %)/
VGPR (6 %)
CRS Grad 1–2 (59 %), Grad ≥ 3 (41 %)
P-BCMA-101
NCT03288493
BCMA 23/19 4-1BB +
rimiducidSS
sCR/CR + VGPR (26 %) CRS Grad 1–2 (9 %)
Neurotoxizität (4 %)
FHVH33
NCT03602612
BCMA 15/42 4-1BB sCR/CR (20 %)/
VGPR (7 %)
CRS Grad 1–2 (87 %), Grad ≥ 3 (7 %)
Neurotoxizität (27 %)
MCARH171
NCT03070327
BCMA 10/11 4-1BB +
EGFRt
VGPR (45 %) CRS Grad 1–2 (40 %), Grad ≥ 3 (20 %)
Neurotoxizität (10 %)
SZ-MM-CART01
NCT03196414
BCMA 29/28 CD28/OX40 sCR/CR (54 %)/
VGPR (4 %)
CRS Grad 1–2 (66 %), Grad ≥ 3 (34 %)
Neurotoxizität (3 %)
SZ-MM-CART02
NCT03455972
BCMA 32 CD28/OX40 sCR/CR
(72 %)/VGPR (ND)
CRS Grad 1–2 (97 %), Grad ≥ 3 (3 %)
FCARH143 + GSI
NCT03502577
BCMA 10 4-1BB +
EGFRt
sCR/CR (30 %)/
VGPR (50 %)
CRS Grad 1–2 (60 %), Grad ≥ 3 (40 %)
Neurotoxizität (60 %)
FCARH143
NCT03338972
BCMA 11 4-1BB sCR/CR (55 %)/
VGPR (36 %)
CRS Grad 1–2 (91 %)
Neurotoxizität (9 %)
CART-BCMA + CTL119
NCT03549442
BCMA
CD19
16 4-1BB sCR/CR (19 %)/
VGPR (25 %)
CRS Grad 1–2 (88 %)
CT103A
ChiCTR-1800018137
BCMA 18 4-1BB sCR/CR (67 %)/
VGPR (17 %)
CRS Grad 1–2 (72 %), Grad ≥ 3 (22 %)
JCARH125
NCT03430011
BCMA 44 4-1BB sCR/CR (27 %)/
VGPR (20 %)
CRS Grad 1–2 (70 %), Grad ≥ 3 (9 %)
Neurotoxizität (25 %)
CT053
NCT00302403
NCT03380039
NCT03716856
BCMA 24 4-1BB sCR/CR (79 %)/
VGPR(4 %)
CRS Grad 1–2 (63 %)
Neurotoxizität (8 %)
CART-BCMA Upenn
NCT02546167
BCMA 25 4-1BB sCR/CR (8 %)/
VGPR (20 %)
CRS Grad 1–2 (56 %), Grad ≥ 3 (32 %)
Neurotoxizität (32 %)
BM38 CAR
ChiCTR-1800018143
BCMA 22 4-1BB sCR/CR (55 %)/VGPR (9%) CRS Grad 1–2 (68 %), Grad ≥ 3 (23 %)
NCI BCMA CAR-T
NCT02215967
BCMA 16 CD28 sCR/CR (13 %)/
VGPR (50 %)
CRS Grad 1–2 (56 %), Grad ≥ 3 (38 %)
Neurotoxizität (6 %)
NCI BCMA-CAR-T
NCT02215967
BCMA 10 CD28 VGPR (10 %) CRS Grad 1–2 (30 %)
BCMA-CART
ChiCTR-OPC16009113
BCMA 28 CD28 +
4-1BB
sCR/CR(61 %)/
VGPR (4 %)
CRS Grad ≥ 3 (14 %)
bb21217
NCT03274219
BCMA 38 4-1BB sCR/CR (13 %)/
VGPR (34 %)
CRS Grad 1–2 (61 %), Grad ≥ 3 (5 %)
Neurotoxizität (24 %)
bb2121
NCT02658929
Phase-1
BCMA 43/39 4-1BB sCR/CR (44 %)/
VGPR (23 %)
CRS Grad 1–2 (58 %), Grad ≥ 3 (5 %)
Neurotoxizität (33 %)
bb2121
NCT03361748
Phase-2
BCMA 149 4-1BB sCR/CR (33 %)/
VGPR (26 %)
CRS Grad 1–2 (84 %), Grad ≥ 3 (5 %)
Neurotoxizität (18 %)
CD19 & BCMA-CAR-T
ChiCTR-OIC17011272
CD19
BCMA
21 4-1BB sCR/CR (57 %)/
VGPR (24 %)
CRS Grad 1–2 (86 %), Grad ≥ 3 (5 %)
Neurotoxizität (10 %)

Obgleich die meisten Konstrukte, die international für die Generierung von Anti-BCMA-CAR-T-Zellen genutzt werden, oft deckungsgleich bezüglich ihrer Bindungsdomänen sind, unterscheiden sich die verschiedenen Präparate hinsichtlich ihres Herstellungsprozesses und hinsichtlich der genutzten kostimulatorischen Domänen, die die Aktivierung der CAR-T-Zelle nach Bindung an die Zielzelle unterstützen (beispielsweise CD28, 4-1BB oder OX40).
Neben den verwendeten CAR-Konstrukten und Herstellungsverfahren unterscheiden sich auch die Studiendesigns der verschiedenen frühklinischen Studien hinsichtlich der eingeschlossenen Patientenkohorten, der Dosierung und der Persistenz der CAR-T-Zellen. Dies muss beim Vergleich der Effektivitäts- und Sicherheitsdaten berücksichtigt werden.
Doch trotz der Unterschiede zeigen die klinischen Daten der meisten untersuchten Anti-BCMA-Zell-Therapien bei Patienten mit r/r MM Gesamtansprechraten in der Zieldosis von über 80 %. Die über alle Studien hinweg häufigsten unerwünschten Ereignisse sind neben CRS das Auftreten von Neurotoxizität, wobei sich Inzidenz, Schweregrad und Eintrittszeitpunkt je nach Therapieregime unterscheiden [18].
Die beiden am weitesten fortgeschrittenen Anti-BCMA-CAR-T-Zell-Produkte sind bb2121 (Idecabtagen Vicleucel), mit einem aus der Maus gewonnenen Anti-BCMA-Bindungsfragment sowie LCAR-B38M (Ciltacabtagen Autoleucel), das zwei Anti-BCMA-Schwerketten-Bindungsfragmente aus dem Lama zur Antigenerkennung enthält. Beide Therapeutika unterscheiden sich nicht hinsichtlich  der kostimulatorischen Komponente oder des verwendeten Expansionsprotokolls, weisen allerdings signifikant unterschiedliche klinische Charakteristika auf.

Idecabtagen Vicleucel (Ide-Cel)

Diese CAR-T-Zellen wurden nach vielversprechenden Resultaten der frühklinischen CRB-401-Studie zur Verträglichkeit und Wirksamkeit in r/r MM-Patienten in die Phase II überführt [26, 27]. Erste Ergebnisse der folgenden Phase-II-Studie KarMMa liegen seit Kurzem vor [27]. Im Rahmen dieser Studie wurden 128 Patienten mit Ide-Cel behandelt, die Lymphodepletion erfolgte mit Cyclophosphamid und Fludarabin, das mediane Alter der Patienten war 61 Jahre. Die Gesamtansprechrate betrug 82 %, wobei 28 % der Patienten eine MRD-negative Komplettremission zeigten.
Das mediane progressionsfreie Überleben betrug 12,1 Monate. Recht hoch war die Frequenz der beobachteten Neurotoxizität von 20,4 %, wobei das zur Konditionierung genutzte Fludarabin, das allein bereits zu Neurotoxizität führen kann, als Risikofaktor für kombinierte Neurotoxizität in dieser Studie diskutiert wird. Die Inzidenz von CRS lag bei 96,3 %, wobei im Durchschnitt 7 Tage zwischen CAR-Infusion und Auftreten lagen. Ide-Cel wird zurzeit im Rahmen der KarMMa-2-Studie bei Patienten mit frühem Progress nach Erstlinientherapie oder unzureichender Antwort nach autologer Stammzelltransplantation untersucht. Die derzeit rekrutierende Phase-III-Studie KarMMa-3 prüft randomisiert Ide-Cel gegen den aktuellen Therapiestandard beim r/r MM. Ein Derivat von Ide-Cel ist bb21217, das sich zurzeit ebenfalls in klinischer Prüfung befindet [28]. Diese CAR-T-Zellen werden ex vivo in einen Gedächtnis-T-Zell-Phänotyp überführt, was potentiell zu einer besseren Persistenz und Potenz der CAR-T-Zellen führen soll [29]. Die Zulassung für Ide-Cel wurde für Europa beantragt und wird im ersten Halbjahr 2021 erwartet.

Ciltacabtagen Autoleucel (Cilta-Cel)

Cilta-Cel ist ein weiterer fortgeschrittener Anti-BCMA-Kandidat, der federführend in China entwickelt und klinisch geprüft wird. Die zurzeit größte publizierte klinische Studie ist die LEGEND-2-Studie, die die Gabe von Cilta-Cel nach Cyclophosphamid-basierter Lymphodepletion untersucht hat [30, 31].
50 der 57 behandelten Patienten zeigten ein Therapieansprechen (ORR 88 %) mit einer Rate von 63 % (37/57) MRD-Negativität bei einem Grenzwert von 10-4 Tumorzellen. Das mediane progressionsfreien Überleben betrug 20 Monate.
Auch hier trat in 90 % der Fälle ein CRS auf, wohingegen nur ein Fall von Neurotoxizität berichtet wurde. Hierbei ist erwähnenswert, dass in die LEGEND-2-Studie im Schnitt jüngere (median 54 Jahre) und weniger vorbehandelte Patienten mit niedrigerem zytogenetischem Risikoprofil (37 % vs. 51 %) eingeschlossen waren als in die KarMMa- Phase-II-Studie. Dies könnte die niedrigere Inzidenz neurologischer Nebenwirkungen im Vergleich zur KarMMa-Studie erklären.
Auch wenn bisherige Subgruppenanalysen der CD19-CAR-T-Zell-Studien keine Korrelation zeigen konnten [32], hat eine kürzlich veröffentlichte Meta-Analyse von Anti-BCMA-CAR-T-Zell-Studien eine niedrigere Rate tiefer Remissionen bei intensiv vorbehandelten Patienten (mehr als 5 Therapielinien) beobachtet [33]. Diese Beobachtung könnte eine Hypothese für die in LEGEND-2 vergleichsweise höhere Rate an MRD-negativen Komplettremissionen im Vergleich zur KarMMa-Studie liefern. Die mechanistische Rationale hierbei ist, dass die Leukapheresate jüngerer und weniger vorbehandelter Patienten „fittere“ T-Zellen enthalten, was zu einer besseren klinischen Aktivität der modifizierten CAR-T-Zellen führt.
Die CARTITUDE-1-Studie hat r/r MM-Patienten eingeschlossen, die 3 oder mehr vorherige Therapielinien erhalten haben und einmalig mit Cilta-Cel nach Konditionierung (und ggf. Bridging) behandelt wurden. Vorläufige Daten wurden nach der Behandlung von 97 von insgesamt 113 eingeschlossenen Patienten präsentiert [34]. Hier betrug das mediane Alter der Patienten 61 Jahre, wobei es sich um eine besonders stark vorbehandelte Kohorte mit im Durchschnitt 6 Vortherapien bei Einschluss handelte.
Die Gesamtansprechrate betrug 97 %, wobei 93 % der 57 evaluierbaren Patienten eine MRD-negative Komplettremission zeigten. 21 % der Patienten erlitten eine Form der Neurotoxizität nach Cilta-Cel-Gabe, wobei 16 Patienten ein klassisches ICANS entwickelten, das in allen Patienten niedriggradig und regredient war; 12 Patienten zeigten eine andersartige, teils verzögerte Neurotoxizität, die unter anderem Bewegungseinschränkungen, Kognitionsstörungen sowie distale sensomotorische Polyneuropathien umfasste. Lediglich die Hälfte der Patienten der CARTITUDE-1-Studie, die die sogenannte Neurotoxizität other than ICANS entwickelte, zeigte im weiteren Verlauf einen Rückgang der Symptomatik. Die zugrunde liegenden Pathomechanismen sind bisher nicht vollständig aufgeklärt.

Zahlreiche weitere BCMA-spezifische Zelltherapien befinden sich zurzeit in klinischen Studien und erste präklinische Daten versprechen eine baldige Diversifikation der Studienlandschaft. Bereits heute intensiv diskutierte Punkte sind neben der aufwendigen Logistik zur CAR-Herstellung, die bisher auf einzelne universitäre Spitzenzentren limitiert ist, die korrekte Auswahl von Therapiezeitpunkt und Patientengruppe. Die selbst in stark vorbehandelten Patienten beobachteten Gesamtansprechraten lassen zurecht große Hoffnungen aufkommen; es werden jedoch weitere Langzeitdaten benötigt, um zu evaluieren, ob CAR-T-Zell-basierte Therapien zu langanhaltenden Remissionen oder sogar einer Heilung in frühen Krankheitsstadien des Multiplen Myeloms führen können. Die beschriebene Assoziation zwischen früher MRD-Negativität und langer Remissionsdauer hebt die Bedeutung für die breite Anwendung der MRD-Diagnostik als zukünftigen Studienendpunkt weiter hervor [35].

Summary

Although prognosis of patients suffer-ing from multiple myeloma – even after relapse – has steadily improved in recent years, therapy success of the most modern next-generation substances merely results in chronic disease. Ever since the approv-al of adoptive cell therapy for treatment of acute lymphatic B cell leukemia (ALL) and diffuse large B cell lymphoma (DLBCL), cellular immunotherapies have entered the main focus of (hemato-)oncology. Chimeric Antigen Receptor (CAR) T cell therapies promise high re-sponse rates even in heavily pretreated patients and were able to achieve cure in some single cases of solid tumors. Implementing such therapy requires technical know-how and clinical experience in managing immunotherapy-specific tox-icity. Widely used, these novel immunotherapies including bispecific antibodies (bsAbs) and CAR T cells could revolu-tionize myeloma therapy in the near future. However, some important questions remain open, such as immunological and neurological long-term effects and the appropriate patient selection.  

Keywords: multiple myeloma, immunotherapy, cell therapy, bispecific anti-body, bsAbs, CAR-T cell, BCMA

Autoren
Dr. med. Mirco Friedrich
Klinik für Hämatologie, Onkologie, Rheumatologie
Universitätsklinikum Heidelberg
Prof. Dr. med. Hartmut Goldschmidt
Klinik für Hämatologie, Onkologie, Rheumatologie
Universitätsklinikum Heidelberg Sektion Multiples Myelom
Prof. Dr. med. Dr. h. c. Christoph Scheid
Innere Medizin I – Onkologie, Hämatologie, Klinische Infektiologie, Klinische Immunologie, Hämostaseologie, Internistische Intensivmedizin
Uniklinik Köln
Prof. Dr. med. Marc-Steffen Raab
Klinik für Hämatologie, Onkologie, Rheumatologie
Universitätsklinikum Heidelberg
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