Neue Behandlungsstrategien für das nicht-metastasierte Rektumkarzinom
Behandlungsstandard für Patienten mit operablem, lokal fortgeschrittenem, nicht metastasiertem Rektumkarzinom ist ein multimodaler Therapieansatz aus einer neoadjuvanten Radiochemotherapie, einer Operation im Sinne einer totalen mesorektalen Exzision (TME) und einer Chemotherapie. Eine alleinige Operation kommt bei Patienten in frühen Stadien (T1–2) ohne Lymphknotenbefall infrage. Als Alternative zur TME können bei frühen oberflächlichen Tumoren auch eine lokale Exzision im Sinne einer endoskopischen Mukosadissektion oder einer Vollwandresektion erfolgen [1, 2]. Trotz dieser multimodalen sequentiellen Therapie bleiben die Morbidität und Mortalität im Zusammenhang mit lokalen und entfernten Organrezidiven sowie Folgen des operativen Eingriffs speziell im Hinblick auf den Kontinenz-erhalt eine Herausforderung. Ein neues Paradigma beim Rektumkarzinom, auf das dieser Beitrag besonders fokussiert, ist die neoadjuvante Behandlungsintensivierung, die auf der Grundlage aktueller Studiendaten immer mehr an Bedeutung gewinnt und zu einer Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens und bei einigen Patienten auch zu einer organerhaltenden Therapiestrategie führt.
Schlüsselwörter: Rektumkarzinom, Radiotherapie, Radiochemotherapie, totale neoadjuvante Therapie
Das Rektumkarzinom repräsentiert etwa ein Drittel aller kolorektalen Karzinome, die in westlichen Nationen sowohl in puncto Inzidenz als auch in puncto krebsbedingte Todesfälle an zweiter Stelle unter allen Krebserkrankungen liegen [3]. Im Gegensatz zum Kolonkarzinom, bei dem strahlentherapeutische Strategien eine eher untergeordnete Rolle spielen, sind diese beim Rektumkarzinom in Kombination mit Chirurgie und Chemotherapie gleichermaßen von Bedeutung [4].
Das Rektumkarzinom der UICC-Stadien II/III (Stadium cT3/4 und/oder klinisch positive Lymphknoten) wird, sofern der Tumor im unteren oder mittleren Rektum-Drittel liegt, nach internationalen und nach der aktuell gültigen deutschen S3-Leitlinie „Kolorektales Karzinom“, mit einer neoadjuvanten Radiochemotherapie oder einer Kurzzeit-Radiotherapie, gefolgt von einer totalen mesorektalen Exzision (TME), behandelt [1]. Diese Therapiestrategie hat zwar zu einer signifikanten Verbesserung der lokalen Kontrolle, nicht jedoch zu einer Verminderung der Fernmetastasierungsrate geführt. Das Metastasierungsrisiko ist mit 25–30 % immer noch hoch, obwohl die Empfehlung besteht, postoperativ eine adjuvante Chemotherapie anzuschließen. Ein Grund für die unbefriedigenden Therapieergebnisse ist die mangelnde Patienten-Compliance für eine adjuvante Chemotherapie – entweder aufgrund des Patientenwunsches, keine weitere Therapie durchführen zu wollen, oder aufgrund von Nebenwirkungen durch die vorangehende Radiochemotherapie und Operation. Das hat zur Folge, dass die Therapie nur in etwas mehr als der Hälfte der Fälle tatsächlich komplettiert wird [5].
Um eine Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens und letztlich des Gesamtüberlebens zu erzielen, müsste eine Intensivierung der systemischen Therapie erreicht werden. Eine Strategie besteht darin, die Strahlentherapie wie auch die systemische Therapie vor der Resektion zu applizieren. Dieses Vorgehen wird unter dem Begriff der totalen neoadjuvanten Therapie (TNT) zusammengefasst.
Ein weiterer Vorteil dieser intensivierten neoadjuvanten Therapie könnte in der Möglichkeit liegen, bei mehr Patienten ein organerhaltendes Vorgehen zu ermöglichen. Während die chirurgische Tumorresektion beim Kolonkarzinom meist keine oder nur vorübergehende negative Folgen für den Patienten hat, ist das beim Rektumkarzinom anders. Hier leidet ein Großteil der Patienten nach tiefer anteriorer Rektumresektion an funktionellen Einschränkungen, die vor allem die Kontinenzleistung betreffen. Da die Ampulla recti als wichtiges Element des Kontinenz-organs nach Resektion fehlt und funktionell auch nicht ersetzt werden kann, kann es zu vielfältigen Problemen in puncto Stuhlfrequenz, Vorwarnperiode und Diskriminierungsvermögen kommen [6].
Weil diese Folgen der Rektumchirurgie, die unter dem Begriff low anterior resection syndrom (LARS) zusammengefasst werden, praktisch unvermeidlich sind, besteht ein wesentliches Ziel beim nicht-metastasierten Rektumkarzinom darin, Strategien zu entwickeln, die nicht nur den Erhalt des Schließmuskels, sondern im Idealfall des kompletten Kontinenzorgans ermöglichen. Durch die TNT kann eine höhere Rate an pathologisch bestätigten Komplettremissionen (pCR) erreicht werden als mit einer konventionellen neoadjuvanten Therapie. Das eröffnet letztlich die Chance auf ein Watch-and-wait-Konzept oder zumindest eine verlängerte TME-freie Zeit [7].
Totale neoadjuvante Therapie (TNT): neues, präferiertes Therapiekonzept
Der Begriff TNT beschreibt die Ergänzung der präoperativen Radiochemotherapie (RChT) um eine zusätzliche präoperative Systemtherapie. Diese kann entweder als Induktionstherapie vor oder als Konsolidierungstherapie nach der R(Ch)T gegeben werden.
Das Jahr 2020 stellte im Hinblick auf die Bedeutung der TNT beim nicht-metastasierten Rektumkarzinom einen Wendepunkt dar. Bei der ASCO-Jahrestagung 2020 wurden gleich drei große Studien zu lokal fortgeschrittenen Tumoren vorgestellt, die praxisverändernd waren. Zusammen mit einer zu diesem Zeitpunkt bereits vorliegenden Studie der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO), der Arbeitsgemeinschaft Radiologische Onkologie (ARO) und der Chirurgischen Arbeitsgemeinschaft Onkologie (CAO) der Deutschen Krebsgesellschaft (CAO/ARO/AIO-12) führte dies dazu, dass die TNT in einer konsentierten Stellungnahme der AIO, ARO und der Fachgesellschaft Assoziation Chirurgische Onkologie (ACO) in der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e. V. als präferierte Behandlungsoption bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom empfohlen wird [8].
Bereits 2019 hatte sich in der Phase-II-Studie CAO/ARO/AIO-12 die Sequenz „RChT gefolgt von Konsolidierungschemotherapie“ der Vergleichssequenz „Induktionschemotherapie gefolgt von RChT“ hinsichtlich der pCR als überlegen erwiesen – bei vergleichbarer Toxizität und vergleichbarer chirurgischer Morbidität [9]. Die multizentrische, randomisierte Studie im Pick-the-Winner-Design basierte auf der Hypothese, dass durch eine TNT eine pCR von 25 % erreichbar ist, im Vergleich zu der bisher beschriebenen Rate von 15 % durch eine präoperative R(Ch)T. Dazu wurden 311 Patienten mit Rektumkarzinomen in den Stadien II oder III entweder für die Induktionstherapie mit drei Zyklen Fluorouracil, Leucovorin und Oxaliplatin gefolgt von einer Fluorouracil/Oxaliplatin-basierten R(Ch)T mit 50,4 Gy (Gruppe A) oder für eine Konsolidierungs-Chemotherapie mit den gleichen Substanzen und Dosierungen nach R(Ch)T (Gruppe B) randomisiert. Eine pCR wurde bei 17 % in Gruppe A und bei 25 % in Gruppe B erreicht. Somit erfüllte nur die Gruppe B (p < 0,001), nicht aber die Gruppe A (p = 0,210) die vordefinierte statistische Hypothese [9], was die Überlegenheit des Konsolidierungs- gegenüber dem Induktionsansatz nahelegt.
Studien untermauern Bedeutung der TNT, speziell im Konsolidierungs-Setting
Die beim ASCO 2020 vorgestellten und inzwischen voll publizierten Studien untermauerten die Datenlage zur TNT und legten nahe, dass der Nutzen besonders groß ist, wenn die Therapieintensivierung präoperativ als Konsolidierung nach der neoadjuvanten RChT erfolgte.
Die Phase-III-Studie RAPIDO verglich die TNT-Strategie, hier bestehend aus präoperativer Radiotherapie mit 5 x 5 Gy gefolgt von 4,5 Monaten FOLFOX oder CAPOX und TME in Woche 22–24, mit einer Standard-RChT ohne Induktions- oder Konsolidierungs-Therapie (Capecitabin-basierte RChT gefolgt von TME in Woche 14–16 und optional postoperative Chemotherapie mit CAPOX oder FOLFOX über 24 Wochen) [10].
Die pCR-Rate betrug 28 % versus 14 % zugunsten der TNT (Odds Ratio 2,40; p < 0,001). Darüber hinaus wurde eine ebenfalls überlegene Rate im Hinblick auf den primären Studienendpunkt krankheitsbedingtes Behandlungsversagen dokumentiert (DrTF; definiert als lokoregionäres Rezidiv, Fernmetastasierung, Entstehen eines neuen Primärtumors im Darm oder behandlungsbedingter Tod). Nach drei Jahren betrug die kumulative Wahrscheinlichkeit eines DrTF 23,7 % im experimentellen Arm versus 30,4 % im Standardarm (HR 0,79; p = 0,019; Abb. 1).

Abb. 1 RAPIDO-Studie: Kumulative Wahrscheinlichkeit für krankheitsbedingtes Therapieversagen (DrTF) unter einer TNT-Strategie (experimenteller Arm) oder einer Standard-Radiochemotherapie ohne Induktions- oder Konsolidierungstherapie (Standardarm). Mod. nach [10].
Dies war in allen relevanten Subgruppen nachweisbar, insbesondere bei Patienten, die eine postoperative Chemotherapie erhalten hatten.
Die Wahrscheinlichkeit für Fernmetastasierung und lokoregionäres Versagen nach drei Jahren lag im experimentellen und im Standardarm bei 19,8 % vs. 26,6 % (HR 0,69; p = 0,004) und bei 8,7 % vs. 6,0 % (HR 1,45; p = 0,10). Die Autoren schließen aus diesen Daten, dass eine geringere DrTF-Rate als Folge verminderter Fernmetastasierung bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom und hohem Rückfallrisiko mit präoperativer Kurzzeitbestrahlung, gefolgt von Chemotherapie und TME, eher erreicht werden kann als mit konventioneller Radiochemotherapie [10, 11].
Die zweite große Phase-III-Studie ist die französische PRODIGE-23-Studie. Sie verglich eine Induktionstherapie mit 6 Zyklen mFOLFIRINOX, gefolgt von einer Capecitabin-basierten RChT, TME und weiterer adjuvanter Therapie (Capecitabin oder FOLFOX) mit dem Vergleichsregime aus Capecitabin-basierter RChT gefolgt von TME nach 7 Wochen und einer adjuvanten Therapie mit Capecitabin oder FOLFOX über 6 Monate [12]. In 35 Zentren waren insgesamt 461 Patienten mit Tumoren des Stadiums cT3–4, aber ohne Fernmetastasen eingeschlossen, die maximal 15 cm vom Analrand entfernt liegen durften.
Ähnlich wie in der RAPIDO-Studie wurde auch in der PRODIGE-23-Studie durch die TNT-Strategie praktisch eine Verdopplung der pCR-Rate (27,8 % vs. 12,1 %; p < 0,001) erreicht. Durch die TNT wurde zudem der primäre Endpunkt krankheitsfreies Überleben (DFS) nach 3 Jahren von 68,5 % im Kontrollarm auf 75,7 % erhöht (HR 0,69; p = 0,034; Abb. 2).

Abb. 2 PRODIGE-23-Studie: Krankheitsfreies Überleben (DFS) bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom unter einer totalen neoadjuvanten Therapie (TNT) versus einer Radiochemotherapie. Mod. nach [12].
Auch beim metastasenfreien Überleben war die TNT mit 78,8 % versus 71,7 % nach 3 Jahren signifikant überlegen (HR 0,64; p = 0,017), während sich die Lokalrezidivraten nicht signifikant unterschieden (4,8 % vs. 7 %) [12].
Der TNT-Ansatz überzeugte darüber hinaus durch eine vergleichsweise gute Verträglichkeit, was sich auch daran zeigte, dass 91,6 % der Patienten die Behandlung wie geplant abschlossen. Die Messwerte für die Lebensqualität, die mit den EORTC-QLQ-C30- und -QLQ-C29-Fragebögen erhoben wurden, verbesserten sich in beiden Armen signifikant (p < 0,001). Die Patienten litten zwar während der zusätzlichen neoadjuvanten Chemotherapie unter mehr Nebenwirkungen, doch war die Lebensqualität bezüglich der funktionellen, auf das Rektum bezogenen Beeinträchtigungen unter TNT-Einfluss besser als unter der weniger wirksamen Vergleichstherapie [13].
Die ebenfalls beim ASCO 2020 vorgestellte randomisierte Phase-II-OPRA-Studie evaluierte die optimale Sequenz der TNT im Hinblick auf krankheitsspezifisches Überleben und das Erreichen eines Organerhalts. Dabei wurde das Regime 4 Monate CAPOX oder FOLFOX gefolgt von RChT (Capecitabin oder infusionales 5-FU; 25 x 2 Gy mit der Option eines Boosts bis zur Gesamtdosis von 54 bzw. 56 Gy) mit dem umgekehrten Therapieregime, RChT gefolgt von identischer Konsolidierungs-Chemotherapie, verglichen [14]. Im Fall einer klinischen Komplettremission konnten ein Watch-and-wait-Konzept mit engmaschiger Nachsorge folgen. Es wurden 306 Patienten in diese Studie eingeschlossen. Hinsichtlich des DFS (3-Jahres-DFS 77 % vs. 78 %) und des metastasenfreien Überlebens nach 3 Jahren (82 % vs. 84 %) unterschieden sich beide Regime nicht relevant, doch zeigte sich ein erstaunliches 3-Jahres „TME-freies Überleben“, das den Anteil der Patienten mit Organerhalt widerspiegelte, von 59 % im Konsolidierungs-und 43 % im Induktionsarm [14]. Das Nebenwirkungsprofil war in beiden Armen nicht signifikant unterschiedlich.
Diese Ergebnisse weisen erneut auf die höhere Effektivität der präoperativen Therapie in der Sequenz Radiochemotherapie gefolgt von Chemotherapie hin.
In der zusammenfassenden Betrachtung aller vier Studien (CAO/ARO/AIO-12, RAPIDO, PRODIGE 23, OPRA) betrachten die Fachgesellschaften AIO, ACO und ARO in einer gemeinsamen Stellungnahme die TNT als die präferierte neue Therapieoption für Patienten mit lokal weit fortgeschrittenem Rektumkarzinom. Die Strahlentherapie kann im Rahmen der TNT entweder als Langzeit-RChT unter Verwendung von Capecitabin oder infusionalem 5-FU oder als Kurzzeit-Strahlentherapie mit 5 x 5 Gy erfolgen. Ob eine Kurzzeit-Strahlentherapie gefolgt von CAPOX/FOLFOX gemäß der RAPIDO-Studie oder eine Radiochemotherapie gefolgt von CAPOX/FOLFOX analog OPRA bzw. CAO/ARO/AIO-12 die bessere TNT-Option darstellt, wird durch die aktuell rekrutierende Studie ACO/ARO/AIO-18.1 (NCT04246684), geprüft. Die Konsolidierungschemotherapie mit CAPOX oder FOLFOX sollte für 3 bis 4,5 Monate gegeben werden [8]. Die Rolle von Irinotecan im Rahmen der TNT kann nicht abschließend beurteilt werden. Im Allgemeinen kommt im deutschsprachigen Raum eher eine Therapie mit 5-FU und Oxaliplatin zum Einsatz. Wenn Irinotecan verwendet wird, dann sollte es analog dem PRODIGE-23-Regime gegeben werden.
Die TNT in der Sequenz RChT gefolgt von Chemotherapie (Konsolidierungstherapie) sollte den drei Fachgesellschaften zufolge gegenüber der TNT mit Induktion präferiert werden – nicht nur, weil die Daten der CAO/ARO/AIO-12-Studie dies nahelegen, sondern auch, weil die Daten zum „TME-freien Überleben“ der OPRA-Studie auf eine erhöhte pCR-Rate in dieser Therapiesequenz hinweisen und damit die Option eines Watch-and-wait-Konzeptes möglich erscheinen lassen [8].
Als Reaktion auf die neue Datenlage fassen die drei Fachgesellschaften AIO, ACO und ARO in einer weiteren Stellungnahme Empfehlungen zum intendierten Organerhalt im Rahmen eines Watch-and-wait-Konzeptes zusammen [15]. Derzeit sollte dieses Konzept für geeignete Fälle als Option mit den betroffenen Patienten unter Einbeziehung aller beteiligten Disziplinen und nach Besprechung im interdisziplinären Tumorboard und unter Abwägung der Chancen und Risiken diskutiert werden – alles im Bewusstsein, dass noch keine randomisierte Phase-III-Studie zum Organerhalt beim Rektumkarzinom existiert [15]. Geeignete Fälle sind Patienten, bei denen im Rahmen der Restaging-Untersuchungen 6–8 Wochen nach TNT klinisch eine Komplettremission festgestellt wird.
Wenn bei diesen Patienten im interdisziplinären Tumorboard die Entscheidung für ein Watch-and-wait-Konzept gefallen ist, müssen die Patienten einem engmaschigen, strukturierten Nachsorgeprogramm zugeführt werden. Dieses beinhaltet drei monatliche Kontrollen mittels digital-rektaler Untersuchung, Rektoskopie und MRT des Beckens. Im Falle eines lokalen Regrowth oder von lokoregionären Rezidiven muss eine Salvage-Operation durchgeführt werden. Diese wird in der Mehrzahl der Fälle in Form einer TME erfolgen müssen [15].
Eine andere Situation stellen subtotale Remissionen nach erfolgter TNT dar, bei denen unter Umständen lokale Tumorexzisionen (als Vollwandexzision) ausreichend sein können, ohne dass hierfür zum aktuellen Zeitpunkt ausreichend Evidenz vorliegt [15]. Insgesamt kann nach Ansicht der drei Fachgesellschaften AIO, ACO und ARO aufgrund der bisher vorliegenden Daten erwartet werden, dass weder die funktionellen noch die onkologischen Ergebnisse schlechter sind als bei primär operierten Patienten [15].
Fazit und Ausblick
Die Therapie beim fortgeschrittenen Rektumkarzinom hat sich aufgrund der im Jahr 2020 erstmals präsentierten und 2021 veröffentlichten Ergebnisse von drei großen randomisierten Studien gewandelt. Im Rahmen der neoadjuvanten Therapie sollte angestrebt werden, sowohl die Strahlentherapie als auch die Chemotherapie vor der Operation durchzuführen. Dies hat zu einer Verbesserung des krankheitsspezifischen Überlebens geführt. Zusätzlich führt dieses Therapie-regime zu einer erhöhten Rate an Komplettremissionen, was wiederum die Möglichkeit einer organerhaltenden Therapie eröffnet. In der Zukunft kann, insbesondere bei älteren Patienten, für die eine Operation ein hohes Risiko darstellt, ein intendierter Organerhalt mit engmaschigen Nachuntersuchungen eine Alternative zur radikalen Operation sein.
Summary
The standard of care for patients with operable, locally advanced, non-metastat-ic rectal cancer is a multimodal therapeutic approach consisting of neoadjuvant chemoradiotherapy, an operation in the sense of total mesorectal excision (TME) and chemotherapy. Surgery alone is an option for patients in the early stages (T1–2) without lymph node involvement. As an alternative to TME, a local excision in the sense of an endoscopic mucosal dissection or a full-thickness resection can also be performed in early superficial tumors [1, 2]. Despite this multimodal sequential therapy, the morbidity and mortality in connection with local and distant organ recurrences as well as the consequences of the surgical procedure, especially with regard to continence maintenance, remain a challenge. A new paradigm in rectal cancer, on which this article particularly focuses, is neoadjuvant treatment intensification, which, based on current study data, is becoming more and more important and leads to an improvement in disease-free survival and, in some patients, to an organpreserving therapy strategy.
Keywords: rectal cancer, radiotherapy, chemoradiotherapy, total neoadjuvant therapy