Primärprävention von Hautmalignomen
Die Inzidenz verschiedener Hautkrebs-Entitäten nimmt ständig zu, ohne dass eine Trendwende erkennbar wäre. Die großen Therapieerfolge bei Hautkrebserkrankungen werden dadurch überkompensiert. Der Primärprävention kommt deshalb eine enorme Bedeutung zu, wie die kürzlich aktualisierte S3-Leitlinie zur Hautkrebsprävention erneut unterstreicht [1].
Schlüsselwörter: Hautkrebs, UV-Exposition, Primärprävention, Sonnenschutz
Zwar ist die zunehmende Inzidenz bei Hautkrebserkrankungen vermutlich zum Teil auf die verbesserte Früherkennung als Folge des Hautkrebsscreenings zurückzuführen, kann aber dadurch alleine nicht erklärt werden. Die Steigerungsrate beim malignen Melanom ist nach aktuellem Kenntnisstand vor allem eine späte Folge UV-bedingter Hautschäden aus Kindheit und Jugend, bedingt durch ein verändertes Freizeitverhalten. Insbesondere Sonnenbrände in der Kindheit prädestinieren für das Melanom im späteren Lebensalter [1, 2]. Für die Entwicklung kutaner Plattenepithelkarzinome ist dagegen überwiegend die kumulative Sonnenexposition entscheidend, während Basalzellkarzinome sowohl nach dauerhafter als auch wechselnder UV-Bestrahlung vermehrt auftreten können [1–3].
Angesichts des steigenden Risikos für Hautkrebserkrankungen wird das Potential der Primärprävention immer bedeutsamer. Es gilt, die Bevölkerung zu informieren und zu motivieren, die Haut durch individuelle Verhaltensweisen bestmöglich vor UV-bedingten Schädigungen zu schützen. Dies betrifft in erster Linie sonnenbedingte UV-Expositionen im Freien, aber auch unter künstlichen UV-Quellen wie Solarien.
Der S3-Leitlinie zufolge sollten im Hinblick auf den UV-Schutz im Freien folgende Risikogruppen – unter Berücksichtigung der individuellen Empfindlichkeit der Haut – besonders auf einen guten Sonnenschutz achten:
- Kinder (insbesondere Babys) und Jugendliche,
- Menschen, die eher Sonnenbrand als Bräune entwickeln,
- Menschen mit hellerer Haut, hellem oder rotem Haar oder vielen Lentigines,
- Menschen mit vielen, auffälligen und/oder angeborenen Nävi,
- Menschen mit Immunsuppression,
- Personen mit persönlicher/familiärer Vorgeschichte von Hautkrebs sowie
- Risikogruppen, die im Freien arbeiten oder Sport treiben [1].
Die besten Schutzmaßnahmen bestehen der Leitlinie zufolge (und zwar in dieser Reihenfolge!) darin, starke Sonnenstrahlungsexposition zu vermeiden, geeignete Kleidung zu tragen und Sonnenschutzmittel anzuwenden [1].
Starke Sonnenexpositionen meiden, keine Sonnenbrände
Die UV-Strahlenexposition ist abhängig von Jahreszeit, Tageszeit, Wetterlage, Höhenlage, Reflexion durch den Untergrund und einer möglichen Beschattung. Zur Beurteilung der UV-Strahlenexposition, etwa auch bei bedecktem Himmel, dient der vom Wetterdienst veröffentlichte UV-Index [1]. Rund die Hälfte der gesamten UV-Dosis eines Tages entfällt auf das Zeitfenster 2 Stunden vor und nach dem Sonnenhöchststand [1].
Es gilt die Empfehlung, bei sehr starker Sonneneinstrahlung längere Aufenthalte im Freien in der Zeit zwischen 11 Uhr und 16 Uhr nach Möglichkeit ganz zu vermeiden [1]. Grundsätzlich wird empfohlen, die Haut im Frühjahr oder im Urlaub langsam an die Sonne zu gewöhnen, etwa durch wiederholte kurze Aufenthalte, und Sonnenbrände unbedingt zu vermeiden [1].
Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Sonnenbränden und der Entstehung von Basalzellkarzinomen – und vermutlich Plattenepithelkarzinomen – sowie von Melanomen [4, 5]. In der prospektiven Studie Nambour Skin Cancer war das Risiko, ein Basalzellkarzinom am Oberkörper zu entwickeln, bei Teilnehmern mit mehr als 10 Sonnenbränden in der Vergangenheit im Vergleich zu solchen ohne Sonnenbrände um den Faktor 2,5 erhöht (Odds Ratio (OR) 2,49), das Risiko für ein Basalzellkarzinom am Kopf immerhin noch um den Faktor 1,8 (OR 1,79) [6].
Weniger Melanome durch Sonnenschutzmittel?
Nach aktuellem Kenntnisstand reduziert die regelmäßige Anwendung von Sonnenschutzmitteln zwar das Risiko für Plattenepithelkarzinome und in subtropischen Gebieten die Entstehung solarer aktinischer Keratosen [8], aber nicht das Risiko für Basalzellkarzinome [7] .
Für Melanome ist die Datenlage widersprüchlich. In einer systematischen Übersichtsarbeit wurde nach einer Nachbeobachtungszeit von 10 Jahren ein reduziertes Risiko für Melanome bei Anwendern von Sonnenschutzmitteln gefunden [9], doch systematische Reviews und Meta-Analysen von Beobachtungsstudien fanden solche Zusammenhänge nicht [10, 11]. In einigen Untersuchungen gab es sogar Hinweise auf ein erhöhtes Melanomrisiko unter dem Einfluss von Sonnenschutzmitteln [12]. Die Autoren vermuten, dass diese Mittel den Anwendern ein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln und zu längeren Aufenthalten in der Sonne verleiten [13]. Wenn es um den protektiven Effekt von Sonnenschutzmitteln im Hinblick auf das Melanomrisiko geht, scheint auch die Häufigkeit von Sonnenbränden in der Vorgeschichte eine Rolle zu spielen [14, 15].
UV-Exposition aus künstlichen Quellen wie Solarien kann Haut und Augen ebenso schädigen wie die Sonnenstrahlenexposition im Freien. Speziell das Melanomrisiko ist bei Solariennutzern erhöht und steigt mit der Häufigkeit der Besuche an. Das Risiko ist dabei umso höher, je jünger der Solariennutzer beim ersten Besuch war [16–19]. Die S3-Leitlinie empfiehlt, die Nutzung von Solarien zu vermeiden, um das Melanomrisiko zu reduzieren [1]. Auch das Risiko, ein Basalzellkarzinom zu entwickeln, ist bei Solarienbenutzern erhöht – speziell dann, wenn die Anwender bei der ersten Nutzung jünger als 20 Jahre alt waren [20, 21].
Summary
The incidence of various skin cancer entities is constantly increasing without any discernible trend reversal. This overcompensates for the major therapeutic successes in skin cancer diseases. Primary prevention is therefore of enormous importance, as the recently updated German S3 guideline on skin cancer prevention underlines again [1].
Keywords: Skin cancer, UV exposure, primary prevention, sun protection