Das maligne Melanom – Klassifikation, Diagnostik, Primärversorgung, Nachsorge

Das maligne Melanom ist ein invasiv wachsender Hauttumor, der die höchste Metastasierungsrate unter allen Malignomen der Haut aufweist und für die Mehrzahl der Hauttumor-assoziierten Sterbefälle verantwortlich ist. Die Inzidenz steigt weltweit, insbesondere im hellhäutigen Bevölkerungsanteil. Dieser Beitrag liefert einen kompakten Überblick über den aktuellen Wissensstand im Hinblick auf die Klassifikation, Diagnostik, operative Therapie und Nachsorge dieser Tumorerkrankung.

Schlüsselwörter: malignes Melanom, Risikofaktoren, Klassifikation, Diagnostik, Primärtherapie, Nachsorge

Das maligne Melanom ist ein invasiv wachsender Tumor der Haut, der frühzeitig zur Metastasierung neigt und für mehr als 90 % der durch Hauttumoren verursachten Sterbefälle verantwortlich ist [1]. Ursprung des malignen Melanoms sind die Pigment-produzierenden Melanozyten in der Haut, in den Schleimhäuten und im Uvealtrakt des Auges. 

Im Jahr 2016 war das Melanom in Deutschland der vierthäufigste Tumor bei Frauen und der fünfthäufigste bei Männern [1]. Seit 1970 ist die Anzahl an Neuerkrankungen in Deutschland stetig gestiegen und hat sich – insbesondere nach Einführung des Hautkrebsscreenings im Jahr 2008 – mehr als verfünffacht [1]. Die Inzidenz der Erkrankung variiert global betrachtet allerdings sehr stark zwischen verschiedenen Kontinenten und Ländern. Australien liegt weltweit an erster Stelle, während die Inzidenz in Asien niedrig ist [2]. Mit 21,6 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner lag die jährliche 
Melanom-Inzidenz in Deutschland im Jahr 2018 weltweit an 7. Stelle, hinter Australien (33,6 Neuerkrankungen je 100.000 Einwohner) und Norwegen 
(29,6 Neuerkrankungen je 100.000 Einwohner) [2, 3]. Für das Jahr 2020 schätzt das Robert Koch-Institut, dass hierzulande etwa 22.000 Neuerkrankungen aufgetreten sind (Abb. 1) [4]. 

Die steigende Inzidenz des Melanoms wird mit dem geänderten Freizeitverhalten der Bevölkerung in Verbindung gebracht, das mit einer erhöhten Sonnenexposition verbunden ist [5]. Aber auch das Hautkrebsscreening (für gesetzlich Versicherte ab 35 Jahren, bei einigen Kassen schon ab 20 Jahren, alle 2 Jahre kostenlos) dürfte dazu beigetragen haben, dass deutlich mehr Melanome entdeckt werden. 

Relevante Risikofaktoren

Der wesentliche Risikofaktor für die Entwicklung von malignen Melanomen ist die ultraviolette (UV-)Strahlung aus Sonnenlicht [5, 6]. Während eine chronisch-kumulative UV-Exposition insbesondere das Risiko erhöht, einen Nicht-Melanom-Hauttumor zu entwickeln [7, 8] (siehe Beitrag  Seite 310), ist es vor allem die intensive und intermittierende Sonnenexposition, die das Risiko für ein malignes Melanom erhöht [5, 6]. Kurzfristige Sonnenurlaube, unregelmäßiger Sonnenkontakt und die Neigung zu Sonnenbränden gehen mit einem hohen Risiko einher, ein malignes Melanom zu entwickeln. Ähnliches gilt für die UV-A-Exposition aus künstlichen Quellen. Mehrere Studien zeigen eine positive Assoziation zwischen der Anzahl der Solarienbesuche, vor allem in jungen Jahren, und dem Risiko, im Laufe des Lebens ein Melanom zu entwickeln [2]. 
Individuelle Faktoren tragen ebenfalls dazu bei, das Melanomrisiko zu erhöhen. So gelten ein heller Hauttyp (Fitzpatrick I–II), eine hohe Zahl an melanozytären Nävi (> 100) und dysplastischen Nävi (> 5) sowie eine positive Familien- und Eigenanamnese als endogene Risikofaktoren für die Entstehung eines malignen Melanoms [7, 9].

Pathobiologie, klinisches Bild

Eine komplexe Interaktion zwischen tumoreigenen und immunspezifischen Faktoren kann die maligne Transformation von Melanozyten in Haut, Schleimhäuten und Konjunktiva/Uvea begünstigen [2]. Heute werden die Prozesse auf molekularer Ebene sowie auf der Ebene der Tumorimmunologie, die letztlich zur Entwicklung eines Melanoms führen, immer besser verstanden. Es konnte gezeigt werden, dass sich unterschiedliche Melanomsubtypen vermutlich aus verschiedenen Vorläuferläsionen entwickeln und unterschiedliche Genmutationen und Transformationsstadien auftreten können [11]. Die häufigsten somatischen Mutationen in malignen Melanomen betreffen Gene, die für Genprodukte kodieren, die ihrerseits zentrale zelluläre Prozesse steuern, beispielsweise Wachstum und Metabolismus (Phosphatase- und Tensin-Homolog (PTEN) sowie KIT-Protoonkogen-Rezeptortyrosinkinase), Proliferation (BRAF, NRAS und NF1 (Neurofibromin1)), Zellzykluskon-trolle (Cyclin-abhängiger Kinase-Inhibitor 2A (CDKN2A)), Apoptose (Tumorprotein p53) sowie die replikative Lebensdauer (Telomerase-Reverse-Transkriptase (TERT)) [12, 13].
Beim Melanom wird der RAS-RAF-MEK-ERK(MAPK)-Signalweg, über den die Proliferation, Migration und Apoptose von Zellen gesteuert wird, in etwa 40–50 % der Fälle durch ein mutiertes BRAF-Gen aktiviert [2], deutlich seltener durch ein mutiertes NRAS-Gen und nur in ca. 2–5 % der Fälle durch ein mutiertes KIT-Gen [14]. Diese Mutationen sind in der Regel exklusiv. Das Melanom ist damit der solide Tumor, bei dessen Behandlung die Bestimmung des BRAF-Mutationsstatus aufgrund der großen Häufigkeit von onkogenen Mutationen im BRAF-Gen heute die größte Rolle spielt. Eine Mutation des BRAF-Gens ist fast immer eine Punktmutation, betrifft Exon 15 – und hier hauptsächlich das Codon V600. Die häufigste Mutation führt zu einer T>A-Nukleotidsubstitution im BRAF-Gen an Position 1.799, was zur Substitution von Valin durch Glutamat an der Position 600 führt (V600E-Mutation) [15–17]. Die Folge ist eine konstitutive Aktivierung der Kinasefunktion der Braf-Enzym-Kinase, der eine Schlüsselrolle bei der Regulation von Wachstumssignalen des MAPK-Signalwegs zukommt. Letztlich resultiert dies in unkontrollierter Zellteilung, Angiogenese und Metastasierung [14]. 
Anhand des Mutationsprofils werden einer Cancer-Genome-Atlas-Analyse zufolge vier verschiedene genetische Subtypen von Melanomen unterschieden [18]:

  • BRAF-mutierte Melanome: etwa 50 %
  • RAS-mutierte Melanome (Mutationen in NRAS, KRAS, HRAS): etwa 25 %
  • NF1-mutierte Melanome: etwa 15 %
  • Triple-Wildtyp-Melanome ohne die genannten Mutationen: etwa 10 %

Nur für Melanome mit BRAF-Mutation steht derzeit eine zielgerichtete Therapie mit BRAF- und MEK-Inhibitoren zur Verfügung (siehe Beitrag Seite 291). 
In akralen und mukosalen Melanomen sollte zusätzlich das KIT-Gen auf aktivierende Mutationen (bis 5 %) getestet werden [2, 18, 19]. KIT-Inhibitoren wie Imatinib sind zwar nicht für das Melanom zugelassen, können aber ggf. im Rahmen eines begründeten Off-Label Use eingesetzt werden, ebenso MEK-Inhibitoren bei NRAS-mutiertem Melanom.
Für maligne Melanome der Haut konnte zudem gezeigt werden, dass diese Tumoren im Vergleich zu anderen Entitäten eine sehr hohe Tumormutationslast (tumor mutational burden) von mehr als 10 Mutationen pro Megabase aufweisen [20]; dies wird wiederum auf UV-Strahlung zurückgeführt, die zu UV-Signatur-Mutationen führt, insbesondere Transitionen von C zu T bei UV-B und Transversionen von G zu T bei UV-A-Strahlung [12, 20]. Darüber hinaus ist bekannt, dass sich Melanomzellen der Erkennung durch das Immunsystem entziehen, indem sie Immuncheckpoint-Moleküle hochregulieren [21]. All dies prädestiniert das maligne Melanom im fortgeschrittenen Stadium – aber auch in der Adju-
vanz –  als idealen Tumor für eine therapeutische Checkpoint-Inhibition (siehe Beiträge auf den Seiten 286 und 291).

Klassifikation 

Je nach Lokalisation und klinischem bzw. histopathologischem Muster lässt sich das Melanom in mindestens vier verschiedene Typen klassifizieren, die bereits eine erste Einschätzung der Pro-gnose ermöglichen [10]:

  • das superfiziell spreitende Melanom (SSM; Häufigkeit: 60–70 %)
  • das noduläre Melanom (NMM; Häufigkeit: 15–30 %)
  • das Lentigo-maligna-Melanom (LMM; Häufigkeit: 5–15 %)
  • das akrolentiginöse Melanom (ALM; Häufigkeit: 5–10 %)

Zu beachten ist, dass neben den häufigen pigmentierten Melanomen in seltenen Fällen auch amelanotische Formen vorkommen können, die oft zu Fehldiagnosen führen und/oder die Diagnosestellung stark verzögern können [10].

Prognostisch relevant in den Primärstadien des malignen Melanoms sind neben der vertikalen Tumordicke nach Breslow auch der histologische Nachweis einer Ulzeration sowie ein mikro- oder makroskopischer Befall des Sentinel-Lymphknotens und nachgeschalteter Lymphknoten [22]. Diese Faktoren bilden die Grundlage der weiteren therapeutischen Maßnahmen. Die prognostische Einstufung und die Stadieneinteilung erfolgen anhand der derzeit gültigen AJCC(American Joint Committee on Cancer)-Klassifikation aus dem Jahr 2017 [23] (Tab. 1, 2). 

Tab. 1 TNM-Klassifikation des malignen Melanoms nach AJCC. Mod. nach [23, 24].

T-Klassifikation
T1 a < 0,8 mm Tumordicke ohne Ulzerationen
b 0,8–1 mm Tumordicke und < 0,8 mm mit Ulzerationen
T2 a > 1–2 mm Tumordicke ohne Ulzerationen
b > 1–2 mm Tumordicke mit Ulzerationen
T3 a > 2–4 mm Tumordicke ohne Ulzerationen
b > 2–4 mm Tumordicke mit Ulzerationen
T4 a > 4 mm Tumordicke ohne Ulzerationen
  b > 4 mm Tumordicke mit Ulzerationen
N-Klassifikation
N0 Keine regionäre Lymphknotenbeteiligung
N1a–c 1 Lymphknoten betroffen, Mikro- oder Makro- oder in-Transit- oder Satelliten-metastase
N2a–c 2 oder 3 betroffene Lymphknoten, Mikro- oder Makro- oder in-Transit- oder Satellitenmetastase
N3a–c Mindestens 4 betroffene Lymphknoten oder 2 betroffene Lymphknoten mit verbackenen Lymphknoten
M-Klassifikation
M0 Keine Fernmetastasierung
M1 a Metastase in Haut, Subkutis oder nicht regionär betroffenem Lymphknoten
  b Lungenmetastase(n)
  c Fernmetastasen außerhalb des ZNS
  d Metastase(n) im ZNS
T = Primärtumor; N = Lymphknotenbeteiligung; M = Fernmetastasierung; ZNS = Zentralnervensystem

 

Tab. 2 Stadieneinteilung des malignen Melanoms nach AJCC. Mod. nach [23, 24].

Stadium Klinische Stadieneinteilung Pathologische Stadieneinteilung
  T N M T N M
0 Tis N0 M0 Tis N0 M0

IA

T1a N0 M0 T1a N0 M0
      T1b

IB

T1b N0 M0 T2a N0 M0
T2a
IIA T2b N0 M0 T2b N0 M0
T3a     T3a

IIB

T3b N0 M0 T3b N0 M0
T4a T4a
IIC T4b N0 M0 T4b N0 M0
III jedes T ≥ N1 M0  
IIIA   T1a/b–
T2a
N1a oder
N2a
M0
IIIB   T0 N1b, N1c  
T1a/b–
T2a
N1b/c
oder N2b
M0
T2b/T3a N1a–N2b  

IIIC

  T0 N2b, N2c,
N3b oder
N3c
 
T1a–T3a N2c oder
N3a/b/c
M0
T3b/T4a Jedes N
 ≥ N1
 
T4b N1a–N2c  

IIID

  T4b N3a/b/c M0
IV Jedes T,
Tis
Jedes N M1 Jedes T Jedes N M1

 

Je früher ein Melanom erkannt wird und je geringer die Tumordicke ist, umso besser ist die Prognose für die Patienten. Wie groß die Diskrepanz in den 10-Jahres-Überlebensraten zwischen einem früh erkannten malignen Melanom mit einer Tumordicke < 0,8 mm (pT1a) und einer 10-Jahres-Überlebensrate von 98 % und einem ulzerierten, invasiven Melanom mit einer Tumordicke > 4 mm (pT4b) mit einer 10-Jahres-Überlebensrate von 75 % ist, verdeutlicht Abb. 2 [25]. 

Dies unterstreicht die große Bedeutung der Früherkennung von malignen Melanomen durch das Hautkrebsscreening, aber auch der Selbstuntersuchung mithilfe der ABCDE-Regel, die bei der Unterscheidung von Melanomen und benignen Pigmentnävi hilft (A: Asymmetrie; B: Begrenzung; C: color variation (inhomogene Farbe); D: Durchmesser; E: Entwicklung) [26].

Diagnostik und Therapie in der Primärversorgung 

Besteht ein klinischer Verdacht auf ein malignes Melanom, wird zunächst die vollständige Exzision und histologische Begutachtung empfohlen. Dringend abzuraten ist von Flachexzisionen, weil diese die histologische Einordnung stark erschweren und oft zu Fehldiagnosen führen. In Ausnahmefällen, etwa bei Läsionen an akraler Haut oder großen, flächigen Tumoren, kann auch eine Probe-Biopsie entnommen werden, die Untersuchungen zufolge nicht zu einer Verschlechterung der Prognose führt [27, 28]. 

Eine klinische Verdachtsdiagnose kann bereits durch Inspektion der Läsionen ohne Hilfsmittel gestellt werden. Durch die ergänzende Untersuchung mit einem Auflichtmikroskop wird für den erfahrenen Dermatologen eine differenzierte Beurteilung pigmentierter und nichtpigmentierte Haut- und Nagelveränderungen möglich.

Nach der histologischen Sicherung und dermatologischen Ganzkörperinspektion des Patienten inklusive der Schleimhäute sowie nach Palpation der lokoregionären Lymphknoten wird für das Stadium pT1, also für Patienten mit hohem Risiko, eine Lymphknotensonographie empfohlen. Auf diese Weise können nodale Metastasen entdeckt bzw. ausgeschlossen werden. 

Besteht ein klinischer oder sono-graphischer Verdacht auf eine Metastasierung und/oder liegen ulzerierte Tumoren mit einer Tumordicke von > 4 mm vor (ab Stadium IIC), sollten zusätzlich Staging-Untersuchungen mit Computertomographie (CT) oder Magnetresonanz-Tomographie (MRT) in der Primärdia-gnostik durchgeführt werden [24].
Als Vorbereitung für eine spätere Systemtherapie wird ab Stadium IIIB eine molekularpathologische Diagnostik empfohlen [24]. Dabei sollte auf Mutationen in BRAF, NRAS bei BRAF-Wildtyp sowie KIT beim akrolentiginösen Melanom und Schleimhautmelanom getestet werden [24]. Die molekulare Testung kann sowohl am Primärtumor als auch am Gewebe der Wächterlymphknoten (Sentinellymphknoten, SLN) erfolgen. Im Falle eines Rezidivs sollte die Testung am Gewebe aktueller Metastasen wiederholt werden [24].


Nachexzision und Wächterlymphknoten-Biopsie

Die radikale, stadiengerechte Nach-exzision erfolgt in kurativer Intention in Abhängigkeit von der Tumordicke (bei einer Tumordicke < 2 mm mit 1 cm 
Sicherheitsabstand, bei Tumordicke > 2 mm mit 2 cm) [24]. Das Ziel eines solchen Vorgehens ist, Lokalrezidive zu vermeiden. 

Je nach den Eigenschaften des Primärtumors und den patientenindividuellen Faktoren (Tumordicke > 1 mm, pT1b, jüngeres Alter, hohe Mitoserate) wird in gleicher Sitzung eine SLN-Biopsie empfohlen. Dabei handelt es sich primär um eine diagnostische Maßnahme zur Komplettierung des klinischen und pathologischen Tumorstadiums. Der Status des Wächterlymphknotens (bestimmt als positiv oder negativ) ist ein signifikanter, statistisch unabhängiger Parameter für die Prognose der Melanompatienten [24].
 
Der erste Schritt zur Lokalisierung der Wächterlymphknoten besteht in einer Kartierung der Lymphabflusswege durch die Lymphszintigraphie. Definitionsgemäß ist ein Wächterlymphknoten der erste Lymphknoten im Lymphabstromgebiet mit zuführender (darstellbarer) Lymphbahn [24]. 

Als Standardverfahren wird der SLN präoperativ mittels Lymphabstrom-Szintigraphie im Ein- oder Zweitagesprotokoll lokalisiert und dann intraoperativ mit einer manuell gelenkten Gammasonde detektiert. Oft erleichtert die präoperative Injektion eines lymphgängigen Farbstoffs wie Patentblau V das Auffinden des SLN [29]. Mit der Lymphabstrom-Szintigraphie können über 98 % der SLN detektiert werden [30]. Beim Nachweis von Mikrometastasen im SLN ist die Prognose für die Patienten deutlich verschlechtert (Abb. 3) [25].

Wächterlymphknoten sollen durch einen in der Beurteilung von Primärtumoren von Melanomen erfahrenen Histopathologen beurteilt werden. Die technische Aufarbeitung des Wächterlymphknotens soll nationalen oder internationalen Protokollen entsprechen [24]. Im histopathologischen Befund des Wächterlymphknotens sollten folgende Informationen enthalten sein: Nachweis von Nävus- oder Melanomzellen, im Fall von Melanomzellen die Angabe prognostisch wichtiger Parameter sowie der größte Durchmesser der Mikrometastase. 

Finden sich Melanomzellen im SLN, ist derzeit unklar, welche Parameter die Positivität weiterer Lymphknoten am besten vorhersagen [31]. In der Auswertung verschiedener Studien erwiesen sich folgende Parameter, die im histopathologischen Befund zu benennen sind, als prognostisch relevant [24]:

  • der größte Durchmesser der größten Tumorzellansammlung in Zehntel-Millimetern,
  • die maximale Eindringtiefe von Melanomzellen in das Lymphknotenparenchym ausgehend von der Innenseite der Lymphknotenkapsel,
  • die Invasion von Melanomzellen in die Lymphknotenkapsel oder der Kapseldurchbruch und
  • die Lokalisation von Melanomzellen in perinodalen Lymphgefäßen.

Therapeutisches Vorgehen im operablen Stadium III

Das lokal metastasierte Stadium III beschreibt eine klinisch und prognostisch heterogene Patientengruppe, deren 5-Jahres-Überlebensraten zwischen 23 % und 87 % liegen und für die patientenindividuelle Therapiekonzepte im Tumorboard bestimmt werden sollten [25]. Die Behandlungsintention in diesem Stadium ist weiterhin kurativ.

Die elektive, also prophylaktische Lymphadenektomie (LAD) wird nicht empfohlen, unabhängig von der Breslow-Dicke des Primärtumors [24]. Bei klinisch und sonographisch bzw. bildgebend manifesten Lymphknotenmetastasen ohne Hinweis auf Fernmetastasen sollte aber eine therapeutische LAD erfolgen, damit regionale Rezidive vermieden und ein kurativer Ansatz weiterhin sinnvoll und möglich ist [24].

Welchen prognostischen Wert eine LAD bei Patienten hat, bei denen eine Mikrometastase im SLN detektiert wurde, wird kontrovers diskutiert. Die Daten zweier groß angelegter Studien konnten keinen signifikanten Vorteil hinsichtlich des rezidivfreien Überlebens und des melanomspezifischen Überlebens zeigen [32, 33]. Es wird aber eine Differenzierung des Patientenkollektivs im Hinblick auf den maximalen Durchmesser der Metastasen empfohlen: Bei einem Durchmesser < 0,1 mm wird der Nutzen einer LAD als sehr gering erachtet, sodass dieses Vorgehen verzichtbar ist, bei einem Durchmesser von 0,1–1 mm kann eine LAD angeboten werden, falls weitere Risikofaktoren vorliegen [24]. Zu berücksichtigende Risikofaktoren sind etwa die Anzahl der betroffenen SLN, die Eindringtiefe der Zellen im SLN oder das Vorliegen einer Kapselinfiltration und das T-Stadium (hohe Tumordicke plus Ulzeration) sowie die Dicke und das Vorliegen einer Ulzeration des Primärtumors [24]. Bei größeren Metastasen > 1 mm sollte eine LAD angeboten werden, da das Risiko deutlich erhöht ist, dass weitere Nicht-SLN von einer Metastasierung betroffen sind [24]. 

Um die Tumorkontrolle der Lymphknotenstation zu verbessern, sollte eine postoperative adjuvante Radiotherapie mit 50–60 Gy in konventioneller Fraktio-nierung (5 x 1,8–2,5 Gy/Woche) angeboten werden, wenn drei oder mehr befallenen Lymphknoten oder ein Kapseldurchbruch oder Metastasendurchmesser > 3 cm oder ein lymphogenes Rezidiv vorliegen [24].

Kutane und subkutane Satelliten- und In-Transit-Metastasen sollten, wenn möglich, R0-reseziert werden. Sind die Areale großflächig oder sind die Tumoren inoperabel, kann die lokale Tumorkon-trolle durch verschiedene lokaltherapeutische Maßnahmen wie die lokale Applikation von immunmodulatorischen oder zytostatischen Substanzen verbessert werden. Die intratumorale Injektion von Interleukin-2 sowie die intratumorale Elektrochemotherapie mit Bleomycin oder Cisplatin führten dabei zu den höchsten Ansprechraten [9, 24, 34, 35]. Ein gutes Ansprechen insbesondere bei kleinen kutanen und subkutanen Meta-stasen wurde auch mit der intraläsionalen Injektion von Talimogen Laherparepvec (TVEC) erzielt, einer onkolytischen Immuntherapie mit einem transgenen Herpes-Virus Typ 1 [36]. Allgemein sollte geprüft werden, ob betroffene Patienten an einer klinischen Studie teilnehmen können. 

Unabhängig von lokaltherapeutischen Maßnahmen sollte mit jedem Patienten im Stadium III (A–D) die Option einer adjuvanten Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren oder einer zielgerichteten Therapie über zwölf Monate besprochen werden, da mit diesem Vorgehen ein signifikanter Vorteil im rezidivfreien Überleben und Gesamtüberleben gezeigt werden konnte [37–39]. 

Behandlungsoptionen im Stadium IV und im inoperablen Stadium III

Die Behandlung des metastasierten oder inoperablen Melanoms hat sich mit Zulassung der zielgerichteten Therapien und der Immuncheckpoint-Inhibitoren relevant verändert und weiterentwickelt. Sowohl das rezidivfreie Überleben als auch das Langzeitüberleben im metastasierten Stadium konnten durch die neuen Therapieansätze signifikant verbessert werden. 

Nachsorge

Eine standardisierte Nachsorge ist ein wichtiger Bestandteil in der Versorgung von Patienten mit malignem Melanom mit dem Ziel, Rezidive und Zweitmelanome frühzeitig zu entdecken. Untersuchungen zum Auftreten von Rezidiven in den Stadien I–III zeigten, dass 47 % der Rezidive innerhalb des 1. Jahres nach Diagnosestellung, 32 % im 2. Jahr [40] bzw. 80 % binnen der ersten drei Jahre  auftreten [24, 40, 41].

Eine risikoadaptierte Nachsorge sollte in allen Tumorstadien über einen Zeitraum von zehn Jahren erfolgen. Nach diesem Zeitraum reicht es aus, die Maßnahmen auf eine regelmäßige Selbstuntersuchung sowie die jährliche Ganzkörperuntersuchung auf Zweitmelanome zu beschränken (Tab. 3). 

Tab. 3 Nachsorge bei Patienten mit malignem Melanom. Mod. nach [24].

Stadium

Körperliche Untersuchung Lymphknoten-Sonographie Labor S100B Bildgebende Untersuchungen
Jahr 1-3 4 + 5 6-10 1-3 4 + 5 6-10 1-3 4 + 5 6-10 1-3 4 + 5 6-10
IA 6-mtl. 12-mtl. 12-mtl. - - - - - - - - -
IB–IIB 3-mtl. 6-mtl. 6- bis
12-mtl.
6-mtl.** - - 3-mtl. - - - - -
IIC–IV* 6-mtl. 12-mtl. 12-mtl. 3-mtl. 6-mtl. - 3-mtl. 6-mtl. - 6-mtl. - -
*für R0-resezierte Stadien; ** nur bei korrektem pathologischen Staging mittels Wächterlymphknotenbiopsie (SLN), sonst wie IIC; mtl. = monatlich

 

Der Einsatz von digitaler Ganzkörper-Photodokumentation sowie künstlicher Intelligenz erhöht die Chance auf eine frühzeitige Mela-nomerkennung. Es ist zu erwarten, dass in Zukunft auch teledermatologische Verfahren in der Nachsorge sinnvoll eingesetzt werden können. Eine psycho-onkologische Anbindung sollte allen Melanompatienten angeboten werden.

Fazit und Ausblick

Vor wenigen Jahrzehnten war das maligne Melanom noch eine seltene Tumorentität. Seit 2016 ist es die vierthäufigste bei Frauen und die fünfthäufigste bei Männern. Deshalb ist die Prävention, z. B. durch Schulungen junger Eltern und Erzieherinnen und Erzieher in Kindergärten, aber auch Sonnenschutz-Kampagnen für junge Erwachsene, Sportler und besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen von großer Bedeutung. Die Erfolge der Früherkennung durch das gesetzlich empfohlene Hautkrebsscreening, der bereits in der Routine angekommene Einsatz der künstlichen Intelligenz in der Melanomdiagnostik und die weltweit einmalig hochwertige Versorgung anhand Evidenz-gesicherter Leitlinien in Deutschland stimmen  hoffnungsvoll, die Sterblichkeit beim malignen Melanom weiterhin deutlich zu senken. 

Summary

Malignant melanoma is an invasively growing skin tumor that has the highest metastasis rate of all skin malignancies and is responsible for the majority of skin tumor-associated deaths. The incidence is increasing worldwide, especially among the fair-skinned population. This article provides a compact overview of the current state of knowledge with regard to the classification, diagnosis, surgical therapy and follow-up care of malignant melanoma.

Keywords: malignant melanoma, risk factors, classification, diagnostics, primary therapy, follow-up care
 

Autor
Prof. Dr. med. Christoffer Gebhardt
Universitäres Hauttumorzentrum Hamburg
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
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