Malignes Melanom: Systemtherapie bei metastasierter Erkrankung – neue Studiendaten

Die Therapie des nicht-resektablen, metastasierten Melanoms hat in der letzten Dekade einen rasanten Fortschritt erfahren. Durch neue Ansätze im Bereich der zielgerichteten Behandlung und der Immuntherapie wurden Therapieerfolge erreicht, die lange nicht für möglich gehalten wurden. Insbesondere die Immuntherapie gilt nunmehr in vielen Melanom-Indikationen als Goldstandard. Neuere Behandlungsansätze, die derzeit geprüft werden, sind Kombinationen von Immun- und zielgerichteter Therapie, aber auch neue Immuntherapieformen jenseits der Checkpoint-Inhibition. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Therapie, wagt aber mit der Vorstellung aktueller Studiendaten auch einen Blick in die Zukunft.

Schlüsselwörter: malignes Melanom, nicht-resektabel, metastasiert, zielgerichtete Therapie, Immuntherapie, Vemurafenib, Cobimetinib, Dabrafenib, Trametinib, Encorafenib, Binimetinib, Ipilimumab, Nivolumab, Pembrolizumab, Spartalizumab, Tebentafusp

Seit 2011 hat die Behandlung des nicht-resektablen, metastasierten Melanoms einen atemberaubenden Fortschritt erlebt. Auch in den letzten Monaten haben sich durch klinische Studien und Grundlagenforschung eine ganze Reihe neuer Erkenntnisse ergeben, die im Folgenden in Kürze aufgeführt werden. Neben Originalarbeiten sowie den Ab-stracts und Präsentationen auf den großen Jahreskongressen dieses Jahres ist die im Juli 2020 aktualisierte S3-Leitlinie „Therapie und Nachsorge des Melanoms“ als Referenz hervorzuheben [1]. 

Systemtherapie des nicht-resektablen, metastasierten Melanoms

Die Zeiten, in der die Chemotherapie der Goldstandard der Melanomtherapie war, sind seit Zulassung der Immuncheckpoint-Inhibitoren (Anti-CTLA-4- bzw. Anti-PD-1-Antikörper) und zielgerichteten Therapie mit BRAF- und MEK-Inhibitoren in den Jahren 2011 und folgenden endgültig vorbei.

Betrug das mediane Gesamtüberleben eines Patienten mit nicht-resektablem, metastasiertem Melanom mit oder ohne DTIC/Dacarbazin-Therapie 7–9 Monate, beträgt dieses nun mehr als drei Jahre bei zuvor nicht für möglich gehaltenen Ansprechraten und Langzeitüberleben für rund 30–40 % aller Patienten in dieser Situation.

Zielgerichtete Therapie des nicht-resektablen, metastasierten Melanoms

Seit 2015 sind die BRAF-Inhibitor/MEK-Inhibitor-Kombinationen Vemurafenib + Cobimetinib und Dabrafenib + Trametinib zur Erstlinientherapie des nicht-resektablen, metastasierten Melanoms zugelassen. Im Herbst 2018 wurde die neue Kombination Encorafenib + Binimetinib zugelassen. Das Nebenwirkungsspektrum ist für alle drei Kombinationen distinkt.

Tab. 1: Zielgerichtete Therapeutika für die Behandlung des nicht-resektablen, metastasierten Melanoms. Mod. nach [2, 3]. 
(TRAE: behandlungsabhängige Nebenwirkungen; Grad 3/4 nach CTCA-Version 5)

Wirkstoff(e) ORR TRAE (Grad 3/4) Medianes PFS (Monate) Medianes OS (Monate) 1-Jahres-OS 5-Jahres-OS
Dabrafenib/Trametinib 69 % 48 % 11,4 25,6 74 % 34 %
Vemurafenib/ Cobimetinib 70 % 77 % 12,3 22,3 75 % 31 %
Encorafenib/ Binimetinib 75 % 47 % 14,9 33,6 76 % 35 %
ORR: objektive Ansprechrate; PFS : progressionsfreies Überleben; OS: Gesamtüberleben 

 

Zusammengefasste Daten aus den zwei randomisierten Phase-III-Studien COMBI-d und COMBI-v mit der Kombination aus dem BRAF-Inhibitor Dabrafenib und dem MEK-Inhibitor Trametinib zeigten ein 5-Jahres-Gesamtüberleben (OS) von 34 % bei 563 auswertbaren Patienten mit inoperablem oder metastasiertem Melanom und Nachweis einer BRAFV600E/K-Mutation [1]. Nach 5 Jahren betrug die Rate für das das progressionsfreie Überleben (PFS) der Patienten 19 %. Somit bietet die Dabrafenib/Trametinib-Kombination in der Erstlinienbehandlung eine nachhaltige Kontrolle für BRAFV600-mutierte metastasierte Melanompatienten, so die auf der ASCO-Jahrestagung 2019 berichtete Analyse [2]. Patienten, die ein komplettes Ansprechen erreichten, hatten die besten Chancen, einen langfristigen Nutzen zu erzielen. Dies ist der größte Datensatz und die längste Nachbeobachtung bei bisher unbehandelten Patienten mit BRAFV600-mutiertem, inoperablen oder metastasiertem Melanom, das mit BRAF- und MEK-Inhibitoren behandelt wurde. 

Die COMBI-d-Studie umfasste 423 Patienten, die randomisiert entweder Dabrafenib plus Trametinib (n = 211) oder Dabrafenib plus Placebo (n = 212) erhielten. In der COMBI-v Studie erhielten die eingeschlossenen 704 Patienten randomisiert entweder Dabrafenib plus Trametinib (N = 352) oder eine Vemurafenib-Monotherapie (n = 352). Die bereits bekannten Baseline-Prädiktoren – normwertige LDH und eine geringe (< 3) Anzahl beteiligter Organe – korrelierten beide mit günstigerem Gesamtüberleben (OS) und PFS. Bei Patienten mit normwertiger LDH und bei < 3 Organmetastasen ging das PFS nach 5 Jahren auf 31 % zurück; das 5-Jahres-OS lag bei 55 %. Die Kombination aus Dabrafenib und Trametinib erreichte bei 68 % der Patienten ein objektives Ansprechen, einschließlich kompletter Remissionen (CR) bei 19 %. Seit Herbst 2018 gibt es mit dem BRAF-Inhibitor Encorafenib und dem MEK-Inhibitor Binimetinib eine dritte ab der Erstlinie zugelassene Therapieoption für Patienten mit metastasiertem, inoperablem Melanom mit BRAFV600E/K- Mutation. In einem 5-Jahres-Update der randomisierten, offenen, dreiarmigen, zweigeteilten COLUMBUS-Studie (Phase III) hatten Patienten, die der Kombination Encorafenib/Binimetinib zugeordnet waren, ein 5-Jahres-OS von 35 % gegenüber 26 % für Vemurafenib [3]. 

Damit sind alle drei zugelassenen BRAFi + MEKi-Kombinationen als sichere und rasch wirksame Therapien für das nicht-resektable, metastasierte, BRAF-mutierte Melanom etabliert. Langanhaltende Effekte finden sich besonders bei Patienten mit niedriger LDH und niedriger Tumorlast, doch sind diese denen unter einer Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren unterlegen. 
Insbesondere in der Erstlinientherapie werden deshalb bei BRAF-mutierten Patienten zunehmend Checkpoint-Inhibitoren eingesetzt. Dies könnte sich durch den sinnvollen Einsatz molekularer Diagnostik möglicherweise für einen Teil der Patienten ändern, z. B durch Einsatz der ctDNA-Diagnostik, die dazu dient, den idealen Switch-point von zielgerichteter auf eine nachfolgende Immuntherapie zu bestimmen. In der aktuellen Therapie-entscheidung spielen die deutlich unterschiedlichen Toxizitäten und Therapieschemata/Einnahmeregime eine wichtige Rolle.

Immuntherapie des nicht-resektablen, metastasierten Melanoms

Kürzlich wurden die vielbeachteten 6,5-Jahres-Daten der dreiarmigen CheckMate 067-Studie (Phase III, n = 945) vorgestellt [4], die zur Zulassung von Ipilimumab (anti-CTLA-4) + Nivolumab (anti-PD-1) beim nicht resektablen, metastasierten Melanom geführt haben. Dies ist die längste Nachbeobachtung einer Phase-III-Zulassungsstudie beim Melanom. Die drei Arme waren: Arm A: Ipilimumab und Nivolumab (NIVO+IPI), Arm B: Nivolumab (NIVO) und Arm C: Ipilimumab (IPI). Mit diesen Checkpoint-Inhibitoren haben wir bereits in der Vergangenheit beeindruckende Remissionsraten sehen können, vor allem auch sehr lang anhaltende Remissionen. Nach  6,5 Jahren hat sich dieser Trend nun bestätigt. 

Die Gesamtansprechrate (ORR) der randomisierten Patienten zeigte einen klaren Vorteil zugunsten der beiden Arme A und B mit NIVO + IPI bzw. NIVO: Unter NIVO + IPI lag die ORR bei 68 %, unter NIVO bei 45 % und unter IPI bei 19%. Auch beim 6,5-Jahres-OS (NIVO + IPI 49 %, NIVO 42 %, IPI 23 %), beim 6,5-Jahres-PFS (NIVO + IPI 34 %, NIVO 29 %, IPI 7 %) und bei den Komplettremissionen (NIVO + IPI 22 %, NIVO 19 %, IPI 6 %) zeigte sich ein Vorteil für die Arme A und B [4]. 

Auch wenn aufgrund einer Unter-powerung Arm A und B keinen Vergleich zulassen, so war dennoch die Kombination Ipilimumab + Nivolumab der Nivolumab-Monotherapie überlegen (OS: HR 0,84; 95%-KI 0,67–1,04). Besonders für Aufsehen gesorgt hat das nun erreichte mediane OS für den Arm NIVO + IPI von 72,1 Monaten und die berichteten Raten des Melanom-spezifischen Überlebens (MSS) (NIVO + IPI 56 %, NIVO 48 %, IPI 27 %). Dem gegenüber steht eine hohe Toxizität mit Grad-3/4-Nebenwirkungen (NIVO + IPI 59 %, NIVO 23 %, IPI 28 %) [4].

Die Kombination von Nivolumab und Ipilimumab führt zudem zu einem dauerhaften intrakraniellen Ansprechen bei Patienten mit metastasierendem Melanom und asymptomatischen Hirnmetastasen, wie Daten der ABC-Studie (Phase II) zeigen [6], in der Patienten mit Hirn-Metastasen untersucht wurden. In der Nivolumab/Ipilimumab-Kohorte lag das intrakranielle progressionsfreie Überleben bei Patienten mit asymptomatischen, nicht vortherapierten Hirn-Metastasen nach 5 Jahren bei 46 % gegenüber 6 % in der Nivolumab-Monotherapie-Kohorte.

Tab. 2 Immuncheckpoint-Inhibitoren für die Behandlung des nicht-resektablen, metastasierten Melanoms. Mod. nach [4, 5]. 
(TRAE= Behandlungs-abhängige Nebenwirkungen; Grad 3/4 nach CTCA-Version 5). 

Wirkstoff(e) ORR TRAE [Grad3/4] Medianes PFS (Monate) Medianes OS (Monate) 1-Jahres-OS 5-Jahres-OS
Pembrolizumab 47 % 17,7 % 11,6 38,7 68 % 43,3 %
Nivolumab 45 % 24 % 6,9 36,9 65 % 44 %
Nivolumab/Ipilimumab 58 % 59 % 11,5 72,1 73 % 52 %
ORR: objektive Ansprechrate; PFS: progressionsfreies Überleben; OS: Gesamtüberleben

 

Zusammenfassend gilt: Die Behandlung von Hirn-Metastasen hat sich durch die Immuntherapie, aber auch durch die zielgerichtete Therapie wesentlich verbessert. Wir erreichen mit beiden Therapiekonzepten hohe Ansprechraten. Allerdings ist die kombinierte Immuntherapie (Nivolumab/Ipilimumab) in der Lage, eine deutlich länger anhaltende Remission zu vermitteln, und stellt demnach den aktuellen Goldstandard dar.

Neue Behandlungskonzepte bei nicht-resektablem, metastasiertem Melanom

Die Behandlung mit einer zielgerichteten Therapie hat die Ergebnisse bei Patienten mit BRAF-mutiertem, inoperablem oder metastasiertem Melanom verbessert. Viele Patienten erleben jedoch ein Fortschreiten der Erkrankung, sodass neue Behandlungsstrategien notwendig sind, um langanhaltende Remissionen zu ermöglichen. 
Besonders Patienten mit erhöhter LDH und rascher Tumorkinetik haben bei zielgerichteter Therapie und einer Behandlung mit Immuncheckpoint Inhibitoren mit niedrigen Ansprechraten zu rechnen.

Als eines der besonderen Highlights im Bereich der Dermatoonkologie wurden auf dem diesjährigen ASCO-Jahreskongress die Daten der Zulassungsstudie RELATIVITY-047 (Phase III, n = 714) beim metastasierten, nicht-resektablen Melanom vorgestellt ([7]. In dieser zweiarmigen Studie wurde die Kombination des LAG-3-Antikörpers Relatlimab (RELA) und des PD-1-Antikörpers Nivolumab (jeweils als Fixdosis in einem gemeinsamen Infusionsgefäß) gegen eine Nivolumab-Monotherapie getestet. Berichtet wurde entsprechend dem Studienplan zunächst nur das PFS; die Daten zur ORR und zum PFS stehen aus. 

Das mediane PFS im Kombinationsarm betrug 10,12 Monate versus 4,63 Monate im Monotherapie-Arm (HR 0,75; 95%-KI 0,62–0,92). Dieser Vorteil von NIVO + RELA versus NIVO betraf weitgehend alle Subgruppen und war insbesondere unabhängig von PD-L1- oder LAG-3-Expression, LDH-Status und M-Substadium. Die Toxizität war moderat mit einer Rate an Grad-3/4-Nebenwirkungen von 18,9 % für NIVO + RELA und 9,7 % für NIVO sowie wenigen thera-piebedingten Abbrüchen (NIVO + RELA 14,6 %, NIVO 6,7 %) [7]. 

Die Kombination NIVO + RELA wird hoffentlich bald zur Erstlinientherapie des metastasierten, nicht-resektablen Melanoms unabhängig von BRAF-, PD-L1- oder LAG-3-Status zugelassen werden. Während Patienten mit Hirnmetastasen, Uvea- bzw. Mukosa-Melanomen, Patienten mit rascher Kinetik, hoher Tumorlast, erhöhter LDH und nach PD-1-Versagen weiterhin oft NIVO + IPI in der Erstlinie erhalten werden, könnten Patienten, die derzeit eine PD-1-Monotherapie erhalten, nach der Zulassung NIVO-RELA bekommen. Die Kombination REVA + NIVO zeigt auch im neoadjuvanten Setting bei Patienten mit resezierbarem Melanom im Stadium III eine erfolgversprechende Wirksamkeit bei sehr guter Verträglichkeit [8].

Dem Konzept einer Triplett-Therapie aus der Kombination von Anti-PD-1-Antikörpern mit BRAF- und MEK-Inhibitoren zur Behandlung von Patienten mit BRAFV600-mutiertem Melanom liegt eine potentiell synergistische Aktivität zwischen BRAF-Inhibition und Anti-PD-1-Therapie zugrunde. Zu diesem Triplett-Ansatz wurden in 2020 zwei Studien (COMBI-i und TRILOGY) vorgestellt. 

Die erste Auswertung der TRILOGY-Studie (Phase III, IMspire 150), in der das Triplett Vemurafenib + Cobimetinib (BRAFi + MEKi) und Atezolizumab (Anti-PD-L1) versus Vemurafenib + Cobimetinib allein beim metastasierten, nicht-resektablen, BRAFV600-mutierten Melanom untersucht wurde, liegt schon vor [9]: Es findet sich nach rund 19 Monaten Follow-up ein signifikanter, aber recht geringer Vorteil im PFS von ca. 4,5 Monaten für die Triplette bei nur moderat höherer Toxizität. Die Daten waren die Basis für die Zulassung des Tripletts Vemurafenib/Cobimetinib/Atezolizumab für die Erstlinientherapie des BRAF-mutierten, nicht-resektablen, metastasierten Melanoms im Juli 2020 in den USA. Eine Einreichung zur Zulassung in Europa wird wohl nicht angestrebt.

Auf der ESMO-Jahrestagung 2020 wurde die COMBI-i-Studie (Phase III; n = 532) vorgestellt, die mit negativen Daten überraschte [10]: Die Erstlinientherapie mit dem Triplett aus Dabrafenib + Trametinib (BRAFi + MEKi) und Spartalizumab (Anti-PD-1) beim metastasierten, nicht-resektablen, BRAFV600-mutierten Melanom war dem Vergleichsarm Dabrafenib/Trametinib bezüglich des 1-Jahres-PFS nicht überlegen und erreichte damit den primären Studienendpunkt nicht (16,2 Monate (95%-KI 12,7–23,9) vs. 12,0 Monate (95%-KI 10,2–15,4); HR 0,82). Die ORR lag bei 68,5 % vs. 
64,2 %, die CRR bei 19,9 % vs. 17,7 %. Ein Vorteil im OS (HR 0,785) zugunsten des Tripletts wurde zwar beobachtet, konnte jedoch bei fehlender statistischer Signifikanz des primären Endpunkts nicht formell bewertet werden. Die Toxizität des Tripletts war erwartungsgemäß erhöht mit 54,7 % vs. 33,3 % therapiebedingten unerwünschten Ereignissen von Grad 3/4 und 31,8 % vs. 14,4 % therapiebedingten Abbrüchen versus dem Vergleichsarm. 
Unterschiede in der relativen Dosis-intensität von Dabrafenib/Trametinib aufgrund von Dosismodifikationen und -unterbrechungen, die im Triplett-Arm häufiger vorkamen, könnten ein Grund für das negative Studienergebnis sein. Dennoch weist die Studie auf das Potential des Tripletts hin, die Aktivität von Dabrafenib/Trametinib durch Zugabe eines PD-1-Antikörpers zu erhöhen. Weitere Analysen werden helfen, diese Ergebnisse besser zu verstehen.
Trotz dieser formal negativen Stu-diendaten ist das Konzept der Triplett-Therapie nicht am Ende. Auf dem ASCO 2021 wurden Daten der Phase-I-Studie ImmunoCobiVem vorgestellt und dabei eine verträgliche Kombination aus Vemurafenib + Cobimetinib + Pembrolizumab gefunden [11]. In einer neu aufgelegten Phase-III-Studie STARBOARD soll diese Triplette nun gegen einen Pembrolizumab-Monotherapie-Arm beim meta-stasierten, nicht-resektablen, BRAFV600-mutierten Melanom in der Erstlinie getestet werden.

Weitere Daten für erfolgversprechende Zweitlinien-Therapien bei Patienten mit metastasiertem, nicht-resektablem Melanom nach PD-1-Versagen wurden auf dem ASCO-Jahreskongress 2021 vorgestellt. Darunter die Systemtherapie mit dem VEGFR1/2-Inhibitor Lenvatinib  [12], dem HDAC-Inhibitor Domatinostat [13] und der autologen TIL(tumorinfil-trierende Lymphozyten)-Therapie mit Lifileucel [14]. 

Systemtherapie des mukosalen Melanoms

Beim nicht-resektablen, metastasierten mukosalen Melanom zeigt sich im klinischen Alltag eine hohe Therapieresistenz. Hierzu wurde kürzlich eine Subanalyse der dreiarmigen CheckMate 067 Studie (Phase III) vorgestellt, die zur Zulassung von Ipilimumab + Nivolumab beim nicht-resektablen, metastasierten Melanom geführt hat [15]. 
Rund 8 % (n = 79/945) der randomisierten Patienten wiesen ein mukosales Melanom auf (NIVO + IPI: n = 28; NIVO: n = 23; IPI: n = 28) und zeigten eine insgesamt geringere ORR im Vergleich zu allen randomisierten Patienten (NIVO + IPI 43 % vs.58 %; NIVO: 30 % vs. 45 %; IPI: 7 % vs.19 %). Beim 5-Jahres-OS (NIVO + IPI: 36 %; NIVO: 29 %; IPI: 8 %) und beim 5-Jahres-PFS (NIVO + IPI: 29 %; NIVO: 14 %; IPI 0 %) zeigte sich, dass die Kombination Ipilimumab + Nivolumab der Nivolumab- (und auch der Ipilimumab-) Monotherapie überlegen war. 
Die  Kombination stellt somit den aktuellen Erstlinien-Goldstandard beim mukosalen Melanom dar. 

Systemtherapie des Uveamelanoms

Die Systemtherapie des metastasierten Uveamelanoms ist trotz großer Fortschritte beim kutanen Melanom mit niedrigen Ansprechraten unter einer Immuncheckpoint-Inhibition gekennzeichnet. Dennoch zeigen die Daten einer aktuellen Metaanalyse für die Kombination von Ipilimumab und Nivolumab Ansprechraten bis 17 % [16].  

Mit Spannung erwartetet wurden die Daten zur IMCgp100-202 Studie (NCT03070392), bei der Tebentafusp (IMCgp100) – ein Fusionsprotein, das Tumorzellen und CD3-Effektorzellen verbindet –, im Vergleich zu einer Behandlung nach Wahl des Prüfarztes (IC; u. a. Pembrolizumab, Ipilimumab oder Dacarbazin) beim nicht-resezierten, metastasierten Uveamelanom getestet wurde. Die Ergebnisse wurden auf dem AACR-Kongress 2021 mit einem Follow-up von 14,1 Monaten vorgestellt [17].

 Das mediane OS im Tebentafusp-Arm betrug 21,7 Monate versus 16,0 Monate im Kontrollarm (HR 0,51; 95%-KI 0,37–0,71); die 1-Jahres-OS-Rate lag bei 73,2 % im Tebentafusp-Arm versus 58,5 % im Kontrollarm. Bei 45 % der Patienten unter Tebentafusp wurden Grad-3/4-Toxizitäten berichtet versus 17 % im Kontrollarm. Tebentafusp darf aufgrund der HLA-Restriktion des T-Zell-Rezeptors nur Patienten mit einem HLA-Typ 0201 verabreicht werden, den etwa 50 % aller West- und Mitteleuropäer aufweisen. Eine Zulassung als erste Systemtherapie des metastasierten, nicht- resektablen Uveamelanoms ab der Erstlinie ist erfreulicherweise noch für Ende 2021 bzw. Anfang 2022 zu erwarten.

Fazit

Ein weites Armamentarium für die Behandlung des nicht-resektablen, metastasierten Melanoms steht ab der Erstlinie mit zwei PD-1-Antikörpern (Pembrolizumab, Nivolumab) sowie mit der Kombination aus PD-1- und CTLA-4-Antikörper (Nivolumab/Ipilimumab) sowie für die Subgruppe der BRAF-mutierten Melanome zusätzlich drei BRAFi + MEKi-Kombinationen (Vemurafenib + Cobimetinib, Dabrafenib + Trametinib, Encorafenib + Binimetinib) zur Verfügung. Trotz der hohen Ansprechraten (bis zu 80 %) und eines Langzeitüberlebens für einen Teil der Patienten (bis ca. 40 %) kann die Lebensqualität-mindernde Toxizität die Erfolge dieser Therapien schmälern. Immer noch werden im klinischen Alltag die meisten Patienten mit nicht-resektablem, metastasiertem Melanom aufgrund primärer und sekundärer Therapieresistenz an ihrer Erkrankung versterben. Dies gilt besonders für die deutlich schwieriger therapiebaren mukosalen und okulären Melanome. Zukünftige neue Kombinationen und Therapieansätze, die diese Resistenzmechanismen durchbrechen sollen, werden bereits in einer Vielzahl von Studien überprüft.

Summary

The therapy of non-resectable, metas-tatic melanoma has made rapid progress in the last decade. New approaches in the field of targeted treatment and immunotherapy have resulted in therapeutic successes that have not been known for a long time. Immunotherapy in particular is now considered the gold standard in many melanoma indications. Newer treatment approaches that are currently being examined are combinations of immune and targeted therapy, but also new forms of immunotherapy beyond checkpoint inhibition. The article gives an overview of the current status of therapy, but also dares to look into the future with the presentation of current study data.
Keywords:  malignant melanoma, non-resectable, metastasized. targeted therapy, immunotherapy
 

Autor
Prof. Dr. med. Christoffer Gebhardt
Universitäres Hauttumorzentrums Hamburg
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE)
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