Frühes und metastasiertes Mammakarzinom: aktuelle klinische Datenlage bestätigt
Die klinische Datenlage zum frühen und metastasierten Mammakarzinom wurde auf dem San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) im Dezember 2021 im Wesentlichen bestätigt. Nachdem die Ergebnisse zahlreicher klinischer Studien bereits auf der Jahrestagung der Europäischen Krebsgesellschaft ESMO (European Society for Medical Oncology) vorgestellt worden waren, wurden in San Antonio ergänzende Auswertungen präsentiert. Es gab aber auch Daten zu neuen Substanzen, die sich in der klinischen Prüfung befinden sowie eine Phase-III-Studie zum adjuvanten Einsatz von Metformin beim frühen Mammakarzinom.
Schlüsselwörter: Mammakarzinom, früh, metastasiert, CDK4/6-Inhibition, Aromatasehemmung, T-DXd, Dato-DXd, Metformin, HR+/HER2-, Pembrolizumab, Palbociclib, OFS/Tamoxifen, PD-L1 CPS, mTNBC, ADC.
Frühes Mammakarzinom
KN-522: Subauswertungen bestätigen EFS-Vorteil
Die Ergebnisse der Phase III-Studie KEYNOTE(KN)-522 zum ereignisfreien Überleben (EFS) unter zusätzlicher neoadjuvanter und post-neoadjuvanter Gabe von Pembrolizumab waren bereits bei der letzten ESMO-Jahrestagung vorgestellt worden. Sie hatten gezeigt, dass der Einsatz von Pembrolizumab zusätzlich zur neoadjuvanten Chemotherapie plus post-neo-adjuvante Weiterbehandlung mit Pembrolizumab als Monotherapie über 27 Wochen das EFS von Patientinnen mit frühem triple-negativem Mammakarzinom (TNBC) und erhöhtem Risiko signifikant verlängert (HR 0,63; p = 0,00031). Eingeschlossen waren Patientinnen mit einem Primärtumor von mehr als 2 cm (Stadium II/III) mit und ohne Nodalbefall.
Aktuelle präspezifizierte Sensitivitäts- und Subgruppenanalysen [1], die Prof. Peter Schmid, London, UK, beim SABCS vorstellte, untermauern den EFS-Vorteil unabhängig von der Definition des EFS sowie unabhängig vom Nodalbefall und vom Tumorstadium II oder III. Die Hazard Ratio für entsprechende Subgruppen lag jeweils im gleichen Bereich wie für die Intention-to-treat-Population.
Update der RxPonder-Studie
Das Update der RxPonder-Studie bestätigt bei Patientinnen mit HR+/HER2– Mammakarzinom und 1–3 befallenen Lymphknoten sowie einem Recurrence Score (RS) ≤ 25, dass nur die prämenopausalen und nicht die postmenopausalen Patientinnen von einer zusätzlichen Chemotherapie profitierten [2]. Der Chemotherapie-Vorteil betrug nach fünf Jahren beim invasiven krankheitsfreien Überleben (iDFS) absolut + 4,9 % (HR 0,64; p = 0,004) und beim Fernmetastasen-freien Überleben + 2,5 % (HR 0,66; p = 0,033), berichtete Prof. Kevin Kalinsky, Atlanta, Georgia, USA.
Die weiteren Auswertungen fokussierten auf die prämenopausalen Patientinnen. Hier zeigte sich im Rahmen einer Post-hoc-Analyse – bei allerdings kleinen Fallzahlen – auch für prämenopausale Frauen mit nur mikrometastatisch befallenen Lymphknoten (pN1mi) ein Vorteil beim 5-Jahres-iDFS bei zusätzlicher Chemotherapie. Dieser war mit + 7,3 % (HR 0,44) deutlicher ausgeprägt als bei den pN1-Patientinnen mit + 4,8 %.
Unabhängig davon, ob zusätzlich eine Chemotherapie eingesetzt wurde oder nicht, bestätigt eine weitere explorative Auswertung, dass prämenopausale Patientinnen, die in den ersten 24 Monaten amenorrhoisch waren, numerisch ein längeres iDFS hatten. Dies unterstützt laut Kalinsky die Empfehlung, prä-menopausalen Patientinnen bei erhöhtem Risiko zusätzlich eine OFS anzubieten.
Finale Auswertung der PALLAS-Studie: Palbociclib adjuvant ohne Vorteil
Die finalen Ergebnisse der PALLAS-Studie zeigen auch nach einem Follow-up von 31 Monaten, dass die adjuvante Gabe von Palbociclib zusätzlich zur endokrinen Therapie keinen prognostischen Vorteil für Patientinnen mit frühem HR+/HER2- Mammakarzinom bringt. Beim primären Studienendpunkt, dem iDFS, zeigte sich nach vier Jahren kein Unterschied zwischen beiden Studienarmen (4-Jahres-iDFS: 84,2 % vs. 84,5 %; HR 0,96; p=0,65; Abb. 1) [3].

Abb. 1 PALLAS-Studie: Die finale Auswertung bestätigt keinen Vorteil für den adjuvanten Einsatz von Palbociclib. Mod. nach [3].
Auch bei den sekundären Studienendpunkten brachte die zusätzliche adjuvante Palbociclib-Gabe keinen Vorteil.
Damit ist derzeit nur für Abemaciclib eine Wirksamkeit der CDK4/6-Inhibition beim frühen HR+/HER2– Mammakarzinom gezeigt worden, erläuterte Prof. Michael Gnant, Wien, Österreich, der die Daten präsentierte. Die wahrscheinlichste Erklärung sei das unterschiedliche Therapieschema der beiden CDK4/6-Inhibitoren. Keinen Einfluss auf das Therapieergebnis hatten laut Gnant das unterschiedliche Risikoprofil der Studienpatientinnen, die relativ hohe Therapieabbruchrate im Palbociclib-Arm der PALLAS-Studie sowie die Dosisintensität. Auch Patientinnen, die mehr als 70 % der geplanten Dosisintensität erhalten hatten, zeigten keine Verbesserung beim iDFS gegenüber dem Kontrollarm.
OFS/Tamoxifen oder OFS/Aromatasehemmer?
Prämenopausale Patientinnen mit HR+/HER2– Mammakarzinom und erhöhtem Rezidivrisiko profitieren von der zusätzlichen ovariellen Suppression (OFS). Diskutiert wird immer wieder der Kombinationspartner: Auswertungen einer Metaanalyse der EBCTCG (Early Breast Cancer Trialists‘ Collaborative Group) mit den individuellen Patientinnendaten aus vier adjuvanten Studien (ABCSG 12, TEXT, SOFT, HOBOE) weisen darauf hin, dass als endokriner Kombinationspartner für die Mehrzahl der Patientinnen Tamoxifen eine wirksame Therapieoption darstellt [4].
Im Rahmen der Metaanalyse wurden die individuellen Daten von über 7.000 Patientinnen mit frühem HR+/HER2–Mammakarzinom ausgewertet [4]. Die mediane Nachbeobachtungszeit lag zwischen 5,3 Jahren (HOBOE) und 9,1 Jahren (TEXT). Beim Brustkrebs-spezifischen Gesamtüberleben zeigte sich nach zehn Jahren kein klinisch relevanter Unterschied zwischen OFS/Tamoxifen und OFS/Aromatasehemmer (AH) (10-Jahres-Mortalität 7,2 % (Tamoxifen) vs. 6,8 % (AH); p = 0,94).
Die Kombination OFS/AH hatte lediglich in den ersten vier Jahren Vorteile beim rezidivfreien Überleben (RFS; HR 0,60) sowie beim 10-Jahres-RFS von Patientinnen mit bis zu drei befallenen Lymphknoten (+ 4,8 %; p = 0,005). Beim Brustkrebs-spezifischen Überleben zeigte sich nach 5–9 Jahren Nachbeobachtungszeit lediglich ein Trend zugunsten der Behandlung mit OFS/AH (HR 0,80). Dem steht eine erhöhte Inzidenz an Knochenfrakturen nach fünf Jahren unter AH-Therapie gegenüber (5,0 % vs. 3,8 % unter Tamoxifen; p = 0,02).
Die Langzeitauswertung der kombinierten Analyse der TEXT-/SOFT-Studie, die auf einer Nachbeobachtungszeit von mittlerweile zwölf Jahren basiert, bestätigt, dass die zusätzliche OFS das Risiko für Fernmetastasen und das Sterberisiko prämenopausaler Patientinnen mit HR+/HER2– frühem Mammakarzinom gegenüber der alleinigen Tamoxifen-Gabe reduziert, wenn ein erhöhtes klinisches Risiko vorliegt. In der kombinierten Auswertung dieser beiden Studien hatten prämenopausale Patientinnen, die eine Chemotherapie erhalten hatten, laut Prof. Meredith Regan, Boston, MA, USA, unter OFS/Exemestan absolut eine um + 3,3 % „substantiell“ höhere 12-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit. Bei niedrigem klinischen Risiko waren nach 12 Jahren – unabhängig vom Studienarm – noch über 95 % der Patientinnen auch ohne Chemotherapie am Leben [5].
Metformin adjuvant ohne Bedeutung
Phase-III-Studiendaten der CCTG MA.32 ergaben für Patientinnen mit frühem Mammakarzinom keinen Vorteil durch die adjuvante Gabe von Metformin zusätzlich zur adjuvanten Standardtherapie [6]. In der Studie zeigte sich weder beim primären Studienendpunkt, dem iDFS, noch bei den sekundären Endpunkten Vorteile für die adjuvante Metformin-Gabe. Dies bestätigte sich unabhängig vom Hormonrezeptor-Status. Lediglich in einer explorativen Subgruppenauswertung der Frauen mit HER2-positivem Mammakarzinom gab es Hinweise auf einen klinischen Vorteil. Dies müsste aber noch prospektiv validiert werden, so Prof. Pamela Goodwin, Toronto, Kanada.
Eingeschlossen in die Studie waren Patientinnen mit einem invasiven frühen Mammakarzinom (T1c–3 N0–3 M0). Bei T1c-Patientinnen mussten zusätzliche Risikofaktoren vorliegen, zum Beispiel ein hohes Grading, ein hoher Ki67-Wert, ein HR-negatives oder ein HER2-positives Mammakarzinom. Keine der Patientinnen war Diabetikerin. Die randomisierten Patientinnen erhielten eine Standard-Therapie plus/minus Metformin.
Beim iDFS liefen die Kurven der HR+ und der HR- Patientinnen, die separat ausgewertet wurden, jeweils parallel mit einer Hazard Ratio (HR) von jeweils 1,01 (p = 0,93 (HR+) bzw. p = 0,92 (HR–)). In beiden Subgruppen befanden sich auch Patientinnen mit positivem HER2-Status. Ebenfalls kein signifikanter Unterschied zeigte sich hier beim Gesamtüberleben (HR+: HR 1,10; p = 0,47) bzw. HR–: HR 0,89; p = 0,46; Abb. 2 a/b).

Abb. 2 a/b CCTG-MA.32-Studie: Kein Überlebensvorteil für den adjuvanten Einsatz von Metformin beim frühen ER/PR-positiven sowie ER/PR-negativen Mammakarzinom – jeweils unabhängig vom HER2-Status. Mod. nach [6].
Die explorative Auswertung der Subgruppe der HER2-positiven Patientinnen ergab unabhängig vom HR-Status signifikante Vorteile für die zusätzliche Metformin-Gabe beim iDFS (HR 0,64; p = 0,03) und beim OS (HR 0,53; p = 0,04).
Derzeit bestehe keine Indikation für den adjuvanten Einsatz von Metformin beim frühen Mammakarzinom, resümierte Goodwin. Sie wies zudem darauf hin, dass sich die Studiendaten nicht extrapolieren lassen auf den Einsatz von Metformin bei Brustkrebspatientinnen mit Diabetes mellitus. Diese könnten weiterhin Metformin zur Diabetes-Behandlung erhalten.
Metastasiertes Mammakarzinom
KN-355: PD-L1 CPS-Cut-off für Pembrolizumab-Indikation bestätigt
In der metastasierten Situation beim triple-negativen Mammakarzinom (TNBC) bestätigen Subgruppenanalysen der KN-355-Studie den Erstlinien-Einsatz von Pembrolizumab plus Chemotherapie ab einem PD-L1-CPS (Combined Positive Score) ≥ 10 als validen Cut-off-Wert für eine potentielle Wirksamkeit und damit für den Einsatz von Pembrolizumab bei diesen Patientinnen [7]. Im Rahmen der Subauswertungen war differenziert worden nach Patientinnen mit einem PD-L1 CPS < 1, CPS 1–9, CPS 10–19 und CPS ≥ 20. Während die Kurven zum Gesamtüberleben (OS) bei den Patientinnen mit PD-L1 CPS < 1 bzw. CPS 1–9 fast parallel verliefen, zeigte sich bei einem PD-L1 CPS 10–19 (HR 0,71) und CPS ≥ 20 (HR 0,72) jeweils eine relative Reduktion des Sterberisikos um fast 30 % im Pembrolizumab-Arm bei einem medianen OS von 20,3 Monaten (vs. 17,6 Monate) bzw. 24,0 Monaten (vs. 15,6 Monate).
T-DXd wirkt auch bei stabilen Hirnmetastasen
Die beim SABCS präsentierte Subgruppenauswertung der DESTINYBreast03-Studie bestätigte die hohe Wirksamkeit von Trastuzumab-Deruxtecan (T-DXd) beim HER2-positiven fortgeschrittenen Mammakarzinom (ABC) auch für Patientinnen mit stabilen Hirnmetastasen und stärkte damit den Stellenwert von T-DXd als neuen Zweitlinien-Standard beim HER2-positiven ABC, betonte Prof. Sara A. Hurvitz, Los Angeles, CA, USA [8]. Im direkten Vergleich mit Trastuzumab Emtansin (T-DM1) blieben die mit T-DXd behandelten Patientinnen mit stabilen Hirnmetastasen bei Studieneinschluss 15,0 Monate progressionsfrei gegenüber drei Monaten im T-DM1-Arm. Dies entspricht einer relativen Risikoreduktion um 75 % (HR 0,25). Die intrakranielle Ansprechrate lag fast doppelt so hoch wie im T-DM1-Arm (63,9 % vs. 33,4 %).
Neue Optionen nach CDK4/6-Inhibition?
Mit Elacestrant befindet sich der erste orale selektive Östrogenrezeptor-Degradierer (SERD) in der klinischen Prüfung bei Patientinnen mit HR+/HER2– ABC, die mit einem CDK4/6-Inhibitor vorbehandelt sind. In der Phase-III-Studie EMERALD [9] reduzierte die Monotherapie mit Elacestrant gegenübereiner endokrinen Standard-Monotherapie – mehrheitlich Fulvestrant – das mediane PFS um etwa 30 % (Intention-to-treat-Auswertung). Allerdings betrug die mediane PFS-Verlängerung absolut weniger als einen Monat (2,79 vs. 1,91 Monate; HR 0,697).
Die Subgruppenauswertung der Studie zeigte, dass Patientinnen mit ESR1-Mutationsnachweis etwas deutlicher profitierten (medianes PFS: 3,78 vs. 1,87 Monate; HR 0,546). Reife Daten zum Gesamtüberleben liegen noch nicht vor. Auffällig war, dass auch unter Elacestrant etwa 40 % der Patientinnen primär pro-gredient waren. Die Daten deuten darauf hin, dass nach Versagen einer endokrinen Therapie mit einem CDK4/6-Inhibitor die Weiterbehandlung mit einer endokrinen Monotherapie nicht ausreicht, sondern Kombinationstherapien notwendig sind, resümierte Prof. Aditya Bardia, Boston, MA, USA, der die Ergebnisse präsentierte.
mTNBC: neues ADC in der klinischen Prüfung
Beim metastasierten TNBC (mTNBC) befindet sich mit Datopotamab Deruxtecan (Dato-DXd) ein weiteres Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC) in der klinischen Phase-I-Prüfung. Es bindet an das transmembrane Glykoprotein TROP2 (Trophoblast cell surface antigen 2) [10]. Trotz intensiver Vorbehandlung mit Taxanen und Platin inklusive Immuntherapie und auch bereits einer ADC-Vorbehandlung bei etwa 30 % der Patientinnen sprach in der TROPION-PanTumor01-Studie jede dritte Patientin mit progredientem bzw. refraktärem metastasiertem TNBC auf Dato-DXd mit einer objektiven Remission an (ORR 34 %). Das Tumoransprechen war durch ein verblindetes, unabhängiges zentrales Review-Komitee bestätigt worden.
Zusätzlich erreichten 39 % der Patientinnen eine Stabilisierung ihrer Erkrankung. Bei Patientinnen, die noch nicht mit einem ADC vorbehandelt waren, lag die objektive Ansprech-rate über 50 % (ORR 52 %). Die mediane Ansprechdauer war zum Auswertungszeitpunkt nach gut sieben Monaten noch nicht erreicht. Die Verträglichkeit bezeichnete Prof. Ian Krop, Boston, MA, USA, der die Ergebnisse vorstellte, als gut.
Die häufigsten Nebenwirkungen unter der Behandlung waren Übelkeit und Stomatitis, die mehrheitlich Grade 1–2 erreichten. Geplant ist, die Daten in einer Phase-III-Studie weiter zu validieren.