Die therapeutischen Optionen zur Behandlung des MM haben sich in den vergangenen Jahren erheblich erweitert. Während beim MM mit Standardrisiko (SR) zunehmend langfristige Remissionen erreicht werden können, sind jedoch die Verläufe beim HRMM oft von frühen Progressionen und Therapieresistenzen geprägt. So wird bei Patienten mit HRMM von einem medianen Gesamtüberleben (OS) von 36 bis 60 Monaten und bei jenen mit einem Ultra-HRMM (uHRMM) von 24 bis 36 Monaten ausgegangen [1].
Eine erfolgreiche Therapie erfordert daher eine präzise Risikostratifizierung und ein intensives, zielgerichtetes Behandlungskonzept, das bereits in der Erstlinientherapie beginnt. Der vorliegende Beitrag soll einen Überblick über die Definition des Hochrisiko-Myeloms, Therapiestrategien sowie zukünftige Entwicklungen in dieser Subgruppe bieten.
Aktuelle Definition und Risikostratifizierung
Mit der Einführung neuer therapeutischer Konzepte und Behandlungsstrategien hat sich gezeigt, dass einige Subgruppen von MM-Patienten weniger von diesen profitieren als andere [2–4]. So hat sich beispielsweise in den Subgruppenanalysen der zulassungsrelevanten Phase-III-Studien PERSEUS und GMMG-HD7 ergeben, dass die Hinzunahme eines CD38-Antikörpers (Daratumumab [Dara] in PERSEUS, Isatuximab in GMMG-HD7) zu Bortezomib, Lenalidomid und Dexamethason (VRd) für Erkrankte mit HRMM in geringerem Ausmaß von Vorteil ist als für jene mit SRMM [2, 5, 6].
Gleichzeitig sind in den vergangenen Jahren – parallel zur Weiterentwicklung der Therapielandschaft – neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu biologischen Faktoren der Hochrisikoerkrankung gewonnen worden. Die kontinuierliche Überarbeitung und Weiterentwicklung von Systemen zur Risikostratifizierung sind daher von großer Bedeutung. Im Juni 2025 wurde von der IMWG und der IMS die überarbeitete Klassifikation und Definition des HRMM veröffentlicht. Diese neue Definition des HRMM basiert auf zytogenetischen und molekularen Risikomarkern, wobei auch die biologische Tumorlast ein wesentlicher Faktor bleibt [7].
Zur Diagnose eines HRMM muss gemäß der neuen IMWG/IMS-Definition mindestens eines der folgenden Kriterien vorliegen (Tab. 1):
eine Deletion des kurzen Arms von Chromosom 17 (del17p) mit einer klonalen Tumorzellfraktion („cancer clonal fraction“; CCF) von mindestens 20 % (in CD138-positiven Zellen);
eine TP53-Mutation (mit jeglicher Varianten-Allelfrequenz, untersucht mittels Next Generation Sequencing [NGS]);
(mindestens) eine der Translokationen t(4;14), t(14;16) oder t(14;20) in Verbindung mit einem Zugewinn oder einer Amplifikation von 1q (gain/amp1q) und/oder einer Deletion 1p (del[1p32]);
eine biallelische Deletion des kurzen Arms von Chromosom 1 (del[1p32]);
ein Zugewinn von 1q (gain/amp1q) UND eine Deletion 1p (del[1p32]);
erhöhtes β2-Mikroglobulin (≥ 5,5 mg/L) mit normwertigem Serumkreatinin (< 1,2 mg/dL).