ASCO Genitourinary Cancers Symposium (ASCO-GU) 2025

Nierenzellkarzinome: Wegkommen von einer Therapie für alle

Trotz der Therapiefortschritte der vergangenen Jahre sterben selbst beim lokalisierten Nierenzellkarzinom (RCC) immer noch 15 % der Betroffenen innerhalb von fünf Jahren. Ein Grund: RCCs sind heterogen. Es werden dringend Prädiktoren und Biomarker für die Risikostratifizierung und die Wahl der individuell wirksamsten Therapie benötigt – dies war auch der Tenor beim ASCO Genito­urinary Cancers Symposium (­ASCO-GU) 2025.

Schlüsselwörter: Nierenzellkarzinome, Biomarker, Prädiktoren, Risikostratifizierung, KIM-1, M2-like Makrophagen

„Obwohl es schon viele Bemühungen in dieser Richtung gab, hat sich bislang noch kein prognostischer oder prädiktiver Biomarker in der klinischen Routine durchgesetzt“, beklagte Prof. ­Simpa S. Salami, Ann Arbor, MI/USA, anlässlich des ­ASCO-GU 2025 [1]. Die Risikostratifizierung erfolge aktuell nach klinischen und pathologischen Befunden, doch die verwendeten Nomogramme seien schwierig zu lesen, bildeten die Heterogenität der Tumoren ungenügend ab und würden nicht bei der Vorhersage des Ansprechens auf eine Therapie helfen.

Die ungenügende Vorhersage von Risiko und Therapie­ansprechen erklärt seines Erachtens auch, warum manche Immuntherapiestudien zur adjuvanten systemischen Therapie des operablen RCC positiv und andere negativ ausgefallen sind. Selbst in der Studie KEYNOTE-564, in der die adjuvante Therapie mit Pembrolizumab gegenüber Placebo einen Vorteil im krankheitsfreien Überleben für Patienten mit RCC gezeigt hatte, war ein Drittel der Behandelten nach 48 Monaten trotz dieser Therapie rezidiviert oder verstorben [2]. Zudem beendeten 21 % der Teilnehmenden im Pembrolizumab-Arm die Behandlung wegen Toxizität.

Bisher untersuchte Biomarker wie Treibermutationen, die Expression von „programmed death 1“ (PD-1) oder „programmed death ligand 1“ (PD-L1) sowie die Tumormutationslast zeigten keine oder höchstens eine geringe Verbesserung der Risikostratifikation, erläuterte Salami. Multigensignaturen seien teilweise mit dem onkologischen Behandlungserfolg assoziiert.

Probleme mache die Heterogenität im Tumor – Biopsien aus unterschiedlichen Tumorregionen könnten unterschiedliche Ergebnisse hinsichtlich der Treibermutationen und Gensignaturen zur Folge haben. Ansätze mit einer Liquid Biopsy könnten das umgehen, erklärte er weiter. Studien mit Biomarkern im Blut zur Früherkennung von Rezidiven, zum Monitoring eines Progresses, zur Abschätzung des Therapieansprechens und zur Entscheidung für eine neoadjuvante oder eine adjuvante Therapie werden nach Salamis Meinung dringend benötigt.

Biomarkerkandidat KIM-1 im ­zirkulierenden Blut

Ein aktuell für die Liquid Biopsy untersuchter Kandidat ist ­KIM-1 („kidney injury molecule-1“). Dieser Marker ist sowohl beim klarzelligen als auch beim papillären und beim chromophoben RCC überexprimiert. Dr. Wenxin Xu, Boston, MA/USA, analysierte post hoc die prognostische und prädiktive Bedeutung des im Blut zirkulierenden KIM-1 in der Studie ­CheckMate 214 [3]. Darin hatten 1.096 Personen mit einem fortgeschrittenen RCC randomisiert entweder vier Zyklen mit Nivolumab plus Ipilimumab und nachfolgend mit Nivolumab allein (Nivo/Ipi) oder mit Sunitinib erhalten. Die Studie hatte einen signifikanten Überlebensvorteil mit Nivo/Ipi demonstriert und diese Therapie als Standard bei intermediärem/hohem Risiko eines fortgeschrittenen RCC etabliert [4].

Wer auf die kombinierte Immuntherapie anspricht, ließ sich bislang nicht vorhersagen. Es zeigte sich in der von Xu vorgestellten Analyse, dass ein früher Abfall von KIM-1 im Serum innerhalb von drei Wochen nach Beginn der Therapie mit Nivo/Ipi mit guten klinischen Ergebnissen hinsichtlich des Ansprechens, des progressionsfreien Überlebens (PFS) und des Gesamtüberlebens (OS) assoziiert war (Tab. 1).

Tab. 1 KIM-1(„kidney injury molecule-1“)-Anfall im Serum in den ersten drei Wochen der Therapie mit Nivolumab plus Ipilimumab hilft beim Abschätzen der Wirksamkeit der Therapie (nach [3]).

3-Wochen-Veränderung von KIM-1 im Serum

ORR in %

mPFS in Monaten

mOS in Monaten

Abfall < 30 %

69,3

70,8

85,4

Abfall > 10–30 %

36,8

11,4

66,1

Abfall < 10 %

30,2

15,4

52,7

Anstieg > 10–30 %

23,2

7,1

40,3

Anstieg > 30 %

13,9

4,2

26,6

ORR = objektive Ansprechrate; mPFS = medianes progressionsfreies Überleben; mOS = ­medianes Gesamtüberleben
 

Ein besonders guter Behandlungserfolg wurde bei den 31 % der Behandelten beobachtet, die einen KIM-1-Abfall im Serum von mehr als 30 % in drei Wochen aufgewiesen haben. Für den Erfolg der Sunitinib-Therapie war der frühe Abfall von KIM-1 dagegen nicht prädiktiv.

Das zirkulierende KIM-1 sollte prospektiv als früher Biomarker für das Ansprechen auf eine Immuntherapie evaluiert werden, schlug Xu vor. Zudem scheine ein hoher KIM-1-Serumspiegel vor Therapiebeginn mit einer schlechteren Prognose sowohl bei der Therapie mit Nivo/Ipi als auch mit Sunitinib assoziiert zu sein, ergänzte er.

M2-like Makrophagen mit ungünstiger Prognose assoziiert

Auch aus Negativstudien lässt sich etwas für die Biomarkerforschung beim RCC lernen. Prof. Laurence Albiges, Paris, Frankreich, stellte die finalen Ergebnisse der Studie ­COSMIC-313 nach einer medianen Beobachtungszeit von 45 Monaten vor [5]. Die Erstlinientherapie mit Cabozantinib plus Nivo/Ipi führte bei Patienten mit einem fortgeschrittenen RCC und einem hohen Risiko zu einem signifikanten Vorteil im PFS im Vergleich zu Placebo plus Nivo/Ipi. Es wurde aber kein Vorteil im OS erzielt, dem zweiten primären Endpunkt der Studie. Subgruppenanalysen ergaben keinen Hinweis auf eine Gruppe von Betroffenen, die von dem Triplett hinsichtlich des OS profitieren könnte.

In einer explorativen Biomarkeranalyse wurden mithilfe der RNA-Sequenzierung molekulare Cluster und Immunzell­modulatoren analysiert, die einen Einfluss auf das PFS und das OS haben könnten. Dabei stellte sich die M2M-Zahl als Prädiktor für das OS heraus.

Hinter M2M verbergen sich M2-like Makrophagen, von denen bekannt ist, dass sie das Immunansprechen unterdrücken und so zu Tumorwachstum, Invasion und Metas­tasierung beitragen. Sie sind bei verschiedenen Tumoren mit einer schlechten Prognose assoziiert. Betroffene mit einem ungünstigen Risiko nach dem International IMDC(Metastatic Renal-Cell Carcinoma Database Consortium)-Score wiesen in der COSMIC-313-Studie ebenso wie Patienten mit einer pro­gnostisch ungünstigen viszeralen Metastasierung erhöhte M2M-Zahlen auf.

Cabozantinib zusätzlich zu Nivo/Ipi scheine die M2M-mediierte Immunsuppression auszuhebeln, erläuterte Labiges. Die präklinische Untersuchung und die klinische Validierung dieses potenziellen prädiktiven Biomarkers für die Kombination von Cabozantinib mit Immuntherapie laufen bereits.

1. Salami SS et al. Biomarkers in renal cell carcinoma: dead end or turning point? Vortrag am 15.02.2025, 2025 ASCO Genitourinary Cancers Symposium, San Francisco, CA/USA.
2. Choueiri TK et al. N Engl J Med. 2021;385(8):683-94.
3. Xu W et al. J Clin Oncol. 2025;43(suppl 5):Abstr 437.
4. Tannir NM et al. Ann Oncol. 2024;35(11):1026-38.
5. Albiges L et al. J Clin Oncol. 2025;43(suppl 5):Abstr 438.

Bericht vom ASCO Genitourinary Cancers Symposium 2025 vom 13. bis 15.02.2025 in San Francisco, CA/USA.