19F-MR-Imaging inflammatorischer Prozesse im kardiovaskulären System

Wir geben hier eine Übersicht über die Verwendung von 19F-MRI (MRI = Magnetic Resonance Imaging) zum in vivo Tracking inflammatorischer Prozesse im kardiovaskulären System. Emulgierte Perfluorcarbone (PFCs) werden bevorzugt von zirkulierenden Monozyten phagozytiert, wodurch sich diese leicht mittels 19F-MRI detektieren lassen. Aufgrund des Fehlens jeglichen 19F-Hintergrundes im Körper sind die beobachteten Signale extrem robust und weisen eine exzellente Spezifität auf. Infolge der progressiven Infiltration PFC-beladener Immunzellen in die betroffenen Areale erlaubt die simultane Akquisition anatomisch korrespondierender 1H- und 19F-MRI die eindeutige Lokalisation von Entzündungsherden als „Hot Spots“. Das Erkennen der Entzündung mittels 19F-MRI – zu einem Zeitpunkt, wenn die inflammatorische Kaskade just initiiert ist – öffnet die Möglichkeit zu einer frühzeitigen Diagnose und rechtzeitigen therapeutischen Intervention. 
Schlüsselwörter:
Magnetresonanzbildgebung, Perfluorcarbone, Entzündungen, Herz-Kreislauf-System

 

Einleitung und Hintergrund

Eine Vielzahl von kardiovaskulären Erkrankungen wie Atherosklerose, Herz- und Hirninfarkt sowie Entwicklung und Progression von Aortenerkrankungen (wie Klappenstenosen und Aneurysmen) sind mit entzündlichen Prozessen verbunden. Obgleich das medizinische Problem enorm ist, sind zurzeit die Dia­gnosemöglichkeiten limitiert und damit die Therapie oft auf die Eindämmung der Symptome beschränkt. Nichtinvasive bildgebende Verfahren wie Ultraschall, PET (Positron Emission Tomography), CT (Computer Tomography) und MRI (Magnetic Resonance Imaging) liefern zwar detaillierte anatomische Informationen und sind dadurch wertvolle Hilfsmittel zur Beurteilung von Organfunktio­nen; allerdings ist es bis jetzt mit keinem der genannten Verfahren möglich, entzündliche Vorgänge mit hoher räumlicher Auflösung eindeutig nachzuweisen, da speziell in der initialen Phase der Erkrankung das betroffene Gewebe keine spezifischen physikalischen Eigenschaften aufweist, die zur Kontrasterzeugung zwischen gesunden und entzündeten Arealen genutzt werden können.
Indirekte Ansätze zur Identifikation von Entzündungsherden beruhen auf dem Nachweis verstärkter metabolischer Aktivität mittels FDG-PET (FDG = Fluor­deoxyglucose), Ödembildung durch T2-gewichtete MRI oder CT-Dichtemessungen des perikoronaren Fetts. Alle Methoden weisen jedoch Mängel in der Spezifität auf, da die beobachteten Veränderungen nicht selektiv für Entzündungszellen sind und die Schwellenwerte zur Abgrenzung von gesundem Gewebe schwer zu definieren sind. Bei mäßiger räumlicher und zeitlicher Auflösung und fehlender zeitgleicher Gewebecharakterisierung tritt zudem bei ersterem auch eine deutliche Strahlenbelastung bei seriellen Untersuchungen auf.
Eine spezifischere Herangehensweise, inflammatorische Regionen vom umgebenden Gewebe abzugrenzen, stellt die Markierung immunkompetenter Zellen mit Kontrastmitteln dar. Zur nichtinvasiven Darstellung infiltrierender Zellen mittels MRI wurden zunächst superpara­magnetische Eisenoxid-Nanopartikel (SPIOs) verwendet, wobei die hohe Affinität dieser Teilchen zum Monozyten/Makrophagen-System genutzt wird [1, 2]. Allerdings werden diese Partikel nicht direkt detektiert, sondern ihre lokale Deposition führt zu regionalen Magnetfeldinhomogenitäten und dadurch zu einer Auslöschung des MR-Signals. Deshalb sind die so gewonnenen MR-Bilder oft schwierig zu interpretieren, da nicht immer klar ist, ob dunkle Areale durch die Ablagerung dieser Nanopartikel hervorgerufen werden oder eher unspezifische Ursachen haben.

Messprinzip 19F-MRI

Als Alternative zur Beladung immunkompetenter Zellen mit SPIOs bietet sich die Verwendung fluorhaltiger Sub­stanzen und deren Nachweis mittels Fluor-MRI an. Das natürlich vorkommende, stabile Fluorisotop 19F (100 %) ist MR-aktiv und weist eine ähnliche Empfindlichkeit wie der normalerweise für die anatomische Bildgebung genutzte 1H-Kern auf [3]. Durch das nahezu vollständige Fehlen eines natürlichen 19F-Hintergrundes im Körper sind die detektierten Signale von injizierten 19F-beinhaltenden Substanzen hochspezifisch und bieten zudem ein sehr gutes Signal-to-Noise Ratio (SNR), wie es sonst nur mit Antikörpern oder radioaktiven Tracern gekoppelter Bildgebung möglich ist. Die Überlagerung der aufgenommenen 19F-MR-Bilder mit morphologisch korrespondierenden 1H-MR-Bildern ermöglicht eine exakte anatomische Lokalisation des detektierten 19F innerhalb des Körpers als „Hot Spot“ [4].
Als Kontrastmittel eignen sich hierfür Nanopartikel, die Perfluorcarbone (PFCs) enthalten – eine Substanzfamilie, die bekanntermaßen biochemisch inert ist (zum Beispiel Teflon beziehungsweise Goretex). Einige Mitglieder dieser Sub­stanzklasse, wie Perfluordecalin, Perfluor­tripropylamin, Perfluordichlor­octan und Perfluoroctylbromid, wurden bereits klinisch als künstliche Blutersatzstoffe eingesetzt [5]. Für MR-Untersuchungen wird jedoch bevorzugt Perfluor-15-krone-5-ether (Abb. 1) eingesetzt, in dem alle 20 Fluorkerne chemisch sowie magnetisch äquivalent sind, und der dadurch hervorragende Eigenschaften für die Detektion mittels 19F-MRI aufweist. 

Nach intravenöser Gabe der emulgierten PFCs erfolgt eine effiziente und selektive Aufnahme des Kontrastmittels durch zirkulierende und in geringen Teilen auch residente Zellen des Monozyten/Makrophagen-Systems (Abb. 1) [6]. Die Infiltration der 19F-beladenen, immunkompetenten Zellen in entzündetes Gewebe ermöglicht dann eine eindeutige Identifikation der betroffenen Areale mittels kombinierter 1H/19F-MRI in vivo.

Entzündung nach kardialer Ischämie

Die erste umfassende Validierung dieses Ansatzes erfolgte in einem murinen Herzinfarktmodell [6]. Hierzu wurde die LAD (Left Anterior Descending Coronary Artery) ligiert – eine Prozedur, von der bekannt ist, dass sie eine akute und massive Entzündungsantwort nach sich zieht. Um eine effiziente 19F-Beladung der zirkulierenden Immunzellen und anschließende Infiltration in den Entzündungsherd zu gewährleisten, erfolgte die Applikation der PFC-Emulsion bereits 24 Stunden vor kombinierter 1H/19F-MRI. Die vom Infarkt betroffene Region lässt sich anhand seiner eingeschränkten Kontraktilität mittels 1H-Cine-Aufnahmen identifizieren, und die anschließende Akquisition anatomisch gematchter 19F-Bilder ermöglicht dann ein Tracking der injizierten PFCs. Ein typisches Beispiel konsekutiv aufgenommener 1H- und 19F-MR-Bilder vier Tage nach Ligation der LAD ist in Abb. 2 dargestellt. 

Im enddiastolischen 1H-MR-Bild (links) ist deutlich eine ventrikuläre Dilatation sowie eine Verdünnung der Wand im infarzierten Areal zu erkennen, während sich im korrespondierenden 19F-MR-Bild (Mitte) ein Signalmuster in Form der freien linksventrikulären Wand abzeichnet. Die Überlagerung dieser Bilder (rechts) bestätigt die Lokalisation der PFCs innerhalb der Vorder-, Seiten- und Hinterwand des Herzens. Außerdem zeigt sich ein deutliches 19F-Signal im benachbarten Brustgewebe, wo der Thorax für den experimentellen Eingriff eröffnet wurde. Darüber hinaus ist keinerlei Hintergrundsignal aus anderem Gewebe sichtbar. An dieser Stelle ist es wichtig anzumerken, dass mit der für die 19F-MRI verwendeten Turbospin­echo-Sequenz keine Signale von fließenden Blutpartikeln erfasst werden. Daher können die detektierten 19F-Signale eindeutig im Gewebe deponierten Nano­partikeln zugeordnet und Kontaminatio­nen durch Signale von zirkulierenden PFCs ausgeschlossen werden. Ebenso wurden in zahlreichen Kontrollversuchen an gesunden Herzen in keinem Fall 19F-Signale im Myokard gefunden. Anschließende immunhistochemische Untersuchungen bestätigten die Infiltration von PFC-beladenen Monozyten/Makrophagen in die entzündeten Regionen. Die Empfindlichkeit der Methode wurde sowohl an in vivo als auch in vitro gewonnenen Proben bestimmt. Die quantitative Analyse der Blutkomponenten nach PFC-Injektion, Blutentnahme, Dichtegradientenzentrifugation und 19F-MRI ergab, dass weniger als 1.000 Zellen pro MR-Voxel (hier 0,2 µl) detektiert werden können [6]. Der hier exemplarisch beschriebene Ansatz wurde in der Zwischenzeit von einer Vielzahl unabhängiger Arbeitsgruppen bestätigt und zur nicht-invasiven Quantifizierung der Immunzellinfiltration in verschiedenen Krankheitsmodellen eingesetzt [7, 8].

Inflammation in der Aortenwand

Aktuelle Untersuchungen untermauern, dass diese Methode auch genutzt werden kann, um entzündliche Prozesse bei Gefäßerkrankungen zu visualisieren. Dies ist in Abb. 3 anhand eines Angiotensin-II-induzierten Modells zu abdominalen aortalen Aneurysmen (AAA) illus­triert. 

In der ersten Spalte ist mittels einer Bright Blood Präparation der Gefäßverlauf einer gesunden Aorta (weiße Pfeile) vom Thorax (TH) entlang der Leber (LB) bis zum Darmbereich (unten) im sagittalen 1H-MR-Bild dargestellt. Im direkten Vergleich sind daneben die typischen Ausbeulungen (gelbe Pfeile) der Aorta im AAA-Modell zu erkennen. Eine Auslöschung des Blutsignals mittels einer Black Blood Präparation erleichtert es dabei, Veränderungen in der Gefäßwand zu detektieren, wie insbesondere im axialen Schnitt durch das Aneurysma ersichtlich (rechts oben). Hier lässt sich deutlich die inhomogene Wandstruktur der Aorta im Aneurysmenbereich registrieren. Parallel dazu akquirierte 19F-Bilder zeigen zugleich eine massive Einwanderung von Immunzellen in die Aortenwand (rechts unten). Mit dieser Technik wird es somit erstmals möglich sein, durch longitudinale Untersuchungen in vivo die Rolle von infiltrierenden Immunzellen bei der AAA-Entwicklung zu definieren und darüber neue Therapiekonzepte zu entwickeln. Die parallele Verwendung ligandenmodifizierter PFCs zur spezifischen Darstellung sich im Frühstadium befindlicher Thromben [9] wird zudem Einblick in die Wechselwirkung thrombroinflammatorischer Prozesse bei der Entstehung und Progression von AAAs geben.
In weiteren Studien konnte inzwischen gezeigt werden, dass dieses Mess­prinzip auf eine Vielzahl anderer kardiovaskulärer Krankheitsmodelle angewendet werden kann [7]. Im letzten Jahr gelang schließlich auch der Nachweis, dass dies ebenso im Großtiermodell unter klinischen Bedingungen möglich ist [10].

Perspektiven und Limitationen

Die vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass die kombinierte 1H/19F-MRI in Verbindung mit der Gabe inerter PFCs als Kontrastmittel ein hervorragendes In­strument zur selektiven und spezifischen Darstellung inflammatorischer Prozesse im kardiovaskulären System verkörpert. Mit den verwendeten Akquisitionsparametern lässt sich in den 19F-MR-Bildern innerhalb einer akzeptablen Messzeit (20 Min.) ein gutes SNR (~20) mit einer Auflösung erreichen, die nahe an das anatomische 1H-MR-Bild herankommt (Voxelgröße ~0,2 µl). Durch das Bereitstellen eines „positiven Kontrasts" kann dieser Ansatz – im Unterschied zu der verwandten Vorgehensweise mit SPIOs – auch in Szenarien eingesetzt werden, in denen eine Signalauslöschung nur schwerlich hilfreich ist. Dies verleiht der 19F-Methode auch in heterogenen Körperarealen ( Thorax, Abdomen) eine deutlich größere Spezifität, da hier die großen Suszeptibilitätssprünge an den Gewebegrenzflächen zu „spontanen" Signalverlusten im Protonenbild führen können, die die Bildinterpretation und -quantifikation erheblich erschweren. Insofern ist mit dem hier vorgestellten Ansatz eine eingehende Charakterisierung inflammatorischer Prozesse über die gesamte Aorta von der Aortenklappe bis in den abdominalen Bereich möglich. Des Weiteren ist denkbar, dass damit auch frühzeitig koronare Entzündungen erkannt und dementsprechend zeitnah präventive Behandlungen der koronaren Herzkrankheit eingeleitet werden können.
Aus den Ergebnissen können die Mechanismen, die zur Kontrasterzeugung im Fluorbild beitragen, eindeutig nachvollzogen werden: Kombinierte Experimente zur Blutanalyse mittels Dichtegradientenzentrifugation, Durchflusszytometrie und 1H/19F-MRI bestätigen, dass intravenös applizierte PFCs vor allem von Zellen des Monozyten/Makrophagen-Systems aufgenommen und danach in die Entzündungsherde transportiert werden [8]. Die Beladung der zirkulierenden Zellen scheint diese in ihren Funktionen nicht zu beeinträchtigen, da die Infiltrationskinetik und das Verteilungsmuster der PFC-markierten Zellen, die mittels 19F-MRI in den verschiedenen Entzündungsmodellen beobachtet wurden, sich in ausgezeichneter Übereinstimmung mit publizierten Daten befinden [11]. Darüber hinaus haben andere Arbeitsgruppen in detaillierten Untersuchungen gezeigt, dass die Aufnahme der PFCs keine Auswirkungen auf Proliferation, Funktion oder Reifung von Makrophagen, Monozyten, T- und B-Zellen sowie dendritischen Zellen hat [12, 13]. Dieser physiologisch inerte Charakter der PFCs ist zum einen auf die Stärke der C-F-Bindung, die von keinem endogenen Enzym gespalten werden kann, und zum anderen auf die dichte und abweisende Elektronenhülle, die die C-F-Ketten überzieht und nur extrem schwache intermolekulare Wechselwirkungen zulässt, zurückzuführen [5].
Da die Bildgebung infiltrierender Immunzellen mittels 1H/19F-MRI nicht nur nichtinvasiv ist, sondern darüber hinaus eine tomographische Darstellung des gesamten Organs und Gefäßsystems erlaubt, könnte dieser Ansatz insbesondere als Alternative zur Entnahme von Biopsien Anwendung im klinischen Bereich finden. Hier erlaubt die Evasionskinetik und -route der PFCs, basierend auf den bisherigen klinischen Studien im Rahmen ihrer Indikation als künstliche Blutersatzstoffe [5], auch die Möglichkeit der seriellen Untersuchung und damit das Monitoring einer antiinflammatorischen Therapie. Von der apparativen Seite her sollte die Implementierung dieser Technik kein größeres Problem darstellen, da die klinischen MR-Geräte lediglich mit zusätzlichen Fluorspulen ausgerüstet werden müssten. Auch die geringere Feldstärke der klinischen Scanner (1, 5 oder 3 T) gegenüber den experimentellen Kleintiergeräten sollte keinen entscheidend limitierenden Faktor darstellen, da die Voxelgröße in der humanen Routinediagnostik mit 2 bis 30 µl – gemessen an den 0,2 bis 0,4 µl im Kleintier – vergleichsweise groß ist und den Verlust im SNR aufgrund der geringeren Magnetfeldstärke zumindest wettmachen sollte. Wie oben erwähnt wurde inzwischen erfreulicherweise die prinzipielle Umsetzbarkeit der Methode unter klinischen Bedingungen dokumentiert [9, 14].
Dies bietet die translationale Perspektive, zukünftig durch Kombination von 19F-MRI und konventioneller, LGE- sowie multiparametrisch-basierter (T1/T2) kardiovaskulärer 1H-MRI in einem Arbeitsgang Herz-, Klappen- und Aortenfunktion, physikomechanische Eigenschaften (Strain), Texturveränderungen mit Narben, Fibrose- und Ödembildung gemeinsam mit frühen/fortgeschrittenen Manifestationen von Entzündungsvorgängen im Myokard und Gefäßsystem darzustellen. Insgesamt eröffnet dies die Option auf patientenspezifische serielle Untersuchungen mit anschließender Präzisionsdiagnostik ohne schädliche Strahlenbelastung.

Autoren
Prof. Dr. Ulrich Flögel
Experimentelle Kardiovaskuläre Bildgebung, Institut für Molekulare Kardiologie
Cardiovascular Research Institute (CARID)
Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie, Herz- und Gefäßzentrum, Universitätsklinikum Düsseldorf
Dr. Sebastian Temme
Experimentelle Kardiovaskuläre Bildgebung, Institut für Molekulare Kardiologie
Universitätsklinikum Düsseldorf
Prof. Dr. Malte Kelm
Cardiovascular Research Institute (CARID)
Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie, Herz- und Gefäßzentrum, Universitätsklinikum Düsseldorf