Die vaskuläre extrazelluläre Matrix als zelluläre Mikroumgebung
Die vaskuläre ECM ist ein außergewöhnlich komplexes Netzwerk aus Multidomänen-Strukturproteinen wie Kollagenen, Laminin, Fibronektin, Fibrillinen, Elastin und Proteoglykanen, welches die spezialisierte Mikroumgebung von vaskulären Zellen darstellt [1]. Die vaskuläre ECM ist eine hochdynamische Suprastruktur, deren Zusammensetzung und Architektur einer strengen Regulation unterliegt, um ihren vielfältigen mechanischen Funktionen wie Elastizität und Zugfestigkeit gerecht zu werden [1]. Zellen des Immunsystems spielen eine entscheidende Rolle beim Aufbau, Abbau sowie Umbau von ECM-Komponenten und regulieren daher wichtige physiologische Prozesse [2]. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass ECM-Moleküle starke Regulatoren der Immunzellfunktion sind und das Immunzellverhalten bei Entzündung regulieren [3]. Dreidimensionale ECM-Superstrukturen wechselwirken mit Immunzellen und modulieren damit wesentliche Immunzellfunktionen, wie z. B. Migration zum entzündeten Gewebe, sowie Proliferation und Differenzierung [3].
Die ECM als Signal-Plattform für Immunzellen
Die ECM dient auch als Plattform für die Regulation von zellulären Signalen. Zusammensetzung und Funktionsweisen der ECM werden durch ein harmonisches Gleichgewicht zwischen ECM-Synthese und Degradation bestimmt. Zytokine und Wachstumsfaktoren sind am Aufbau der ECM beteiligt, wohingegen MMPs (Matrix-Metalloproteinasen) und ADAMs (Disintegrin und Metalloproteinasen) ihren Abbau kontrollieren [2]. Insbesondere stellen Fibrillin-Mikrofibrillen (FMF) mit assoziierten Adaptor-Proteinen (z. B. latente TGF-β-Bindungsproteine (LTBPs), Fibuline, Emiline) wichtige Suprastrukturen für die kontrollierte Sequestrierung und Aktivierung von Wachstumsfaktoren der TGF-β-Superfamilie dar [4]. Beispielsweise initiieren Fibrillin-1-Mutationen fibrotische Prozesse unter Beteiligung von Myofibroblasten und der Aktivierung des Immun- und Gefäßsystems [5]. Dies führt zur vermehrten Ablagerung von strukturell veränderter ECM, welche wiederum den Fibroblastenstoffwechsel, Autophagieprozesse und damit die Sekretion des profibrotischen Mediators TGF-β1 steuert [5]. Auch sind enzymatisch verdaute ECM-Fragmente an der Modulation von Immunzellen beteiligt. Beispielsweise wirken durch Laminin- und Kollagenfragmentierung entstandene Peptide als chemotaktische Signale für die Rekrutierung von weiteren Immunzellen [2]. Laminin-Peptide wirken zugleich auch als DAMPs (danger-associated molecular patterns) und sind als Modulatoren der Genexpression von Zytokinen und MMPs bekannt [3]. Prozessierte Elastinpeptide besitzen chemotaktische Eigenschaften und können somit weitere Zellen des Immunsystems rekrutieren [6]. Weiterhin kann die Interaktion von Immunrezeptoren an Kollagenfasern zur Hemmung der zytotoxischen Funktion von natürlichen Killer- und T-Zellen führen. Auch können Kollagene auf gleiche Weise die Proliferation anderer Immunzellen beeinflussen [3]. Infolge einer Entzündungsreaktion werden lokal stimulierende Faktoren, wie Chemokine und Zytokine, sekretiert, um zirkulierende Leukozyten anzulocken [7]. Zudem sind Immunzellen in der Lage, verschiedene matrizelluläre Proteine (z. B. Osteopontin) zu synthetisieren und die Chemotaxis, Adhäsion und Proliferation eigenständig zu beeinflussen [3].
Transmigration von Leukozyten
Endothelzellen adhärieren an die Basalmembran (BM), welche mittels FMF und Kollagenfasern mit der darunter liegenden subendothelialen internen elastischen Lamelle (IEL) verbunden und strukturell stabilisiert wird [1]. Diese Region wird als Tunica intima bezeichnet. Die BM ist ein dünnes (50–100 nm), engmaschiges Netzwerk, bestehend aus vier Haupt-Proteinkomponenten: Kollagen IV, Laminine, Nidogen und dem Heparan-Sulfat-Proteoglycan Perlecan [1, 3]. Auf molekularer Ebene wird das Netzwerk der BM durch spezifische Interaktionen zwischen Kollagen IV und Nidogen bzw. Perlecan gebildet und mit Integrinen als spezialisierte ECM-Zelloberflächen-Rezeptoren verankert.
Die Infiltration von Leukozyten in das entzündete Gewebe erfordert spezifische Wechselwirkungen zwischen Leukozyten- und Endothelzell-exprimierten Adhäsionsmolekülen (Abb. 1).