Der Fachkräftemangel im Bereich der Medizinischen Technolog:innen (MT) ist regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Besonders gravierend wirkt er sich auf die Versorgung mit Laborleistungen für kleinere Krankenhäuser in dünn besiedelten Gegenden sowie in den Randgebieten Deutschlands aus. Die eigene langjährige Erfahrung als Laborleiter im äußersten Südosten Deutschlands hat gezeigt, dass es immer schwieriger wird, einen 24-Stunden-Betrieb mit ausgebildeten Laborfachkräften (MTL) sieben Tage pro Woche an allen Standorten aufrechtzuerhalten.
Verschiedene ungünstige Faktoren wie etwa der demografische Wandel, die mangelnde Attraktivität strukturschwacher Gegenden als Wohnort oder das ständig abnehmende Angebot an Ausbildungsplätzen wirken hier zusammen. Geschätzt wird ein Zusatzbedarf an MTL bis 2030 von ca. 4.000 Vollzeitkräften. Laut Studie setzt sich diese Zahl aus dem altersbedingten Ersatzbedarf und fallzahlenbedingten Zusatzbedarf zusammen [1].
Unter diesen Umständen wird das Angebot an Fachkräften für die Aufrechterhaltung des Tagdienstes unter der Woche gerade noch ausreichen, aber für den Nacht- und Wochenenddienst sind dann nicht mehr genügend Kapazitäten an allen Standorten vorhanden. Ziel muss es daher auch sein, die Labore sichtbarer zu machen, um im von McKinsey ausgerufenen „War for Talents“ bei den „Millennials“ und der „Generation Z“ zu punkten.
Notfallkonzepte
Im ganzen Land entstehen zunehmend Notfallkonzepte, durch die die Laboranalytik so weit wie möglich zentralisiert und das Vakuum in der Peripherie ohne Fachpersonal gefüllt werden soll. Probentransport mit Drohnen und Vor-Ort-Analytik mit Robotern sind zwei technische Lösungen, die derzeit zwar Schlagzeilen machen, aber vielfach noch im Erprobungsstadium stecken oder an bürokratischen Hürden scheitern. Der Point-of-Care(POC)-Ansatz, den wir am InnKlinikum in Südostbayern seit nunmehr zwanzig Jahren verfolgen, um eine qualitativ hochwertige 24/7-Labordiagnostik zu gewährleisten, ist eher traditionell.
Dies war und ist bis heute aus zwei Gründen nicht einfach: Zum einen müssen Pflegekräfte ausgebildet und motiviert werden, das „MTL-Vakuum“ zu füllen, und zum anderen sind die von den IVD-Herstellern angebotenen Point-of-Care-Testing(POCT)-Lösungen nicht dafür konzipiert, die Vollversorgung eines Krankenhauses mit dem gesamten Spektrum benötigter Tests vom Hämoglobin und Kalium bis zum Troponin und TSH zu gewährleisten.
Vorbehaltene Tätigkeiten
In der Nacht oder/und am Wochenende ist das Labor in der Peripherie geschlossen. Wie bei uns übernimmt dann oft die Notaufnahme oder eine andere bettenführende Einheit die Analytik mit POCT-Systemen. Das ist mittlerweile gut darstellbar und mit einem ordentlichen Qualitätsmanagement auch sehr sicher durchzuführen. Problem bei diesen Lösungen ist dann aber besonders oft die Immunhämatologie – also die Bearbeitung der Blutgruppenbestimmungen und der serologischen Verträglichkeitsproben (Kreuzproben) – die den MTL vorbehaltene Tätigkeiten sind. Laut MT-Berufe-Gesetz (MTBG) dürfen diese Untersuchungen nur von einem sehr eingeschränkten Personenkreis durchgeführt werden. Eine richtlinienkonforme Bearbeitung der immunhämatologischen Untersuchungen ist derzeit allein im POCT-Bereich nicht möglich. Denkbar sind jedoch Konzepte in Verbindung mit immunhämatologischen Laboratorien in einer gewissen geografischen Nähe.
Analytisches Spektrum am POC
Die Schwerpunkte der Analytik sind darum die Klinische Chemie, die Hämatologie und die Immunchemie. Das Spektrum umfasst oft ein Blutbild, das C-reaktive Protein (CRP), hochsensitives Troponin (hs-Troponin), D-Dimer und Thyroidea stimulierendes Hormon (TSH) sowie die Blutgase, die Basisgerinnung und nach Möglichkeit die Gamma-Glutamyl-Transferase (GGT), Alkalische Phosphatase (AP) und Lipase. Auch POCT-Geräte für den molekulardiagnostischen Nachweis von Infektionserregern sind in den Einheiten bereits zu finden – seit der Coronavirus-Pandemie vermehrt.
Weiterentwicklungen
Die Technik für das POCT wird leider nur sehr langsam weiterentwickelt. Eine gewisse Evolution erleben wir bei den Blutgasgeräten, die dank eines erweiterten Spektrums einen erheblichen Teil der am POC benötigten Analytik in weniger als einer Minute abarbeiten können. Das Spektrum umfasst unter anderem die Elektrolyte Na, K und Ca, Substrate wie etwa Glukose, Laktat, Harnstoff und Kreatinin sowie Hämoglobin und seine Derivate [2].
Generell kann festgestellt werden, dass derzeit die POCT-Geräte auf sehr heterogenen Plattformen angeboten werden. Das reicht vom einfachen Handgerät („hand-held“) für die Glukosemessung über Geräte, die deutlich mehr Platz beanspruchen. Sie haben Technik an Board, die man auch in Laborgeräten des Zentrallabors findet, bis hin zu hochtechnisierten Einheiten mit Applikationen wie dem Nukleinsäurenachweis mittels PCR.