Das National Institute for Health and Care Excellence (NICE) des Vereinigten Königreichs erarbeitet zurzeit Richtlinien zur Diagnose und Behandlung eines Vitamin-B12-Mangels. Diese enthalten Empfehlungen, wie man einen Vitamin-B12-Mangel erkennen und behandeln kann und auch, wie man die Ursache feststellen und Komplikationen überwachen kann.
In der medizinischen Literatur zum Vitamin-B12-Mangel werden grundsätzlich zwei große Bereiche unterschieden: Der erste und wichtigste Schwerpunkt ist die Diagnose und Behandlung des klinisch manifestierten B12-Mangels. Der zweite Schwerpunkt ist die Vorbeugung eines Vitamin-B12-Mangels bei Menschen, die aufgrund ihres Lebensstils oder ihrer Vorerkrankungen ein hohes Risiko haben, einen solchen zu entwickeln.
Ziel dieses Beitrags ist es, die Komplexität der Diagnose und Behandlung eines klinisch manifesten Vitamin-B12-Mangels zu erörtern. Aufgrund der Variabilität der klinischen Symptome wenden sich Personen mit einem B12-Mangel häufig an Hausärzt:innen oder Fachärzt:innen der Neurologie, Gastroenterologie, Endokrinologie, Psychiatrie oder Hämatologie.
Grundsätzlich sollte sich die Diagnose und Behandlung eines B12-Mangels auf das Vorhandensein klinischer Symptome (primär), positive Hinweise aus der Probanden-Anamnese (sekundär) und ergänzend zu beiden auf die Labortests stützen.
Funktionen und Biomarker
Vitamin B12 (oder Cobalamin) ist ein wasserlösliches B-Vitamin, das vom Körper nicht synthetisiert werden kann. Daher muss es über die Nahrung aufgenommen werden – insbesondere durch den Verzehr von tierischen Lebensmitteln. Vitamin B12 wird in den menschlichen Zellen nur für zwei Reaktionen benötigt: zum Ersten für eine zytosolische Reaktion, bei der Methylcobalamin als Cofaktor für das Enzym Methioninsynthase fungiert, das Homocystein in Methionin umwandelt; zum Zweiten für eine mitochondriale Reaktion, bei der Adenosylcobalamin als Cofaktor für das Enzym Methyl-Malonyl-CoA-Mutase fungiert, das Methylmalonyl-CoA in Succinyl-CoA umwandelt.
Bei einem Mangel an Vitamin B12 sind die Konzentrationen des Vitamins im Plasma in der Regel erniedrigt. Die Plasmakonzentrationen von Homocystein und Methylmalonsäure steigen bei einem Vitamin-B12-Mangel an. Die Plasmakonzentrationen von Homocystein und Methylmalonsäure gelten als metabolische oder funktionelle Marker für einen Vitamin-B12-Mangel. Erhöhte Metabolite zeigen biochemisch gesehen einen fortgeschrittenen Mangel [1, 2].
Für die Labordiagnose eines Vitamin-B12-Mangels stehen vier Marker zur Verfügung (Gesamt-Plasma-B12, Holotranscobalamin, Homocystein und Methylmalonsäure) (Tab. 1).