Dem menschlichen Immunsystem stehen für die Einleitung einer antigenspezifischen Auseinandersetzung mit Antigenen und Krankheitserregern zwei wesentliche Erkennungsmechanismen als Teil der erworbenen Immunität zur Verfügung: die von B-Zellen gebildeten Antikörper (Immunglobuline) und T-Lymphozyten (T-Zellen).
Serologische Methoden zum Nachweis antigenspezifischer Immunglobuline sind in vielen Laboren fest etabliert. Sie geben Aufschluss darüber, ob eine Person zuvor mit einem bestimmten Erreger infiziert wurde und eine Immunantwort aufgebaut hat. Bei vielen Infektionen ist es damit möglich, eine akute, chronische oder überstandene Infektion nachzuweisen und Aussagen über eine vorliegende schützende Immunität zu treffen oder einen Impferfolg zu kontrollieren. Es gibt aber diagnostische Fragestellungen, für die die Serologie nicht ausreicht.
Bei der Immunantwort kommt es vor der Bildung von Immunglobulinen auch zur Aktivierung und Proliferation antigenspezifischer T-Zellen. In Abhängigkeit vom Antigen kann dies sogar der relevantere Teil der Immunantwort sein, oder die beiden Antworten ergänzen sich. Ein Nachweis antigenspezifischer T-Zellen kann wichtige Informationen darüber liefern, ob eine Person aktuell oder in der Vergangenheit mit einem Erreger in Kontakt gekommen ist und ob ihr Immunsystem eine Reaktion aufgebaut hat.
Durchflusszytometrische Analyse
Je nach Erreger und Antigen kann die T-Zell-Antwort von CD4+- oder CD8+-Zellen dominiert werden. Nicht alle Testsysteme sind in der Lage, zwischen beiden zu differenzieren. Der Nachweis von T-Lymphozyten ist technisch anspruchsvoller als die Serologie und hat lange Zeit keinen Eingang in die Routinediagnostik gefunden. Eine einfache Detektion antigenspezifischer T-Zellen analog dem Nachweis von Immunglobulinen ist aufgrund der Besonderheiten der immunologischen Synapse von T-Zellen mit antigenpräsentierenden Zellen nicht möglich. Dafür sind wesentlich aufwendigere Assays notwendig. Wichtigste Voraussetzung dafür sind lebende, frische Zellen. Es können entweder die zellulären Interaktionen in einer Zellkultur gemessen werden oder die Antigenpräsentation über den Haupthistokompatibilitätskomplex (MHC) muss mittels eines MHC-Multimers nachgestellt werden. Der Nachweis antigenspezifischer T-Zellen durch direkten Nachweis der Bindung von MHC-gekoppelten Antigenpeptiden kann aufgrund der MHC-Restriktion der zellulären Immunantwort nur nach einer HLA-Typisierung (HLA = Humanes Leukozytenantigen) stattfinden. Ein solcher Assay erfordert neben spezifischen Stimulantien eine durchflusszytometrische Analyse der Zellen und wird derzeit nicht als In-vitro-Diagnostik(IVD)-Testkit angeboten, ist also meist auf Forschungslabore beschränkt. Eine Analyse antigenspezifischer T-Zellen ist vor allem beim Nachweis Cytomegalievirus(CMV)-spezifischer T-Zellen nach Nierentransplantation wichtig.
Stimulationsassays
Einfacher als der direkte Nachweis im Durchflusszytometer ist die Detektion der antigenspezifischen T-Zellen nach einer Kultur mit dem Antigen bzw. Antigenpeptiden oder die Messung der Interferon(IFN)-γ-Ausschüttung [1–3]. Die Stimulation mit Antigen oder Antigenpeptiden induziert eine Aktivierung der spezifischen T-Zellen. Mit dieser sind intrazelluläre Signaltransduktionskaskaden, metabolische Prozesse in der Zelle, die Induktion der Expression von Oberflächenmolekülen auf der Zelle, die Freisetzung von Zytokinen und schließlich eine Proliferation der Zellen verbunden. Diese Reaktionen können genutzt werden, um antigenspezifische T-Zellen nachzuweisen. Der Nachweis der Proliferation mittels radioaktiv- oder fluoreszenzmarkierter Nukleotide spielt in der Diagnostik heutzutage nur noch eine untergeordnete Rolle, ist aber in der Forschung und für die Etablierung neuer Verfahren sehr wichtig. Auch metabolische Verfahren wie der MTT-Test (MTT = 3-(4,5-Dimethylthiazol-2-yl)-2,5-diphenyltetrazoliumbromid-Reduktion) werden im diagnostischen Labor kaum noch eingesetzt. Eine Übersicht der wichtigsten Variablen für den Nachweis antigenspezifischer T-Zellen findet sich in Abb. 1.