Automationssysteme für die Hämostaseologie: Kontinuierliche Verbesserung

Auf den folgenden Seiten stellen vier Hersteller elf verschiedene Hämostaseo­logie-Plattformen für unterschiedliche Probendurchsätze und Laborgrößen vor. Eine Plattform vereint verschiedene Technologien für ihre Nachweisverfahren unter einem Dach. Das galt bereits bei unserem letzten Vergleich im Jahre 2017 für alle vorgestellten Geräte und wird sich weiter fortsetzen. Die Weiterentwicklungen der einzelnen Firmen können Sie der vorliegenden Produktübersicht – in der Tabelle, diesem Text oder den Produktkästen – entnehmen. In Letzteren haben die Firmen die Gelegenheit, ihr Gesamtkonzept zu präsentieren, auf ihre Aktivitäten hinzuweisen und ihr Engagement für das Thema genauer vorzustellen.

 

Tabellarische Übersicht: Automations­systeme für die Hämostaseologie

 

Basisinformationen

Möchte ein Labor eine neue Hämostaseologie-Plattform anschaffen, so sind eigentlich der Probendurchsatz und das Methodenspektrum entscheidende, primäre Informationen. Seinen aktuellen Probendurchsatz ermittelt das Labor (oder das Krankenhaus) mit entsprechenden Tools selbst. Das Methodenspektrum wird durch die Bedürfnisse der klinischen Abteilungen bestimmt. Wie groß ist die Anzahl pädiatrischer Proben? Welche Fachabteilungen haben besondere Anforderungen an das hämosta­seologische Labor?
Die Realität sieht aber etwas anders aus: Ausschlaggebend für eine Kaufentscheidung ist bei den Vollautomaten, zu denen die hier vorgestellten Gerinnungs-Analyzer zählen, häufig der Preis pro Assay, der sich aus einer Vielzahl von Details ergibt. Hierzu zählen beispielsweise der Aufwand für die Wartung der Geräte, für die Kalibration einzelner Tests und neuer Reagenzienchargen, aber natürlich auch die Abnutzung der Geräte oder der Stromverbrauch.

 

Offene Fragen

Wir versuchen, die Informationen der einzelnen Firmen in den tabellarischen Übersichten so aufzubereiten, dass sie miteinander vergleichbar sind. Häufig verwenden Firmen unterschiedliche intern festgelegte Begriffe, die eigentlich das Gleiche bedeuten. Gelegentlich kann es allerdings vorkommen, dass die Angaben der Firmen einfach nicht miteinander vergleichbar sind, weil z. B. unterschiedliche Arbeitsschritte einbezogen werden und eine präzisere Definition in einer Tabelle nicht möglich ist. In diesem Jahr war dies bei den folgenden zwei Punkten der Fall:
Die „Aufrüstzeit“, also die Zeit, die ein Analyzer benötigt, um nach dem Anschalten betriebsbereit zu sein, kann je nach Definition und Geräteeigenschaften unterschiedliche Vorbereitungsschritte beinhalten. So kann die Messung von Qualitätskontrollen zur Aufrüstzeit zählen oder aber nach der Betriebsbereitschaft parallel mit den Patientenmessungen starten.
Außerdem verfügen einige Geräte über einen Standby-Modus, aus dem ein schneller Start möglich ist. Eine einheitliche Aufrüstzeit existiert in dem Sinne gar nicht mehr. Tätigkeiten zur Aufrüstung der Systeme können in unterschiedlichem Umfang mittlerweile auch unterbrechungsfrei im Laufe des Tages gemacht werden.
Ebenfalls nicht eindeutig zu klären waren die Angaben zum Totvolumen. Dieses spielt beim Großteil der Proben nur eine untergeordnete Rolle, da das Primärröhrchen ja bis zu einer vorgegebenen Markierung gefüllt sein muss, damit es nicht zur Verfälschung der Ergebnisse kommt. Stehen jedoch nur kleine Blutvolumina zur Verfügung, wie das beispielsweise bei Säuglingen der Fall ist, kommt es auf jeden Mikroliter an. In dem Fall ist das Totvolumen, das beim Pipettieren aus Sekundärgefäßen zurückbleibt, eine wichtige Information. Da die Firmen unterschiedliche Pipettierstrategien haben, wie beispielsweise eine Aliquotierung, lassen sich die Angaben zum Totvolumen nicht direkt miteinander vergleichen. Deshalb haben wir auf diese Angabe ebenfalls verzichtet. Interessierte Labore können dieses Thema mit dem jeweiligen Anbieter persönlich besprechen, sofern es für ihr Probengut interessant ist.

 

Weiterentwicklung des Plattform-Gedankens

Wie in der Einleitung schon erwähnt, sind auch die Hämostaseologie-Analyzer Geräte-Plattformen, unter deren Dach unterschiedliche Nachweisverfahren vereint sind. So hat einer der Teilnehmer in seine neueste Gerätegeneration eine weitere Methode verbaut, nämlich die Thrombo­zyten-Aggregometrie nach Born. Derselbe Anbieter hat außerdem seinen Hochdurchsatz-Analyzer für immunchemische Nachweise mit der hochsensitiven Chemilumineszenz-Technologie LOCI ausgestattet, sodass eine vollständige Abarbeitung aller gerinnungsrelevanter Parameter auf einer Geräteplattform näher rückt.

 

Kontinuierliche Weiterentwicklung der Automation

Die Automatisierung hat einen hohen Grad erreicht, der z. B. das Durchstechen der Primärröhrchen (Multimode-Cap-Piercing) für die marktüblichen Röhrchen umfasst. Die Hämostaseologie-Automaten schützen das Laborpersonal vor  dem Kontakt mit potenziell infektiösem Material und entlasten es von zeitintensiven, monotonen Arbeitsschritten. Ein weiteres Beispiel ist das kontinuierliche Be- und Nachladen von Proben, Reagenzien und Küvetten, das die Arbeit des Laborpersonals deutlich erleichtert und Gerätestillstand minimiert.
Ein Hersteller hat bereits vor einigen Jahren begonnen, für seine neue Gerätegeneration die Reagenzienrekonstitution zu automatisieren. Zu diesem Zweck wurden die Reagenzienpackungen so entwickelt, dass sie vom Analyzer automatisch geöffnet werden können. Bis dahin werden sie im Analyzer gelagert (vgl. S. 276). Wird eine neue Reagenzienpackung benötigt, wird sie direkt im gekühlten Reagenzienbereich rechtzeitig automatisch rekonstituiert. Das alles geschieht ohne manuellen Eingriff. Zu diesem Zweck verfügen die Geräte über mehrere Schwenkpositionen, um die Reagenzien zu durchmischen. Neben der Rekonstitution der Reagenzien kann diese Funktion auch zur Durchmischung der in der Hämostaseologie teilweise noch für die Analytik verwendeten sedimentierenden Reagenzien verwendet werden.
Ein weiterer Hersteller hat diese Funktion mittlerweile auch eingeführt; eines seiner Geräte durchmischt die Reagenzien jetzt auch durch Schwenken, allerdings als Funktion des Reagenzloaders.

 

Weitere Funktionen der Prä- und Postanalytik

Eine deutliche Zeitersparnis entsteht durch vorkalibrierte Reagenzienchargen. Die Reagenzien werden zumeist in großen Chargen hergestellt, die natürlich irgendwann erschöpft sind. Neue können geringfügig von den vorherigen abweichen, wodurch es zu einer leichten Drift in der Qualitätskontrolle gemäß RiLiBÄK kommen kann. Um das zu vermeiden, müssen neue Chargen kalibriert werden. Zur Beschleunigung dieses Prozesses liefern die Hersteller mit den Reagenzien jetzt auch die zugehörigen Angaben zur Kalibration.
In zwei weiteren Abfragezeilen haben wir neu die manuellen und die automatisierten Schritte der täglichen und wöchentlichen Wartung abgefragt. Die genauen Zahlen können Sie der Tabelle entnehmen. Eine prädiktive Wartung, wie sie bei Analyzern für die Klinische Chemie und die Immunologie bereits verwendet wird, bietet der unten stehende Hersteller für seine Geräte im Rahmen der Fernwartung, dem externen Gerätezugriff an. Die Gerätemeldungen werden ausgewertet; ist eine Aktion, wie z. B. der Austausch eines Bauteils nötig, kann dieser veranlasst werden, bevor es zum Gerätestillstand kommt. Die neueren Systeme eines weiteren Herstellers sind technologisch in der Lage, die prädiktive Wartung zukünftig umzusetzen. Bei zwei Geräten ist die Fernwartung noch in Vorbereitung.
Ebenfalls neu in der Tabelle für die Hämostaseologie ist eine genauere Beschreibung des Abfallmanagements. Wir fragen nach den Behältern für Fest- und Flüssig­abfall und nach der Füllstandsüberwachung. Sie können der Tabelle entnehmen, für welche Geräte das Abwasser alternativ auch direkt in den Abfluss abgeleitet werden kann und für welche Geräte die Füllstände der Container überwacht werden.

 

Wohin geht die Reise?

In den letzten Jahren hat sich das Verständnis der Hämostaseologie deutlich verändert. Ein neues Modell der Hämosta­se, das stärker die Verortung der Reaktionen an der Oberfläche aktivierter Zellen berücksichtigt [1], ist in der Diskussion. Damit verbunden wurde ein Thrombingerierungs-Assay als eine Methode zur Beurteilung des gesamten Hämostase-Prozesses und ein entsprechender Analyzer wurden entwickelt. Die nächsten Jahrzehnte werden zeigen, wohin die Reise geht.

Dr. Gabriele Egert
Prof. Dr. Rudolf Gruber

Mitglieder der Redaktion

 

Dr. Hans-Jürgen Kolde

Mitglied des Fachbeirats

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