Eine Sepsis ist ein komplexer, lebensbedrohlicher Zustand mit Organschädigung durch virale Komponenten und durch die ausgelöste Immunabwehr. Die Schädigung betrifft Kreislauf, zelluläre Integrität und Stoffwechsel. Ca. 70 % aller Sepsis-Fälle sind bakteriell bedingt und ca. 30 % viral. Zudem können Pilze oder Protozoen eine Sepsis verursachen; dies ist in Deutschland eher selten. Früher wurde der Zustand als SIRS – severe inflammatory response syndrome bezeichnet. Eine virale Sepsis kann jederzeit durch eine zusätzliche bakterielle Infektion aggraviert werden [1, 2].
Grundlagen
Jedes Virus induziert eine temporäre Immunschwäche, die erheblich sein kann wie bei RSV (Respiratory Syncytial Virus) und CMV (Cytomegalievirus), oder mild wie beim Rötelnvirus, EBV (Epstein-Barr-Virus), Rotavirus und weiteren. Eine virale Sepsis entsteht, wenn:
- die primäre Immunantwort zu schwach ist, um das Virus zu eliminieren wie bei Ebolavirus und Bornavirus,
- durch die Zytotoxizität eine Hyperinflammations-Reaktion ausgelöst wird wie bei COVID-19 und toxische Masern,
- die ausgelöste Immunreaktion zu erheblicher Organschädigung führt wie bei der Infektion mit Hantavirus an den Nieren, Hepatitis-B-Virus an der Leber, SFTS-Virus (severe fever thrombocytopenia virus = Dabie-Bandvirus = Huaiyanshan-Virus = SFTS-Phlebovirus, ein Virus der Ordnung Bunyavirales, am Gefäßsystem und Encephalon); SARS-CoV-2, MERS-CoV und Influenzavirus (IFV) an der Lunge,
- die Antikörperantwort zur Zerstörung von Zellen führt wie bei ADCC (antibody dependet cellular cytotoxicity) bei Denguevirus (DENV), und dem ADE (antibody dependent enhancement) beim DENV haemorrhagischen Fieber und DENV-Schocksyndrom [3].
Häufige Erreger einer viralen Sepsis in unseren Breiten sind: HSV (Herpes-simplex-Virus), RSV, AdV (Adenovirus), IFV [1, 3]. Die Prognose einer viralen Sepsis ist sehr schlecht, wenn folgende Symptome vorliegen: Enzephalitis – wie bei EV17, Westnilvirus, Bornavirus, IFV; Pneumonie – wie bei SARS-CoV-2, IFV, RSV, Hantavirus, wobei bei IFV die Co-Infektion mit Streptococcus pneumoniae oder Staphylococcus aureus sehr häufig ist; Hepatitis – wie bei HBV, HCV, CMV und HSV [1, 2].
Pathophysiologie
Ein Virus besteht aus verschiedenen Quasispezies, die sich bei Zelleintritt, Replikation, Zelllyse und toxischer Wirkung auf benachbarte Zellen und Immunzellen pathogenetisch unterschiedlich verhalten. Quasispezies entstehen durch: Mutation, bei DNA-Viren mit einer Häufigkeit von ca. 10-5–6, bei RNA-Viren ca. 10-4 pro Replikationszyklus; durch Insertion/Deletion von Basen; durch Rekombination und Reassortment (IFV, Rotavirus). Auch beim Menschen entstand im Verlauf der Evolution durch Mutation eine unterschiedliche Empfänglichkeit für Viren und deren Immunabwehr, woraus eine unterschiedliche Suszeptibilität und Pathogenität resultiert [1, 3]. Einen Überblick darüber, wie das Ausmaß einer Enzephalitis bei bestimmten Virusinfektionen beeinflusst wird, finden Sie in Tab. 1.