Therapeutisches Drug Monitoring der CFTR-Modulatoren: Optimierte Pharmakotherapie bei Zystischer Fibrose

DOI: https://doi.org/10.47184/td.2022.03.02

Cystic-Fibrosis-Transmembrane-Conductance-Modulatoren sind mittlerweile integraler Bestandteil einer multimodalen Behandlung der Zystischen Fibrose. Therapeutisches Drug Monitoring kann bei der Behandlung von Betroffenen, bei denen Arzneimittelinteraktionen die Therapie erschweren, die eine Modulatoren-Therapie nicht vertragen oder von dieser nicht profitieren, einen Beitrag für eine optimierte Pharmakotherapie leisten.

Schlüsselwörter: Einsekundenkapazität, CFTR-Modulatoren, TDM, Pharmakokinetik/Pharmakodynamik

Krankheitsbild Zystische Fibrose

Die Zystische Fibrose ist eine schwere Multisystemerkrankung mit autosomal rezessivem Erbgang. Die Erkrankung beruht auf Defekten im sogenannten Cystic-Fibrosis-Transmembrane-Conductance-Regulator(CFTR)-Gen auf Chromosom 7. Das kodierte CFTR-Protein stellt einen Anionen-Kanal dar, der die transepitheliale Sekretion von Chlorid und Bikarbonat und somit die Sekretion von Wasser in die Gangsysteme exokriner Drüsen vermittelt. Im Rahmen eines Funktionsverlustes des CFTR-Proteins kommt es zur Produktion von zähflüssigem Sekret und einer gestörten Sekret-Clearance, was letzten Endes zu einer zunehmenden Zerstörung der Organsysteme durch chronisch-inflammatorische Prozesse führt. Klinisch stehen schwere Komplikationen im Bereich der Atemwege und des Gastrointestinaltraktes im Vordergrund. 
 

Die Bedeutung des CFTR-Genotyps

Bislang sind über 2.000 verschiedene Mutationen des CFTR-Genes beschrieben worden, wovon 352 Varianten nachweislich das Krankheitsbild der Zystischen Fibrose auslösen. Die Mutationen werden anhand der Art des Defektes in sechs verschiedenen Mutationsklassen zusammengefasst [1] (siehe Abb. 1). 

Mutationen der Klasse I, II und III sind vor allem verantwortlich für das klassische und schwere Erscheinungsbild der Zystischen Fibrose, wohingegen Mutationen der Klasse IV, V und VI eher zu milden und atypischen Verläufen führen. F580del – eine Dele­tion von Phenylalanin auf Position 508 des Proteins – ist weltweit mit Abstand die häufigste Mutation des CFTR-Gens mit einem Anteil von circa zwei Dritteln aller CFTR-Genmutationen. Die Mutation F508del, den Klasse-II-Mutationen zugeordnet, führt zu einer gestörten Faltung des CFTR-Proteins im endoplasmatischen Retikulum, weshalb der weitere Transport in die apikale Membran gestört und der Kanal einem vermehrten Abbau im Proteasom-System zugeführt wird [2]. 
Auf den ersten Blick zeigen Mutationen der gleichen Klasse ähnliche Eigenschaften, jedoch sprechen sie in unterschiedlichem Ausmaß auf die gleichen Behandlungen an [3, 4]. So zeigen viele CFTR-Gen-Mutatio­nen pleiotrope Defekte, wie sie für die unterschiedlichen Klassen beschrieben sind. Beispielsweise ist bei F508del neben der vordergründig gestörten Protein-Faltung auch die Aktivierbarkeit des CFTR-Kanals beeinträchtigt.

Von der symptomatischen Behandlung zu einer kausalen Therapie

Die Therapie der Zystischen Fibrose ist sehr komplex und beinhaltet eine multidisziplinäre Betreuung in spezialisierten Zentren. Insbesondere der fortschreitende Untergang des Lungengewebes ist entscheidend für die Morbidität und Mortalität, weshalb zur Verlaufskontrolle regelmäßig die prozentuale Einsekundenkapazität des Sollwertes (FEV1%) erhoben wird. Ist die Lunge jedoch bereits zu stark geschädigt, stellt die Lungentransplantation die letzte Therapiemöglichkeit dar.
Mit der Zulassung des CFTR-Modulators Ivacaftor in 2012 wurde das Zeitalter einer zumindest teilweise kausalen Therapie der Zystischen Fibrose eröffnet. Bei den CFTR-Modulatoren handelt es sich um niedermolekulare Arzneistoffe, welche die Expression, Funktionalität und Stabilität von defekten CFTR-Ionenkanälen fördern oder sogar wiederherstellen. Sogenannte Potentiatoren wirken bei Gating-Mutatio­nen, indem sie die Öffnungswahrscheinlichkeit von bereits in die Membran eingebauten Kanälen steigern, wohingegen Korrektoren die Konformation des mutierten CFTR-Proteins stabilisieren und dessen Transport in die apikale Membran fördern.
Bei Gating-Mutationen (z. B. G551D) wird Ivacaftor als Monotherapie eingesetzt. Um eine synergistische Wirkmechanistik zu erreichen und pleiotrope Defekte der F508del-Mutation bestmöglich zu kompensieren, wird der Potentiator Ivacaftor in Kombination mit den drei Korrektoren Lumacaftor, Tezacaftor und Elexcaftor verabreicht. Lumacaftor, ein Potentiator der ersten Generation, ist gemeinsam mit Ivacaftor seit 2015 zur Behandlung homozygoter Träger der F508del-Mutation im Einsatz. Der Zweit-Generation-Korrektor Tezacaftor weist das gleiche Wirkprinzip wie Lumacaftor auf, bei gleichzeitig geringerer Rate an möglichen Nebenwirkungen, und findet seit 2018 als Kombinationspräparat mit Ivacaftor Anwendung bei F508del-heterozygoten Patient:innen. 
Die neueste Entwicklung stellt die Triple-Kombinationstherapie aus Ivacaftor, Tezacaftor und dem Dritt-Generation-Korrektor Elexacaftor dar, die seit 2020 in Europa auch für die Therapie  der Zystischen Fibrose bei F508del-heterozygoten Trägern zugelassen ist. Elexacaftor bindet am CFTR-Protein an einer anderen Stelle als Tezacaftor und bewirkt bei nahezu unverändertem Nebenwirkungsprofil eine zusätzliche Verbesserung der durchschnittlichen FEV1% [5, 6]. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die allermeisten Patient:innen mit mindestens einer F508del-Mutation perspektivisch auf die Triple-Kombinationstherapie umgestellt werden.

Eine Einheitsdosis für alle?

CFTR-Modulatoren werden in der Leber durch die Cytochrom-P450-Isoenzyme 3A4 (CYP 3A4) und CYP 3A5 metabolisiert, weshalb bei Polypharmazie das Risiko unerwünschter Arzneimittelinteraktionen besteht. Für die Praxis relevant ist insbesondere die gleichzeitige Verabreichung starker CYP3A-Inhibitoren wie Makrolid-Antibiotika und Azol-Antimykotika, die zur Behandlung nicht-viraler Atemwegs­infektionen häufig eingesetzt werden. Bei simultaner Anwendung dieser Medikamente wird in Einklang mit der Fachinformation häufig eine Reduzierung der CFTR-Modulatoren-Dosis durchgeführt. Andererseits wird die Wirkung der CFTR-Modulatoren bei gleichzeitiger Gabe von CYP3A-Induktoren wie Glucocorticoiden und Rifampicin abgeschwächt. Eine weitere Herausforderung stellt die medikamentöse Therapie mit CFTR-Modulatoren bei Betroffenen mit gestörter gastrointestinaler Resorption und eingeschränkter Leberfunktion dar.
Im Gruppenvergleich zeigen die Modulatoren durchwegs eine signifikante Zunahme der FEV1%, jedoch ist der individuelle Effekt sehr variabel. Mitunter ergeben sich bei F508del-homozygoten Patient:innen mit identischer Triple-Kombinationstherapie individuelle Veränderungen der FEV1% zwischen –2,5 % und ≥ 20 % [5]. Trotz ihrer guten Verträglichkeit sind die CFTR-Modulatoren auch nicht ohne Nebenwirkungen, z. B. Kopfschmerzen, gastrointestinale Beschwerden (Übelkeit, Durchfall), Trans­aminasenanstieg sowie thorakale Enge und Luftnot. Diese stellen eine häufige Ursache für eine Behandlungsumstellung bis hin zum Therapieabbruch dar.
All diese Faktoren können daher zu einer unvorhersehbaren individuellen Arzneistoffexposition führen. Ein Lösungsansatz ist die Bestimmung der Wirkstoffe im Therapeutischen Drug Monitoring (TDM), um individuell die optimale Dosis zu ermitteln. Da eine Therapie mit CFTR-Modulatoren sehr kostenintensiv ist (bis zu mehrere Hunderttausend Euro jährlich), kann eine TDM-gesteuerte Therapie möglicherweise auch zu einer wesentlichen Kostensenkung beitragen.

TDM der CFTR-Modulatoren 

Im Rahmen der Standardtherapie wird der Potentiator Ivacaftor zweimal täglich (q12), bei einer Kombinationstherapie die Korrektoren Tezacaftor bzw. Elexacaftor /Tezacaftor zusätzlich einmal morgens per os eingenommen (q24) (siehe Tab. 1).

Tab. 1: Steady State pharmakokinetische Daten für die CFTR-Modulatoren bei Patient:innen ≥ 12 Jahren nach Nahrungsaufnahme (entnommen aus der Fachinformation und den Zulassungsdaten der EMA).

Präparat

Wirkstoffe

Dosierung (mg)

Cmax MW

(± SD)
µg/ml

Tmax Median

(Range)
h

T1/2 MW

(± SD)
h

Cmin MW

(± SD)
µg/ml

AUC MW

(± SD)
µg • h/ml

Kalydeko

Ivacaftor

150 mg q12h

0,77 (0,23)

4 (3–6)

12

/

10,6 (5,3)

Orkambi

Lumacaftor

400 mg q12h

25,0 (8,0)

4 (2–9)

25,2 (9,9)

9,8 (4,8)

198 (64,8)

Ivacaftor

250 mg q12h

0,6 (0,3)

4 (2–6)

9,3 (3,8)

0,1

3,7 (2,3)

Symkevi

Tezacaftor

100 mg q24h

6,5 (1,8)

4 (2–6)

156 (52,7)

1,6

82,7 (23,3)

Ivacaftor

150 mg q12h

1,3 (0,4)

6 (3–10)

9,3 (1,7)

0,7

10,9 (3,9)

Trikafta

Elexacaftor

200 mg q24h

9,2 (2,1)

6 (4–12)

24,7 (4,9)

5,5 (2,7)

162 (47,5)

Tezacaftor

100 mg q24h

7,7 (1,7)

3 (2–4)

60,3 (15,7)

2,1 (0,8)

89,3 (23,2)

Ivacaftor

150 mg q12h

1,2 (0,3)

4 (3–6)

13,1 (3,0)

0,8 (0,3)

11,7 (4,0)

Cmax = Spitzenspiegel; Tmax = Zeitpunkt bis zur maximalen Konzentration; T1/2 = Eliminationshalbwertszeit; Cmin = Talspiegel; AUC = Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve; MW = Mittelwert; SD = Standardabweichung. 

Zur Steigerung der oralen Bioverfügbarkeit wird die Einnahme mit einer fettreichen Mahlzeit empfohlen [7–10]. Da die CFTR-Modulatoren eine relativ lange Eliminations-Halbwertszeit haben, sollte ein TDM im Steady State frühestens fünf bis sieben Tage nach Beginn bzw. Anpassung der Dosierung erfolgen.
Dabei muss jedoch beachtet werden, dass es bislang keine ausreichenden Daten zu einer Konzentrations-Wirkungsbeziehung gibt. Pharmakokinetische Parameter (Spitzenspiegel, Talspiegel, Konzentration-Zeitkurve – AUC) als messbare Zielgrößen und therapeutische Bereiche sind daher nicht festgelegt. Zur Orientierung können somit nur die pharmakokinetischen Daten aus den Arzneimittel-Zulassungsdokumenten bzw. der Fachinformation zur Spiegelbewertung herangezogen werden. Aus Gründen der Praktikabilität und für eine bessere Objektivierung einer sich unter Modulatoren-Therapie erholenden gastrointestinalen Absorption [11] empfiehlt sich als Messgröße die Bestimmung des Spitzenspiegels ca. vier bis fünf Stunden nach der morgendlichen Einnahme.
Die quantitative Bestimmung der CFTR-Modulatoren aus dem peripheren Blut beruht auf massenspektrometrischen Verfahren (LC-MS/MS) [12–15], weshalb ein TDM nur in ausgewählten Zentren möglich ist (z. B. Amsterdam, Melbourne, München). Häufig werden die Hauptmetabolite der CFTR-Modulatoren mitbestimmt; jedoch sind keine metabolic ratios etabliert, die zu einer Bewertung der Verstoffwechselung herangezogen werden könnten. Zur breiten Etablierung eines CFTR-Modulator-TDM im klinischen Alltag sind perspektivisch Pharmakokinetik-/Pharmakodynamik-Studien vonnöten. Somit kann ein TDM der CFTR-Modulatoren derzeit nicht für alle Patient:innen uneingeschränkt empfohlen werden und sollte nur in ausgewählten Fällen in den klinischen Behandlungsprozess integriert werden, z. B. bei Therapieversagen, Abklärung von Nebenwirkungen, Überwachung bei Schwangerschaft. 

Zusammenfassung

Eine Therapie mit CFTR-Modulatoren führt zu einer statistisch signifikanten Verbesserung der Lungenfunktion, weshalb diese Arzneistoffe mittlerweile integraler Bestandteil einer multimodalen Behandlung der Zystischen Fibrose sind. Eine Herausforderung bleibt jedoch die Behandlung von Betroffenen, bei denen Arzneimittelinteraktionen die Therapie mit CFTR-Modulatoren erschweren, sowie bei Patient:innen, die eine Modulatoren-Therapie nicht vertragen oder von dieser nicht profitieren. Hier  kann ein Therapeutisches Drug Monitoring  einen Beitrag für eine optimierte Pharmakotherapie leisten.  

Autoren
Dr. rer. nat. Katharina Habler
Prof. Dr. med. Michael Vogeser
Dr. med. univ. Dr. rer. nat. Michael Paal (korrespond. Autor)
Institut für Laboratoriumsmedizin
Klinikum der Universität München