COVID-19-Pooltests: Ist es Zeit, einzusteigen?

Im Rahmen der COVID-19-Pandemie werden von der Politik zunehmend Massentests als Teil der Strategie eingeplant. Dies stellt enorme Anforderungen an die Labore, deren Testkapazitäten unter anderem durch Lieferengpässe für Geräte und Reagenzien begrenzt sind. Hier könnte der Einsatz von Pooltestungen Abhilfe schaffen.

Schlüsselwörter: SARS-CoV-2, Testverfügbarkeit, Teststrategie, RT-PCR, Hochdurchsatz, Prävalenz

Die Laboratorien werden zunehmend mit der Bedeutung und Dringlichkeit von Massentests auf COVID-19 konfrontiert. Wöchentlich erreichen uns Ankündigungen und Angebote der Politik, noch breitere Bevölkerungsgruppen zu testen: In Bayern ent­hielt die letzte Rechtsverordnung (RVO) zum bayerischen Testkonzept, dass nun in Krankenhäusern sämtliche Mitarbeiter regelmäßig getestet werden könnten [1]; darüber hinaus erging vor drei Wochen das Angebot, dass sich nun „jedermann, der wolle“ im Rahmen der Einführung der Corona-App testen lassen könne [2], und für Rückkehrer aus Risikogebieten gilt ab 8.8.2020 die Testpflicht. Wöchentlich werden im Epidemiologischen Bulletin Statistiken über durchgeführte Tests in der BRD veröffentlicht; gleichzeitig werden die vorhandenen Testkapazitäten bekannt gegeben, die etwa 100 % über der momentanen Testquote liegen sollen (Abfrage von 139 Laboren) [3].

Testverfügbarkeit

Wundern wird man sich jedoch, wenn man bei Anbietern von Hochdurchsatzplattformen für SARS-CoV-2-RT-PCR-Tests nachfragt, wie es um die Liefersicherheit und -fähigkeit von CE-zertifizierten Testkits bestellt ist. Praktisch alle berichten über Kontingentierung bei den Auslieferungen: So bekommt man bei einem Anbieter 1.400 Tests pro Monat für eine Hochdurchsatzplattform, die bis zu 1.000 Tests täglich abarbeiten könnte, manche verlagern ihr Geschäft in die (lukrativeren?) Hotspots dieser Welt (Nord­amerika), andere geben Lieferzeiten für Vollautomaten von sechs bis neun Monaten an. Auch bekommt man den Eindruck, dass Tests nach dem Gießkannenprinzip unter den Kunden verteilt werden („Zuteilung“) – und nicht nach Notwendigkeit. Unbestritten ist die Tatsache, dass die COVID-19-Prävalenzen und -Inzidenzen von Bundesland zu Bundesland deutlich unterschiedlich waren und sind; auch im Falle von lokalen Ausbrüchen und damit verbundenen Reihentestungen müssten die Testkapazitäten schnell nach oben skaliert werden. Doch diese Flexibilität fehlt völlig.

Pooltestung als intelligente Teststrategie

Die Lösung des Ressourcenproblems bei Reihentestungen könnte in der Pooltestung liegen. Diese ist keine neue Erfindung – sie ist bereits seit den 1940er-Jahren bekannt [4] und in einigen Bereichen nicht mehr wegzudenken. Pooltestungen auf blutübertragbare Infektionserreger (HIV/HCV/CMV/HEV)  gelten seit Jahren bei der Überprüfung von Blutspendern als anerkannter Standard [5]. Auch unter den Epidemiologen bei den Tropenmedizinern sind sie gang und gäbe, um einen Überblick über die Verbreitung von Vektor-übertragbaren Virusinfektionen zu bekommen (z. B. Dengue- oder Gelbfieber); dafür werden regelmäßig Stechmücken in den vermeintlichen Verbreitungsgebieten gesammelt und gepoolt getestet.
Allerdings haben gepoolte Biomarker-Tests aufgrund des Verdünnungseffekts mit einer geringeren Sensitivität zu kämpfen als Einzelproben-Tests. Das heißt, das dia­gnostische Ziel (in diesem Fall die virale RNA von SARS-CoV-2) aus einer infizierten Probe wird durch zielfreie Proben im Pool verdünnt und kann sich der Nachweisgrenze für den Test nähern.
Pool-Tests für COVID-19 wurden bereits in Wuhan und Peking, China, sowie im Bundesstaat Nebraska, USA, durchgeführt [6, 7]. In einem Proof-of-Principle-Papier des Nebraska Public Health Laboratory wurde gezeigt, dass Pools von fünf Patientenproben (eine positive mit vier negativen Proben) die Fähigkeit ohne Verlust der Sensitivität bewahren, SARS-CoV-2-RNA aus der positiven Probe nachzuweisen (Ct-Differenz zwischen Originalproben und gepoolten Proben 0,00 bis max. 5,03; s. a. Abb. 1, eigene Daten).

Frühere Studien in Israel, den USA und Deutschland haben gezeigt [8–10], dass einzelne positive Proben von SARS-CoV-2 in Pools von bis zu 32 – und möglicherweise sogar 64 – Proben mit zusätzlichen PCR-Amplifikationszyklen  nachgewiesen werden können. Bei einer Poolgröße von 16 Proben betrug die Sensitivität 96 %, mit einer Falsch-negativ-Rate von etwa 10 %.

Grenzen der Pooltestungen

Ein anderes Problem beim Pooling von Proben stellen die Kreuzkontamination und die Rückverfolgbarkeit der Proben dar, wobei die Hauptgründe für medizinische (und labortechnische) Fehler in der unsachgemäßen Handhabung oder Kennzeichnung von Proben liegen.
Pool-Tests sind am effektivsten bei der Steigerung der Effizienz und des Outputs in Situationen, in denen die Krankheitsprävalenz gering ist; denn jeder negative Pool-Test eliminiert die Notwendigkeit, diese Proben einzeln zu testen, und maximiert die Anzahl der Personen, die über eine bestimmte Zeitspanne getestet werden können. Man schätzt, dass das Nebraska-System, Pools von fünf Proben zu testen, deren Testkapazität um 69 % erhöht – jedoch nur dann, wenn die Prävalenz von COVID-19 in der Bevölkerung unter 10 % bleibt (Tab. 1).

Tab. 1: Abgleich von Prävalenzrate, optimaler Poolgröße und Testeffektivität bei Pool­testungen auf COVID-19 (modifiziert nach [7]).

Prävalenz (%) Optimale Poolgröße
(Anzahl der gepoolten Proben)
Reduktion der Einzeltests (%)
1 11 80
3 6 67
5 5 57
7 4 50
10 4 41
15 3 28

 

Frühere Studien in Israel, den USA und Deutschland haben gezeigt [8–10], dass einzelne positive Proben von SARS-CoV-2 in Pools von bis zu 32 – und möglicherweise sogar 64 – Proben mit zusätzlichen PCR-Amplifikationszyklen  nachgewiesen werden können. Bei einer Poolgröße von 16 Proben betrug die Sensitivität 96 %, mit einer Falsch-negativ-Rate von etwa 10 %.

Grenzen der Pooltestungen

Ein anderes Problem beim Pooling von Proben stellen die Kreuzkontamination und die Rückverfolgbarkeit der Proben dar, wobei die Hauptgründe für medizinische (und labortechnische) Fehler in der unsachgemäßen Handhabung oder Kennzeichnung von Proben liegen.
Pool-Tests sind am effektivsten bei der Steigerung der Effizienz und des Outputs in Situationen, in denen die Krankheitsprävalenz gering ist; denn jeder negative Pool-Test eliminiert die Notwendigkeit, diese Proben einzeln zu testen, und maximiert die Anzahl der Personen, die über eine bestimmte Zeitspanne getestet werden können. Man schätzt, dass das Nebraska-System, Pools von fünf Proben zu testen, deren Testkapazität um 69 % erhöht – jedoch nur dann, wenn die Prävalenz von COVID-19 in der Bevölkerung unter 10 % bleibt (Tab. 1). Das liegt daran, dass mit zunehmender Krankheitsprävalenz mehr Pools positiv ausfallen und Tests an einzelnen Proben erfordern. Irgendwann werden so viele Pools positiv getestet, dass die Labore schließlich mehr Untersuchungen mit dieser Strategie als mit einer individuellen Teststrategie durchführen werden.
Neben diesen Einschränkungen gibt es jedoch den entscheidenden Vorteil der Ressourcenschonung bei Engpässen in der Versorgungskette für SARS-CoV-2-Tests. Pool-Tests sind deswegen möglicherweise auch auf Gemeindeebene oder in Schulen sinnvoll. Individuelle Tests jeder Probe (jedes Probanden) werden immer genauer sein, dennoch könnte es für uns an der Zeit sein, einen Kompromiss in Betracht zu ziehen.
Gelöst werden muss hierbei allerdings das Vergütungsproblem. Da es jetzt schon erhebliche Einwände gegen die Absenkung der Vergütung von SARS-CoV-2-Tests im KBV-Bereich gibt, darf die Vergütung von Pooltests nicht im „freien Fall“ enden.

Autor
Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Ambrosch
Mitglied der Redaktion, Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg
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