Bei der Schnellschnittdiagnostik bewegt sich der Pathologe stets zwischen den zwei Gefahrenpolen falsch positiver und falsch negativer Befunde, und das meist unter Zeitdruck. Deshalb ist eine strenge Indikationsstellung zwingend notwendig. Richtig eingesetzt ist diese Diagnostik für den Operateur wegweisend.
Schlüsselwörter: Schnellschnitt, Resektionsränder, Lymphknotenbeurteilung, Hodentumoren, Ovartumoren
Die intraoperative Schnell- bzw. Gefrierschnittdiagnostik spielt unter den ärztlichen Tätigkeiten in der klinischen Pathologie eine ganz besondere Rolle: Nur hier ist der Kontakt zwischen Klinikern und Pathologen ganz unmittelbar – verbunden mit der Notwendigkeit einer sofortigen Entscheidungsfindung. In allen anderen Fällen kommunizieren beide Seiten in aller Ruhe nach Eingang des histopathologischen Befundberichtes – zeitversetzt zum Eingriff.
Die Anfänge der Schnellschnittdiagnostik reichen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zurück, wobei die Stellung einer Primärdiagnose im Vordergrund stand. Da in den letzten Jahrzehnten die bildgebenden und bioptischen Verfahren entscheidend verbessert und erweitert wurden, kann heute in den meisten Fällen bereits präoperativ eine Diagnose verdächtiger Herdbefunde gestellt und der Eingriff entsprechend geplant werden. Das bedeutet, dass bei vielen Operationen eine Schnellschnittdiagnostik nicht mehr notwendig ist.
Strenge Indikationsstellung
Ausnahmen stellen Tumoren von Hoden und Ovar sowie Raumforderungen des ZNS dar, bei denen eine präoperative Diagnostik nicht möglich ist. Hier müssen weiterhin Artdiagnose und Entscheidungsfindung zum weiteren Vorgehen intraoperativ am Schnellschnitt erfolgen. Auch Läsionen, die bioptisch nicht zugänglich sind bzw. von denen in der Biopsie kein aussagekräftiges Gewebe gewonnen werden konnte, sind mittels Schnellschnitt abzuklären. Dasselbe gilt schließlich auch für intraoperative Überraschungsbefunde.
Generell ist ein intraoperativer Schnellschnitt nur dann indiziert, wenn das Ergebnis einen unmittelbaren Einfluss auf den weiteren Verlauf des gerade durchgeführten operativen Eingriffs hat. Er soll keinesfalls der Beschleunigung einer pathologischen Diagnose dienen oder lediglich die Neugier des Operateurs befriedigen.
Fehlerquellen
Deshalb ist es wichtig, die Aussagekraft und auch die Einschränkungen dieser Methode zu kennen – im Speziellen, wenn nur wenig Gewebe vorhanden ist. Durch Modernisierung der Gefrierschnitt-Technik können zwar inzwischen Gefrierartefakte am Gewebe minimiert und hervorragende Ergebnisse bezüglich der Zell- und Kern-Morphologie erzielt werden; dennoch birgt der Schnellschnitt mehrere potenzielle Fehlerquellen.
Zum einen besteht bei größeren Resektaten die Gefahr der Entnahme von nicht repräsentativem Gewebe (sampling error). Daher sollten Schnellschnitte nur von einem erfahrenen Pathologen oder unter dessen Aufsicht bearbeitet werden.
Aus Zeitgründen ist nur eine eingeschränkte Aufarbeitung in wenigen Blöcken und Schnittstufen möglich, was in vielen Fällen für eine exakte abschließende Diagnose bzw. ein Staging nicht ausreicht. Zudem eignet sich einmal eingefrorenes Gewebe für möglicherweise nachfolgende immunhistochemische Untersuchungen schlechter als primär in Formalin fixiertes Gewebe. Daher sollte z. B. ein Schnellschnitt an Mamma- oder Prostatastanzen sowie an großen Colon-Adenomen mit der Frage nach Vorliegen eines Karzinoms in jedem Fall abgelehnt werden; hier muss das Material gut fixiert, in Paraffin eingebettet und lege artis weiter aufgearbeitet werden.
Unterschiedliche Gewebekonsistenzen bei Tumor-, Normal- oder Fettgewebe können nach dem Einfrieren zu Schwierigkeiten beim Anschneiden führen, sodass die Probe evtl. Lücken aufweist und somit nicht adäquat beurteilt werden kann. Zu dicke, überfärbte Schnitte können malignes Gewebe vortäuschen.
Resektionsränder
Den größten Anteil der Schnellschnittuntersuchungen macht sicherlich die Beurteilung von Resektionsrändern und Lymphknoten aus, ersteres insbesondere bei lokal fortgeschrittenen Tumoren, die makroskopisch knapp an den Absetzungsrand heranreichen. Hier sollte der Operateur die Stellen von besonderem Interesse mit Faden oder Tusche markieren, da zirkumferenzielle Ränder meist eine größere Fläche haben und die kritischen Stellen vom Pathologen, der das Präparat ja nicht in situ sieht, unter Umständen nicht eindeutig zugeordnet werden können. Bei sehr tiefen Rektumtumoren ist eine Schnellschnittuntersuchung des aboralen Resektionsrandes indiziert, wenn ein Sphinktererhalt angestrebt wird.
Tückisch in der Schnellschnittdiagnostik ist die Beurteilung von Resektionsrändern bei Zustand nach neoadjuvanter Chemotherapie: Hier liegen oft nur noch vereinzelte, und ggf. stark regressiv veränderte Tumorzellverbände in einem narbig fibrosierten oder entzündlich veränderten Stroma vor und können so sehr leicht übersehen werden. Selbst beim paraffineingebetteten Gewebe ist in solchen Fällen zusätzlich zur konventionellen Histologie häufig eine ergänzende immunhistochemische Untersuchung indiziert, sodass eine vorläufige Diagnose durch einen Schnellschnitt mit signifikanter Unsicherheit bez. der Tumorfreiheit des Resektionsrandes einhergeht.
Bei Magen- und insbesondere bei Cardiakarzinomen sollte vor der sehr aufwendigen und anspruchsvollen Rekonstruktion die Tumorfreiheit des oralen Resektionsrandes gewährleistet sein. Somit ist nach aktuellen Leitlinien eine Schnellschnittuntersuchung indiziert, wenn der Abstand zum Tumor am frischen Präparat ohne Zug weniger als 3 cm bei intestinalen und höchstens 5 cm beim diffusen Typ beträgt. Speziell beim diffusen Typ mit vereinzelten Tumorzellen oder winzigen Tumorzellverbänden bleibt im Schnellschnitt ohne histochemische Färbung eine Restunsicherheit, insbesondere wenn in diesem Bereich eine Entzündung vorliegt.
Ein ähnliches Problem stellt sich bei der intraoperativen Beurteilung des Pankreasresektionsrandes, denn bei ausgeprägter chronischer Pankreatitis kann es sehr schwierig sein, atrophe oder stark
entzündlich veränderte ortsständige Drüsen von Karzinomausläufern zu
unterscheiden.
Lymphknoten
Ein intraoperatives Lymphknotenstaging kann das Ausmaß der weiteren OP entscheidend beeinflussen. Wird der Befall von nicht-regionären Lymphknoten festgestellt, so könnte bei disseminiertem Tumorleiden die Entscheidung bei Risikopatienten zugunsten eines lokal weniger radikalen Eingriffs fallen. Bei verdächtigen Lymphknoten im Absetzungsrand, die sich in der Schnellschnittdiagnostik als Metastasen herausstellen, könnte dagegen eine erweiterte Lymphknotendissektion die Konsequenz sein.
Eine weitere Aufgabe der Schnellschnittdiagnostik ist die Beurteilung der sog. „Wächter“- oder „Sentinel“-Lymphknoten z. B. beim Mammakarzinom, Vulvakarzinom oder beim malignen Melanom (siehe Abb. 1). Sie bietet die Möglichkeit, die onkologische Resektion der lokoregionären Lymphknoten einzeitig, also gleich im Rahmen der laufenden OP, durchzuführen und somit einen Zweiteingriff zu vermeiden. Im Schnellschnitt, bei dem nur wenige Schnittstufen untersucht werden können, bleibt allerdings beim Brustkrebs ein Restrisiko von bis zu 27%, in der endgültigen Paraffinhistologie nach vollständiger Aufarbeitung doch noch eine Karzinommetastase zu entdecken. Allerdings wird die Bedeutung einzelner oder winziger Sentinellymphknotenmetastasen beim Mammakarzinom für die Prognose – und somit der Sinn einer kompletten Axilladissektion – in den letzten Jahren kontrovers diskutiert. Möglicherweise wird sich diesbezüglich in den nächsten Jahren auch die Indikationslage für die Schnellschnittdiagnostik ändern.