Wirkstoffe erfordern Biomarker

Companion Diagnostics

Immer mehr zur Behandlung solider Tumoren zugelassene Wirkstoffe verlangen zwingend einen molekularpathologischen Biomarkertest, um die Wirksamkeit der gezielten Erstlinientherapie zu sichern oder bei Entwicklung von Resistenzmutationen einen Therapiewechsel zu initiieren.
Schlüsselwörter: Companion Diagnostics, Biomarker, Liquid Biopsy

„Personalisierte Medizin“ ist eines der meistgenannten Schlagworte der Onkologie, denn Krebserkrankungen erfordern aufgrund ihrer molekularbiologischen Hetero­genität in der Regel eine individuelle Therapie (Abb. 1). Für den Molekular­pathologen bedeutet dies, dass zusätzlich zur herkömmlichen Untersuchung begleitende Analysen (Companion Diagnostics, CDx) wie beispielsweise die oben dargestellte PD-L1-Expression beim nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) in die Empfehlungen an den Onkologen einbezogen werden müssen. Diese Tests dienen vor allem dazu, Untergruppen von Patienten zu bilden (Stratifikation), die mit einem spezifischen Medikament behandelt werden können. Einige Biomarker wie zum Beispiel die T790M-Mutation zeigen auch die Entwicklung von Resistenzen an, die eine Therapieumstellung erfordern.
In Deutschland sind im Rahmen der personalisierten Medizin derzeit 53 Arzneimittel zugelassen, für die in einer offiziellen Bekanntmachung oder Fachinformation eine molekularpathologische Testung vor der Behandlung zwingend erforderlich (n = 46) oder empfohlen (n = 7) wird. Die Onkologie nimmt mit 41 Wirkstoffen – davon 31 zur Behandlung solider Tumoren – den größten Raum ein (Tab. 1).

Inzwischen zielen etwa drei Viertel aller neu entwickelten Onkologika auf tumorspezifische genomische Aspekte ab.  In den letzten beiden Jahren lag der Fokus auf Mamma- und Bronchialkarzinomen. Erwähnenswert ist hier Osimertinib, das ursprünglich nur zur Therapie des NSCLC nach Auftreten einer resistenzvermittelnden T790M-Mutation im EGF-Rezeptor eingesetzt wurde. Seit 7. Juni 2018 ist dieser Wirkstoff  auch zur Erstlinientherapie zugelassen; Voraussetzung im Sinne der Companion Diagnostics ist dann der Nachweis einer  aktivierenden EGFR-Mutation.
Etwa 5% der Patienten mit NSCLC weisen Mutationen im ALK-Gen auf. 2011 wurde für diese relativ kleine Untergruppe der Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) Crizotinib zugelassen, gegen den sich jedoch meist im ersten Behandlungsjahr eine Resis­tenz entwickelt. Anfang 2018 zeigte die ALUR-Phase-III-Studie, dass Alectinib, ein TKI mit veränderter Spezifität [1], sowohl das progressionsfreie Überleben der Patienten als auch das Ansprechen von ZNS-Metastasen verbessert. Voraussetzung ist der Nachweis der ALK-Überexpression.

In einer weiteren aktuellen Publikation wurde gezeigt, dass ALK-aktivierende Mutationen auch in der Pathogenese von kleinzelligen Prostatakarzinomen (SCCP) eine Rolle spielen [2]. Die Behandlung eines SCCP-Patienten mit Alectinib, bei dem eine ALK-F1174C-Mutation vorlag, führte radiologisch und molekularpathologisch zu einer über sechs Monate stabilen chronischen Erkrankung mit Rückgang der ctDNA-Allel-Fraktion.
Ebenfalls 2017 wurde Ribociclib – ein Inhibitor der Cyclin-abhängigen Kinasen CDK4 und 6 – zugelassen. Der Wirkstoff kann möglicherweise die Resistenz gegen eine endokrine Therapie beim fortgeschrittenen ER-positiven, HER2-negativen Brustkrebs verhindern oder zumindest verzögern. In Kombination mit dem Aromatasehemmer Letrozol [3] oder dem Antiestrogen Fulvestrant [4] führt er zu einem signifikant längeren progressionsfreien Überleben. Voraussetzung ist hier das Fehlen der HER2-Überexpression.

Verlaufskontrolle

Therapieresistenzen können sich bei einigen Tumoren wie etwa dem NSCLC innerhalb von Wochen entwickeln, sodass eine engmaschige Bio­markerkontrolle erforderlich ist. Hier bietet sich neben der Gewebeuntersuchung eine ergänzende Mutationsanalyse aus zellfreier Tumor-DNA (ctDNA) an, um die Patienten nicht zu sehr zu belasten.
Diese Analysen aus flüssigem Probenmaterial  (Liquid Biopsy) sind jedoch nicht trivial, da die Konzentration von mutierter DNA im Blut extrem gering ist und durch genomische DNA aus Leukozyten noch weiter verdünnt wird, wenn nicht spezielle Stabilisatorröhrchen verwendet werden.  Methodische Hinweise zur Präanalytik finden Sie ab S. 113.    

Autor
Prof. Dr. med. Christopher Poremba
Mitglied der Redaktion
Pathologie München-Nord
Molekularpathologie Südbayern
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