PCR-Pool-Testungen auf SARS-CoV-2 bei Kindern: Lolli oder Gurgeln

DOI: https://doi.org/10.47184/td.2021.03.02

Um bei einer vierten Infektionswelle im Herbst weitere Schulschließungen zu verhindern, müssen Kinder, die (noch) nicht immunisiert sind, weiterhin engmaschig getestet werden. Studienergebnisse zu PCR-Pool-Testungen bei Kindern aus Kindertagesstätten in Nordrhein-Westfalen und Schulkindern aus Bayern zeigen, dass diese Testverfahren mit zweimaliger Testung pro Woche eine gute Alternative darstellen, um Übertragungen von SARS-CoV-2 in Grundschulen und Kindertagesstätten zu verhindern.

Schlüsselwörter: Impfung, Inzidenz, Lolli-Methode, Gurgel-PCR-Test, Antigentest, Pooltestung

Nach 18 Monaten Corona-Pandemie wird in Deutschland für den Frühherbst die vierte Infektionswelle mit hohen Inzidenzenvon bis zu 400 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner bei einer realistischen Impfquote von 65 % Zweitimpfungen erwartet [1]. Kinder und Jugendliche werden besonders betroffen sein, da die Empfehlung der Ständigen Impfkommission zur Impfung von Kindern und Jugendlichen erst in den letzten Wochen erfolgte [2]. Mit Schulbeginn ist also in diesen Fällen der über Zwölfjährigen noch nicht von einem vollständigen Impfschutz auszugehen. Die Alternative zur Immunisierung besteht weiterhin in einer engmaschigen Testungvon Kindern und Jugendlichen mit einer sensitiven und kostengünstigen Methode.
Bereits in der Märzausgabe haben wir über eine Proof-of-Concept-Pilotstudie in Regensburg und Erlangen mittels Gurgel-Pool-PCR berichtet, an der mittlerweile über 100 Schulen und Kindertagesstätten teilgenommen haben [3]1.

In einer weiteren Studie an Kindern aus Kindertagesstätten in Köln wurde ebenfalls die engmaschige PCR-Testung mittels Lolli-Methode auf Alltagstauglichkeit überprüft und inzwischen auf ganz Nordrhein-Westfalen ausgedehnt [4].

Über 100.000 Schüler getestet

In der Regensburger-/Erlangener-Machbarkeits-Studie wurden innerhalb von drei Monaten (KW 8 bis 20) über 100.000 Schüler mittels Pooltestung getestet und ca. 8.000 Pools ausgewertet [5]. Die getesteten Schüler stammten aus 143 Schulen und besuchten überwiegend Abschlussklassen, da diese zum Präsenzunterricht zugelassen waren.
Die 7-Tagesinzidenz im Verlauf der Studie lag lediglich bei 0,042 % (= Inzidenz von 42/100.000) in KW 15 und sank auf 0,012 % zum Ende der Studie, insgesamt wurden nur 20 Schüler mit Infektionen identifiziert. Die niedrigen Inzidenzen (etwa 1/5 der Inzidenzen in der Bevölkerung zum jeweiligen Zeitpunkt) waren möglicherweise dem Umstand geschuldet, dass überwiegend Schüler aus Abschlussklassen getestet wurden. Aufgrund der Konsequenzen einer Infektion (z. B. Isolation und ggf. Nicht-Zulassung zu Abschlussprüfungen) könnten diese Schüler eine besondere Disziplin im Hinblick auf Alltagsrisken für Infektionen an den Tag gelegt haben.

Gurgel-Pooltestung: Empfindlicher und angenehmer

Interessant war die Tatsache, dass etwa zur Hälfte der Testphase (ab KW 15) alle Schüler angehalten wurden, parallel zur Gurgel-Pooltestung auch Antigentests durchzuführen: Im Vergleich zur Gurgel-Pooltestung mittels PCR waren die Antigentests nur bei einem von 10 infizierten Schülern positiv. Die deutlich geringere Sensitivität mag dem Umstand geschuldet sein, dass die meisten infizierten Schüler zum Zeitpunkt der Testung noch eine niedrige Viruslast aufwiesen. Im Umkehrschluss kann aber postuliert werden, dass bei zweimaliger PCR-Testung pro Woche mittels Gurgel-Pool-PCR die Identifizierung von infizierten Schülern so früh erfolgte, dass nur eine geringe Infektiosität bestand. Dies rechtfertigt auch die Verfahrensweise, dass nur infizierte Schüler in häusliche Isolation geschickt wurden – und nicht die gesamte Klasse, wie in der jüngsten Vergangenheit üblich.
Im Rahmen der Studie wurden die Teilnehmer ebenfalls dazu befragt, wie sie die Gurgel-Tests bzw. Antigentests (Laientests) empfunden hatten (skalierte Aussagen: angenehm/unangenehm, nicht belastend/belastend oder vertrauenswürdig etc.). Auch hier sprach sich der überwiegende Teil der Teilnehmer für den Gurgel-Test aus.

Lolli-Test als Alternative

Seit September 2020 wurde in Köln/Nordrhein-Westfalen ebenfalls eine Pool-Methode mittels Lolli-Tests u. a. in Kindertagesstätten durchgeführt (Abb. 1).

Abb. 1: Schematische Darstellung der Durchführung der Lolli-Methode als Testkonzept (Bild: [4]).

Bei der Lolli-Methode bekommen die Testpersonen einen Tupfer mit der Maßgabe, ihn ca. 30 Sek. im Mund wie einen Lolli zu lutschen. Der Abstrichtupfer wird anschließend mit anderen Tupfern in einem 50 ml Gefäß gepoolt, mit Phosphatpuffer ausgewaschen und mittels PCR analysiert. Im Vergleich zum Nasopharynx-Abstrich hat diese Methode eine um ca. eineinhalb Log-Stufen niedrigere Empfindlichkeit [4] – die Gurgel-Pooltest-Methode eine geringere Sensitivität von ca. zwei Log-Stufen [6, 7]. Beide Verfahren sind jedoch ausreichend, um infizierte/infektiöse Schüler frühzeitig zu identifizieren.

Fazit für die „4. Welle“

Zweifelsohne besteht gesellschaftlicher Konsens, dass ein weiterer Lockdown verhindert werden muss. Im Gegensatz zu älteren Jugendlichen und Erwachsenen besteht bislang für Kinder unter 12 Jahren keine Impfempfehlung. Die oben genannten Testverfahren mit zweimaliger Testung pro Woche stellen eine gute – also kostengünstige (< 0,50 €/Poolteilnehmer) und effektive – Alternative dar, um Übertragungen von SARS-CoV-2 in Grundschulen und Kindertagesstätten zu verhindern. Die Gurgel-Methode (Gurgeln mit Leitungswasser!) hat vermutlich eine etwas geringere Empfindlichkeit, kommt aber ohne zusätzliches Testbesteck (Abstrichtupfer) aus. Wie wir aus der jüngsten Vergangenheit wissen, sind selbst Abstrichtupfer zeitweise nicht lieferbar gewesen: In Nordrhein-Westfalen ist inzwischen die Lolli-Methode für alle Grund- und Förderschulen eingeführt, in Bayern ist sie zum Schulbeginn Mitte September geplant.

Autor
Priv.-Doz. Dr. med. Andreas Ambrosch
Mitglied der Redaktion
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