Zahlreiche Krebserkrankungen werden durch Humane Papillomviren (HPV) ausgelöst: neben dem Zervixkarzinom auch Tumoren des Penis, der Vulva und der Vagina sowie Analkarzinome und Kopf-Hals-Tumoren. Insbesondere beim Zervixkazinom und beim Karzinom des Mundrachens (Oropharynx) spielt inzwischen die HPV-Testung eine wichtige Rolle: Seit Anfang 2020 ist der HPV-Test Teil der gesetzlichen Zervixkarzinom-Früherkennung. Eine HPV-Genese stellt bei Oropharynxkarzinomen einen besonders günstigen prognostischen Faktor dar, wenn auch die HPV-Testung für die Früherkennung oder Nachsorge dieser Tumoren noch keine Rolle spielt.
HPV-Test beim Zervixkarzinom
„HPV-Test“ steht meist für den Nachweis von Humanen Papillomviren aus dem Abstrich vom Gebärmutterhals. Die meisten HPV-Tests weisen dabei die Erbinformation bestimmter Hochrisiko-HP-Viren nach (HPV-DNA-Tests).
HPV-positiv: Was bedeutet das?
HPV-Tests sollen nicht HPV-Infektionen grundsätzlich nachweisen oder ausschließen. Das Testergebnis wird positiv, wenn eine gewisse Viruslast überschritten wird. Umgekehrt kann auch bei negativem Test eine HPV-Infektion vorliegen – allerdings meist keine klinisch relevante. Der Schwellenwert ist so gewählt, dass ein positiver Test sehr wahrscheinlich auf ein erhöhtes Risiko für eine Zervixdysplasie hinweist.
Die Aussagekraft des HPV-Tests hängt auch vom Alter der Frau ab. Jüngere Frauen unter 30 Jahren stecken sich häufiger mit HPV an. Diese Infektionen sind zu etwa 90 % transient: Sie bilden sich spontan innerhalb von 6 bis 18 Monaten zurück (im Median).
Bei Frauen ab 30 sinkt der Anteil nachweisbarer HPV-Infektionen. In dieser Altersgruppe ist die Neuinfektionsrate niedriger. Wird eine HPV-Infektion detektiert, liegt entsprechend häufiger eine persistierende Infektion vor. Daher ist das Risiko für eine Gewebeveränderung bei positivem HPV-Test höher als bei den Jüngeren.
Wie ist die Evidenz?
HPV-Tests sind derzeit nur für die Anwendung am Gebärmutterhals im Rahmen der Früherkennung (Zervixkarzinom-Screening) bzw. Triage (Abschätzung des Progressionsrisikos) an ausreichend großen Kollektiven klinisch validiert [1].
Ein Cochrane-Review [2], der die diagnostische Genauigkeit von HPV-Test und Pap-Abstrich anhand von 40 Studien mit insgesamt 140.000 Frauen zwischen 20 und 70 Jahren systematisch verglich, belegt die Wirksamkeit des HPV-basierten Screening-Ansatzes für das Zervixkarzinom: Von 1.000 Frauen hatten 20 eine CIN 2+ (mäßige oder höhergradige zervikale intraepitheliale Neoplasie). Der HPV-Test identifizierte davon 16 Frauen korrekt. Bei 4 Frauen war er falsch-negativ. Mittels Pap-Abstrich wurde bei 12 Frauen korrekt eine CIN 2+ erkannt, bei 8 Frauen war er falsch-negativ.
Unter den 980 (von 1.000) Frauen ohne CIN 2+ war der HPV-Test bei 879 Frauen korrekterweise negativ. 101 Frauen hatten einen falsch-positiven HPV-Test. Durch den Pap-Abstrich wurden 951 Frauen richtig der Gruppe ohne CIN 2+ zugeordnet, bei 29 Frauen war er falsch-positiv.
Um die HPV-Test-basierten Screening-Ansätze möglichst unabhängig zu beurteilen, führte bei Erstellung der derzeit gültigen S3-Leitlinine ein unabhängiges Institut einen systematischen Review der verfügbaren Literaturdaten aus randomisiert-kontrollierten klinischen Studien (RCTs) durch [3].
Dabei zeigte sich: Ein organisiertes Screening mittels HPV-Test oder Kombination aus Pap-Abstrich und HPV-Test (HPV-basiertes Screening) alle drei bis fünf Jahre führt bei Frauen über 30 Jahren in der 2. Screening-Runde zu einer niedrigeren Inzidenz für Zervixkarzinome. Die Senkung ist im Vergleich zu einem Zytologiebasierten Screening (nur Pap-Abstrich) statistisch signifikant: 6 Frauen mit Zervixkarzinom (HPV-Test) versus 20 Frauen mit Zervixkarzinom (Pap-Abstrich) – jeweils pro 100.000 Teilnehmerinnen.
Bei Frauen über 30 werden nach drei bis fünf Jahren auch weniger hochgradige Zervixkarzinom-Vorstufen (CIN 3+) beobachtet. Auch hier ist das Risiko verglichen mit dem alleinigen Pap-Abstrich statistisch signifikant niedriger: 82 Frauen mit CIN 3+ (HPV-Test) versus 159 Frauen mit CIN 3+ (Pap-Abstrich) – jeweils pro 100.000 Teilnehmerinnen.
Schließlich legen auch die 11-Jahres-Ergebnisse von WOLPHSCREEN, einem Screening-Projekt in Wolfsburg mit über 25.000 Teilnehmerinnen und 5-Jahres-Intervallen, nahe, dass die Ergebnisse großer Studien weitgehend auf die Situation in nicht selektierten Kollektiven in Deutschland übertragbar sind: Die Inzidenz für CIN 3 und Zervixkarzinome konnte durch Einsatz des HPV-Tests um rund 80 % gesenkt werden [4].
Problem Überdiagnose und -therapie?
Durch ein HPV-basiertes Screening werden mehr mäßige und hochgradige Gewebeveränderungen (CIN 2+) und somit auch CIN 2 diagnostiziert. Dies kann zu Überdiagnosen führen, insbesondere bei Frauen unter 30 Jahren. Übertherapien lassen sich durch die Altersgrenze (Einsatz frühestens ab 30) und
weitere Untersuchungen zur exakteren Risikoabschätzung (Triage) weitgehend vermeiden.
Durch die Information über einen positiven HPV-Test bleibt für manche Frauen – auch bei unauffälligem Pap-Abstrich – bis zur endgültigen Klärung die Unsicherheit, ob doch eine Krebsvorstufe vorhanden ist oder sich noch entwickelt [1].
Anforderungen an HPV-Tests
HPV-Tests zur Zervixkarzinom-Früherkennung sollen die 13 wichtigsten Hochrisiko-HPV-Typen erfassen: HPV 16, 18, 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58, 59 und 68 (als Gruppe oder einzeln nachgewiesen). Sie brauchen eine hohe klinische Sensitivität und Spezifität beim Nachweis von CIN 2+ (zumindest mäßige Gewebeveränderungen) bei Frauen über 30 Jahren. Geeignete Tests sollenentsprechend der europäischen Leitlinie für HPV-Tests [5] mindestens 90 % der klinischen Sensitivität und mindestens 98 % der klinischen Spezifität des Goldstandards der HPV-Tests erreichen [6]. Bei wiederholter Anwendung soll das Test-Ergebnis reproduzierbar sein [1, 7].
Mehrere HPV-DNA-Tests und ein HPV-RNA-Test erfüllen die Vorgaben zur Sensitivität und Spezifität sowie weitere Voraussetzungen: FDA-Zulassung, ausreichende Daten aus Studien und fast keine Kreuzreaktionen mit HPV-Typen, die der Test nicht erfassen soll [6].
Regelung seit Anfang 2020
HPV-Tests sind mittlerweile in Deutschland fester Bestandteil der organisierten Krebsfrüherkennung für das Zervixkarzinom. Grundsätzlich gilt: Bei Frauen ab 30 Jahren ermöglichen sie – primär eingesetzt – ein verlängertes Untersuchungsintervall von drei (bis fünf) Jahren.
Nach langen Diskussionen innerhalb der Ärzteschaft kam die Einigung auf ein kombiniertes Vorgehen aus HPV-Test plus Pap-Abstrich alle drei Jahre bei Frauen ab 35 Jahren zustande. Nur bei auffälligen Testergebnissen sind kurzfristigere Kontrollen bzw. Abklärungsuntersuchungen notwendig.
Bei etwas jüngeren Frauen zwischen 30 und 34 Jahren kann der HPV-Test bei auffälligen Pap-Abstrichen zur Triage (Risikoabschätzung) und somit als Grundlage für das weitere Vorgehen dienen.
Bei Frauen unter 30 Jahren erfolgt sowohl die Früherkennung (jährlicher Pap-Test) als auch die nachfolgende Triage nur Zytologie-basiert [7].