Weichteilsarkome – Diagnostik und multimodale Therapie

Weichteilsarkome repräsentieren eine heterogene Gruppe seltener Tumoren mesenchymalen Ursprungs. Sie treten bevorzugt im Bereich der Extremitäten auf, können grundsätzlich aber in allen Körperregionen im Binde-, Fett- und Muskelgewebe sowie an Blut- und Lymphgefäßen entstehen. Diagnostisch steht die Bildgebung via Magnetresonanztomographie (MRT) gefolgt von der histopathologischen Untersuchung einer bioptisch gewonnenen Gewebeprobe im Mittelpunkt. Die kurative Therapie beruht auf der chirurgischen Entfernung des Tumors; neoadjuvante und/oder adjuvante Chemo- und Strahlentherapieregimes werden ggf. ergänzend eingesetzt. Patienten mit Weichteilsarkomen sollten aufgrund der Seltenheit der Tumoren und der Komplexität der Therapiekonzepte in einem Tumorzentrum behandelt werden, wobei die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Fachdisziplinen obligat ist.

Schlüsselwörter: Weichteilsarkom, Biopsie, Chirurgie, (neo)adjuvante Strahlentherapie, (neo)adjuvante Chemotherapie, multimodale Therapie

Epidemiologie

Weichteilsarkome sind heterogene, maligne mesenchymale Tumoren. Die Inzidenz dieser seltenen Tumoren liegt weltweit bei 5/100.000 [1] und in Deutschland bei Männern bei 3,6/100.000 und bei Frauen bei 2,7/100.000 Einwohnern. Im Jahr 2013 wurden in Deutschland ca. 3.650 Neuerkrankungen dokumentiert [2]. Es gibt global keine Hinweise auf nennenswerte Änderungen der Inzidenz dieser Tumoren und auch keine auf relevante geographische Unterschiede. Der Anteil der Weichteilsarkome an allen Tumorentitäten liegt hierzulande bei Erwachsenen bei 0,7 %, bei Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren bei ca. 6 % [2]; der Erkrankungsgipfel liegt bei etwa 65 Jahren. Die Todesursachenstatistik des Bundes weist für das Jahr 2013 insgesamt 1.509 Sterbefälle für Weichteilsarkome aus (Männer 706, Frauen 803). Die Zahl der Sterbefälle ist in den Jahren von 2004 bis 2013 bei Männern um durchschnittlich 2,2 % und bei Frauen um durchschnittlich 1 % pro Jahr gestiegen – ein leichter Anstieg, der im Wesentlichen durch Veränderung des Altersaufbaus der Bevölkerung zu erklären ist [3].

Ätiologie, Lokalisation, Klassifikation

Die Ätiologie der meisten Weichteilsarkome ist unbekannt. Es ist davon auszugehen, dass die große Mehrzahl der Tumoren de novo entsteht [1], wenngleich in seltenen Fällen (< 10 %) genetische und Umweltfaktoren, Strahlung, Virusinfektionen oder Immundefekte mit der Entstehung dieser Tumoren in Zusammenhang gebracht werden [1]. Es gibt zudem einzelne Berichte, die darauf hinweisen, dass Sarkome im Narbengewebe, im Umfeld von Knochenbrüchen oder chirurgischen Implantaten entstehen können [4]. Einige Studien aus Skandinavien stellen zudem einen Zusammenhang zwischen der Entstehung von Weichteilsarkomen und der Exposition gegenüber bestimmten Herbiziden, Chlorophenolen sowie Dioxin in Land- und Fortwirtschaft her [1]. In 5 % aller Fälle ist die Entstehung von Weichteilsarkomen wie z. B. Angiosarkomen assoziiert mit einer Strahlentherapie [5], etwa als Folge der Bestrahlung von Osteosarkomen oder einer adjuvanten Strahlentherapie bei Patientinnen mit Mammakarzinom [6].
Weichteilsarkome finden sich besonders häufig (Anteil etwa 60 %) im Bereich der Extremitäten, überwiegend (45 %) an der unteren, seltener (15 %) an der oberen Extremität. Danach folgen mit einer Häufigkeit von 20–35 % retroperitoneale und intraperitoneale Sarkome einschließlich der gastrointestinalen Stromatumoren (GIST). Besonders selten (15–20 %) sind Weichteilsarkome im Bereich des Körperstamms oder im Kopf-Hals-Bereich lokalisiert [7]. Etwa ein Drittel der Weichteilsarkome ist oberflächlich (epifaszial) lokalisiert mit einem medianen Durchmesser von 5 cm, zwei Drittel liegen subfaszial mit einem medianen Durchmesser von 9 cm [8]. Retroperitoneale Sarkome sind meist größer als andere Weichteilsarkome, bevor sie symptomatisch werden [1].
Weichteilsarkome werden anhand ihrer morphologischen, immunhistochemischen und spezifischen molekulargenetischen Merkmale in Untergruppen eingeteilt, die unabhängig von der wirklichen histogenetischen Abstammung sind. Die Unterteilung laut der derzeit gültigen WHO-Klassifikation zeigt Tab. 1 [9].

Tab. 1 Einteilung der Weichteilsarkome laut WHO-Klassifikation. Mod. nach [9].

Adipozytäre Tumoren
Fibroblastische/myofibroblastische Tumoren

Sog. fibrohistiozytäre Tumoren

Glattmuskuläre Tumoren

Perizytäre (perivaskuläre) skelettmuskuläre Tumoren

Vaskuläre Tumoren

Chondroossäre Tumoren

Nervenscheidentumoren

Gastrointestinale Stromatumoren (GIST)

Tumoren mit ungewisser Differenzierung

 

Es werden rund 50 Entitäten unterschieden, die sich immunhistopathologisch differenzieren lassen. Mit einer Häufigkeit von etwa 20 % stellt das
Liposarkom die häufigste Entität dar.
Etwa 10 % der Patienten mit Weichteilsarkomen weisen bereits bei der Erstdiagnose Metastasen auf; diese sind meist in der Lunge lokalisiert. Insgesamt ein Drittel der Patienten mit Weichteilsarkomen verstirbt im Verlauf an der Erkrankung, die meisten von ihnen an Lungenmetastasen. Etwa drei Viertel aller Weichteilsarkome sind als hochmaligne einzustufen [10].
Die Klassifikation der Weichteilsarkome an Extremitäten und Körperstamm erfolgt nach der TNM-Klassifikation [11]; die histopathologische Stadieneinteilung maligner Weichgewebstumoren zeigt Tab. 2.

Die 5-Jahresüberlebensraten in Abhängigkeit vom UICC/AJCC-Stadium betragen ca. 85–96 % im Stadium I, 72–78 % im Stadium II, 50 % im Stadium III und ca. 10 % im Stadium IV [3].

Diagnostik

Im Rahmen der Diagnostik geht es vor allem darum, maligne Weichteilsarkome von benignen Weichteiltumoren zu differenzieren, die hundertmal häufiger vorkommen [12]. Das Erstsymptom bei Vorliegen eines Weichteilsarkoms ist meist eine schmerzlose Schwellung im Weichgewebe. Dieses Symptom ist allerdings nicht dazu geeignet, benigne Schwellungen von malignen Tumoren zu unterscheiden. Häufig werden Weichteilsarkome erst mit mehrmonatiger Verzögerung diagnostiziert, nicht selten im Rahmen der Resektion einer vermeintlich benignen Weichteilschwellung, etwa eines vermeintlichen Lipoms.

Klinische Untersuchung

Die weitere Diagnostik erfolgt auf der Basis einer sorgfältigen Anamnese und klinischen Untersuchung, wobei allerdings auch die klinische Untersuchung lediglich Anhaltspunkte für einen malignen Tumor des Weichteilgewebes geben kann, für eine gesicherte Diagnose aber nicht ausreicht [1]. Sarkom-typische Symptome existieren nicht. Palpable derbe oder harte Schwellungen, die gegen die Haut oder das Subkutangewebe bzw. gegen tiefe Weichteilstrukturen nicht verschieblich sind oder eine pathologische Venenzeichnung aufweisen, können einen ersten Hinweis auf einen pathologischen Befund geben. Als die sensitivsten klinischen Parameter für einen malignen Weichteiltumor wurden eine tiefe Tumorlage (Sensitivität 0,94; Spezifität 0,31), eine Größe von mehr als 5 cm (Sensitivität 0,81; Spezifität 0,63) und ein nachweisliches Wachstum des Tumors (Sensitivität 0,61; Spezifität 0,82) identifiziert [13]. Alle oberflächlichen Weichteilläsionen mit einer Größe von > 5 cm sowie alle Weichteilläsionen mit tieferer Lage sind statistisch gesehen wahrscheinlicher Sarkome als benigne Weichteiltumoren [1]. Das Symptom Schmerz ist dagegen kein besonders sensitiver Parameter, weist aber ebenso wie Wachstum und Größe der Schwellung eine vergleichsweise hohe Spezifität auf (Sensitivität 0,41; Spezifität 0,80) [13].

Bildgebung

Bei Verdacht auf ein Weichgewebssarkom erfolgt zunächst die lokale Ausbreitungsdiagnostik via Bildgebung, wobei die Magnetresonanztomographie (MRT) mit Kontrastmittel aufgrund ihres hohen Weichteilgewebekontrasts das diagnostische Verfahren der ersten Wahl ist [3]. Dabei sollte die MRT-Bildgebung T1-gewichtete Sequenzen vor und nach Kon-trastmittelgabe und T2-gewichtete Spin-echo- und Gradientenecho-Techniken beinhalten [14].
Die MRT-Bildgebung liefert Informationen über die gesamte Tumorausdehnung in einem Kompartiment bzw. die Infiltration in benachbarte Kompartimente. Zudem zeigt sie den möglichen Bezug zu den benachbarten Gefäß- und Nervenscheiden. Der Tumororthopäde erhält durch die MRT-Bildgebung zudem eine exakte anatomische Lagebeziehung mit fixen Landmarken für die Operationsplanung. Diese sind exakt ausmessbar und bilden die Basis für die anzustrebende vollständige Resektion des Tumors. Auch im Rahmen der Verlaufskontrolle unter einer ggf. durchgeführten neoadjuvanten Chemo- oder Strahlentherapie ist die MRT-Bildgebung essentiell [14].
Bei Kontraindikationen für ein MRT oder v. a. bei Hinweis auf eine ossäre Beteiligung werden eine Computertomographie (CT) und eine Sonographie durchgeführt. Eine konventionelle Röntgenuntersuchung oder eine CT ergänzend zum MRT eignen sich beispielsweise für den Nachweis von Kalzifikationen, etwa beim Synovialsarkom. Zusätzlich kann eine fettsaturierte MRT-Technik eingesetzt werden, mit deren Hilfe lipomatöse Tumoren und Einblutungen besser differenziert werden können. Die systemische Ausbreitungsdiagnostik erfolgt standardisiert erst nach der histologischen Dia-gnosesicherung mittels einer CT-Untersuchung von Thorax, Abdomen/Becken oder einer diagnostischen PET-CT-Untersuchung. In Einzelfällen wie z. B. den myxoiden Liposarkomen kann eine Ganzkörper-MRT-Untersuchung sinnvoll sein [3].

 

Biopsie

Erhärtet sich durch die bildgebende Diagnostik der Verdacht auf ein Weichgewebssarkom, sollte eine Gewebeprobe mittels Biopsie entnommen und histo-pathologisch, immunhistochemisch und molekularpathologisch untersucht werden. Die histopathologische Untersuchung bildet die Grundlage für eine differenzierte chirurgisch-onkologische Behandlung [12].
Die Biopsie sollte zweckmäßigerweise an der Institution erfolgen, an der auch die weitere interdisziplinäre Therapie vorgehalten wird – in enger Absprache mit dem Sarkom-erfahrenen Operateur, der die definitive Tumorresektion durchführt [3]. Die Durchführung der Biopsie muss sich bereits am späteren operativen Zugangsweg orientieren. Die Biopsie kann in der Hand eines erfahrenen Radiologen sowohl geschlossen durch eine Sonographie- oder CT-gezielte Stanzbiopsie (Nadelgröße > 1 mm) oder als offene Inzisionsbiopsie durch einen Tumororthopäden durchgeführt werden. Die Stanzbiopsie bietet gegenüber der offenen Inzisionsbiopsie den Nachteil, dass sie eventuell weniger Gewebematerial für die nachfolgenden Untersuchungen zur Verfügung stellen kann. An den Extremitäten sollte aus Gründen der Kontamination insbesondere eine
offene Probenentnahme möglichst weit distal erfolgen – unter Berücksichtigung der Tumorausdehnung in der MRT-Bildgebung [14].
Goldstandard zur Gewinnung von ausreichend repräsentativem Material ist weiterhin die Inzisionsbiopsie. In onkologischen Zentren ist die diagnostische Sicherheit der Stanzbiopsie der der Inzisionsbiopsie kaum unterlegen, sollte aber in interdisziplinärer Absprache mit dem späteren Operateur, dem Radiologen und dem Pathologen erfolgen [3].

Pathologie

Aufgrund der Seltenheit und der Vielfalt der Sarkome soll eine Begutachtung durch spezialisierte Skelettpathologen bzw. in Referenzzentren erfolgen. Die Typisierung von Weichgewebstumoren erfolgt gemäß phänotypischer Differenzierungsmerkmale des jeweils vorherrschenden Zelltyps, ergänzt durch immunhistochemische und molekularpathologische Untersuchungsmethoden zur Typisierung und zur Bestimmung der Subtypen [14].
Am Ende der Diagnostik sollte ein eindeutiger histopathologischer Befund vorliegen, der folgende Informationen beinhaltet: den histopathologischen Tumortyp, den Differenzierungsgrad des Tumors und das Stadium der Tumorerkrankung nach der TNM-Klassifikation. Das weitere multimodale Vorgehen wird in einer interdisziplinären Tumorkonferenz besprochen [14]. Abb. 3 fasst die wichtigsten Diagnoseverfahren bei Verdacht auf ein Weichteilsarkom zusammen [3].

Therapie

Die Behandlung von Patienten mit Weichteilsarkomen sollte aufgrund der Seltenheit der Tumoren und der Komplexität der Therapiekonzepte immer in einem Tumorzentrum erfolgen [3]. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Tumororthopäden, Radiologen, Pathologen, Strahlentherapeuten, Onkologen und ggf. weiteren chirurgischen Fachdisziplinen ist für die optimale Behandlung des Patienten unabdingbar [14]. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Fachbereiche ist bereits bei der Diagnosestellung notwendig, um eine lokoregionale Tumorkontrolle zu erreichen und Fernmetastasen bestmöglich vorzubeugen bzw. bereits vorhandene Metastasen optimal zu behandeln. Die Behandlungsstrategie wird von Tumorstadium, Prognosefaktoren wie Histologie, Grading, Größe und Lokalisation sowie patientenindividuellen Faktoren bestimmt [3].
Für die Behandlung von Weichteilsarkomen stehen die Operation sowie neoadjuvante oder adjuvante Therapiemaßnahmen – Chemotherapie ebenso wie Strahlentherapie – zur Verfügung. Ist nach dem Staging eine R0-Resektion im Stadium I–III möglich, ist die chirurgische Therapie im Erwachsenalter indiziert [3, 14]. In manchen Fällen nach Befunddiskussion in einer interdisziplinären Tumorkonferenz sind neoadjuvante Therapieoptionen (z. B. systemische Chemotherapie +/- Hyperthermie, Radiotherapie) in der Therapieplanung interdisziplinär zu berücksichtigen [1, 3].

Chirurgie

Die chirurgische Therapie ist der entscheidende Behandlungsschritt im ggf. multimodalen Behandlungskonzept bei Weichteilsarkomen und stellt die Basis der lokalen Tumorkontrolle dar. Ziel der chirurgischen Behandlung ist die R0-Resektion des Tumors mit ausreichendem Sicherheitsabstand bei größtmöglichem Erhalt der Extremitätenfunktion [12]. Bei der Durchführung der chirurgischen Intervention sind vorbestehende Morbiditäten des Patienten, aber auch patientenindividuelle Faktoren wie Alter, persönliche Erwartungen und funktionelle Ansprüche zu berücksichtigen. Die tumororthopädische Resektion erfolgt auf Basis der MRT-Bildgebung in der
T1-Wichtung mit Kontrastmittel unter Berücksichtigung der Tumorlokalisation und der zu resezierenden Strukturen [14].
Bei extrakompartimentaler Tumor-resektion wird die „weite“ Resektion angestrebt (wobei der Begriff „weit“ nicht exakt definiert ist), bei intrakompartimentaler Tumorlokalisation eine kompartimentorientierte bzw. kompartimentgerechte Resektion [3]. Ein genau definierter Sicherheitsabstand existiert nicht; entscheidend ist das Erreichen eines histopathologischen R0-Resektionsstatus [14]. Generell kann der Sicherheitsabstand in der Längenausdehnung häufig ohne Änderung des funktionellen Outcomes größer (z. B. 2 cm) gewählt werden und ist einfacher zu erreichen als in der Querausdehnung.
Als anzustrebende klare Resektionsgrenzen dienen biologischen Grenzschichten wie Muskelfaszien, intermuskuläre Septen, Periost, Gelenkkapsel, Perineurium und Adventitia. Falls der Tumor nahe an den Hauptgefäß- oder Nervenstraßen einer Extremität lokalisiert ist, muss allerdings ggf. eine Resektion des Perineuriums des Nervs oder der Adventitia der Gefäße durchgeführt werden, um einen minimalen Sicherheitsabstand zu wahren [14].
Eine radikale Resektion wie etwa die vollständige Kompartimentresektion, d. h. eine Resektion des gesamten Muskels oder der Muskelgruppe vom Ursprung bis zum Ansatz, und erst recht eine Amputation sollten möglichst vermieden werden und bringen für den Patienten hinsichtlich der lokalen Tumorkontrolle und der Prognose keine Vor-teile [3, 12]. Die vollständige Kompartimentresektion ist lediglich bei einer Tumorkontamination des gesamten Kompartiments indiziert [3]. Die Indikation zur Amputation ist erst nach Ausschöpfung aller multimodalen Therapieoptionen gerechtfertigt, etwa wenn eine Tumorinfiltration von funktionell relevanten Nervensträngen der Extremität, Tumorexulzeration mit Superinfektion und Sepsis oder eine nicht zu kontrollierende Tumorblutung vorliegen [3].
Unbedingt vermieden werden sollte eine intraoperative Eröffnung des Tumors mit resultierender Kontamination des Situs durch Tumorzellen. Eine solche Situation wäre dann als RX- bzw. R1-Resektion zu werten (RX: Resektionsstatus nicht abschließend beurteilbar; R1: Nachweis von Tumorgewebe am tuschemarkierten Absetzungsrand) [14]. Der Operateur darf deshalb während der Operation keine direkte Aufsicht auf den Tumor im Sinne einer iatrogenen Tumor-eröffnung erhalten (Don’t-touch-me-Technik) [14].
Falls im Vorfeld eine auswärtige Voroperation stattgefunden hat, etwa weil das Sarkom ohne präoperative Bildgebung für eine benigne Raumforderunggehalten wurde, gilt das gesamte Operationsgebiet als tumorkontaminiert [3, 14]. Abhängig vom histopathologischen Befund ist in diesem Fall eine weite Nachresektion geboten. Dabei sollte das vorherige Operationsgebiet nicht eröffnet werden, sodass in der Regel mit groß-flächigen Gewebedefekten zu rechnen ist, die nicht selten aufwendig plastisch-chirurgisch rekonstruiert werden müssen oder bis zu einer Amputation führen können [14].
Die chirurgische Therapie des Lokalrezidivs entspricht der des Primärtumors; sie sollte ausschließlich interdisziplinär und unter Berücksichtigung des Stagings, der Tumorentität, der Lokalisation, des Alters und des rezidivfreien Intervalls erfolgen [3].

Strahlen- und Chemotherapie

Bei Weichteilsarkomen stellt eine alleinige Strahlen- oder Chemotherapie keinen kurativen Behandlungsansatz dar. Der einzige Therapieansatz mit dem Potential, ein Langzeitüberleben der Patienten zu erreichen, ist die weite Tumorresektion mit Erreichen einer R0-Resektion. Eine ergänzende Radiatio oder Chemotherapie, neoadjuvant oder adjuvant verabreicht, kann allerdings bei Tumoren mit ungünstigerem Risikoprofil dazu beitragen, die Prognose der Patienten zu verbessern.

Strahlentherapie

Die Strahlentherapie hat im multimodalen Therapiekonzept einen hohen Stellenwert. Sie ermöglicht es in Kombination mit einer Extremitäten-erhaltenden Operation, in bis zu 90 % der Fälle eine lokale Kontrolle zu erzielen. Auf diese Weise können in manchen Fällen radikalchirurgische Maßnahmen vermieden werden [3]. Die Strahlentherapie kann sowohl in neoadjuvanter als auch in adjuvanter Intention durchgeführt werden [1, 3, 14].
Zwei randomisierte Landmark-Studien bestätigen, dass die Addition einer Radiatio zur Chirurgie die lokale Kontrolle verbessert und ein solches Vorgehen damit die Standardstrategie für die meisten Intermediär- und High-Grade Weichteilsarkome darstellt [15, 16].
Einer kanadischen Studie zufolge sind mit einer neoadjuvanten oder adjuvanten Radiatio vergleichbare Raten an lokaler und regionaler Kontrolle sowie eine vergleichbare Fernmetastasierungsrate erreichbar, wenngleich die adjuvante Strahlentherapie mit einer stärkeren Fibrosierung assoziiert war [17]. Zudem ging die neoadjuvante Strahlentherapie mit einer geringeren Morbidität unter der Behandlung einher [17]. Weitere Vorteile der neoadjuvanten Therapie sind ihre niedrigere Strahlendosis von ca. 50 Gy (adjuvant 60–66 Gy) sowie das präoperativ in der Regel kleinere Strahlenfeld im Vergleich zum postoperativen Zielvolumen [14].
Die Nachteile einer neoadjuvanten Bestrahlung liegen allerdings in ihrer höheren Rate an akuten Wundkomplikationen im Vergleich zur adjuvanten Therapie, deren Rate in der kanadischen Studie mit 35 % versus 17 % beziffert wurde [18, 19].

Chemotherapie

Der Wert einer neoadjuvanten oder adjuvanten Chemotherapie bei Weichteilsarkomen ist abhängig vom spezifischen histologischen Typ des Tumors und seiner Lokalisation [1]. So sollten etwa extraskelettale Ewing-Sarkome und alveoläre/embryonale Rhabdomyosarkome wegen ihres hohen Metastasierungsrisikos immer mit einer neoadjuvanten Chemotherapie behandelt werden [1]. Bei anderen histologischen Typen von High-grade-Sarkomen hängt der Einsatz einer neoadjuvanten Chemotherapie vom Metastasierungsrisiko des Tumors, der Sensitivität des histologischen Subtyps gegenüber Zytostatika sowie vom Alter des Patienten und dessen Komorbiditäten
ab [1].
Verschiedene randomisierte Studien und eine Metaanalyse dieser Studien haben gezeigt, dass eine Chemotherapie bei Weichteilsarkomen das krankheitsfreie Überleben sowie die lokale und regionale Kontrolle verbessert [20–23]. Eine Verbesserung des Gesamtüberlebens unter einer perioperativen Chemotherapie mit einem Anthrazyklin (Epirubicin) und Ifosfamid konnte in einer randomisierten Studie gezeigt werden, wobei das Follow-up in dieser Studie allerdings relativ kurz war [24]. Der Überlebensvorteil konnte in einer Metaanalyse (Hazard Ratio (HR) 0,77; p = 0,001) [25] sowie jüngst in einer Re-Analyse der größten vorliegenden randomisierten Studie zu dieser Thematik, der Studie EORTC-STBSG-62931, bestätigt werden [26].
Andere Studien konnten jedoch keinen Überlebensbenefit durch eine adjuvante oder neoadjuvante Chemotherapie nachweisen, sodass ihr Wert nach wie vor kontrovers diskutiert wird [1].
Zusammenfassend zeigen die Daten der beiden größten prospektiven, randomisierten EORTC-Studien [21, 26, 27] keine Vorteile für eine adjuvante Chemotherapie im jeweiligen Studienkollektiv, während Metaanalysen, retrospektive Analysen, Analysen von Subgruppen sowie eine kleine prospektiv randomisierte italienische Studie Überlebensvorteile zugunsten der adjuvanten Chemotherapie im Bereich von 4–11 % erbrachten [3]. Vorteile fanden sich dabei vorwiegend bei Patienten mit Hochrisikosarkomen (> 5–10 cm, hoher Malignitätsgrad, tiefe Lokalisation, Extremitätensarkome), die eine ausreichend dosierte (Kombinations-)Chemotherapie erhielten [3].
Nach derzeitigem Kenntnisstand scheint eine präoperative Chemotherapie gerechtfertigt bei großen High-grade-Tumoren in einer sorgfältig ausgewählten Patientenpopulation sowie bei histologischen Subtypen mit einem bekannt guten Ansprechen auf eine Chemotherapie: Synovialsarkom, myxoides/rundzelliges Liposarkom, pleomorphes Liposarkom und undifferenziertes pleomorphes Sarkom (UPS) [1].
Eine aktuelle Studie konnte zeigen, dass 3 Zyklen einer Volldosis-Chemotherapie mit Anthrazyklin und Ifosfamid vergleichbar wirksam waren wie 5 Zyklen [28], aber vermutlich Toxizität einsparen können. Weitere Zytostatika mit einer Aktivität gegenüber bestimmten histologischen Subtypen von Weichteilsarkomen sind Gemcitabin und Docetaxel für UPS und Leiomyosarkome, Trabectedin für myxoide/rundzellige Liposarkome sowie Leiomyosarkome, Gemcitabin und Taxane für Angiosarkome sowie Ifos-
famid für myxoide/rundzellige Liposarkome, pleomorphe Sarkome und Syno-vialsarkome [1]. Keines dieser Regime war allerdings dem Regime 3 Zyklen Volldosis-Anthrazyklin/Ifosfamid über-legen [28].
Die Empfehlung, Patienten mit hohem Rezidivrisiko eine adjuvante Therapie anzubieten, wird durch eine aktuelle retrospektive, risikoadaptierte Subgruppenanalyse der EORTC-Studie 62931 gestützt. Diejenigen Patienten, die nach der SARCULATOR-Risikoanalyse, in die Patientenalter, Tumorgröße, Grading sowie der histologische Subtyp eingingen, eine Überlebenswahrscheinlichkeit von ≤ 51 % aufwiesen, profitierten signifikant von der adjuvanten Chemotherapie mit einem 8-Jahresüberleben von 42 % versus 21 % ohne adjuvante Therapie (HR 0,46; p = 0,033) [29].
In der palliativen Therapie fortgeschrittener/metastasierter Weichteilsarkome spielt die Anthrazyklin-basierte Chemotherapie ebenfalls eine wichtige Rolle. Den empfohlenen Therapiealgorithmus zeigt Abb. 4.

 

Nachsorge

Die Nachsorge von Patienten mit Weichteilsarkomen richtet sich nach der Tumorbiologie. Aufgrund des höheren Risikos für Lokalrezidive oder Fernmetastasen sollten Patienten mit High-grade-Tumoren engmaschiger nachgesorgt werden als Patienten mit Low-grade-Tumoren [14].
Die Nachsorgeempfehlungen nach kurativer Therapie lokal begrenzter Weichgewebssarkome orientieren sich an der Art und Qualität der Lokaltherapie, dem Malignitätsgrad, der Primärtumorlokalisation, dem histopathologischen Subtyp, den medianen Latenzzeiten für Lokal- und Fernrezidive sowie den im Einzelfall ggf. vorhandenen Therapie-optionen [3]. Die Empfehlung beinhaltet neben einer lokalen Nachsorge im Rahmen einer MRT-Bildgebung auch den Ausschluss einer pulmonalen Metastasierung (Röntgen-Thorax bzw. CT Thorax). Eine individuelle, risikoadaptierte Nachsorge kann beispielsweise in Anlehnung an die  NCCN-Leitlinien erfolgen [30].

Fazit

Die Behandlung von Patienten mit Weichteilsarkomen sollte immer in einem Tumorzentrum erfolgen. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Tumor-orthopäden mit anderen Fachdisziplinen wie Radiologen, Pathologen, Strahlentherapeuten und Onkologen ist unabdingbar für die optimale Behandlung der Patienten. Bereits die Durchführung der Biopsie muss unter strengen tumororthopädischen Gesichtspunkten erfolgen. Die operative Therapie ist der einzige kurative Therapieansatz, der ggf. durch neoadjuvante oder adjuvante Strahlen- und/oder Chemotherapie sowie Verfahren wie die regionale Hyperthermie ergänzt werden kann. Für die Zukunft zeichnet sich ab, dass ein differenziertes Vorgehen unter Berücksichtigung der histopathologischen Sub-Entitäten zunehmend wichtiger sein könnte; ebenso könnte zunehmende molekularpathologische Diagnostik in der Routine möglicherweise zu einer Verbesserung des Outcomes beitragen.

Summary:

Soft tissue sarcomas represent a heterogeneous group of rare tumors of mesechymal origin. They occur preferentially located in the extremities, but may occur anywhere in the body in connec-tive, fat and muscle tissue as well as on blood and lymph vessels. The diagnostic focus is on imaging via magnetic resonance tomography (MRT) followed by the histopathological examination of a biopsy tissue sample. Curative therapy is based on the surgical resection of the tumor; (neo)adjuvant chemotherapy or radiation therapy regimes may be used in addition. Due to the rarity of the tumors and the complexity of the therapy concepts, patients with soft tissue sarcomas should be treated in a tumor center. Interdisciplinary cooperation between differ-ent medical disciplines is mandatory.
Keywords: Soft tissue sarcoma, biopsy, surgery, (neo)adjuvant radiation therapy, (neo)adjuvant chemotherapy, multimodal therapy

 

Autoren
Dr. med. Carolin Knebel
Klinik für Orthopädie und Sportorthopädie
Klinikum rechts der Isar der TU München
Prof. Dr. med. Rüdiger von Eisenhart-Rothe
Klinik für Orthopädie und Sportorthopädie
Klinikum rechts der Isar der TU München
PD Dr. med. Ulrich Lenze
Klinik für Orthopädie und Sportorthopädie
Klinikum rechts der Isar der TU München
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