Knochensarkome des Kindesalters: Diagnostik und Therapie von Osteosarkom und Ewing-Sarkom

Auf primär maligne Knochentumoren entfällt nur ein kleiner Anteil aller malignen Tumorerkrankungen; bei Kindern stellen sie jedoch die sechsthäufigste und bei Jugendlichen/Adoleszenten sogar die dritthäufigste Krebsart dar. Während das Chondrosarkom – der zweithäufigste primär maligne Knochentumor – vorwiegend bei Erwachsenen auftritt, manifestieren sich das Osteosarkom und das Ewing-Sarkom besonders häufig im Kindes- und Jugendalter. In den meisten Fällen handelt es sich um high-grade-Tumoren, weshalb eine frühe Diagnosestellung und Therapieeinleitung für die Prognose von höchster Wichtigkeit sind. Die sequentielle Behandlung – die zumeist gemäß bzw. analog internationaler Studienprotokolle erfolgt – beinhaltet bei beiden Entitäten eine neoadjuvante Chemotherapie, gefolgt von der weiten Tumorresektion und einer adjuvanten Chemotherapie. Während einer Bestrahlung bei Osteosarkomen eine untergeordnete Rolle zukommt, kann eine Radiotherapie bei Ewing-Sarkomen in das onkologische Behandlungskonzept integriert werden oder bei inoperablen Fällen sogar die Operation ersetzen.

Schlüsselwörter: Osteosarkom, Ewing-Sarkom, Histopathologie, Staging, Gliedmaßen-erhaltende Operation, Amputation, Chemotherapie, Radiotherapie

Schmerzen an den Extremitäten sind im Kindes- und Jugendalter häufig und glücklicherweise nur in seltenen Ausnahmefällen durch einen malignen Tumor bedingt. Dieser Umstand führt jedoch in vielen Fällen dazu, dass auch unklare Schmerzen als Wachstumsschmerz oder Überlastung abgetan werden, was mitunter zu erheblichen Verzögerungen bei der Diagnosestellung maligner Tumoren führen kann. Eine frühe Diagnosestellung wird zusätzlich dadurch erschwert, dass lokale Schwellungen oftmals erst bei großer Tumorausdehnung oder systemischer Manifestation auftreten und eine B-Symptomatik – abgesehen vom Ewing-Sarkom – für muskuloskelettale Mali-gnome untypisch ist.
Im Folgenden sollen die zwei häufigsten primär malignen Knochentumoren des Kindesalters – das Osteosarkom und das Ewing-Sarkom – näher beleuchtet werden.

Osteosarkom

Definition, Epidemiologie und Klassifikation

Das Osteosarkom ist ein maligner, im klassischen Fall intramedullär wachsender Tumor, dessen Zellen unreife Knochen (Tumor-Osteoid) produzieren (Abb. 1; [1]).

Es stellt mit einer geschätzten Inzidenz von etwa 2–5 Fällen pro einer Million Einwohner im Jahr den häufigsten primär malignen Knochentumor dar [2, 3]. Ein erster Erkrankungsgipfel, bei dem mehr als die Hälfte (ca. 55 %) aller Fälle dia­gnostiziert wird, liegt im zweiten Lebensjahrzehnt (zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr; [1]). Eine zweite, geringere Häufung (ca. 30 %) findet sich bei über 40-jährigen Patienten, wobei es sich hierbei vorwiegend um sekundäre Osteosarkome beispielsweise infolge einer früheren Strahlenexposition oder eines Morbus Paget handelt. Wie bei den meisten Knochentumoren ist auch bei Osteosarkomen das männliche Geschlecht mit einem geschätzten Verhältnis von 1,3 : 1 etwas häufiger betroffen [1].
Konventionelle Osteosarkome können prinzipiell in allen Knochen auftreten, die überwiegende Mehrheit findet sich jedoch in den langen Röhrenknochen der Extremitäten wie dem distalen Femur (30 %), der proximalen Tibia (15 %) oder dem proximalen Humerus (15 %). Typische Prädilektionsstelle in langen Röhrenknochen ist mit ca. 90 % die Metaphyse, die Diaphyse ist im Gegensatz zu Ewing-Sarkomen nur selten Ausgangspunkt des Osteosarkoms (ca. 9 %; [1]). Mit zunehmendem Alter, insbesondere nach dem 50. Lebensjahr, sind gehäuft auch flache Knochen wie etwa Becken, Kiefer oder Schädel betroffen [1].
In Abhängigkeit von Lokalisation und histologischen Charakteristika werden beim Osteosarkom unterschiedliche Subtypen unterschieden, wobei das zentrale (intramedulläre), klassische Osteosarkom mit einem Anteil von rund 80 % die mit Abstand häufigste Subentität darstellt (Tab, 1, 2; [4]).

Tab. 2 Häufigkeitsverteilung der high-grade-Osteosarkome. Nach [4].

Variationen von high-grade Osteosarkomen Häufigkeit
Klassisches Osteosarkom (osteoblastisch, fibroblas­tisch, histiofibroblastisch, chondroblastisch) 80%
Teleangiektatisches Osteosarkom 9%
Osteosarkom des Kiefers (gnathisches Osteosarkom) 4%
Sekundäres Osteosarkom 4%
Kleinzelliges Osteosarkom 1%
Oberflächen-Osteosarkom 1,50%
Intrakortikales Osteosarkom 0,50%
Multifokales Osteosarkom 0,50%

Letzteres kann histologisch aufgrund der jeweils prädominierenden Matrix weiter in 3 Subtypen unterteilt werden – das osteoblastische (76–80 %), das chondroblastische (10–13 %) und das fibroblastische (10 %) Osteosarkom [1]. Neben histologischen Kriterien werden die Lokalisation in Bezug zum Knochen sowie die Genese (primär versus sekundär) zur Einteilung von Osteosarkomen herangezogen: zen-trale, d. h. intraossär wachsende werden dabei von Oberflächen- und extraossären Osteosarkomen unterschieden. Bei den sekundären Osteosarkomen (Entstehung sekundär infolge prädisponierender Faktoren) ist im Gegensatz zu den primären die Genese bekannt (Abb. 1) [5].

Ätiologie

Die genaue Ätiologie des primären Osteosarkoms ist bislang unbekannt, während bei den sekundären Formen die Ursache meist bekannt ist (z. B. frühere Strahlenexposition des betroffenen Knochens oder ein Morbus Paget [9, 10]). Patienten mit hereditärem Retinoblastom oder Li-Fraumeni-Syndrom und entsprechenden Tumorsuppressor-Genmutationen (Rb1 bzw. TP53) weisen eine genetische Prädisposition für zahlreiche Tumoren auf, darunter auch für das Osteosarkom. Weitere Syndrome mit gehäuftem Auftreten von Osteosarkomen beinhalten beispielsweise das Rothmund-Thomson-Syndrom oder das Bloom-Syndrom.
Eine pathognomonische genetische Veränderung, wie sie beispielsweise für das Ewing-Sarkom (s. u.) bekannt ist, konnte bislang beim klassischen Osteosarkom nicht nachgewiesen werden. In der bislang größten Sequenzierungsstudie an 112 Osteosarkomen wurden jedoch 67 unterschiedliche sog. Driver-Gene beschrieben, die vermutlich zu einer chromosomalen Instabilität und in Folge zur Tumorentstehung beitragen [1].

Klinik

Dominierendes, jedoch unspezifisches klinisches Symptom ist der lokale Schmerz, der zunächst als intermittierend, später als Dauerschmerz beschrieben wird und typischerweise auch nachts auftritt. Eine progrediente lokale Schwellung oder Überwärmung, aber auch Einschränkungen der Beweglichkeit bzw. Funktion der betreffenden Gliedmaße können im Lauf der Zeit in Erscheinung treten. Die Laborparameter sind bei Osteosarkomen bis auf eine Erhöhung der alkalischen Phosphatase – die bei Kindern jedoch auch unter physiologischen Verhältnissen erhöht sein kann – oder eine gesteigerte Laktatdehydrogenase ebenfalls unspezifisch. Bei Kindern ist von klinischer Seite zusätzlich zu beachten, dass die Schmerzen oft distal der tatsächlich betroffenen Region angegeben werden (Schmerzdistalisierung) und Eltern – vermutlich aus einem Kausalitätsbedürfnis heraus – nicht selten ein Trauma als Auslöser für die Schmerzen angeben. In der Tat treten Symptome häufig erstmals bei sportlicher Aktivität in Erscheinung, bei 10–15 % der Patienten ist sogar eine pathologische Fraktur Erstsymptom der Erkrankung. Bei etwa 20 % der Patienten mit Osteosarkom liegen bereits bei Erstvorstellung Metastasen (vor allem pulmonal) vor, in ca. 80 % der Fälle muss jedoch von okkulten (Mikro-) Metastasen ausgegangen werden, auch wenn diese sich dem Nachweis durch bildgebende Verfahren entziehen [4].

Diagnostik

Im konventionellen Röntgenbild (in zwei Ebenen) zeigen sich im frühen Stadium als Korrelat oft lediglich unscharfe Knochenränder bzw. eine Auflockerung der Kompakta sowie eine unspezifische Periost-Reaktion, wie sie beispielsweise auch bei Stressfrakturen zu finden ist [4]. Der weitere Verlauf ist gekennzeichnet durch ein Nebeneinander von Knochendestruktion mit tumoreigener Knochenneubildung (Tumor-Osteoid; Abb. 1), unscharf begrenzten Randzonen und – für maligne Knochenprozesse relativ charakteristisch – verschiedene Formen periostaler Reaktionen wie dem Codman-Dreieck (Abb. 2) oder dem sog. Sunburst-Phänomen.

Für einen malignen Prozess können des Weiteren auch eine Unterbrechung der Kortikalis sowie extraossäre Tumoranteile sprechen.
In der Magnetresonanztomographie (MRT) imponiert meist ein inhomogenes Bild mit Muskel-isointensem Signalverhalten im T1-gewichteten Bild bzw. hyperintensem Verhalten in T2-gewichteten Sequenzen (Abb. 2). Je nach Ausmaß der Osteoidproduktion durch den Tumor kann es zudem in allen Pulssequenzen zu Signalabsenkungen unterschiedlichen Ausmaßes kommen. Bei Vorhandensein chondroblastischer Elemente im Tumor kann in der T2-Relaxationszeit eine Verstärkung des Signals zu sehen sein, wobei auch lokale Einblutungen oder zystische Areale zu Signalveränderungen führen.
Von höchster Wichtigkeit ist es, in der MRT das gesamte tumortragende Knochensegment mit angrenzenden Gelenken darzustellen, um so eventuell vorliegende Skip-Läsionen (Knochenmetastasen im betroffenen Knochen selbst) erkennen und in die operative Therapieplanung miteinbeziehen zu können. Eine reaktive Syno-vitis bzw. ein Gelenkerguss ist bei gelenknahen Tumoren kein sicheres Zeichen für eine Gelenkbeteiligung. Von einer Gelenk­invasion (Abb. 1) muss jedoch bei knie-gelenksnahen Tumoren beispielsweise bei bildgebend eindeutigem Durchbrechen der Synovialmembran durch den Tumor oder extraossärem Tumorwachstum entlang der Kreuzbänder ausgegangen werden. Die genaue anatomische Lagebeziehung extraossärer Tumoranteile zu Gefäßen und Nerven kann mithilfe der MRT meist relativ gut beurteilt werden, wobei Osteosarkome diese zumeist nur „vor sich herschieben“, statt sie tatsächlich zu infiltrieren. Von einer tumorbedingten Infiltration neuromuskulärer Strukturen muss jedoch bei einer bildgebenden Ummauerung von mehr als 180 ° ausgegangen werden [11].
Neben dem lokalen Staging mittels Röntgen, MRT- und ggf. CT-Diagnostik stellt die Biopsie den zentralen diagnostischen Schritt bei Osteosarkomen dar. Der aktuelle Stand hinsichtlich histopathologischer sowie molekularpathologischer Charakteristika wird ausführlich in der erst jüngst aktualisierten WHO-Klassifikation erörtert [1]. Die Mitbeurteilung durch eine Referenzpathologie gilt heute als Standard und ist zudem bei der Behandlung im Rahmen von kooperierenden Therapie-studien obligat.
In Abhängigkeit vom histopathologischen Ergebnis schließt sich ein systemisches (Ganzkörper-)Staging an, das zumeist ein CT-Thorax sowie eine Ganz-körperszintigraphie (und/oder PET‑CT/PET‑MRT) beinhaltet.

Therapie

Während die Behandlung der extrem seltenen low-grade Osteosarkome (z. B. parossales Osteosarkom, s. u.) rein operativ durch eine weite Resektion erfolgt, ist die Therapie des high-grade Osteosarkoms interdisziplinär angelegt und besteht typischerweise aus einer neoadjuvanten Chemotherapie, gefolgt von der weiten Tumorresektion und einer anschließenden adjuvanten Chemotherapie. Die Radiotherapie spielt aufgrund der geringen Strahlensensibilität von Osteosarkomen nur eine untergeordnete Rolle. Eine Ausnahme können inoperable bzw. onkologisch nicht adäquat resezierbare Tumoren (z. B. bei stammnaher oder kraniofazialer Lage) darstellen, bei denen eine Bestrahlung im Sinne eines individuellen Therapiekonzepts und im interdisziplinären Konsens entschieden werden kann.
Das derzeit gültige Chemotherapie-Protokoll stammt aus der bislang größten multizentrischen, prospektiv randomisierten Osteosarkom-Studie, der EURAMOS-1-Studie (European and American Osteosarcoma Study Group; [12]). Die Studie wurde zwar bereits am 30.06.2011 für die weitere Rekrutierung geschlossen, Patienten mit einem Alter bis 40 Jahren können jedoch weiterhin analog dem EURAMOS-1-Protokoll behandelt werden. Patienten über 40 Jahre werden ebenfalls analog einer bereits geschlossenen Studie – der EURO-B.O.S.S.-Studie (European Bone Over 40 Sarcoma Study) – behandelt.
Im EURAMOS-1-Studienprotokoll besteht die Systemtherapie zunächst in einer rund zehnwöchigen neoadjuvanten Chemotherapie, die zwei Zyklen Cisplatin/Doxorubicin und vier Zyklen Metho-trexat enthält. Im Anschluss an die neoadjuvante Therapie erfolgt die weite Tumorresektion und hierauf eine adjuvante Chemotherapie (insgesamt zwei Zyklen Cisplatin/Doxorubicin, zwei Zyklen Doxorubicin und acht Zyklen Hochdosis-Methotrexat). Patienten mit schlechtem bzw. fehlendem Ansprechen auf die neoadjuvante Therapie (non-responder) und einem Regressionsgrad ≥ IV nach Salzer-Kuntschik (≥ 10 % vitales Tumorgewebe [13]) können eine Salvagetherapie mit zusätzlichem Ifosfamid/Etoposid erhalten, die allerdings in der EURAMOS-1-Studie bei stärkerer Toxizität keinen Vorteil hinsichtlich des ereignisfreien Überlebens erbrachte [14].
Hauptproblem der Behandlung stellen weiterhin die in der konventionellen Bildgebung bislang nicht nachweisbaren Mikrometastasen dar. Ermutigende Ergebnisse konnten jedoch zuletzt durch Zugabe von Mifamurtid erzielt werden. Der Immunmodulator stimuliert durch Aktivierung von Makrophagen und Freisetzung pro-inflammatorischer bzw. anti-tumoraler Zytokine die Immunantwort gegen Tumorzellen z. B. in der Lunge. Dadurch können unter Umständen Mi­krometastasen eliminiert werden, die zum Zeitpunkt der Diagnosestellung und Therapie bildgebend nicht nachweisbar sind. In einer Phase-III-Studie konnte die 6-Jahres-Gesamtüberlebensrate durch Zugabe von Mifamurtid zur adjuvanten Chemotherapie signifikant von 70 % auf 78 % erhöht werden (p = 0,03; [15]).
Großes Interesse liegt derzeit auf der Erforschung zielgerichteter Behandlungsoptionen (sog. targeted therapies). Einige Substanzen wie beispielsweise Inhibitoren des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors (VEGF) erwiesen sich hierbei bereits in präklinischen bzw. kleinen klinischen Studien als effektiv [16].
Die chirurgische Therapie des Osteosarkoms nach neoadjuvanter Chemotherapie erfolgt heute in den weitaus meisten Fällen (> 80–97 %) als Extremitäten-erhaltende Resektion (Abb. 2; [17, 18]). Da Lokalrezidive mit einem erhöhten Risiko für eine Metastasierung und somit einer schlechteren Prognose einhergehen, hat die onkologische Radikalität jedoch immer oberste Priorität. Kompromisse zugunsten eines Funktionserhalts dürfen unter keinen Umständen eingegangen werden. Ist eine lokale Resektion mit weiten Resektionsrändern nicht oder nicht sicher möglich, so muss eine Amputation bzw. an der unteren Extremität bei freiem N. ischiadicus eine Umkehrplastik in Erwägung gezogen werden.
Bei Extremitäten-erhaltendem Vorgehen stehen zur Rekonstruktion des entstandenen Defekts sowohl endoprothetische (Abb. 2) als auch biologische Rekonstruktionstechniken zur Verfügung. Durch Fortschritte in der Diagnostik und Therapie des Osteosarkoms kann bei einigen Patienten von einer nahezu normalen Lebenserwartung ausgegangen werden. Operative Rekonstruktionsstrategien müssen daher in zunehmendem Maße auf eine möglichst lebenslange Haltbarkeit ausgerichtet werden. Hierbei sollte idealerweise neben der Rekonstruktion des entstandenen Defekts auch eine möglichst gute Funktionsfähigkeit des betroffenen Extremitätenabschnittes wiederhergestellt und auch mögliche (zukünftige) Beinlängendifferenzen adressiert werden [2]. Aufgrund des lebenslangen Komplikationsrisikos von Tumorprothesen werden daher heute an den meisten Zentren  – wann immer onkologisch/technisch möglich – biologische Rekonstruktionsoptionen favorisiert.

Prognose und Nachbehandlung

Durch die Einführung der neoadjuvanten und adjuvanten Chemotherapie konnten die 5-Jahres-Überlebensraten bei Kindern und Jugendlichen mit Osteosarkom von nur etwa 20 % nach alleiniger operativer Therapie (mit Amputation) auf rund 70 % angehoben werden [17]. Ein Ansprechen auf die Chemotherapie (d. h. eine Tumornekrose-Rate von > 90 %) ist neben dem Metastasierungsstatus, dem Tumorgrading und der Größe des Tumors (< 200 ml) einer der wichtigsten prognostischen Faktoren [19]. Weitere günstige Prognosefaktoren sind eine periphere Lage des Tumors sowie eine radikale Resektion [19, 20].
Rezidive, entweder lokal oder als Fernmetastasen (vor allem in Lunge und Knochen) werden nach der initialen Behandlung in etwa 30 % der Fälle und überwiegend während der ersten beiden Jahre beobachtet. Neben klinischen und bildgebenden Kontrollen des Lokalbefunds sind regelmäßige Untersuchungen der Lunge im Rahmen der regulären, engmaschigen Nachsorge obligat.


Sonderformen des Osteosarkoms (Auswahl, Tab. 1)

Kleinzellige Osteosarkome

Das sehr seltene, kleinzellige Osteosarkom ist ein Subtyp des klassischen high-grade-Osteosarkoms und tritt gelegentlich (10–15 %) in den diaphysären Knochenabschnitten der langen Röhrenknochen auf. Histopathologisch muss es von einem Ewing-Sarkom abgegrenzt werden. Das kleinzellige Osteosarkom hat eine etwas schlechtere Prognose als das klassische Osteosarkom [3, 6].

Teleangiektatische Osteosarkome

Das teleangiektatische Osteosarkom ist ebenfalls eine Sonderform des klassischen Osteosarkoms und tritt gehäuft kniegelenksnah (60 %) oder am Humerus (20 %) auf. Radiologisch und histopathologisch kann es einer aneurysmatischen Knochenzyste ähneln [3, 7]. Im MRT imponieren multiple, häufig auch Flüssigkeitsspiegel enthaltende zystische Hohlräume mit teils soliden Komponenten und deutlicher Kontrastmittelaufnahme (Abb. 2). Nicht selten kommt es zu einer pathologischen Fraktur [8]. Das teleangiektatische Osteosarkom galt früher als pro­gnostisch ungünstig, besitzt jedoch mit den aktuellen Chemotherapie-Protokollen eine dem klassischen Osteosarkom vergleichbare Prognose [3].

Niedrigmaligne zentrale Osteosarkome

Dieser seltene Subtyp des intramedullären Osteosarkoms findet sich gehäuft in den langen Röhrenknochen nahe des Kniegelenks und tritt vorwiegend im zweiten und dritten Lebensjahrzehnt auf. Das niedrigmaligne zentrale Osteosarkom weist ein niedriges Metastasierungsrisiko auf und wächst zumeist langsam. Differentialdiagnostisch ist es gegen die aggressive fibröse Dysplasie abzugrenzen, die jedoch meist polyostotisch auftritt.

Periphere Osteosarkome

Oberflächliche (periphere) Osteosarkome wie das parossale, das periostale oder das hochmaligne Oberflächen-Osteosarkom (high grade surface osteosarcoma) wachsen auf oder nahe der Knochenoberfläche.
Das parossale low-grade-Osteosarkom wächst langsam aus der Kompakta heraus; im Gegensatz zum periostalen Osteosarkom kann es den Markraum infiltrieren. Vor allem nahe der Kortikalis ist die Verknöcherung initial sehr stark ausgeprägt. Eine vom Zentrum der Läsion ausgehende und nach peripher abnehmende Ossifikation ist das typische Erscheinungsbild (reverse zoning phenomenon). Dies erlaubt die Unterscheidung von einer wichtigen Differentialdiagnose – der Myositis ossificans –, bei der die Ossifikation in umgekehrter Richtung mit Beginn in der Peripherie verläuft (zoning phenomenon). Die weitaus häufigste Lokalisation (70 %) des parossalen Osteosarkoms ist das Planum popliteum des distalen Femurs.
Im Gegensatz zu high-grade Osteosarkomen kann bei parossalen und periostalen Osteosarkomen – insbesondere bei low-grade-Tumoren und fehlender Infiltration des Markraums – die Resektion alleine kurativ sein [4].

Sekundäre Osteosarkome

Sekundäre Osteosarkome werden vor allem jenseits des 40. Lebensjahrs dia­gnostiziert. Sie entstehen in der Mehrheit der Fälle auf dem Boden eines Morbus Paget oder einer vorausgegangenen (früheren) Strahlentherapie. Die Prognose ist aufgrund der meist fehlenden Sensitivität gegenüber Chemotherapeutika schlechter als bei klassischen Osteosarkomen.


Ewing-Sarkom

Definition, Epidemiologie und Klassifikation

In der aktuellsten Version der WHO-Klassifikation von Knochen- und Weichteiltumoren wird das Ewing-Sarkom in die neugebildete Gruppe der „undifferenzierten klein-rundzelligen Tumoren“ eingeteilt [1]. Ebenfalls dieser Gruppe zugeordnet wurden Tumoren, die bislang pauschal als „Ewing-like Sarkome“ bezeichnet wurden. Da jedoch genetisch wie klinisch Unterschiede zum klassischen Ewing-Sarkom bestehen, wurden hierbei drei neue, eigenständige Entitäten entsprechend ihrer genetischen Charakteristika (Round cell sarcoma with EWSR1-non-ETS fusion, CIC-rearranged sarcoma, Sarcoma with BCOR genetic alterations) benannt, die historische Bezeichnung Ewing-like-Sarkom ist obsolet. Ebenfalls nicht mehr empfohlen wird der Terminus Askin-Tumor, mit dem bislang Ewing-Sarkome der Brustwand bezeichnet wurden.
Definitionsgemäß handelt es sich bei dem klassischen Ewing-Sarkom um ein klein-rundzelliges Sarkom mit Nachweis einer charakteristischen Fusion eines Gens der FET-Familie (gewöhnlich EWSR1) und einem Transkriptionsfaktor der ETS-Gruppe [1].
Etwa 6–8 % aller primär malignen Knochentumoren sind Ewing-Sarkome, im Kindesalter stellen sie hinter dem Osteosarkom (s. o.) den zweithäufigsten primär malignen Knochentumor dar. Acht von zehn Patienten sind Kinder und Jugendliche im Alter von unter 20 Jahren, das männliche Geschlecht überwiegt mit einem Verhältnis von etwa 1,4 : 1 [21]. Ewing-Sarkome treten vor allem in den diaphysären (Abb. 3) bzw. metadiaphysären Zonen der langen Röhrenknochen sowie im Becken und den Rippen auf, prinzipiell kann jedoch jeder Knochen betroffen sein.

Bei etwa 12 % der Fälle handelt es sich um ein im Weichgewebe auftretendes extraskelettales Ewing-Sarkom [1, 22]. Bei Ewing-Sarkomen handelt es sich stets um high-grade-Tumoren, etwa 20–25 % weisen bereits bei Dia­gnosestellung Fernmetastasen auf [21].

Ätiologie

Im Gegensatz zum Osteosarkom ist die Onkogenese des Ewings-Sarkoms bekannt bzw. gut erforscht. Wie bereits erwähnt ist der Ausgangspunkt eine chromosomale Translokation, die zur Fusion eines FET-Proteins mit einem ETS-Transkriptionsfaktor führt. Am häufigsten (bei mehr als 85 % aller Ewing-Sarkome) findet sich die Translokation t(11;22) (q22;q24), die zur Fusion des FET-Proteins EWS mit dem Transkriptionsfaktor FLI1 führt. Die Fusionsproteine bewirken die Dysregulation von weiter „downstream“ gelegenen Genen und hierdurch eine Änderung der Zellbio-logie. Diese Veränderungen sind patho-gnomonisch für Ewing-Sarkome, eine Assoziation mit anderen Tumoren ist bislang nicht bekannt [23–27]. Obgleich Keimbahnmutationen entdeckt wurden, handelt es sich bei den meisten Fällen um ein sporadisches Auftreten [1].

Klinik und Labor

Wie auch beim Osteosarkom ist das häufigste Symptom ein tiefsitzender, dumpfer Schmerz, der mit der Zeit progredient und oft refraktär gegenüber Analgetika wird. Manchmal findet sich eine tastbare, druckdolente Raumforderung. Systemische Zeichen wie Lethargie, Unwohlsein und Fieber können – insbesondere bei fortgeschrittenen oder metastasierten Situationen – vorliegen. Laborchemisch zeigt sich oftmals eine unspezifische Anämie, eine Leukozytose und eine beschleunigte Blutsenkung, was mitunter zur Fehldiagnose einer Osteomyelitis führen kann. Eine erhöhte Laktatdehydrogenase im Serum kann auf vorhandene Metastasen deuten [4].
In selteneren Fällen kann auch eine pathologische Fraktur das Erstsymptom der Erkrankung sein. Die Rate an pathologischen Frakturen wird insgesamt in der Literatur mit 10–15 % angegeben [4]. Die Dauer von Symptombeginn bis Diagnosestellung beträgt im Durchschnitt vier Monate, besonders bei einer Lage im Becken oder der Brustwand bleiben die Tumoren jedoch oftmals längere Zeit unerkannt [28].

Diagnostik

Wie bei allen Knochentumoren stellt auch beim Ewing-Sarkom das konventionelle Röntgenbild die Basisdiagnostik dar [29, 30]. Hierbei kommt zumeist eine in­tramedulläre, unscharf begrenzte Osteolyse zur Darstellung, die kleinfleckige und/oder mottenfraßartige Aufhellungen haben kann. Eine permeative Knochen-destruktion in Kombination mit einer zwiebelschalenartigen Periostreaktion (multiple Schichten ossifizierter Periostlamellen) gilt als klassische Erscheinungsform, tritt jedoch nur in weniger als 25 % der Fälle auf [4]. Bei Durchbruch der Kortikalis kann es auch zur Bildung von sog. Spiculae (feine, von der Kortikalis ausgehende Verkalkungen) kommen. Auch die Magnetresonanztomographie (MRT) des Ewing-Sarkoms ist unspezifisch und gestattet häufig keine definitive Diagnose bzw. Abgrenzung gegenüber den wichtigsten Differenzialdiagnosen (Osteomyelitis, Lymphom, eosinophiles Granulom, Osteosarkom oder Metastase). Der Tumor stellt sich in der T1-gewichteten Sequenz signalarm bzw. mäßig signalreich im T2-gewichteten Bild dar. Die Kontrastmittelaufnahme des Tumors ist sehr inhomogen. Wichtiges Differenzierungsmerkmal gegenüber einer akuten Osteomyelitis ist die beim Tumor meist schärfere intramedulläre Abgrenzung gegenüber dem gesunden Knochenmark sowie ggf. das Vorliegen einer extra-
ossären Weichteilkomponente. Letztere (Weichteilkomponente) ist häufig sehr ausgedehnt und typischerweise von einem starken peritumoralen Ödem umgeben (Abb. 3; [31]).
Die MRT stellt den Goldstandard für die Festlegung der lokalen Tumorausdehnung dar. Wie auch beim Osteosarkom (s. o.) ist die bildgebende Darstellung des gesamten tumortragenden Knochensegments mit angrenzenden Gelenken obligat, um eventuell vorliegende Skip-Läsionen erkennen und in die operative Therapieplanung miteinbeziehen zu können. Ebenfalls haben auch die für das Osteosarkom aufgeführten Überlegungen hinsichtlich einer möglichen Gelenkinvasion bzw. einer Infiltration der Gefäß-/Nervenstrukturen auch für Ewing-Sarkome Gültigkeit. Die Ausbreitungsdiagnostik (systemisches Staging) beinhaltet zumeist ein CT-Thorax sowie ein Ganzkörper-PET‑CT oder -PET‑MRT.
Die Diagnose wird auch bei Ewing-Sarkomen histologisch nach entsprechender Biopsieentnahme gestellt. Immunhistochemisch lässt sich u. a. das auf den Zellen des Ewing-Sarkoms exprimierte MIC-2-Genprodukt CD99 nachweisen, dessen Sensitivität für die Diagnostik des Ewing-Sarkoms bei etwa 95 % liegt [32]. Molekularpathologisch ist der Nachweis einer für das Ewing-Sarkom spezifischen Translokation (s. o.) beweisend und vor allem auch in der Abgrenzung zu anderen klein-rundzelligen Tumoren von Bedeutung. Die Mitbeurteilung durch eine Referenzpathologie ist dennoch wie bei Osteosarkomen obligat. Hinsichtlich weiterer histopathologischer und molekularpathologischer Charakteristika des Ewing-Sarkoms sei auch an dieser Stelle an die aktuellste Ausgabe der WHO-Klassifikation von Knochen- und Weichgewebstumoren verwiesen [1].

Therapie

Wie auch beim Osteosarkom erfolgt die interdisziplinäre Therapie des Ewing-Sarkoms gemäß einer internationalen Therapie-Optimierungsstudie (E.W.I.N.G 2008 = Ewing Tumour Working Initiative of National Groups – 2008; [33]). Allen Patienten gemeinsam ist eine neoadjuvante Induktionschemotherapie mit sechs Zyklen VIDE (Vincristin, Ifosfamid, Doxorubicin und Etoposid). Hierauf schließt sich die Lokaltherapie an, die die weite Tumorresektion bzw. die weite Resektion mit einer adjuvanten Bestrahlung beinhaltet. Aktuelle Studien konnten einen Vorteil der weiten Resektion gegenüber der definitiven Radiotherapie zeigen. Da das Ewing-Sarkom im Vergleich zum Osteosarkom insgesamt aber eine relativ hohe Strahlensensibilität aufweist, kann die chirurgische Tumorresektion in Einzelfällen durch eine definitive Strahlentherapie ersetzt werden, was jedoch mit einer etwas höheren Lokalrezidivrate vergesellschaftet ist [34–36]. Eine alleinige Radiochemotherapie, mit lokalen Kontrollraten von 80–85 % ist daher zumeist nur bei nicht-operablen Tumoren oder stark mutilierenden Eingriffen indiziert [4]. Eine Strahlentherapie zusätzlich zur neoadjuvanten Chemotherapie kann jedoch zur Verbesserung der Operabilität bei initial nicht-resektablen Befunden oder bei Größenprogress unter der Induktionstherapie in Erwägung gezogen werden. Eine adjuvante Strahlentherapie ist besonders bei unvollständiger Resektion oder schlechtem Ansprechen auf die neoadjuvante Systemtherapie obligat. Nach der Lokaltherapie schließt sich eine adjuvante Chemotherapie an. Die Patienten wurden hierbei bislang im Rahmen einer Risikostratifizierung (basierend auf Parametern wie Tumorvolumen, Regressionsgrad nach neoadjuvanter Chemotherapie, Metastasierungsstatus etc.) in 3 Risikogruppen eingeteilt und hinsichtlich zweier Behandlungsschemata innerhalb der jeweiligen Gruppe randomisiert. Da die E.W.I.N.G2008-Studie seit dem 01.07.2019 für eine Randomisierung geschlossen ist, wird aktuell empfohlen, bis zum Start einer Nachfolgestudie alle Patienten nach der jeweiligen Standard-therapie zu behandeln.
Diese beinhaltet in der Adjuvanz acht Kurse VAC für weibliche Patienten (Vincristin, Actinomycin D und Cyclophosphamid) bzw. acht Zyklen VAI für männliche Patienten (Vincristin, Actinomycin D und Ifosfamid. In Vorgängerstudien konnte hierbei gezeigt werden, dass eine geschlechterspezifische Tendenz für ein günstigeres Outcome bei der Behandlung mit Ifosfamid für männliche Patienten – bei jedoch gleichzeitig höherer Toxizität – besteht [37]. Da sich für weibliche Patienten vermutlich kein Vorteil ergibt, wird zugunsten der geringeren Toxizität Cy­clophosphamid statt Ifosfamid verabreicht.

Prognose und Nachbehandlung

Durch Einführung der multimodalen Therapie hat sich die Prognose des Ewing-Sarkoms insgesamt deutlich verbessert: Bei einem lokalisierten Ewing-Sarkom liegt die 5-Jahres-Überlebenrate heute bei 65–70 %, bei Vorliegen isolierter Lungenmetastasen fällt sie auf ca. 50 % und bei anderweitigen Fernmetastasen oder Frührezidiven auf unter 30 % [1]. Weitere negative prognostische Faktoren sind die Lokalisation (z. B. Becken) sowie ein schlechtes Ansprechen auf die neo-adjuvante Chemotherapie [27, 38]. Eine engmaschige Nachsorge ist zur möglichst frühen Erkennung von Rezidiven bzw. Metastasen und somit Verbesserung der Chancen für eine Kuration von hoher Wichtigkeit.
Um die Prognose bei Patienten mit Ewing-Sarkomen verbessern zu können, sind weitere, groß angelegte Studien sowie die Erprobung neuartiger Substanzen dringend erforderlich.

Summary

Diagnosis and treatment of osteosarcoma and Ewing´s sarcoma

Osteosarcoma is the most common primary high-grade sarcoma of the skel­eton with a characteristic osteoid production of its tumor cells. More than one half of all cases develop in the second decade of life. Besides neo- and adjuvant chemotherapy, wide resection with biologic or endoprosthetic reconstruction is the mainstay of the interdisciplinary treatment regime.
Currently, 70% of patients with localized disease are long-term survivors, but survival rates in metastatic or recurrent disease are still poor. Promising new drugs for targeted therapy are being tested.
Ewing´s sarcoma is a small round cell sarcoma with characteristic gene fusions and a peak incidence during childhood and adolescence. Early diagnosis and treatment are of the outmost importance. The latter consists of multimodal therapy – a sequence of neoadjuvant chemotherapy, wide tumor resection and adjuvant chemotherapy. Additional radiation therapy can be useful. The cure rate is 65–70 % for localized forms and < 30 % for metastatic disease.
Keywords: osteosarcoma, Ewing´s sarcoma, histopathology, staging, limb-conserving surgery, amputation, chemotherapy, wide resection, radiotherapy

 

Autoren
PD Dr. med. Ulrich Lenze (korrespondierend)
Sebastian Breden
Prof. Dr. Dr. med. Hans Rechl
Prof. Dr. med. Rüdiger von Eisenhart-Rothe
Dr. med. Carolin Knebel
Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Sportorthopädie
Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
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