Aktuelle Daten zur Therapie des Prostatakarzinoms vom ASCO Genitourinary Cancers Symposium 2022
Beim Genitourinary Cancers Symposium der American Society of Clinical Oncology (ASCO), das Mitte Februar sowohl in San Francisco, CA, USA, als auch virtuell stattfand, wurde eine Vielzahl aktueller Studiendaten zur Therapie des Prostatakarzinoms vorgestellt. Schwerpunkt unserer Zusammenfassung liegt in der systemischen Therapie fortgeschrittener Tumorstadien, bei der unter anderem spannende Daten zur Triplett-Therapie im hormonsensitiven Stadium und zu PARP-Inhibitor-basierten Kombinationen in der Erstlinientherapie im kastrationsresistenten Stadium im Zentrum der Aufmerksamkeit standen.
Schlüsselwörter: Neoadjuvante Therapie, mHSPC, mCRPC, PARP-Inhibition, Kastrationsresistenz, BRCA-Mutation
Neues zur neoadjuvanten Therapie
Eine neoadjuvante Therapie vor radikaler Prostatektomie ist derzeit nicht von Leitlinien empfohlen. Die von Prof. Neil Fleshner, Toronto, Kanada, vorgestellte randomisierte Phase-II-Studie ACDC-RP untersuchte die Wirksamkeit einer sechsmonatigen neoadjuvanten Therapie mit Abirateron/Prednison/Leuprolid mit oder ohne zusätzliches Cabazitaxel plus G-CSF-Prophylaxe bei Patienten mit lokalisiertem Prostatakarzinom und hohem Rezidivrisiko. 77 Patienten mit einem mittleren Alter von knapp 63 Jahren und einem durchschnittlichen PSA-Wert von 37,4 ng/dl wurden randomisiert, 70 erhielten die volle Therapie über sechs Monate.
Insgesamt hatten fünf (7 %) der Patienten eine pathologische Remission, davon stammten zwei aus dem Chemotherapie-Arm. 44 % der 70 Patienten erreichten das primäre Studienziel, ein komplettes Ansprechen (CR) oder minimale Resterkrankung (MRD, definiert als ≤ 5 % Prostatavolumen von Tumor infiltriert). Die Kaplan-Meier-Kurven zum Überleben ohne biochemisches Rezidiv zeigten keinen Unterschied zwischen den beiden neoadjuvanten Regimen (p = 0,75), aber ein deutlich verbessertes Überleben ohne biochemisches Rezidiv bei denjenigen Patienten, die eine CR oder MRD durch die neoadjuvante Therapie erreicht hatten (p = 0,096). Zur Bestimmung von Prädiktoren für das Ansprechen auf die neoadjuvante Therapie sind molekulare Analysen geplant [1].
In einer General Session stellte Prof. Mary-Ellen, Boston, MA, USA, laufende Studien zu neoadjuvanten Therapiekonzepten vor: So rekrutiert derzeit die internationale Phase-III-Studie PROTEUS, in der die Patienten vor der radikalen Prostatektomie mit Dissektion pelviner Lymphknoten eine neoadjuvante ADT in Kombination mit Apalutamid oder mit Placebo, und nach der Operation dieselben Regime als adjuvante Therapie erhalten. Erste Ergebnisse der Studie sind frühestens 2026 zu erwarten. Außerdem läuft die multi-Arm, multi-Stage Studie GUNS (Genomic Umbrella Neoadjuvant Study), die auf einer genomischen Charakterisierung der Prostatakarzinome beruht und zielgerichtete Substanzen im Rahmen neoadjuvanter Kombinationsstrategien – ADT + ein oder zwei NHA, ADT + NHA +/- Docetaxel, ADT + NHA + PARP-Inhibitor (Niraparib), ADT + NHA + Immuncheckpoint-Inhibitor (Atezolizumab) – prüft, um den heterogenen Treibern des Tumorwachstums Rechnung zu tragen. Die einarmige neoadjuvante Phase-II-Studie NEPTUNE untersucht Olaparib + ADT bei 32 Patienten mit BRCA-Mutation.
mHSPC
Daten zur Knochendichte aus PEACE-1
Bereits letztes Jahr hatten beim ESMO- und ASCO-Kongress vorgestellte Daten der PEACE-1-Studie bei Patienten mit de novo mHSPC einen Vorteil für eine Triplett-Therapie mit ADT + Docetaxel und zusätzlichem Abirateron (+ Prednison) gegenüber der Kombination ADT + Docetaxel gezeigt, und zwar sowohl hinsichtlich des radiographisch progressionsfreien Überlebens (rPFS) [2] als auch des Gesamtüberlebens (OS) [3]. Beim ASCO-GU wurden nun die im Rahmen der PEACE-1-Studie prospektiv erfassten Daten zur Knochendichte vorgestellt [4]. In beiden Armen kam es zu einem Verlust an Knochenmasse. Die zentrale Fragstellung der Analyse war aber, ob dieser zu erwartende Effekt durch zusätzliches Abirateron noch verstärkt wird. Dies war in den ersten beiden Jahren nicht oder in nicht nennenswertem Umfang der Fall, wie Dr. Guilhem Roubaud, Bordeaux, Frankreich, darlegte, der aber auch auf die kurze Nachbeobachtungszeit, die relativ kleine Patientenzahl und die Problematik von Knochendichtemessungen bei Vorliegen ossärer Metastasen hinwies.
ARASENS: Triplett-Therapie mit Darolutamid verlängert Überleben
Außerdem wurden neue Daten zu einer weiteren Triplett-Therapie bei Patienten mit mHSPC vorgestellt, bei der die Standardtherapie mit ADT + Docetaxel mit einem NHA ergänzt wurde: In der internationalen, randomisierten, doppelblinden Phase-III-Studie ARASENS erhielten die 1.306 Patienten mit de novo mHSPC eine ADT und sechs Zyklen Docetaxel und zusätzlich 1 : 1 randomisiert entweder Darolutamid oder Placebo [5]. Die beim ASCO-GU von Prof. Matthew Smith, Boston, vorgestellten ersten Daten der zulassungsrelevanten Studie zeigten eine statistisch signifikante Verlängerung des OS mit einem um 32,5 % verringerten Sterberisiko (Hazard Ratio (HR) 0,68; 95%-KI 0,57–0,80; p < 0,001), der auch in allen präspezifizierten Subgruppen gesehen wurde. Nach vier Jahren lebten 62,7 % der Patienten im Darolutamid- vs. 50,4 % im Placebo-Arm (Abb. 1).

Abb. 1 Gesamtüberleben in der Gesamtpopulation der ARASENS-Studie. Mod. nach [5].
Die OS-Verlängerung wurde trotz der hohen Rate an nachfolgenden lebensverlängernden Therapien von 75,6 % im Placebo-Arm (vs. 56,8 % im Darolutamid-Arm) erzielt, so Smith. Auch sekundäre Endpunkte wie die Zeit bis zur Kastrationsresistenz oder die Zeit bis zur ersten nachfolgenden antineoplastischen Therapie wurden durch zusätzliches Darolutamid signifikant. Die Rate an unerwünschten Ereignissen unterschied sich kaum zwischen den beiden Armen. Sowohl Smith als auch Prof. Elisabeth Heath, Detroit, MI, USA, die die Studie auf dem ASCO-GU diskutierte, schlussfolgerten, dass ADT + Docetaxel + Darolutamid ein neuer Therapiestandard beim mHSPC werden sollte.
mCRPC
Abirateron plus PARP-Inhibitor
Bisher ist Olaparib nur bei mCRPC-Patienten mit BRCA1/2-Mutation (EMA-Zulassung) bzw. mit einer Mutation der Gene der homologen Rekombinationsreparatur (HRR; FDA-Zulassung) nach NHA-Vorbehandlung zugelassen. Verschiedene präklinische Studien haben Hinweise auf Synergismen zwischen dem Androgenbiosynthese-Inhibitor Abirateron und dem PARP-Inhibitor Olaparib geliefert. Vom kombinierten Effekt der beiden Substanzen erhofft man sich auch bei Patienten ohne HRR-Mutationen eine Wirksamkeit. Und tatsächlich führte die Kombination von Olaparib und Abirateron in einer Phase-II-Studie bei mCRPC-Patienten unabhängig von ihrem HRR-Mutationsstatus zu einer signifikanten Verbesserung des rPFS [6]. Beim ASCO-GU wurden nun zwei im Design ähnliche Studien vorgestellt, die die Kombination aus einem PARP-Inhibitor und Abirateron als Erstlinientherapie untersuchten.
PROpel: Abirateron plus Olaparib
Die von Prof. Fred Saad, Montreal, Kanada, vorgestellte Phase-III-Studie PROpel hatte eine Allcomer-Population, verglich also die Kombination Abirateron/Prednison und Olaparib mit alleinigem Abirateron/Prednison als Erstlinientherapie bei mCRPC-Patienten unabhängig von deren HRR-Mutationsstatus [7].
Im Abirateron+Olaparib(AO)-Arm waren 25,8 % der Patienten symptomatisch, im Abirateron+Placebo(AP)-Arm waren es 20,2 %. In beiden Armen waren etwa 22 % der Patienten mit Docetaxel-vorbehandelt. Eine ADT wurde während der gesamten Studie fortgeführt, die Randomisierung erfolgte 1 : 1. Primärer Endpunkt war das rPFS nach Beurteilung des Prüfarztes. Der HRR-Mutationsstatus der Patienten wurde retrospektiv bestimmt: Mutationen in den HRR-Genen wurden bei 27,8 % der Patienten im AO-Arm und 29 % im AP-Arm nachgewiesen.
34%ige Risikoreduktion für Progress oder Tod
Die Kombination von Abirateron und Olaparib verlängerte das mediane rPFS nach Beurteilung des Prüfarztes gegenüber alleinigem Abirateron (16,6 Monate) um 8,2 Monate signifikant auf 24,8 Monate (HR 0,66; 95%-KI 0,54–0,81; p < 0,0001) (Abb. 2).

Abb. 2 Radiographisch progressionsfreies Überleben in der Gesamtpopulation der PROpel-Studie nach Beurteilung des Prüfarztes. Mod. nach [7].
Das entspricht einer Verringerung des Risikos für eine radiographische Progression oder Tod um 34 % durch den zusätzlichen PARP-Inhibitor gegenüber dem bisherigen Therapiestandard einer NHA-Monotherapie. Seines Wissens sei das das bisher längste beobachtete rPFS beim mCRPC, kommentierte Saad. In der Subgruppenanalyse profitierten alle vorab spezifizierten Subgruppen von der Kombinationstherapie mit Olaparib, am deutlichsten die Patienten mit einer HRR-Alteration (HR 0,50).
Die Daten zum sekundären Endpunkt OS waren zum Zeitpunkt des Datenschnitts noch unreif. Die objektive Ansprechrate (ORR) war im AO-Arm mit 58,4 % signifikant höher als im AP-Arm mit 48,1 %. Auch die Zeit bis zur Folgetherapie und das PFS2 – also die Zeitspanne bis zum zweiten Progress oder Tod – waren im AO-Arm signifikant länger.
Höhergradige (Grad ≥ 3) unerwünschte Ereignisse waren im AO-Arm erwartungsgemäß häufiger (47,2 % vs. 38,4 %), v. a. Anämien vom Grad ≥ 3 (15,1 % vs. 3,3 %). 13,8 % der Patienten brachen die Behandlung mit Olaparib ab gegenüber 7,8 %, die die Placebo-Komponente ihrer Kombination absetzten. Die Abbruchrate von Abirateron unterschied sich bei den Armen nicht. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität in beiden Studienarmen war vergleichbar, wie die Auswertung der FACT-P(Functional Assessment of Cancer Therapy-Prostate)-Fragebögen zeigte. Saad: „Die Lebensqualität war gut, die meisten Patienten konnten unter Therapie bleiben.“
MAGNITUDE: Abirateron + Niraparib
Mit MAGNITUDE wurde von Dr. Kim Chi, Vancouver, Kanada, eine auf den ersten Blick ähnliche Phase-III-Studie vorgestellt, die ebenfalls Placebo-kontrolliert Abirateron in Kombination mit einem PARP-Inhibitor, in diesem Fall das beim Prostatakarzinom noch nicht zugelassene Niraparib, in der Erstlinientherapie des mCRPC untersuchte [8]. Primärer Endpunkt war auch hier das rPFs, das OS war ebenfalls ein sekundärer Endpunkt. Allerdings unterschieden sich die Studien u. a. in einem Punkt deutlich: Bei MAGNITUDE wurde der Vergleich bei prospektiv Biomarker-selektionierten Patienten durchgeführt, nämlich bei Patienten mit und ohne HRR-Alteration. Beide Patientengruppen wurden getrennt voneinander 1 : 1 randomisiert – sodass man von zwei Studien innerhalb von MAGNITUDE sprechen konnte, wie die Diskutantin der beiden Studien, Prof. Celestia Higano, Seattle, WA, USA, bemerkte. Für die Gruppe der Patienten mit HRR-Alteration wurde eine Zahl von 400 Patienten, für die Gruppe ohne HRR-Alteration von 600 Patienten geplant. In dieser Gruppe wurde eine präspezifizierte Futility-Analyse der Kombinationstherapie nach 200 der 600 geplanten Patienten durchgeführt. Da hier keine Verbesserung des PFS durch die Kombination von Abirateron + Niraparib gesehen wurde, wurde die Rekrutierung in diese Therapiegruppe beendet.
47%ige Risikoreduktion für Progress oder Tod bei BRCA-Mutation
Bei allen Biomarker-positiven Patienten mit HRR-Alteration zeigte sich in der Auswertung durch einen zentralen Review eine moderate Verlängerung des medianen rPFS um 2,8 Monate, von 13,7 Monaten unter Abirateron + Placebo auf 16,5 Monate unter Abirateron + Niraparib (HR 0,73; 95%-KI 0,56–0,96; p = 0,0217). Bei den Patienten mit BRCA1/2-Mutation wurde das mediane rPFS von 10,9 auf 16,6 Monate verlängert (HR 0,53; 95%-KI 0,36–0,79; p = 0,0014). Auch mit Niraparib + Olaparib zeigt sich damit eine signifikante Verringerung des Risikos für einen Tumorprogress oder Tod, und zwar um 47 % bei den Patienten mit BRCA1/2-Mutation und um 27 % in der Gesamtgruppe der Patienten mit einer HRR-Alteration. Auch in der MAGNITUDE-Studie waren die Daten zum OS noch nicht reif.
Der Vergleich der Daten aus PROpel und MAGNITUDE ist schwierig. Auf jeden Fall sollten dafür auch für PROpel die durch den zentralen verblindeten Review bestimmten rPFS-Daten herangezogen werden. Auch diese wurden für PROpel bestimmt, waren aber nicht der primäre Endpunkt, betonte Higano. Ein weiterer Unterschied der Studien liegt darin, dass Olaparib in der vollen Dosierung, Niraparib aber in einer – gegenüber einer Monotherapie – reduzierten Dosierung gegeben wurde.
PRESIDE: Weiterbehandlung mit Enzalutamid bei Progress
Ein Problem der Therapie metastasierter Tumorerkrankungen ist die Heterogenität der Erkrankung mit verschiedenen Resistenzen und Treibermutationen in den einzelnen Subklonen. Dieser Problematik versuchte die PRESIDE-Studie Rechnung zu tragen, indem man untersuchte, ob die Fortsetzung von Enzalutamid parallel zur Chemotherapie eine unveränderte Kontrolle der noch ansprechenden Tumoranteile ermöglicht, es aber auch erlaubt, mit Docetaxel diejenigen Subklone anzugreifen, die das Tumorwachstum über zusätzliche aktive Signalwege vorantreiben [9]. Die von Prof. Axel Merseburger, Lübeck, vorgestellte doppelblinde Phase-III-Studie verglich die Wirksamkeit von Enzalutamid/Docetaxel/Prednisolon mit Placebo/Docetaxel/Prednisolon bei 273 Chemotherapie-naiven mCRPC-Patienten mit Progress unter Enzalutamid.
Signifikante Verringerung des Progressionsrisikos
Es zeigte sich eine signifikante Verringerung des Risikos für eine radiographische oder klinische Progression. Das mediane PFS betrug im Enzalutamid/Docetaxel/Prednisolon-Arm 9,5 Monate vs. 8,3 Monate im Placebo/Docetaxel/Prednisolon-Arm (HR 0,72; 95%-KI 0,53–0,96; p = 0,027, Abb. 3).

Abb. 3 Progressionsfreies Überleben in der PRESIDE-Studie. Mod. nach [9].
Deutlicher war der Unterschied beim sekundären Endpunkt, der Zeit bis zum Anstieg des PSA-Werts (8,4 Monate vs. 6,2 Monate; HR 0,58; 95%-KI 0,41–0,82; p = 0,002). Zur Verträglichkeit der Regime war festzustellen, dass bei Fortführung von Enzalutamid mit 49,3 % etwas häufiger Nebenwirkungen auftraten als im Placebo/Docetaxel/Prednisolon-Arm (38,5 %). Dabei waren aber die schwerwiegenden Nebenwirkungen mit 7,4 % im Placebo-Arm häufiger als im Enzalutamid-haltigen Arm (5,1 %). Insgesamt verstärkte zusätzliches Enzalutamid die Toxizität nicht bedeutend, auch wenn etwas mehr Fatigue unter der Dreierkombination dokumentiert wurde. Die Daten zeigten, dass die Fortführung von Enzalutamid bei gleichzeitiger Gabe von Docetaxel/Prednisolon für einige mCRPC-Patienten mit Progress unter Enzalutamid eine Option darstellen kann, so Merseburger.
Neue Therapieansätze bei Kastrationsresistenz
Zur Überwindung der Kastrationsresistenz wurden u. a. zwei neue Substanzen vorgestellt, die am Androgenrezeptor (AR) ansetzen. Eine in Entwicklung befindliche Substanz ist ODM-208, mit der die Problematik umgangen werden soll, dass bei Mutationen in der Ligandenbindungsdomäne (LBD) des AR die Aktivierung des Signalweges und damit des Tumorwachstums auch über andere Liganden als über Androgene erfolgen kann [10]. Der neue orale, nicht-steroidale, selektive Inhibitor des Enzyms CYP11A1 greift deutlich früher in die Steroid-Biosynthese ein als Abirateron, das CYP17A1 hemmt. Dadurch wird nicht nur die Produktion von Androgenen, sondern die aller Steroidhormone und ihrer Vorstufen unterdrückt, die den AR-Signalweg aktivieren könnten. Prof. Karim Fizazi, Villejuif, Frankreich, präsentierte die Ergebnisse der ersten klinischen Studie mit ODM-208, der Phase-1/2-Studie CYPIDES bei 44 meist intensiv vorbehandelten mCRPC-Patienten [11]. Im Gesamtkollektiv betrug die Gesamtansprechrate (Rückgang des PSA-Werts um > 50 %) 32 %, bei den Patienten mit einer Mutation in der LBD des AR lag sie bei 68 %. Bei einigen Patienten wurde auch ein Langzeitansprechen gesehen. Das allgemeine Sicherheitsprofil war zwar unproblematisch, doch müssten die Patienten auf Symptome einer Nebenniereninsuffizienz überwacht werden, so Fizazi.
Ein anderer Ansatz zur Überwindung der Kastrationsresistenz und der Androgen-unabhängigen Aktivierung des AR-Signalweges wird mit ARV-110 verfolgt. Der PROteolysis TArgeting Chimera (PROTAC) Protein Degrader zerstört den AR. Frühere Phase-I-Daten hatten bereits klinische Aktivität von ARV-110 bei stark vorbehandelten mCRPC-Patienten und eine verstärkte Aktivität bei Vorliegen spezifischer AR-Mutationen wie ART878- und H875-Mutationen gezeigt [12]. Beim ASCO-GU wurden nun Daten einer Phase-I-Studie und Interimsdaten der Phase-II-Erweiterung präsentiert, der ARDENT-Studie [13]. Auch hier zeigte sich die Wirksamkeit von ARV-110 bei den vorbehandelten Patienten, und zwar wiederum besonders bei ART878- und H875-Mutation. Bei 46 % dieser Patienten ging der PSA-Wert um ≥ 50 % zurück. Aber auch in anderen Subgruppen ohne diese Mutationen wurden Rückgänge des PSA-Werts um ≥ 50 % beobachtet, berichtete Dr. Xin Gao, Boston. Die Nebenwirkungen der Substanz waren insgesamt gering, am häufigsten wurde Übelkeit von Grad 1–2 dokumentiert (42 %).
Das prostataspezifische Membranantigen (PSMA) wird auf der Oberfläche von Prostatakarzinomzellen einerseits für hochspezifische Diagnostik, andererseits für die Radionuklidtherapie beim mCRPC genutzt. Einige Beiträge zur Radioligandentherapie mit Lutetium-177-PSMA verdeutlichten, dass Patienten mit einer hohen PSMA-Expression im PSMA PET/CT besser auf die PSMA-Ligandentherapie ansprechen als Patienten mit niedriger oder fehlender Expression [14–16]. Außerdem zeigte eine Substudie der VISION-Studie, die die absorbierte Dosis von 177LuP SMA 617 in Organen quantifizierte, bei denen aufgrund des Expositionsniveaus oder der Strahlenempfindlichkeit vom Risiko einer Radiotoxizität auszugehen ist, dass Toxizitäten auch in Organen mit erhöhtem Risiko – wie den Nieren oder Tränen- und Speicheldrüsen – insgesamt selten auftreten und meist mild bis moderat ausgeprägt sind [17].