Neuigkeiten zur Lymphom-Therapie
ASCO/EHA/ICML 2019
Die Lymphom-Forschung gehört seit vielen Jahren zu den aktivsten Gebieten der Onkologie. Nachdem seit fast zwei Jahrzehnten die Antikörper-Therapie bei den Non-Hodgkin-Lymphomen und die immer mehr perfektionierte Polychemotherapie beim Hodgkin-Lymphom den Ton angegeben hatte, gab es in den letzten Jahren eine wahre Explosion an neuen Behandlungsmöglichkeiten – vor allem mit Antikörper-Toxin-Konjugaten, Immuncheckpoint-Inhibitoren und zielgerichteten Substanzen, die Lymphom-spezifische Signalwege inhibieren können. Spannende Neuigkeiten dazu – von denen wir hier nur eine Auswahl bringen können –wurden bei den Sommerkongressen präsentiert: beim ASCO-Kongress in Chicago, beim europäischen Hämatologenkongress in Amsterdam und bei der Lymphom-Konferenz in Lugano.
Indolente Non-Hodgkin-Lymphome
Rezidiviertes/refraktäres follikuläres Lymphom: Dreierkombination hochwirksam
Das follikuläre Non-Hodgkin-Lymphom verläuft meist relativ indolent, aber falls es rezidiviert oder gar therapierefraktär wird, ist die Prognose sehr ungünstig. Zu den neuen Therapieoptionen, die für diese Situation entwickelt werden, zählt das Antikörper-Toxin-Konjugat Polatuzumab Vedotin, das sich in einer Phase-Ib/II-Studie in der Dreierkombination zusammen mit Obinutuzumab und Lenalidomid als hochwirksam erwies.
Der Antikörper Polatuzumab bindet an das CD79b-Antigen, eine Komponente des B-Zell-Rezeptors. Durch Internalisierung des Komplexes wird das daran gekoppelte Zytostatikum in die Lymphomzellen aufgenommen, wo es gezielt seine toxische Wirkung entfaltet. Für die Kombination mit dem CD20-Antikörper Obinutuzumab wurde beim rezidivierten/refraktären follikulären Lymphom Aktivität gezeigt, ebenso für Obinutuzumab in Kombination mit dem Immunmodulator Lenalidomid bei nicht vorbehandelten Patienten; deshalb testete eine Phase-Ib/II-Studie die Kombination aus allen drei Substanzen bei bisher 52 Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem follikulärem Lymphom.
Die Interimsanalyse, die Catherine Diefenbach, New York, vorstellen konnte [1–3], umfasste lediglich 18 Patienten, die die Phase-II-Dosierung von sechsmal 1,4 mg/kg Polatuzumab und sechsmal Obinutuzumab alle vier Wochen sowie 20 mg Lenalidomid an 21 Tagen eines jeden 28-Tages-Zyklus erhalten hatten. Patienten, die nach der sechsmonatigen Induktionsphase mindestens eine stabile Erkrankung aufwiesen, erhielten außerdem eine zweijährige Erhaltungstherapie mit Obinutuzumab.
Bei drei Viertel aller Patienten wurden Grad-3/4-Nebenwirkungen gesehen, überwiegend Zytopenien, bei 12% der Patienten auch Infektionen. Die genannte Subgruppe von 18 Patienten erzielte unter der Dreierkombination nach Ende der Induktionsphase – bei einer medianen Nachbeobachtungsdauer von sechs Monaten – eine Gesamtansprechrate von 89% und eine Komplettremissionsrate nach den modifizierten Lugano-Kriterien von 67% (Tab. 1). Ein weiterer Patient (6%) erreichte zumindest eine Krankheitsstabilisierung, und der letzte wurde lediglich deshalb als nicht auswertbar qualifiziert, weil es noch keine PET-Aufnahme vom Ende der Induktion gab.
Modifizierte Lugano-Kriterien 2014 | Lugano-Kriterien 2014 | |||
Durch Prüfärzte | Unabhängiger Review | Durch Prüfärzte | Unabhängiger Review | |
Bestes Ansprechen insgesamt | 16 (89%) | 16 (89%) | 16 (89%) | 16 (89%) |
Komplettremissionen | 11 (61%)1 | 12 (67%)2 | 14 (78%) | 14 (78%) |
Partielle Remissionen | 5 (28%) | 4 (22%) | 2 (11%) | 2 (11%) |
Krankheitsstabilisierung | 1 (6%) | 1 (6%) | 1 (6%) | 1 (6%) |
Progression | 0 | 0 | 0 | 0 |
Fehlende Daten bzw. nicht auswertbar | 1 (6%)3 | 1 (6%)3 | 1 (6%)3 | 1 (6%)3 |
13 Patienten bzw. 22 Patienten herabgestuft wegen fehlender Knochenmarkbiopsie; | ||||
31 Patient hatte im Interims-CT eine partielle Remission, aber zum Ende der Induktionstherapie vor Durchführung der Stammzelltransplantation kein PET. |
Tab. 1 Ansprechraten unter der Dreierkombination aus Polatuzumab Vedotin, Obinutuzumab und Lenalidomid. Nach [1].
Beim progressionsfreien Überleben ist der Medianwert noch bei Weitem nicht erreicht: Nach zwölf Monaten waren 90% der Patienten progressionsfrei am Leben, die längsten Remissionen bestehen seit über 21 Monaten, und von den 17 Respondern sind bislang lediglich zwei progredient.
Die Dreierkombination aus Polatuzumab Vedotin, Obinutuzumab und Lenalidomid ist also ausreichend verträglich und scheint außerdem bei diesem schwierigen, stark vorbehandelten Kollektiv hochwirksam zu sein. Sie hat laut Diefenbach sicherlich das Potential, künftig bei dieser Indikation eingesetzt zu werden, zumal Polatuzumab Vedotin in den USA und in der EU einen Vorzugsstatus für das jeweilige Zulassungsverfahren genießt.
GALLIUM: Obinutuzumab bei Hochrisiko-Patienten überlegen
Bei der Lymphom-Konferenz in Lugano wurde aus der GALLIUM-Studie zur Erstlinientherapie des follikulären Lymphoms eine Ad-hoc-Analyse der Subgruppe von 952 Patienten vorgestellt, die ein hohes Progressionsrisiko, d. h. einen FLIPI-Risikoscore von ≥ 2 aufwiesen [4]. Diese Patienten haben generell eine ungünstige Prognose, aber die Therapie mit Obinutuzumab und Chemotherapie konnte auch bei ihnen gegenüber der Rituximab-basierten Behandlung das Ergebnis signifikant verbessern: Das galt zum einen für die 4-Jahres-Rate des progressionsfreien Überlebens (78,2% vs. 64,4%) mit einer Hazard Ratio von 0,65 (95%-KI 0,52–0,82), d. h. einer Reduktion des Risikos für Progression oder Tod um 35% (Abb. 1), die damit noch stärker ausfiel als in der Intention-to-treat-Analyse aller Patienten (HR 0,73).


Der Vorteil überträgt sich auch auf die sekundären Endpunkte. Dazu zählen die Verlängerung der Zeit bis zur nächsten Anti-Lymphom-Therapie (81,8% vs. 71,2%; HR 0,62) sowie die POD24-Rate, d. h. der Anteil der Patienten, die innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren eine Progression ihrer Erkrankung erlitten: Ein solch früher Progress trat im Obinutuzumab-Arm nur bei 43 der Patienten und damit lediglich halb so oft auf wie in der Rituximab-Gruppe (85 Patienten; 9,6% vs. 18,7%).
Auch in der Hochrisikogruppe der Patienten mit einem FLIPI-Score von ≥ 2 zeigt sich also ein besseres Nutzen-Risiko-Profil für die Therapie mit dem glykomodifizierten Typ-II-anti-CD20-Antikörper Obinutuzumab.
Aggressive Non-Hodgkin-Lymphome
Rituximab-Erhaltungstherapie kein Thema mehr
Beim diffus-großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL) ist eine Immunchemotherapie mit dem CD20-Antikörper Rituximab und der CHOP-Chemotherapie (noch) der Standard, der in mehr als der Hälfte der Fälle zu einer Heilung führt. Ein nicht unerheblicher Teil der Patienten erleidet allerdings ein Rezidiv, das mit einer deutlich schlechteren Prognose assoziiert ist. Bemühungen, die Immunchemotherapie zu optimieren, haben hier nicht zum Erfolg geführt:
So hat in der Phase-III-Studie HOVON-84 eine Intensivierung der Rituximab-Behandlung in einer ersten Randomisierung keine Verbesserung der Prognose gebracht. Die Vorstellung der Ergebnisse zur zweiten Randomisierung beim ASCO- und beim EHA-Kongress durch Pieternella Lugtenburg, Rotterdam, hat nun die Diskussion um eine Erhaltungstherapie mit dem Antikörper – beim follikulären Lymphom mittlerweile Standard – definitiv beendet [5–7]: Weder beim primären Endpunkt krankheitsfreies Überleben noch beim Gesamtüberleben konnte bei Patienten in erster kompletter Remission mit einer zweijährigen Rituximab-Erhaltung ein signifikanter Vorteil erzielt werden – nicht im Gesamtkollektiv und auch nicht in irgendeiner der untersuchten Subgruppen.
Non-GCB-DLBCL: Ibrutinib und Lenalidomid zusätzlich zu R-CHOP
Die Heilungschancen beim DLBCL hängen auch vom Subtyp ab: Keimzentrums-Lymphome (GCB-Subtyp) sprechen sehr gut auf diese Behandlung an, während damit beim ABC-Subtyp (Activated B-Cell) weniger als die Hälfte der Patienten geheilt wird. Bei diesen liefert eine Ergänzung des R-CHOP-Protokolls um zwei moderne, zielgerichtete Lymphom-Medikamente sehr gute Ergebnisse, wie eine amerikanische Phase-II-Studie zeigt [8, 9]:
Der Non-GCB-Typ des DLBCL wird in der Regel immunhistochemisch – mithilfe des sogenannten Hans-Algorithmus – charakterisiert. Die Intensivierung der Chemotherapie durch Zugabe von Etoposid (R-EPOCH) hat die Ergebnisse nicht verbessert. Der Bruton-Tyrosinkinase-(BTK)-Inhibitor Ibrutinib und der Immunmodulator Lenalidomid haben sich hingegen in einer Reihe von Modellen für Non-GCB-DLBCL als aktiv erwiesen. Eine Kombination der beiden Medikamente führte beim rezidivierten oder refraktären Non-GCB-DLBCL in 55% der Fälle zu einer Remission, die für ungefähr neun Monate anhielt. In der Phase-II-Studie Smart start kombinierten Kollegen am M. D. Anderson Cancer Center in Houston daher beide Substanzen beim neu diagnostizierten Non-GCB-DLBCL mit dem normalen R-CHOP-Protokoll. Dabei, so Jason Westin, Houston, erhielten die Patienten zunächst zwei dreiwöchige Zyklen der Chemotherapie-freien Kombination aus Rituximab (375 mg/m2 an Tag 1), Ibrutinib (560 mg/d) und Lenalidomid (25 mg/d für zehn von 21 Tagen; RLI). Das wurde gefolgt von den üblichen sechs Zyklen R-CHOP, zu denen aber ebenfalls Ibrutinib und Lenalidomid hinzugegeben wurden.
Von den 58 auswertbaren Patienten hatten nach den beiden initialen Chemotherapie-freien Zyklen 86% angesprochen, 36% mit einer Komplettremission. Ein Patient in kompletter Remission lehnte die geplante Chemotherapie ab und ist mittlerweile mehr als 20 Monate lang rezidivfrei. Nach den sechs Zyklen RLI-CHOP hatte sich die Komplettremissionsrate auf 96% erhöht. Ebenfalls 96% der Patienten sind nach einem Jahr progressionsfrei, ebenso die 19 Patienten mit prognostisch besonders ungünstigen „Double-hit“-Lymphomen.
So erfolgreich die CHOP-Chemotherapie seit den 1970er-Jahren war, so gut sind derzeit die Aussichten, durch schrittweise Weiterentwicklung in klinischen Studien mit den modernen Medikamenten ganz von ihr wegzukommen.
T-Zell-Lymphome: Anti-CD30-Immunkonjugat in der Erstlinie
T-Zell-Lymphome sind eine sehr heterogene Untergruppe der aggressiven Non-Hodgkin-Lymphome. In der Phase-III-Studie ECHELON-2 wird randomisiert in jeweils sechs bis acht Zyklen das klassische CHOP-Protokoll mit der Kombination aus dem Immunkonjugat Brentuximab Vedotin und einem CHP-Regime (A-CHP) als Erstlinientherapie verglichen; bei A-CHP wurde gegenüber CHOP auf Vincristin verzichtet – weil es ebenso neurotoxisch ist wie das Immunkonjugat. Eingeschlossen wurden 452 erwachsene Patienten mit neu diagnostizierten, CD30-positiven (≥ 10% aller Zellen) peripheren T-Zell-Lymphomen; die meisten waren in fortgeschrittenen Stadien und litten an anaplastischen großzelligen Lymphomen (ALCL). Komplett durchgeführte A-CHP-Therapien bei 85% der Patienten sprechen für gute Verträglichkeit, so Tim Illidge, Manchester, beim EHA-Kongress [10].
Das progressionsfreie Überleben konnte durch das Antikörper-Konjugat von median 20,5 auf 48,2 Monate mehr als verdoppelt werden (HR 0,71; p = 0,011), und auch beim Gesamtüberleben zeichnet sich mit einer Hazard Ratio von 0,66 (p = 0,024) eine deutliche Überlegenheit ab (Abb. 2). Die Subgruppenanalyse ist bei einer so heterogenen Krankheitsentität von besonderer Bedeutung: Darin schnitten ALCL mit ALK-Translokationen mit einer Hazard Ratio von 0,29 am besten ab – wie das aus der rezidivierten Situation von diesen Lymphomen mit besonders hoher CD30-Expression bekannt ist. Aber auch bei ALK-negativen ALCL wurde das Risiko für Progression oder Tod um rund ein Drittel reduziert (HR 0,65), während Patienten mit angioimmunoblastischen T-Zell-Lymphomen (AITL) nicht zu profitieren schienen (HR 1,40; 95%-KI 0,64–3,07).

Die Therapie wurde – bei obligater G-CSF-Prophylaxe – gut vertragen, bezüglich der Neurotoxizität unterschieden sich beide Arme nicht. A-CHP kann damit als gute Erstlinien-Option zur Behandlung von ALCL und nicht näher charakterisierten peripheren T-Zell-Lymphomen gelten.
Farnesyltransferase-Inhibitor bei AITL
Für die angioimmunoblastischen Lymphome, die auf Brentuximab Vedotin nicht ansprechen, werden weiterhin wirksame Therapien gesucht. Das Chemokin CXCL12 wird von 50% der AITL und von etwa einem Drittel aller übrigen peripheren T-Zell-Lymphome stark exprimiert; die Lymphomzellen erhalten durch die CXCL12-vermittelte Interaktion mit dem Stroma einen Überlebensvorteil. Der Farnesyltransferase-Inhibitor Tipifarnib kann die Produktion des Chemokins CXCL12 in Stromazellen herunterregulieren. In eine Phase-II-Studie, die Thomas Witzig, Rochester, präsentierte, wurden deshalb Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem histologisch nachgewiesenem AITL oder einem anderen CXCL12-exprimierenden T-Zell-Lymphom eingeschlossen [11].
Zytopenien waren die häufigsten, aber gut handhabbaren Nebenwirkungen vom Grad 3 oder höher. Die Ansprechrate lag im Gesamtkollektiv bei 42%, wobei AITL mit 67% deutlich besser ansprachen als die übrigen Entitäten (33%) – ein Ergebnis, das bei der starken Vorbehandlung dieser Patienten (median drei Therapielinien) beeindruckend ist. Nimmt man die erzielten Krankheitsstabilisierungen hinzu (Clinical Benefit Rate), so erreichten die Patienten mit den nicht näher spezifizierten Lymphomen eine Rate von 100%, d. h. es gab hier keine primären Therapieversager. Die Ansprechdauer lag in Einzelfällen bei über 30 Monaten, und die erzielten Remissionen gestatteten in einigen Fällen, die Patienten einer allogenen Stammzelltransplantation zuzuführen.
Besonders gut war das Ansprechen bei Patienten, deren Lymphome eine Mutation im KIR3DL2-Gen aufwiesen, das für die Expression CXCL5 verantwortlich ist. Fehlt dieses, so sind die Lymphomzellen besonders stark von CXCL12 abhängig und damit offenbar auch besonders empfindlich gegen die Wirkung von Tipifarnib.
Extranodale NK/T-Zell-Lymphome und PD-1-Inhibition
Extranodale NK/T-Zell-Lymphome (ENKTL) sind in Europa selten, machen aber in Asien mehr als 20% aller peripheren T-Zell-Lymphome aus. Die Prognose ist schlecht: Nach Versagen einer Asparaginase-basierten Behandlung liegt das mediane Überleben bei unter sechs Monaten. ENKTL sind meist mit Epstein-Barr-Virus-Infektionen assoziiert, mit der Folge einer sehr häufigen Überexpression des Immuncheckpoint-Liganden PD-L1. Dadurch entziehen die Tumoren sich dem Zugriff des Immunsystems, aber das lässt auch hoffen, dass entsprechende Inhibitoren hier therapeutisch aktiv sein könnten.
Frühe klinische Studien scheinen das zu bestätigen, und in die einarmige, multizentrische chinesische Phase-II-Studie ORIENT-4 wurden daher 28 Patienten eingeschlossen, die an einem rezidivierten oder refraktären ENKTL litten und im Median drei Vortherapien erhalten hatten, darunter in allen Fällen ein Asparaginase-haltiges Protokoll [12, 13]. Mehr als drei Viertel von ihnen hatten bereits eine Strahlentherapie und zwei Patienten auch eine hämatopoetische Stammzelltransplantation bekommen. Die Patienten erhielten Sintilimab, einen PD-1-Antikörper, der von einem chinesischen Hersteller in Kooperation mit Lilly entwickelt wurde und in China bereits zur Therapie des rezidivierten/refraktären klassischen Hodgkin-Lymphoms zugelassen ist. Er wurde in einer Dosierung von 200 mg alle drei Wochen als Dauertherapie bis zur Progression oder zum Auftreten nicht tolerierbarer Nebenwirkungen gegeben.
Laut Rong Tao, Shanghai, erhielten 19 der 28 Patienten (68%) zum Zeitpunkt der Analyse den Antikörper immer noch, weil sie darauf ansprachen; unter diesen 19 Patienten sind vier, die zunächst eine (Pseudo-)Progression aufwiesen, wie sie für Checkpoint-Inhibitoren immer wieder beschrieben wird. Ähnliches gilt für die Krankheitskontrollrate (Remissionen plus Krankheitsstabilisierungen), die bei 86% liegt; auch unter diesen 24 Patienten waren fünf, die zunächst progredient gewesen waren.
Der Medianwert der Überlebensdauer ist nach median 15,4 Monaten Nachbeobachtung bei Weitem noch nicht erreicht: Nach einem Jahr sind noch 82,1% der Patienten am Leben. In einer Subgruppenanalyse, deren Aussagekraft allerdings angesichts der niedrigen Patientenzahlen begrenzt ist, schienen vor allem Patienten mit EBV-negativen Lymphomen, fehlender B-Symptomatik und Knochenmarksbeteiligung und normalen LDH-Werten von dem Antikörper zu profitieren.
Die Verträglichkeit der Behandlung war gut, die Lebensqualität, mit mehreren Fragebögen bestimmt, über den gesamten Therapieverlauf gegenüber den Ausgangswerten signifikant verbessert. Eine frühe Progression korrelierte nicht mit der langfristigen Prognose und stellt wahrscheinlich eine Pseudoprogression dar.
Hodgkin-Lymphom
ECHELON-2: 3-Jahres-Daten
Zum Hodgkin-Lymphom gab es in diesem Sommer nicht viele aufsehenerregende Ergebnisse; hier seien nur die Updates von zwei Erstlinien-Studien zu immuntherapeutischen Ansätzen herausgegriffen: Die ECHELON-1 Studie war für die Zulassung von Brentuximab Vedotin zur Erstlinientherapie des CD30-positiven Hodgkin-Lymphoms in Kombination mit einer AVD-Chemotherapie verantwortlich, die gegenüber der klassischen ABVD-Chemotherapie das modifizierte progressionsfreie Überleben verbessern konnte. In Amsterdam stellte Andrea Gallamini, Nizza, die 3-Jahres-Daten der Studie mit über 1.300 Patienten im Stadium III/IV vor [14]:
Mit einer Rate von 83,1% gegenüber 76,0% im ABVD-Arm konnte die experimentelle Therapie ihre Überlegenheit beim progressionsfreien Überleben nach drei Jahren weiterhin halten. Das gilt für alle Subgruppen, und auch die Patienten mit positivem PET nach zwei Zyklen profitierten gleichermaßen und konstant von der Immuntherapie. Die Verbesserung der peripheren Neuropathie, der Hauptnebenwirkung von Brentuximab Vedotin, ist nach drei Jahren stärker ausgeprägt als nach zwei Jahren (Abb. 3): Bei 62% war sie vollständig verschwunden, bei weiteren 17% gebessert.

Checkpoint-Inhibition in der Erstlinie
In der Kohorte D der Phase-II-Studie CheckMate-205 wurde das Bleomycin im ABVD-Protokoll in der Erstlinientherapie durch den PD-1-Checkpoint-Inhibitor Nivolumab ersetzt, der derzeit nur in der rezidivierten Situation zugelassen ist. Die Rationale für die Anwendung dieser Inhibitoren ist eine hohe Expression des PD-1-Antigens aufgrund einer Mutation im 9p24.1-Locus in den Reed-Sternberg-Zellen.
Die 51 eingeschlossenen Patienten mit neu diagnostiziertem Hodgkin-Lymphom der Stadien IIB–IV erhielten zunächst vier Dosen Nivolumab als Monotherapie und anschließend in Kombination mit AVD für sechs Zyklen. Eva Domingo-Deménech, Barcelona, zeigte in Amsterdam die Daten zur kompletten metabolischen Remission, bestimmt mittels FDG-PET sowie zum progressionsfreien Überleben [15]. Eine komplette metabolische Remission war definiert als ein negatives PET, d. h. ein Deauville-Score von ≤ 3.
Diese kompletten metabolischen Remissionen lagen nach der Nivolumab-Monotherapie noch bei bescheidenen 18%, stiegen im Verlauf der kombinierten Therapie aber auf bis zu 75% an. Das von den Prüfärzten bestimmte progressionsfreie Überleben ist mit einer Rate von 83% nach 21 Monaten ebenfalls beachtlich. Grad-3/4-Nebenwirkungen bei ca. 60% der Patienten waren vor allem durch die Chemotherapie erklärbar, wenige Fälle von immunvermittelten Nebenwirkungen dieser Schweregrade betrafen Erhöhungen von Leberenzymen, sodass die Therapie als wirksam und gut verträglich beurteilt werden kann.
Checkpoint-Inhibition bei refraktären und pädiatrischen Patienten
Die Phase-II-Studie CheckMate-744 schloss Patienten mit primär refraktärem Hodgkin-Lymphom sowie pädiatrische Patienten mit rezidivierter oder refraktärer Erkrankung ein, die zwar mit Salvagetherapien und autologer Stammzelltransplantation gut zu heilen sind, allerdings um den Preis einer hohen therapiebedingten Spätmorbidität und -mortalität. Thierry Leblanc, Paris, und Kollegen untersuchten, ob eine Kombination der beiden oben genannten Modalitäten – Brentuximab Vedotin und Nivolumab –, die bei erwachsenen Patienten mit rezidivierter/refraktärer Erkrankung hohe Ansprechraten gezeigt hat, auch in diesem schwierigen therapeutischen Kontext einen Nutzen bringt [16]:
Die Patienten erhielten vier Zyklen dieser Kombination und, wenn sie dann im PET/CT eine komplette metabolische Remission aufwiesen, eine Konsolidierung mit Hochdosistherapie und nachfolgender autologer Stammzelltransplantation. Patienten ohne eine Komplettremission wurden mit vier weiteren Zyklen der Kombination behandelt, der außerdem noch Bendamustin hinzugefügt wurde.
Von 42 Patienten, die die Induktionstherapie vollendeten, konnten 23 nach diesen Kriterien sofort einer Hochdosistherapie zugeführt werden. 59% der Patienten waren nach den vier Induktionszyklen in einer kompletten metabolischen Remission; insgesamt wurde dieses Ergebnis von 86% der Patienten ohne Hochdosistherapie – also gegebenenfalls mit zusätzlicher Immun-Chemotherapie – erreicht. Die Verträglichkeit war gut, es wurden keine febrilen Neutropenien oder Thrombozytopenien gesehen.
Chronische lymphatische Leukämie
CLL14: neuer Erstlinien-Standard für ältere, komorbide CLL-Patienten?
In der Therapie der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) gab es in den vergangenen Jahren viele Neuerungen. So sind inzwischen Therapieprotokolle ohne Chemotherapie, aber mit strikter zeitlicher Begrenzung in Aussicht. In der Rezidivtherapie bereits zugelassen ist die Kombination aus Rituximab und dem Bcl2-Inhibitor Venetoclax, die für zwei Jahre gegeben werden soll; zur Erstlinienbehandlung älterer Patienten mit Komorbiditäten wurden die ersten Daten der CLL14-Studie der Deutschen CLL-Studiengruppe bei allen drei Kongressen vorgestellt und auch publiziert [18–21]; darin wurde mit Obinutuzumab und Venetoclax eine ähnliche Option getestet.
Seit der CLL11-Studie ist für diese Patienten die Kombination aus dem glykomodifizierten Typ-II-CD20-Antikörper Obinutuzumab und Chlorambucil (ClbG) ein Standard [22]. 432 solche Patienten wurden nun in der CLL14-Studie randomisiert, entweder diese Standardtherapie oder Obinutuzumab in Kombination mit Venetoclax (VenG) zu erhalten. Der Antikörper wurde sechsmal gegeben, die beiden anderen Medikamente in vierwöchigen Zyklen über ein Jahr.
Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS), so Kirsten Fischer, Köln: Der Medianwert ist noch in keinem Arm erreicht, aber nach 24 Monaten lag VenG mit einer PFS-Rate von 88% gegenüber 64% unter ClbG eindeutig vorne (HR 0,35; p < 0,0001; Abb. 4). Bemerkenswerterweise war das progressionsfreie Überleben unter VenG unabhängig vom IGHV-Mutationsstatus, so Eugen Tausch, Ulm, beim EHA-Kongress und in Lugano [23, 24]: Patienten mit unmutiertem IGHV – normalerweise ein ungünstiger Prognosefaktor – schnitten unter dieser Therapie genauso gut ab wie die mit mutiertem Immunglobulin; Patienten mit unmutiertem Immunglobulin haben also einen besonderen Nutzen von der Gabe von VenG. Patienten mit Deletion 17p und/oder mutiertem TP53 profitierten ebenfalls von der VenG-Therapie, wenngleich nicht so stark wie die Patienten ohne diese genetischen Veränderungen. Beim Gesamtüberleben ist noch kein Unterschied zwischen beiden Therapiearmen zu erkennen.

Ähnliches galt für Patienten mit komplexem Karyotyp, wie er vor allem bei Älteren mit CLL gefunden wird: Diese Patienten haben eine schlechte Prognose, obwohl bei zwei Dritteln von ihnen keine TP53-Mutationen gefunden werden. Wie Othman Al-Sawaf, Köln, in Amsterdam und Lugano darlegte, war in der CLL14-Studie ein komplexer Karyotyp unter ClbG mit einem schlechteren progressionsfreien und Gesamtüberleben assoziiert, ein Effekt, der durch die Gabe von VenG kompensiert werden konnte [25, 26]. Das unterstreicht den Stellenwert einer zytogenetischen Analyse vor der Wahl der Therapie, weil Patienten mit einem komplexen Karyotyp einen besonderen Nutzen von der VenG-Kombination haben.
Die Rate an Komplettremissionen lag im VenG-Arm mit 50% mehr als doppelt so hoch wie unter ClbG (23%; Abb. 5), aber noch beeindruckender waren die Ergebnisse bezüglich der minimalen Resterkrankung (MRD): Wenn diese mittels allelspezifischer Polymerase-Kettenreaktion mit einer Empfindlichkeit von 10-4, d. h. einer Nachweisgrenze von einer malignen Zelle pro 10.000 Leukozyten, bestimmt wurde, lagen auch die Raten für MRD-Negativität im peripheren Blut mit 76% im VenG-Arm um mehr als das Doppelte über denen im ClbG-Arm (35%; p < 0,0001; Abb. 6); im Knochenmark war der Anteil mit 57% gegenüber 17% sogar fast vervierfacht (p < 0,0001).
Dies sind die höchsten je in einer randomisierten, prospektiven Studie erreichten Raten an MRD-Negativität, so Frau Fischer. Venetoclax/Obinutuzumab für ein Jahr dürfte damit zum neuen Standard in der Erstlinienbehandlung dieser Patienten werden. Ob die einjährige Behandlung das letzte Wort sein wird, bleibt abzuwarten: Der Anteil MRD-negativer Patienten scheint auch im VenG-Arm nach Ende der einjährigen Therapie wieder rückläufig zu sein (Abb. 6), sodass man überlegen könnte, ob eine längere Therapiedauer oder MRD-getriggerte Stopp-Kriterien sinnvoll sein könnten.


MRD-gesteuerte Therapie?
Die zeitlich begrenzte Behandlung mit neuen Substanzen ist für Patienten attraktiv, kann aber häufig nicht die optimalen Ergebnisse erzielen: So wird zum Beispiel der BTK-Inhibitor Ibrutinib bisher als Dauertherapie gegeben, weil sonst eine Progression droht. Weder bei der kontinuierlichen noch bei der begrenzten Behandlung werden jedoch biologische Unterschiede zwischen den Patienten ausreichend berücksichtigt. Dabei gibt es mittlerweile genügend Hinweise – vor allem von der Chemoimmuntherapie –, dass der MRD-Status nach oder im Verlauf der Behandlung prognostische Bedeutung hat. Die niederländisch-belgische HOVON-Gruppe hat in Zusammenarbeit mit skandinavischen Zentren in einer Phase-II-Studie untersucht, ob sich die Therapie der rezidivierten oder refraktären CLL mit einer Kombination aus Venetoclax und Ibrutinib durch Bestimmung der MRD steuern lässt [27].
Die geplanten 230 Patienten erhalten zunächst zwei vierwöchige Zyklen Ibrutinib und dann zusätzlich die übliche einschleichende Behandlung mit Venetoclax. Die beiden Substanzen sollen über insgesamt 15 Zyklen gegeben werden. Die Patienten, die dann MRD-negativ sind (Durchflusszytometrie, 10-4), werden im Verhältnis 1 : 2 randomisiert, Ibrutinib weiter zu erhalten oder die Behandlung zu beenden; im Fall einer erneuten Progression können sie wieder mit der Kombination behandelt werden. Die Interimsauswertung, die Arnon Kater, Amsterdam, beim EHA-Kongress vorstellte, umfasste die ersten 51 Patienten, die die ersten neun Induktionszyklen hinter sich gebracht haben. Von ihnen hatten 31 (61%) eine komplette und 15 (29%) eine partielle Remission erreicht.
Interessant sind aber vor allem die MRD-Resultate, die von 42 Patienten für das Ende der Zyklen 9 und 12 vorliegen: Nach neun Monaten waren 31% von ihnen MRD-negativ, nach zwölf Monaten schon 50%. In Abb. 7 ist angedeutet, dass der Zuwachs zwischen den beiden Terminen überwiegend aus der Gruppe der Patienten mit niedrigen, aber messbaren MRD-Titern nach neun Monaten kommt, dass aber bei einigen wenigen auch hohe MRD-Konzentrationen während der zusätzlichen drei Zyklen komplett verschwunden sind.
Das Data Safety and Monitoring Board, so Kater, hat die Fortsetzung der Studie empfohlen, und mittlerweile ist die Rekrutierung aller 230 Patienten abgeschlossen. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass die Behandlung der rezidivierten oder refraktären CLL mit Venetoclax und Ibrutinib ein günstiges Nutzen-Risiko-Profil aufweist. Sie lassen aber auch eine flexible Handhabung der Strategie der zeitlichen Begrenzung der CLL-Therapie denkbar erscheinen, indem man – unabhängig vom genauen Therapieprotokoll – die Dauer nicht von vorneherein genau festlegt, sondern Stopp-Kriterien einführt, die vom erreichten MRD-Status abhängig gemacht werden.

Zweitgenerations-BTK-Inhibitor schneidet gut ab
Die Bruton-Tyrosinkinase reguliert an zentraler Stelle die Signaltransduktion, die vom B-Zell-Rezeptor ausgeht und für die Zellen von B-Zell-Lymphomen essentiell ist. Sie stellt daher einen wichtigen therapeutischen Angriffspunkt bei diesen Malignomen dar, was an der herausragenden Rolle kenntlich wird, die der erste BTK-Inhibitor Ibrutinib inzwischen in der Therapie der CLL spielt. Derzeit werden Zweitgenerations-Substanzen klinisch getestet, darunter der hochgradig selektive, kovalente BTK-Inhibitor Acalabrutinib.
Da Acalabrutinib in frühen Studien bereits in Monotherapie hohe Ansprechraten von über 90% erzielt hatte, wurde es in der Phase-Ib/II-Studie ACE-CL-003 mit dem glykomodifizierten Typ-II-CD20-Antikörper Obinutuzumab kombiniert [28, 29]. Diese Kombination erhielten 19 Patienten mit therapienaiver und 26 mit rezidivierter oder refraktärer CLL. Primärer Endpunkt war neben der Sicherheit die Gesamtansprechrate, so Jennifer Woyach, Columbus, und sie lag für die therapienaiven Patienten bei 95% – mit 15% Komplettremissionen nach 22 Monaten und 31,6% nach 39 Monaten. In der Rezidivsituation wurde eine Gesamtansprechrate von 92% bei 7,7% Komplettremissionen registriert. Tiefe Remissionen können längere Zeit beanspruchen: Die mediane Zeit bis zu mindestens einer partiellen Remission betrug 2,8 Monate, diejenige bis zu einer Komplettremission 18,4 Monate bei den therapienaiven und 12,9 Monate bei den rezidivierten Patienten. Die Remissionen waren aber sehr dauerhaft: Nach 39 Monaten sprachen noch 94,4% der therapienaiven Patienten weiterhin an, bei den rezidivierten/refraktären Patienten waren es nach 42 Monaten noch 82,1%. Im Knochenmark MRD-negativ (Durchflusszytometrie, 10-4) waren nach einem Jahr 26% der therapienaiven und 15% der rezidivierten/refraktären Patienten. Das Ansprechen schien unabhängig vom IGHV-Mutationsstatus oder von zytogenetischen Risikofaktoren (Deletion 17p und/oder TP53-Mutation) zu sein.
Auch die Verträglichkeit von Acalabrutinib war gut: An Grad-3/4-Toxizitäten wurden vor allem eine Neutropenie (24%), ansonsten Synkopen (11%), Thrombozytopenien, Cellulitis und Gewichtszunahme (je 9%) sowie ein Hypertonus und eine Hypophosphatämie (je 7%) beobachtet. Blutungsereignisse wurden bei 71% aller Patienten registriert, aber nur bei zweien waren sie vom Grad 3 (Hämaturie bzw. Muskelblutung).
Die Studie enthält noch zwei weitere Kohorten: Therapienaive CLL-Patienten erhalten Acalabrutinib, Venetoclax und Obinutuzumab und rezidivierte/refraktäre Patienten Acalabrutinib/Obinutuzumab mit Rituximab. Außerdem sollen in einer Phase-III-Studie bei therapienaiven Patienten Obinutuzumab/Chlorambucil, Acalabrutinib/Obinutuzumab und eine Acalabrutinib-Monotherapie in einem randomisierten Design miteinander verglichen werden.
In der rezidivierten/refraktären Situation ist die Entwicklung von Acalabrutinib schon weiter fortgeschritten: Paolo Ghia, Mailand, stellte in Amsterdam die Ergebnisse der Phase-III-Studie ASCEND vor, in der der BTK-Inhibitor in Monotherapie bei 310 Patienten randomisiert gegen eine Kombination aus Rituximab und entweder Idelalisib oder Bendamustin getestet wurde [30, 31]. Beim progressionsfreien Überleben konnte die neue Therapieoption das Risiko signifikant um fast 70% reduzieren (HR 0,31; p < 0,0001; 12-Monats-Raten 88% vs. 68%). Die Überlegenheit war auch bei der Ansprechrate (81% vs. 75%) zu sehen, beim Gesamtüberleben ist der Unterschied mit 94% versus 91% nach einem Jahr noch nicht so stark ausgeprägt.
Auch beim Sicherheitsprofil war Acalabrutinib den beiden Kombinationstherapien überlegen; starke Blutungen traten unter dem BTK-Inhibitor nicht häufiger auf als unter Idelalisib-Rituximab oder Bendamustin-Rituximab, sodass man sich von dieser Substanz für die Zukunft sehr viel versprechen darf.
Asymptomatische CLL: Wann therapieren?
Ein bisher ungelöstes Problem ist die mögliche Behandlung von Patienten mit früher, asymptomatischer CLL (Binet A). Eine Therapie gilt hier bislang als nicht indiziert, es gibt aber Patienten, die ein hohes Progressionsrisiko aufweisen und die möglicherweise von einer frühen Therapie profitieren könnten. Angesichts der Verfügbarkeit moderner, hochwirksamer und gut verträglicher Medikamente hat die Deutsche CLL-Studiengruppe diese Frage in ihrer Phase-III-Studie CLL12 untersucht, die Petra Langerbeins, Köln, in Amsterdam als Late-breaking Abstract sowie in Lugano vorstellte [32, 33].
Die 182 therapienaiven Patienten litten an asymptomatischer CLL im Binet-Stadium A, hatten aber ein hohes Progressionsrisiko (anhand eines von der Studiengruppe entwickelten Scores, der klinische und molekularbiologische Parameter berücksichtigt). Sie wurden randomisiert, entweder 420 mg/d Ibrutinib oder Placebo zu erhalten. Primärer Endpunkt war das ereignisfreie Überleben, wobei als Ereignis das Auftreten einer aktiven Erkrankung, die Notwendigkeit für eine neue CLL-Therapie oder der Tod galt. Die Ibrutinib-Therapie zeigte hier eine klare Überlegenheit: Im Verumarm war der Medianwert des ereignisfreien Überlebens noch nicht erreicht, im Placeboarm lag er bei 47,8 Monaten; das Risiko für ein Ereignis wurde um drei Viertel reduziert (HR 0,25; p < 0,0001). Ähnliches galt für das progressionsfreie Überleben, wo der Medianwert im Verumarm ebenfalls noch nicht erreicht ist und im Placeboarm bei 14,8 Monaten liegt (HR 0,18; p < 0,0001) sowie für die Zeit bis zur nächsten Therapie (HR 0,21).
Bei den Nebenwirkungen zeigten sich insgesamt keine Unterschiede zwischen den Armen; Blutungen waren im Ibrutinib-Arm häufiger, allerdings selten vom Grad 3 oder höher, ebenso ein Vorhofflimmern. Bis sich Aussagen zum Gesamtüberleben machen lassen, wird es bei diesen Patienten im Frühstadium einer sowieso ziemlich indolenten Erkrankung noch einige Zeit dauern. Allerdings ist Ibrutinib für diese Indikation einer CLL im asymptomatischen Binet-Stadium A noch nicht zugelassen.
CAR-T-Zell-Therapien
„Armored CAR-T-Cells“
Autologe T-Lymphozyten mit chimärem Antigenrezeptor (CAR-T-Zellen), die sich gegen das CD19-Antigen auf B-Lymphozyten richten, sind bereits zur Behandlung „austherapierter“ Patienten mit DLBCL zugelassen. Bei den Kongressen dieses Sommers wurden zu diesem Thema keine Durchbrüche gezeigt, dafür aber einige Daten zu Neuentwicklungen. Ein Beispiel dafür ist eine am Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York entwickelte neue Generation solcher Zellen, die neben dem Antigenrezeptor einen Liganden für das 4-1BB-Protein auf T-Zellen trägt („Armoured CAR-T-Cells“). Dieser Ligand 4-1BBL verstärkt die Proliferation der T-Zellen sowie ihr Überleben und ihre zytolytische Aktivität, und sorgt über die Sekretion von Interleukin-2 für ein Mikromilieu, das möglicherweise die Persistenz und die langfristige Aktivität der CAR-T-Zellen verbessert.
In einer Phase-I-Studie, in die 28 Patienten mit rezidivierten oder refraktären Non-Hodgkin-Lymphomen oder CLL eingeschlossen wurden, wurde laut Lia Palomba, New York, eine Komplettremissionsrate von 57% beobachtet, die bei DLBCL-Patienten auf 78% und beim follikulären Lymphom auf 67% anstieg, bei CLL-Patienten hingegen lediglich 30% erreichte [17]. Interessanterweise sprachen zwei von drei Patienten mit Richter-Transformation ebenfalls komplett an. Die Zahlen sind noch klein, sodass keine weitreichenden Schlussfolgerungen aus diesen Ergebnissen gezogen werden können; möglicherweise muss man bei Patienten mit weit fortgeschrittener CLL mit höheren Dosen an CAR-T-Zellen arbeiten. Es wurden keine Zytokin-release-Syndrome und nur bei drei Patienten eine Neurotoxizität vom Grad 3 beobachtet.