Immunonkologische Ansätze beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom

Schwerpunkt

Nach der Sprunginnovation der molekular stratifizierten zielgerichteten Therapie wurde der nächste wesentliche Fortschritt beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) durch die Immuncheckpoint-Inhibitoren (I/O) – zunächst in der Zweit-, dann in der Erstlinie als Monotherapie und inzwischen auch in der Kombination mit Chemotherapie – erzielt. Dieses Feld ist einem extrem raschen Wandel unterworfen, und beim AACR- (American Association for Cancer Research) sowie beim ASCO-Kongress 2018 (American Society of Clincal Oncology) wurden mehrere Studien vorgestellt, die die Praxis verändern werden. Überdies rückt die Immuntherapie in die Behandlung von nicht-metastasierten Stadien (s. a. Beitrag zu frühen Stadien, S. 228 ff.).
Schlüsselwörter: Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom, NSCLC, Immuncheckpoint-Inhibitoren, Immunonkologie, Nivolumab, Ipilimumab, Pembrolizumab, Atezolizumab, Durvalumab

Immuncheckpoint-Inhibitoren

Seit 2015 sind Immuncheckpoint-Inhibitoren (I/O) zur Therapie des metastasierten NSCLC zugelassen, zunächst in der Zweitlinien-, seit Januar 2017 auch in der Erstlinientherapie. Insgesamt vier Studien liegen bisher vor, die die I/O in Kombination mit Chemotherapie als Standard in der Zweitlinie definieren. Durch die KEYNOTE-024-Studie wurde der PD-1-Antikörper Pembrolizumab in der Erstlinientherapie bei einer PD-L1-Expression von ≥ 50% etabliert. In der CheckMate-227-Studie konnte erstmalig (in der Erstlinientherapie) gezeigt werden, dass der „Biomarker“ der Tumormutationslast („Tumor Mutational Burden“, TMB, s. Beitrag zur Pathologie S. 260 ff.) einen zusätzlichen prädiktiven Wert unabhängig von der PD-L1-Expression aufweist.

I/O in der adjuvanten Therapie des nicht-metastasierten NSCLC: PACIFIC-Studie

In den lokal fortgeschrittenen Stadien des NSCLC (IIIA–C) ist bisher die definitive Radiochemotherapie der Standard, der zu einer Verbesserung des medianen und des langfristigen Überlebens führt. Konsolidierungstherapien mit Pemetre­xed, Docetaxel, Gefitinib, Cisplatin/Vinorelbin führten in verschiedenen Studien zu keinem weiteren Überlebensvorteil. Das Konzept der Konsolidierungstherapie mit Durvalumab nach einer definitiven Radiochemotherapie wurde in der PACIFIC-Studie gegen Plazebo geprüft [1]. Die Behandlung mit dem PD-L1-Inhibitor Durvalumab führte zu einer Verlängerung des medianen progressionsfreien Überlebens (mPFS) von 5,6 auf 16,8 Monate (Hazard Ratio 0,52; p < 0,0001) sowie der Zeit bis zum Auftreten von Fernmetastasen oder Tod (14,6 vs. 23,2 Monate; HR 0,52; p < 0,001). Zum zweiten ko-primären Endpunkt Gesamtüberleben (OS) liegen bisher keine Daten vor.
Die Toxizität, insbesondere die Rate an Pneumonitiden vom Grad > 3 war insignifikant erhöht. Derzeit ist bis zur Zulassung von Durvalumab, die für Ende 2018 erwartet wird, ein Compassionate-Use-Programm (CUP) aktiv, in das Patienten nach Radiochemotherapie eingeschlossen werden können.
Eine kleine einarmige Phase-II-Studie mit Pembrolizumab, die in den USA an einem der PACIFIC-Studie vergleichbaren Patientenkollektiv durchgeführt wurde (allerdings ohne Nachweis des Stadiums III mittels PET-CT oder Mediastinoskopie), bestätigte die Daten der PACIFIC-Studie mit einem medianen PFS von 17,0 Monaten [2]. Das Konzept der Therapie mit Checkpoint-Inhibitoren wird derzeit in einer Vielzahl von Studien, insbesondere in der Induktionstherapie, geprüft [3].

I/O in der Zweitlinien­therapie nach Platin-Kombinationstherapie (Tab. 1)

Nivolumab

Historisch wurden die ersten Daten für die I/O-Therapie in der Zweitlinientherapie des NSCLC generiert und publiziert; das erste zugelassene Medikament war Nivolumab beim Plattenepithelkarzinom, das in der pivotalen Phase-III-Studie CheckMate-017 gegen eine Chemotherapie (Docetaxel) nach einer platinhaltigen Erstlinientherapie geprüft wurde. Primärer Endpunkt war das Überleben, wo sich ebenso wie beim Ansprechen und in der Lebensqualität ein Vorteil zeigte [4]. Der Überlebensvorteil war unabhängig von der Expression von PD-L1, die Hazard Ratio betrug 0,62 und war statistisch hochsignifikant. Nivolumab wurde daher seit Juni 2015 für das Plattenepithelkarzinom in der Zweitlinientherapie als neuer Standard definiert.
Eine zweite Studie (CheckMate-057) schloss Patienten mit Nicht-Plattenepithelkarzinomen ein und verglich Nivolumab im experimentellen Arm mit der Standard-Zweitlinientherapie Docetaxel [5]. Primärer Endpunkt war ebenfalls das Überleben, und auch hier wurde mit einer HR von 0,73 ein statistisch signifikanter Vorteil für Nivolumab gegenüber Doce­taxel erreicht, ebenso bezüglich PFS und Ansprechrate. Die Kaplan-Meier-Kurven für das OS zeigten zu Anfang einen Nachteil für Nivolumab, nach etwa drei Monaten kreuzten sich die Kurven und verliefen anschließend günstiger für Nivolumab gegenüber der Chemotherapie.
Grund für das Überkreuzen bzw. den negativen Effekt von Nivolumab sind laut einer von der EMA angeforderten Subgruppenanalyse Patienten mit einer niedrigen bis fehlenden PD-L1-Expression, einem schlechten Performance-Status sowie einem frühen Rezidiv (innerhalb von drei Monaten nach Abschluss der Erstlinientherapie). Daher sollte mit Patienten, die einen aggressiven Krankheitsverlauf sowie keine PD-L1-Expression aufweisen, die Positionierung der I/O-Therapie in der Zweitlinie gegenüber einer Therapie mit Docetaxel und Nintedanib oder Ramucirumab diskutiert werden. Weitere klinische Faktoren wie die Toxizität der Erstlinientherapie, der Raucherstatus und der Allgemeinzustand können hier eine Rolle spielen. Bei Gabe einer Chemotherapie in der Zweitlinie sollte der Immuncheckpoint-Inhibitor als Dritt­linient­herapie eingesetzt werden.
Diese Empfehlungen sind in die S3-Leitlinie aufgenommen worden und beziehen sich nicht nur auf Nivolumab, sondern auf alle I/O-Therapien [6]. Der Grund dafür, dass das Überkreuzen von Überlebenskurven bisher nur in der CheckMate-057-Studie zu beobachten war, ist vermutlich, dass auch rasch progrediente Patienten eingeschlossen wurden – im Gegensatz zu den im Nachfolgenden beschriebenen Studien KEYNOTE-010 sowie OAK. Nivolumab wurde Ende 2015 von der EMA zur Behandlung des nicht-plattenepithelialen NSCLC in der Zweitlinie zugelassen.

Pembrolizumab

Seit Anfang 2016 steht auch Pembrolizumab zur Zweitlinientherapie des
NSCLC mit einer PD-L1-Expression von > 1% zur Verfügung. In der KEYNOTE-010-Studie wurden alle Histologien eingeschlossen; da in dieser Studie die PD-L1-Expression Stratifikationskriterium war, musste auf das zentrale Testergebnis gewartet werden [7]. Daher wurden in diese Studie wegen der langen Turnaround-Zeit Patienten mit einem hohen und unmittelbaren Remissionsdruck nicht aufgenommen. Für das Gesamtkollektiv konnte eine statistisch hochsignifikante Verbesserung des OS gezeigt werden (HR 0,71). Der Effekt war für Patienten mit einer PD-L1-Expression von > 50% deutlich ausgeprägter (HR 0,54 für Pembrolizumab 2 mg/kg, HR 0,5 für 10 mg/kg). Bei diesen Patienten mit einer PD-L1-Expression von > 50% war auch das PFS gegenüber Chemotherapie statistisch signifikant verbessert. Diese Daten belegten den prädiktiven Stellenwert der PD-L1-Expression in der Zweitlinientherapie beim NSCLC.

Atezolizumab

Der dritte für die Zweitlinientherapie zugelassene I/O ist Atezolizumab, das auf der Basis der Resultate der OAK-Studie zugelassen wurde. Diese Studie schloss alle Histologien unabhängig von der PD-L1-Expression ein. Die PD-L1-Expression war jedoch Stratifikationskriterium für die Studie. Im Gegensatz zu den Studien mit Nivolumab und Pembrolizumab wurde die PD-L1-Expression mit dem Antikörper SP 142 überprüft und für das „Scoring“ der PD-L1-Expression wurden sowohl Tumorzellen als auch Immunzellen berücksichtigt. In der Studie wiesen 46% der Patienten eine fehlende (TC0/IC0) und 16% eine hohe PD-L1-Expression (TC3/IC3) auf. Die Studie war für das OS als primärem Endpunkt positiv mit einer HR für die Gesamtgruppe von 0,73. Der positive Effekt für das OS konnte in allen Subgruppen nachgewiesen werden (TC0/IC0: HR 0,75; TC1,2,3/IC1,2,3: HR 0,74). Diese Daten bezogen sich auf die ersten 850 Patienten, die in der primären Publikation analysiert wurden [8].
Die Studie wurde jedoch mit einer zweiten Kohorte bis auf 1.225 Patienten erweitert. Hier war dann in der Gruppe mit TC0/IC0 kein statistisch signifikanter Effekt für das OS mehr nachweisbar (HR 0,85), sodass die Daten konsistent zu den Daten der anderen I/O-Therapien waren. Allerdings war in der zweiten Kohorte der OAK-Studie die Cross-over-Rate zu einer I/O-Therapie im Kontrollarm mit 17% besonders hoch, bei den initialen 850 Patienten hatte sie nur 5% betragen. Die Cross-over-Rate betrug in den CheckMate-Studien jeweils 2% (CheckMate-017 und -057), in der KEYNOTE-010-Studie 13%. Atezolizumab ist seit September 2017 für die Therapie des NSCLC in der Zweitlinientherapie nach einer platinhaltigen Erstlinientherapie zugelassen.
Für die Auswahl des Antikörpers sollte der Zulassungsstatus berücksichtigt werden (PD-L1-Expression). Bei fehlenden Head-to-Head Vergleichen zwischen den Antikörpern ist es schwierig, Unterschiede, die in präklinischen Modellen und theoretisch bestehen könnten – auch bezüglich der Nebenwirkungen – auf die Klinik zu übertragen [9]. Nicht ganz auszuschließen ist, dass Anti-PD-L1-Antikörper ein geringeres Risiko für Autoimmunreaktionen, insbesondere Pneumonitiden und Kolitiden, haben als Anti-PD-1-Antikörper. Allerdings ist diese Aussage nicht mit letzter Sicherheit belegbar, da das Reporting der Nebenwirkungen in den unterschiedlichen Studien nicht harmonisiert war.

I/O in der Erstlinientherapie des NSCLC (Tab. 2)

I/O in der Erstlinientherapie: Monotherapie

Pembrolizumab

In drei Studien wurde der Stellenwert der I/O-Monotherapie beim NSCLC in der Erstlinientherapie geprüft (KEYNOTE-024, CheckMate-026, KEYNOTE-042). KEYNOTE-024 und CheckMate-026 liegen als Vollpublikationen vor, KEYNOTE-042 wurde beim ASCO-Kongress 2018 in der Plenarsitzung präsentiert. In der pivotalen Studie KEYNOTE-024 wurden therapienaive Patienten mit NSCLC unabhängig von der Histologie mit einer zentral bestimmten PD-L1-Expression von ≥ 50% eingeschlossen. Pembrolizumab wurde in einer Dosierung von 200 mg („flat dose“) i. v. alle drei Wochen appliziert, im Kontrollarm wurden Patienten mit adäquaten Chemotherapien behandelt. Ein Cross-over von Chemotherapie zu Pembrolizumab bei Versagen der Chemotherapie war in der Studie vorgesehen, 62,4% der Patienten im Kontrollarm erhielten nach Studienende eine I/O-Therapie. Der primäre Endpunkt für das OS wurde erreicht mit einer HR von 0,63, die statistisch hochsignifikant war, das mediane Überleben im Pembrolizumab Arm betrug 30 Monate, im Chemotherapie-Arm trotz der oben genannten hohen Cross-over-Rate nur 14,2 Monate [10]. Bemerkenswert ist die hohe Ansprechrate im Pembrolizumab-Arm mit 44,8 vs. 27,8 % im Chemotherapie-Arm. Auch das PFS war mit einer HR von 0,5 statistisch hochsignifikant verlängert, die Toxizitäten vom Grad 3 und 4 waren gegenüber dem Chemotherapie-Arm halbiert. Patienten, die nach Versagen der Chemotherapie Pembrolizumab in der Zweitlinie nach Studienende erhielten, hatten nur eine Ansprechrate von 17% (n = 82). Die Diskrepanz zwischen der Ansprechrate von fast 50% in der Erstlinie und die niedrige Ansprechrate in der Zweitlinie bei identischer hoher PD-L1-Expression ist derzeit nicht erklärt, spricht aber für den frühen Einsatz des I/O. Inzwischen liegen auch Lebensqualitätsanalysen vor, die ebenfalls einen Vorteil der I/O Therapie belegen [11]. Mit dieser Studie ist Pembrolizumab in der Erstlinie bei Patienten mit einer PD-L1-Expression von mindestens 50% als Standard etabliert, das Medikament ist seit Januar 2017 für diese Indikation von der EMA zugelassen. Leider betrug die Test-Rate für PD-L1 in Deutschland auch im 4. Quartal 2017 nur 63% beim Nicht-Plattenepithelkarzinom und nur 53% beim Plattenepithelkarzinom.

Nivolumab

In einer zweiten, der CheckMate-026-Studie, wurden therapienaive Patienten mit allen Histologien und einer PD-L1-Expression ≥ 1% behandelt. Die Studie verglich Nivolumab mit einer Standard-Chemotherapie und war für eine Überlegenheit beim OS für Nivolumab in der Gruppe der Patienten mit einer PD-L1-Expression ≥ 5% gepowert. Das OS unter Nivolumab war identisch mit dem unter der Chemotherapie, ein Vorteil konnte nicht gezeigt werden, überraschenderweise auch nicht in einer exploratorischen Post-hoc-Analyse der Patienten mit einer PD-L1-Expression ≥ 50%. Diese Daten stehen im Widerspruch zu denen der KEYNOTE-024-Studie und dieser Widerspruch wurde damit begründet, dass die PD-L1-Expression von ≥ 50% kein Stratifikationsmerkmal war, so dass u. U. mit Imbalancen im Patientenkollektiv zu rechnen ist, die den zuvor für Pembrolizumab gesehenen Effekt für Nivolumab überdeckten. Die Studie ist voll publiziert [12], Nivolumab ist im Gegensatz zu Pembrolizumab nicht für die Erstlinientherapie des NSCLC zugelassen. In einer Post-hoc-Subgruppenanalyse konnte gezeigt werden, dass Patienten mit einer hohen PD-L1-Expression und einer hohen Tumor-Mutationslast mit Nivolumab ein günstigeres PFS aufweisen als mit Chemotherapie; Überlebensdaten dazu liegen nicht vor [12].
Die dritte Studie, die eine I/O-Monotherapie in der Erstlinie gegenüber einer Kombinations-Chemotherapie testete, ist KEYNOTE-042, die bisher nur als Präsentation in der ASCO-Plenarsitzung vorliegt [13]. Die Studie schloss alle Histologien ein, Patienten mussten eine PD-L1-Expression von ≥ 1% aufweisen. Im Gegensatz zu CheckMate-026 konnte konsistent in der präspezifizierten Gruppe von Patienten mit einer PD-L1-Expression von ≥ 50% ein OS-Vorteil nachgewiesen werden, sodass die Ergebnisse der KEYNOTE-024-Studie bestätigt wurden (HR 0,69). Interessanterweise war ähnlich wie in der CheckMate-057-Studie ein initiales Unterschneiden der Pembrolizumab-Kurve zu sehen. Derzeit ist unklar, welche Patienten einen potenziellen Schaden von einer I/O-Therapie nehmen könnten. Eventuell könnte es sich hier um Patienten mit einem aggressiven Verlauf und hohem Remissionsdruck handeln, allerdings fehlt hierzu noch die finale Analyse. Die explorative Subgruppenanalyse der Patienten mit einer PD-L1-Expression von 1–49% erbrachte keinen Vorteil von Pembrolizumab gegenüber der Kombinations-Chemotherapie hinsichtlich des Überlebens, sodass damit die in der CheckMate-026-Studie generierten Daten bestätigt wurden.

I/O in der Erstlinientherapie: Chemo-therapie in Kombination mit I/O

Inzwischen liegen vier Studien vor, die eine Kombination eines PD-1- oder PD-L1-Inhibitors mit Chemotherapie getestet haben, zwei beim Nicht-Plattenepithelkarzinom (KEYNOTE-189 und IMpower-150) und zwei beim Plattenepithelkarzinom (KEYNOTE-407 und IMpower-131). Zusammenfassend scheint die Kombination von Pembrolizumab mit Chemotherapie wirksamer zu sein als die Kombination aus Atezolizumab und Chemotherapie; unklar ist derzeit, ob dies mit dem Antikörper zusammenhängt oder eher mit dem Chemotherapie-Backbone.

Nicht-Plattenepithelkarzinom

In der KEYNOTE-189-Studie wurden nicht vortherapierte Patienten mit Nicht-Plattenepithelkarzinom eingeschlossen, die keine EGFR- oder ALK-Alteration hatten. Stratifiziert wurden die Patienten nach der PD-L1-Expression (≥ 1% oder < 1%), eine exploratorische Analyse der Population mit ≥ 50% PD-L1-Expression wurde ebenfalls durchgeführt [14]. Jeweils etwa ein Drittel der Patienten wiesen eine PD-L1-Expression von 0%, 1–49% bzw. ≥ 50% auf. Im experimentellen Arm wurde Pemetrexed und Cis- oder Carboplatin in Kombination mit Pembrolizumab eingesetzt, im Kontrollarm Pemetrexed und Cis- oder Carboplatin alleine. Die I/O-Chemotherapie-Kombination war in der Intention-to-treat-Population bezüglich OS und PFS der Chemotherapie signifikant überlegen, die Toxizität war nicht signifikant höher.
Alle Subgruppen, auch die Patienten mit einer PD-L1-Expression von 0%, profitierten hinsichtlich des Überlebens von der Kombination, der Effekt war umso stärker, je höher die PD-L1-Expression war: In der ITT-Population war die HR für PFS 0,52, die für OS 0,49, bei den Patienten mit PD-L1-Expression von 0% waren es 0,75 (nicht signifikant) bzw. 0,59, bei denen mit PD-L1-Expression 1–49% jeweils 0,55, bei denen mit PD-L1-Expression ≥ 50% 0,36 bzw. 0,42 (nicht signifikant). Diese Studie zeigt, dass Chemotherapie weniger immun-reaktive Tumoren (PD-L1 0%) immunogen machen kann.
Obwohl die Kombination formell noch nicht zugelassen ist, ist dieses Regime aufgrund der Datenlage bei Patienten mit Nicht-Plattenepithelkarzinom zu empfehlen. Obwohl es keinen direkten Vergleich gibt zwischen KEYNOTE-189 und KEYNOTE-024, ist angesichts der HR in KEYNOTE-189 auch bei Patienten mit einer PD-L1-Expression von ≥ 50% zu überlegen, ob eine primäre Kombinationstherapie sinnvoll sein könnte. Insbesondere bei Patienten mit einem hohen Remissionsdruck und bei denen, für die bekannt ist, dass in der Zweitlinie I/O keine hohe Effektivität haben (z. B. Wildtyp-Nie- oder Leicht-Raucher), sollte die Kombinationstherapie erwogen werden.
Die zweite Studie, in der eine I/O-Chemotherapie-Kombination geprüft wurde, ist die IMpower-150-Studie, die ebenfalls Patienten mit Nicht-Plattenepithelkarzinom unabhängig von der PD-L1-Expression einschloss. Die Studie war dreiarmig angelegt; bisher sind nur Daten von Arm B (Paclitaxel, Carboplatin, Bevacizumab und Atezolizumab) und Arm C (Paclitaxel, Carboplatin, Bevacizumab, Sandler-Schema) publiziert [15]. Für die Gesamtpopulation ist das noch nicht reife OS signifikant verbessert, das PFS ist für alle PD-L1-Expressionslevel statistisch signifikant verbessert, die finale OS-Analyse steht in den Subgruppen noch aus. Bemerkenswert bei der Studie ist eine präspezifizierte Subgruppenanalyse von Patienten mit Lebermetastasen: Hier ergibt sich ein erheblicher Vorteil durch die Quadrupel-Therapie. Das zweite überraschende Ergebnis war, dass Patienten mit EGFR- und ALK-Alterationen nach Versagen von Tyrosinkinase-Inhibitoren einen signifikanten PFS-Vorteil von der Quadrupel-Therapie hatten. Diese Analyse war jedoch nicht präspezifiziert. Dennoch könnten diese Konzepte für Patienten mit EGFR- und ALK-Alterationen, die keine Kandidaten mehr für eine molekular stratifizierte Therapie sind, eine Therapieoption darstellen. Ein Update der Überlebensdaten wurde beim ASCO 2018 präsentiert: HR 0,78 (95%-Konfidenzintervall 0,64–0,96; [16]). Derzeit ist die Vierfach-Kombination nicht zugelassen.
Zusammenfassend führt die Kombination aus Chemotherapie und Anti-PD-(L)1-Inhibition zu einer deutlichen Verbesserung des Gesamtüberlebens und des PFS: Der Effekt ist für Pembrolizumab am deutlichsten und ist unabhängig von der PD-L1-Expression, wenn auch die Effektstärke mit steigender PD-L1-Expression zunimmt. Der OS- und PFS-Vorteil durch Atezolizumab wird im Wesentlichen durch die stark PD-L1-exprimierenden Tumoren getrieben.

Plattenepithelkarzinom

Auch zum Plattenepithelkarzinom liegen jetzt Daten aus Phase-III-Studien vor, in denen der Stellenwert einer Kombination aus Chemo- und I/O-Therapie geprüft wurde.
In der KEYNOTE-407-Studie wurden Patienten mit Plattenepithelkarzinom unabhängig von der PD-L1-Expression eingeschlossen [17]. Eine PD-L1-Expression von ≥ 1% vs. < 1% war ein Stratifikationskriterium, die Gruppen mit ≥ 50% und 1–49% wurden zusätzlich in einer exploratorischen Analyse untersucht. Die Studie war für die beiden ko-primären Endpunkte OS und PFS gepowert. Bei beiden Endpunkten war die Kombinationstherapie der Chemotherapie bei einem medianen Follow-up von 7,8 Monaten statistisch hochsignifikant überlegen. Dieser Vorteil war unabhängig von der PD-L1-Expression für alle Subgruppen nachweisbar (< 1%, 1–49%, ≥ 50%). Die HR für das OS und das PFS sind in Tab. 2 angegeben. Die Chemotherapie konnte aus Paclitaxel oder nab-Paclitaxel bestehen, etwa 40% der Patienten wurden mit nab-Paclitaxel behandelt. PFS- und OS-Vorteil waren in der nab-Paclitaxel-Gruppe ausgeprägter als in der Paclitaxel-Gruppe (aber auch hier statistisch signifikant), sodass vermutlich das Fehlen auch einer kurzfristigen Begleitmedikation mit Dexamethason in der nab-Paclitaxel-Gruppe einen positiven Effekt auf die Effektivität der Chemotherapie-I/O-Kombination hat. Nab-Paclitaxel sollte somit der präferierte Standard in der Therapie des Platten­epithelkarzinoms sein. Lebensqualitäts-Daten liegen noch nicht vor, die mediane Nachbeobachtung beträgt 7,8 Monate undist damit kürzer als z. B. in IMpower 131 [17].
In der zweiten Studie, IMpower-131, wurden ebenfalls ausschließlich Platten­epithelkarzinome eingeschlossen. Das statistische Design war insofern komplexer, als drei Arme vorgesehen waren, von denen aber nur für die Arme B und C (nab-Paclitaxel + Carboplatin +/- Atezolizumab) bisher Ergebnisse vorgestellt wurden [18]. Obwohl wie in IMpower-150 das PFS für die Gesamtgruppe unter der Kombination bei einem mediane Follow-up von 17,1 Monaten signifikant besser war als im Chemotherapie-Arm (HR 0,71), fielen die Ergebnisse für das Gesamtüberleben nicht besser aus (HR 0,96). Der PFS-Vorteil war – wie in KEYNOTE-407 – abhängig von der PD-L1-Expression. Ein OS-Vorteil wurde ausschließlich in der TC3/IC3-Population gesehen (HR 0,56), bei TC1/2/IC1/2- und TC0/IC0-Status konnte kein Vorteil für die Chemotherapie-I/O Kombination gesehen werden. Somit führt die Kombination aus Chemotherapie und Atezolizumab im Gegensatz zur Kombination aus Chemotherapie und Pembrolizumab nicht zu einem PFS- und OS-Vorteil in allen PD-L1-Subgruppen – und dies, obwohl in IMpower-131 sämtliche Patienten nab-Paclitaxel erhalten hatten, während in KEYNOTE-407 nur 40% der Patienten diese Dexamethason-freie Chemotherapie bekommen hatten.
Der Unterschied in den Ergebnissen könnte durch den Antikörper bedingt sein, da Pembrolizumab in der Kombination sowohl mit Pemetrexed als auch mit Paclitaxel oder nab-Paclitaxel einen Vorteil erbrachte, Atezolizumab aber weder mit Paclitaxel noch mit nab-Paclitaxel einen ausgeprägten Effekt aufwies. Ob die IMpower-132-Studie, in der Pemetrexed und Atezolizumab bei Nicht-Plattenepithelkarzinomen kombiniert werden, einen Vorteil erbringt, wird vermutlich noch dieses Jahr durch die Präsentation der Daten geklärt werden.
Zusammenfassend sind die Kombinationen von Pembrolizumab und Chemotherapie aufgrund der KEYNOTE-189- und der KEYNOTE-407-Daten als neuer Standard in der Therapie des NSCLC anzusehen. Die Kombination des Sandler-Schemas (Carboplatin/Paclitaxel plus Bevacizumab) mit Atezolizumab hat einen Stellenwert in der Therapie von Patienten mit EGFR- und ALK-Alterationen, die keine zielgerichtete Therapie erhalten können. Diese Kombination hat ebenfalls überzeugende Daten bei Lebermetastasen generiert, sodass sie auch in dieser Indikation als Therapieprinzip mit den Patienten besprochen werden sollte.

I/O in der Erstlinientherapie: I/O-I/O-Kombination

Für Patienten mit Lungenkarzinom und einer hohen Rate an Komorbiditäten ist die Aussicht auf eine Chemotherapie-freie Behandlung grundsätzlich von Interesse. Diese Frage wurde in der CheckMate-227-Studie geprüft, in der Patienten nach PD-L1-Expression stratifiziert und in drei Arme randomisiert wurden. Für eine Subgruppe von Patienten, für die die Analyse der Tumor-Mutationslast vorlag, wurden die Ergebnisse der Randomisierung in die Arme Nivolumab/Ipilimimab vs. Chemotherapie vorgestellt [19], Daten aus der Gesamtstudie liegen noch nicht vor. Bemerkenswert ist, dass eine hohe TMB (≥ 10 Mutationen/Megabase [MB]) unabhängig von der PD-L1-Expression war. Patienten mit hoher TMB hatten mit Nivolumab/Ipilimumab einen statistisch hochsignifikanten PFS-Vorteil gegenüber der Chemotherapie (HR 0,53). Beim ASCO-Kongress wurde spezifisch die Gruppe der Patienten mit einer PD-L1 Expression von < 1% vorgestellt, für die es TMB-Daten gibt [20]. Der Cut-off-Wert der TMB betrug 10 Mutationen/MB und liegt somit etwas niedriger als in der OAK-Studie, wo ein Wert von 15 Mutationen/MB gewählt wurde. Die TMB-Daten wurden mittels des Foundation-One-Assays erhoben (s. hierzu Pathologie-Beitrag S. 260 ff.).
CheckMate-227 ist eine dreiarmige Studie, die eine Chemotherapie mit Nivolumab + Chemotherapie vs. eine Chemotherapie-freie I/O mit Ipilimumab-Nivolumab verglich. Das Konzept sah Histologie und PD-L1-Expressionsstatus als Stratifikationskriterien vor, die TMB jedoch war wegen der hohen Cross-over-Rate zwar ein präspezifizierter Parameter, die Analyse hierzu ist aber als Post-hoc-Analyse zu betrachten. Bisher liegen nur Daten zum PFS vor, OS-Daten sind aus dieser Studie bisher nicht publiziert worden [20]. Ein besonderer Fokus liegt auf der immerhin etwa die Hälfte der Patienten umfassenden Gruppe mit einer PD-L1-Expression von < 1%. Hier konnte gezeigt werden, dass Patienten mit einer TMB von ≥ 10 Mutationen/MB hinsichtlich PFS und Dauer des Ansprechens (DOR) von einer Ipilimumab-Nivolumab-Therapie profitierten – im Vergleich zu Nivolumab-Chemotherapie ebenso wie im Vergleich zur Chemotherapie alleine. Hingegen war das PFS für die Patienten, die PD-L1 < 1% und eine TMB von < 10 Mutationen/MB aufwiesen, für Chemotherapie allein und Nivolumab + Chemotherapie gleich schlecht.
Reife OS-Daten liegen noch nicht vor. Insbesondere bei Patienten mit PD-L1 0% könnte die TMB einen neuen prädiktiven Marker für I/O-I/O-Kombinationen darstellen. Ringversuche zur Standardisierung der TMB-Bestimmung in Deutschland laufen bereits an.


Immune-oncological approaches for non-small-cell lung cancer

Summary

Following the disruptive innovation of molecularly stratified targeted therapies another material advance was achiev­ed in the field of non-small-cell lung cancer (NSCLC) by the introduction of immune checkpoint inhibitors (I/O) – first starting in second-line treatment and followed by use as a monotherapy and meanwhile also combined with chemotherapy in first-line therapy. This field is subject to extremely rapid changes: At the annual conferences of AACR (American Association for Cancer Research) and ASCO (American Society of Clinical Oncology) several trials were presented which are destined to change clinical practice. In addition, immunotherapy is advancing into treatment of non-meta­static stages of NSCLC (s. article on early stages, p. 228).
Keywords: non-small-cell lung cancer, NSCLC, immune checkpoint inhibitors, immune oncology, nivolumab, ipilimumab, pembrolizumab, atezolizumab, durvalumab

Autor
Prof. Dr. med. Frank Griesinger
Klinik für Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinik Innere Medizin-Onkologie, Cancer Center Oldenburg, Pius-Hospital,
Universität Oldenburg
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