Update der Therapie des lokal fort­geschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms

Schwerpunkt

Die klinische und pathologische Heterogenität des lokal fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) wird durch die neue Stadieneinteilung der IASLC/UICC unterstrichen. Therapeutisch wird es aktuell je nach Substadium vor allem chirurgisch oder mittels simultaner Chemostrahlentherapie behandelt. Allerdings wird die Immuntherapie, die im Stadium IV bereits eine zentrale Rolle spielt, sich sehr bald auch zu einem integralen Bestandteil der Therapiealgorithmen im Stadium III entwickeln. PD-1- und PD-L1-Antikörper scheinen die Wirkung systemischer Therapien für einen erheblichen Anteil dieser Patienten signifikant zu verbessern, was die Langzeit-Überlebensraten verbessern dürfte. Die optimale Anwendung von Immuntherapien muss sich erst noch etablieren. Eine konsolidierende Immuntherapie mit dem PD-L1-Antikörper Durvalumab scheint nach den bisher verfügbaren Daten wirksam zu sein. Es gibt aber erste Hinweise, dass die gleichzeitige Anwendung von Immun- und Strahlentherapie ebenfalls machbar ist, und solche alternativen Regimes werden derzeit in klinischen Studien untersucht. Natürlich sind weitere Bemühungen in Grundlagen- und translationaler Forschung nötig, um mehr über die Mechanismen des Zusammenwirkens von Immun- und Radiotherapie sowie über mögliche Interaktionen zu lernen. Die Chirurgie könnte in diesem Kontext möglicherweise helfen, gute oder komplette pathologische Remissionen auf modifizierte Induktionstherapien zu identifizieren und mehr über die komplexen Wirkmechanismen der Immuntherapie in diesem Stadium des NSCLC herauszufinden.

Schlüsselwörter: lokal fortgeschrittenes nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom, NSCLC, IASLC/UICC-Stadieneinteilung, Radiochemotherapie, Immuntherapie, Durvalumab, Nivolumab, Pembrolizumab

Beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom sind immer noch um 25–30% der Patienten einem lokal-fortgeschrittenen Stadium zuzuordnen [1, 2]. Die wichtigste Innovation in den letzten fünfzehn Jahren war die konsequente Weiterentwicklung der simultanen Chemostrahlentherapie als definitive, kurative Therapiestrategie [3, 4]. Auch die Chirurgie hat weiterhin einen wichtigen Platz in dem Behandlungsalgorithmus für selektionierte Patientengruppen [5]. Damit ergeben sich je nach Subgruppe, prätherapeutischen Prognosefaktoren und vor allem geleitet durch relevante Komorbiditäten der Patienten eine Reihe von alternativen Behandlungsprotokollen [5–7]. Man muss nämlich konstatieren, dass das Stadium III auch weiterhin als sehr heterogen einzuschätzen ist. Die neue, aktuelle Stadien­einteilung der IASLC/UICC in der 8. Ausgabe trägt dieser Tatsache Rechnung [8–10]. Hier wird das Stadium III jetzt in drei Subgruppen unterteilt: IIIA, IIIB und IIIC [10]. Zu den lokal-fortgeschrittenen Stadien kann man durchaus auch noch einzelne Patienten im Stadium IIB zählen, besonders solche mit „Superior sulcus“-Tumoren (Pancoast-Tumoren) oder zentralen T3-Tumoren, bei denen Resektionen entweder als Pneumonektomie oder gar als inkomplette (R1/R2) Resektionen enden würden [11, 12]. Die Weiterentwicklung der definitiven Chemoradiotherapie hat in den letzten Jahren durch die negativen Ergebnisse der nordamerikanischen RTOG-Studie einen unerwarteten, aber relevanten Rückschritt erlitten [13]. Wir werden im Weiteren noch auf diese Situation zu sprechen kommen. Dennoch ist aktuell die lokale Therapie bei den Patienten nur marginal weiter zu verbessern. Aus dem Rückfallmuster der Patienten wird auch klar, dass der weitaus größere Teil systemische Rezidive erleidet [14]. Es dürfte deshalb Konsens sein, das vor allem eine Weiterentwicklung der systemischen Komponente die Behandlungsergebnisse signifikant verbessern könnte.
Hier haben die neuen Immuntherapien mit den PD-1- und PD-L1-Antikörpern neue, interessante Daten geliefert [15, 16]. Diese dürften auch die Behandlungskonzepte der Patienten mit lokal-fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinomen entscheidend revolutionieren. Die ersten bekannten Daten sind überzeugend; die Präsentation der Gesamtüberlebensdaten steht allerdings noch aus, auch wenn wir hierzu eine erste positive Mitteilung bekommen haben. Was aus den Daten allerdings noch nicht final zu entnehmen ist, ist die Auswahl der Patienten, die durch den Einsatz einer zusätzlichen Immuntherapie einen hoch relevanten Benefit erfährt. Für diese Abschätzung wäre es auch wichtig, mehr zum prinzipiellen Wirkmechanismus der Behandlungsmodalität Immuntherapie zu kennen. Solche präklinischen, translationalen und klinischen Forschungsschwerpunkte müssen in den nächsten Jahren rasch nachgearbeitet werden. Nur dann werden wir auch im Stadium III unseren Patienten eine mehr individualisierte, personalisierte Therapie anbieten können.

Heterogenität der Patientengruppen im Stadium III

Drei Entwicklungen haben unsere Einschätzung der Patienten mit NSCLC im Stadium III in den letzten drei Jahren nachhaltig verändert:
1.    Die Überarbeitung der Stadien­einteilung des NSCLC mit Revision der Kriterien für die T- und N-Deskriptoren und die konsekutive Zusammenfassung in der 8. Edition der IASLC/UICC-Stadieneinteilung 2016 und deren allgemeine Implementierung Anfang 2017 (siehe auch Abb. 1; [8–10]). Hier sind einzelne frühe Stadien mit N0- und N1-Status aufgrund ihrer günstigeren Prognose in frühere Stadien eingruppiert worden (T3N0, T3N1, T4N0, T4N1). Es gibt aber auch Patientenguppen, die in eine ungünstigere Stadiengruppe aufgenommen wurden (z. B. T3N2 als Stadium IIIB). Darüber hinaus ist eine neue Gruppe IIIC geschaffen worden, die jetzt Patienten mit einer deutlich ungünstigeren Langzeitprognose identifiziert. Für die Einschätzung neuer Behandlungsstrategien sollte also in Zukunft im Rahmen von klinischen Studien eine klare Patientencharakteristik anhand der neuen definierten Tumorstadien angegeben werden.
2.    Viele Patienten im Stadium III werden im Rahmen des Stagings aktuell bereits mittels PET-CT untersucht [17–19]. Diese Untersuchung dient zum einen zum Ausschluss bisher unerkannter Fernmetastasen und zur Vorbereitung des weitergehenden mediastinalen Stagings. Natürlich werden damit bereits klinische Selektionskriterien, basierend auf dieser Untersuchung, angewendet. Wir haben es also mit einem sogenannten Will-Rogers-Phänomen zu tun, das heißt mit einem positiven Selektions-Bias. PET-CT ist darüber hinaus auch ein wichtiges technisches Tool bei der Festlegung von Bestrahlungsfeldern in der Strahlenplanung geworden [20]. Hierdurch lässt sich eine deutlich rationalere Planung der Bestrahlung vornehmen und damit eine Schonung der gesunden Lungenanteile erzielen.
3.    An vielen Zentren in Deutschland und Europa erfolgt heute routinemäßig im Stadium III nach dem PET-CT eine ausgedehnte endobronchiale Ultraschalluntersuchung (EBUS) im Rahmen der Ausbreitungsdiagnostik [21]. Vorteil dieser Methode ist nicht nur die gleichzeitige Untersuchung von N2- und N3-Lymphknoten, sondern darüber hinaus ist auch eine Aussage möglich, ob mehrere N1-Lymphknoten zusätzlich befallen sind. Die wahre Ausdehnung des lokalen und lokoregionären Befalls kann bei den Patienten damit deutlich adäquater angegeben werden. Bei weiterhin suspekten Lymphknoten und EBUS-Negativität wird lokal immer noch über die anschließende Durchführung einer Mediastinoskopie nachgedacht [22]. Mit der sequenziellen Durchführung dieser neuen diagnostischen Methoden kann bei den Patienten eine deutlich bessere prognostische Zuordnung zu den einzelnen Tumorstadien vorgenommen werden. Diese Daten sind nicht nur für mögliche spätere operative Therapiemaßnahmen von besonderer Bedeutung. Auch im Rahmen der Festlegung von Bestrahlungskonzepten und -feldern sind diese ausführlichen Befunde nicht mehr wegzudenken. Als weiterer Pluspunkt dieser differenzierten Diagnostik ist auch die Bereitstellung von deutlich mehr Tumorgewebe aus Primärtumor und Lymphknoten zu nennen, was später möglicherweise zur Bestimmung molekularer Marker in der Rezidivsituation bei metastasierter Erkrankung genutzt werden kann (z. B. EGFR-Mutation, EML4-ALK-Translokation, ROS1-Mutation, NGS-Diagnostik).

Wichtige weitere prätherapeutische prognostische Faktoren im Stadium III

Neben der klassischen Stadieneinteilung sind im Stadium III natürlich weitere Faktoren bei der Festlegung der Behandlungsstrategien von Relevanz (Tab. 1). Hierzu gehören wichtige Komorbiditäten wie kardiopulmonale Risiken, Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus, weitere vaskuläre Schädigungen oder Leberinsuffizienz. Grundsätzlich zählt kalendarisches Alter nicht alleine zu den wichtigen pro­gnostischen Faktoren. Allerdings sind wir vorsichtiger bei Patienten ab einem Alter von ungefähr 75 Jahren. Hier sollte die kardiopulmonale Reserve mittels eingehender Diagnostik vor Behandlungsbeginn bestimmt werden. Für operative Interventionen gelten die gleichen Bedingungen wie bei jüngeren Patienten [23]. Auch vor definitiven Radiotherapie-Schemata sollte diese kardiopulmonale Risikoabschätzung grundsätzlich durchgeführt werden. Weitere wichtige negative prognostische Faktoren sind ein ungünstigerer Allgemeinzustand (ECOG 2 versus ECOG 0 und 1), Gewichtsverlust vor Diagnosestellung und über den Normwert erhöhte Serum-Laktatdehydrogenase (LDH). Eine chronische Niereninsuffizienz ist ähnlich wie eine chronische Leberinsuffizienz grundsätzlich problematisch zu bewerten, weil damit die systemische Therapiekomponente (Platin-Derivat und Dosierung) meistens deutlich eingeschränkt wird.

Operable Patienten im Stadium III (Tab. 2)

Nur eine sehr kleine Zahl von Patienten im Stadium IIIA wird in der initialen multidisziplinären Evaluation als in der Erstlinientherapie potenziell operabel eingestuft (meist T3N1). Patienten mit einem erst intraoperativen Nachweis eines N2-Lymphknoten-Befalles (Robinson IIIA1 und IIIA2) waren präoperativ nicht als Patienten im Stadium III zu erkennen [24]. Diese Patienten werden typischerweise mit adjuvanter Chemotherapie (vier Zyklen Cisplatin und Vinorelbin) und je nach individueller Entscheidung noch mit konsolidierender Radiotherapie behandelt, auch wenn die randomisierte Phase-III-Studie der EORTC bisher noch nicht abgeschlossen und publiziert ist [25]. Wenn die Patienten einen bereits nachgewiesenen N2-Lymphknotenbefall in EBUS oder Mediastinoskopie aufweisen, sollte eine Entscheidung für eine multimodale Therapie getroffen werden. Hier ergeben sich prinzipiell drei wichtige Therapieoptionen.
1.    Eine definitive Chemostrahlentherapie mit 60–66 Gy konventionell fraktionierter Radiotherapie (2 Gy pro Tag) und zwei bis drei Zyklen simultaner Chemotherapie aus Cisplatin und Vinor­elbin oder Cisplatin und Etoposid ist eine Standardbehandlung für diese Patientengruppe an vielen europäischen und nordamerikanischen Zentren [26, 27]. Manche Gruppen führen weiterhin eine kurze konsolidierende Chemotherapie aus zwei Zyklen durch, allerdings waren die Studien hierzu nicht wirklich positiv [28, 29]. Die Ergebnisse mit der Kombinationschemotherapie aus Cisplatin und Pemetrexed sind vielversprechend, haben aber leider keinen neuen Standard definieren können [30].
2.    Eine Induktionschemotherapie mit drei bis vier Zyklen Cisplatin und Taxan, gefolgt von definitiver operativer Resektion des Primärtumors und mediastinaler Lymphadenektomie bei Patienten mit allerdings nur minimaler mediastinaler Erkrankung (nicht bulky, nicht multiple LK; [31, 32]). Individuell ergibt sich die Möglichkeit, dann je nach Resektionsstatus eine postoperative Radiotherapie zu ergänzen [33].
3.    Eine Induktions-Chemoradiotherapie wie in der nordamerikanischen Intergroup-0139-Studie gefolgt von operativer Resektion [34].
4.    Die weltweit günstigsten Ergebnisse wurden bisher mit einem komplexen Induktions-Chemotherapieprotokoll aus drei Zyklen Cisplatin und Paclitaxel, gefolgt von simultaner hyperfraktioniert-akzelerierter Radiotherapie mit 45 Gy (in drei Wochen, 2 x 1,5 Gy/d) mit einem Zyklus Cisplatin und Vinorelbin und dann je nach Verlauf der Entscheidung zur definitiven operativen Resektion oder zum definitiven Chemostrahlentherapie-Boost (ESPATÜ-Studie) erzielt [35, 36]. Hier waren – an einer Population, die auch selektionierte Patienten im „alten Stadium IIIB“ umfasste – 5-Jahres-Überlebensraten von 44% bzw. 40% erzielt worden, und in der gesamten Intent-to–treat-Population von 246 Patienten eine 5-Jahres-Überlebensrate von 34% bei einer medianen Überlebensdauer von 32 Monaten [36]. Diese Ergebnisse waren eine prospektive Bestätigung der Ergebnisse der pivotalen deutsch-französischen Phase-II-Studie [35].
Bei den Optionen 2, 3 und 4 kann nach operativer Resektion des Primärtumors und der mediastinalen Lymphknoten eine pathologisch-komplette Remission als intermediärer (Surrogat-)Endpunkt erfasst werden. Dieses innovative Konzept werden wir später noch kurz vorstellen.

Inoperable Patienten im Stadium III (Tab. 3)

Für diese Patientengruppe hat sich die simultane Chemoradiotherapie mit 60–66 Gy als konventionell-fraktionierte Radiotherapie mit zwei bis drei Zyklen Cis­platin-basierter Chemotherapie durchgesetzt [37]. Eine konsolidierende Chemotherapie wird an machen Zentren gegeben, hat aber bisher in randomisierten Studien keine signifikant günstigeren Ergebnisse erbringen können [38]. Als Chemotherapie-Protokoll wird in Europa sehr gerne eine Cisplatin-basierte Therapie vorgeschlagen. Typischerweise wird Cisplatin und Vinorelbin oder Cisplatin und Etoposid eingesetzt. Die in Nordamerika sehr gerne durchgeführte Therapie mit wöchentlicher Gabe von niedriger-dosiertem Carboplatin und Paclitaxel hat in der RTOG-Intergroup-Studie möglicherweise aufgrund von günstigerer Patientenselektion relativ gute Ergebnisse erbracht [13]. Allerdings sprechen alle anderen vorhandenen Daten dafür, besser Cis­platin-basierte Kombinationen zu verwenden, um einen günstigeren Effekt der Kombination mit Strahlentherapie zu erreichen [39]. Auch die in einer großen Phase-III-Studie geprüfte Kombination Cisplatin und Pemetrexed konnte insgesamt sehr überzeugende Daten liefern.
Wir würden deshalb nur bei wirklich Nicht-Cisplatin-fähigen Patienten über eine Gabe der Kombination aus Carboplatin und Paclitaxel in diesem Konzept nachdenken. Aufgrund unserer sehr positiven Erfahrungen mit dem ESPATÜ-Regime würden wir prinzipiell die Therapie bei Patienten in den Stadien IIIA und IIIB mit einer Induktions-Chemotherapie aus Cisplatin und Paclitaxel beginnen. Danach kann man in dieser Gruppe wie in der ESPATÜ-Studie eine definitive, simultane Chemostrahlentherapie mit 66–71 Gy Radiotherapie anschließen. Die Chemotherapie-Komponente besteht in unserem Konzept typischerweise aus Cisplatin und Vinorelbin (zwei Zyklen). In selektionierten Fällen kann auch bei Patienten im Stadium T3N2 (neues Stadium IIIB) oder bei einzelnen Patienten mit N3-Befall ein solches Konzept versucht werden. Auch hier zeigte sich bei unseren Patienten das ESPATÜ-Protokoll sehr effektiv und wird deshalb von uns als Standardprotokoll bevorzugt. Über diese Strahlentherapie- und Chemotherapie-Komponente hinaus sind Verbesserungen durch konventionelle Chemotherapie bzw. Radiotherapie bisher in klinischen Studien nicht bestätigt worden. Diese Tatsache hat dazu geführt, dass aktuell neue, innovative Therapiestrategien wie die neue Immuntherapie in die Behandlungsprotokolle inte­griert werden sollen.

Immuntherapie im Stadium III (Tab. 4)

Mit den Daten der großen randomisierten Phase-III-Studie PACIFIC ist ein neues Kapitel bei den Behandlungsoptionen für Patienten im inoperablen Stadium IIIA, IIIB und IIIC aufgeschlagen worden [15]. Hier ist es zum ersten Mal gelungen, die Behandlungsergebnisse im Stadium III über die aktuell günstigsten Langzeitergebnisse hinaus signifikant zu verbessern. Im Rahmen der großen, prospektiv-randomisierten Studie wurde die 12-monatige Gabe des PD-L1-Antikörpers Durvalumab als Erhaltungstherapie nach definitiver Chemostrahlentherapie gegenüber Plazebo getestet. Der Benefit beim medianen progressionsfreien Überleben wurde mit einer Verlängerung um elf Monate beschrieben [15], eine Verbesserung, die so vorher noch nie für andere Therapieansätze berichtet worden ist. Mittlerweile ist neben den signifikant günstigeren PFS-Daten im Rahmen einer Pressemitteilung auch eine signifikante Verbesserung der Gesamtüberlebensdaten (Overall Survival) mitgeteilt worden [40]. Wir erwarten in den nächsten Monaten die Publikation dieser Daten in einem wichtigen Journal und wissen, dass diese Innovation bei der EMA zur Registrierung eingereicht worden ist. Es ist also davon auszugehen, dass wir in den nächsten Monaten hier eine ganz neue Therapiemodalität für unsere Patienten im Stadium III zur Verfügung haben werden.
Zu anderen Checkpoint-Inhibitoren sind ebenfalls erste Phase-II-Daten für das Stadium III berichtet worden. So wurde in diesem Jahr auf dem amerikanischen Krebskongress in Chicago (ASCO) eine Phase-II-Studie mit dem PD-1-Antikörper Pembrolizumab im gleichen Setting einer Konsolidierungstherapie nach definitiver Chemoradiotherapie vorgestellt [40]. Die Therapie war machbar, die Toxizitäten akzeptabel und die ersten Ergebnisse vielversprechend. Allerdings handelte es sich nur um ein erstes Signal im Rahmen einer Phase-II-Studie, sodass Phase-III-Daten noch folgen müssen, um hier eine genauere Evaluation zuzulassen.
Neben der Konsolidierungstherapie nach Chemostrahlentherapie bietet sich auch der simultane Einsatz von Checkpoint-Inhibitoren mit der Strahlentherapie als Behandlungsstrategie an. Hier wurden in Chicago ebenfalls erste Daten zu Nivolumab aus einer Phase-II-Studie der ETOP berichtet [41]. Dieses Konzept erscheint machbar, die Toxizitäten akzeptabel, aber wir müssen hier ebenfalls Phase-III-Daten abwarten, bevor wir diese Kombination von der Effektivität her abschließend bewerten können. Zumindestens präklinisch gibt es erste Hinweise, dass sich ein solcher simultaner Einsatz bezüglich der immuntherapeutischen Effekte prinzipiell günstig auswirken könnte. Wir werden also in den nächsten Jahren den Einsatz von PD-1- und PD-L1-Antikörpern in Kombination mit Radiotherapie oder Chemoradiotherapie noch weiter klinisch und translational untersuchen müssen, um uns ein klareres Bild über die ablaufenden Interaktionen zwischen den Therapiemodalitäten machen zu können.

Sonderfälle: „Superior-sulcus“-Tumoren („Pancoast“-Tumoren)

Bei diesen häufig relativ kleinen Tumoren, die aber sehr ungünstig im Sulcus superior der Lunge lokalisiert sind, gibt es zwei grundsätzliche Probleme. Erstens sind die Tumoren bei den Patienten oft sehr ungünstig diffus in vitale Gewebe wie Gefäße und Nerven eingewachsen, sodass eine alleinige primäre Resektion nicht immer komplett (R0) gelingt. Inkomplette R1- oder R2-Resektionen bedeuten aber, dass die Patienten hinterher meist nicht als endgültig geheilt gelten können. Zweitens führt die Invasion in vitale Gewebe und die Nähe zum Nervensystem dazu, dass eine definitive, kurativ intendierte Aufsättigung der Radiotherapie-Dosis auf 60–66 Gy meist nicht möglich ist. Aus diesem Grund hat die Southwest Oncology Group in Nordamerika schon vor Jahren eine wichtige Studie mit präoperativer simultaner Chemostrahlentherapie, gefolgt von Resektion, durchgeführt [11]. Die Ergebnisse waren so überzeugend, was die komplette Resektionsrate und die Langzeitergebnisse betrifft, dass dieses Vorgehen mittlerweile für diese Tumorentität als Standardvorgehen allgemein akzeptiert ist. Eine vergleichbar ungünstige Situation bezüglich der kompletten Resektabilität ergibt sich übrigens häufig auch bei großen zentralen T3-Tumoren, sodass auch in dieser Lokalisation häufig multimodale Therapiekonzepte im Sinne einer präoperativen Induktionsbehandlung versucht werden. Manchmal lässt sich durch ein solches aggressives Vorgehen danach sogar eine komplette Pneumonektomie vermeiden. Dieses Vorgehen wird von manchen Arbeitsgruppen vorgeschlagen, ist aber hinsichtlich der Datenlage noch nicht ausreichend abgesichert.

Aktuelle Behandlungs­algorithmen im Stadium III

Abb. 2 zeigt mögliche aktuelle Behandlungsalgorithmen im Stadium IIIA, IIIB und IIIC (siehe auch [5]). Lokal wird das Vorgehen des multimodalen Behandlungsteams häufig durch die Expertise aus der Strahlentherapie und der Thoraxchirurgie entscheidend beeinflusst. So sind in Deutschland einige Arbeitsgruppen in der Lage, mit ausreichender Sicherheit und nicht relevant erhöhter Toxizität nach komplexen Induktionstherapie-Protokollen inklusive Strahlentherapie zu operieren. Andere Arbeitsgruppen haben sich mehr auf die Durchführung von Induktionschemotherapie-Protokollen, gefolgt von der Operation, festgelegt. Wieder andere Gruppen haben eine hervorgehobene Expertise in der Strahlentherapie (konformal, 4D-Strahlentherapie, Tomotherapie, Partikel- oder Protonentherapie) und versuchen deshalb die definitiven, kombinierten Chemoradiotherapie-Protokolle weiter zu optimieren. Wichtig ist, dass die kurative Option der multimodalen Therapie in den Zentren den Patienten vor Ort ausreichend breit angeboten wird. Hier hat sich der Aufbau und die Entwicklung der zertifizierten Lungenkrebszen­tren in Deutschland als sehr hilfreich für die Verbesserung der Behandlungsqualität und -realität erwiesen [42].

Mögliche Studienkonzepte im Stadium III

Interessant sind momentan alle Studienkonzepte, die die neuen Immuntherapien mit PD-1- und PD-L1-Antikörpern in multimodale Behandlungskonzepte im Stadium III zu integrieren versuchen. Über die simultanen Konzepte mit Immuntherapie und Strahlentherapie wurde oben schon berichtet. Auch komplexere multimodale Protokolle wie eine Induktionschemotherapie, gefolgt von Operation, oder Induktions-Chemoradiotherapie, gefolgt von Operation, können durch die Zugabe von Checkpoint-Inhibitoren zur Chemotherapie oder Strahlentherapie bzw. als Konsolidierungsbehandlung ebenfalls noch weiterentwickelt werden. Teilweise laufen erste Phase-II- oder randomisierte Phase-II-Studien zu solchen Fragestellungen.
Wir haben aktuell ein Protokoll im Rahmen der AIO-Gruppe zu thorakalen Tumoren unter Beteiligung der Strahlentherapeuten und der Thoraxchirurgen geplant, in dem das ESPATÜ-Schema der multimodalen Therapie im Stadium IIIA/IIIB plus/minus Checkpoint-Inhibitor im Rahmen einer randomisierten Phase-II-Studie untersuchen wird [43]. Das Protokoll ist bereits fertiggestellt und bei der Ethikkommission eingereicht worden. In den nächsten Monaten werden wir deshalb in Deutschland rasch mit der Rekrutierung dieser Studie beginnen, zumal wir besonders auch den Surrogat-Endpunkt der pathologischen Komplettremission (pCR) im Resektat nach komplexem Induktions-Chemostrahlentherapie-Schema untersuchen werden.

der biologisch/immunologisch die Patienten identifizieren kann, bei denen die Immuntherapie entweder besonders gut oder besonders schlecht wirkt. Solche Marker-Untersuchungen werden wir in den kommenden Jahren noch weiter optimieren müssen.
Die aktuellen Daten aus großen randomisierten Phase-II-Studien haben gezeigt, dass die Kombination von konventioneller Chemotherapie mit Pembrolizumab einerseits und Atezolizumab andererseits noch günstigere Ergebnisse als die alleinige Chemotherapie in der Primärbehandlung bei metastasierter Erkrankung zeigt [44–46]. Es dürfte konsequent sein, solche multimodalen Induktionsbehandlungen mit konventioneller Chemotherapie und Immuncheckpoint-Inhibitor im Stadium III präoperativ einzusetzen und deren Effektivität zu beurteilen (s. a. Abb. 3).

Daneben sind solche komplexen Therapien mit eingebauten Surrogat-Endpunkten entscheidend, um die Selektion der Patienten für diese Therapien zu ermöglichen. Wir müssen für die Immuntherapie nacharbeiten, welche Patienten neben denen mit hoher PD-L1 Expression im Tumorgewebe den größten Benefit von der Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren haben [46]. Klar ist bisher nur, dass der Marker PD-L1 sicher nicht der entscheidende alleinige Biomarker bleiben wird. So scheint die „Tumor Mutational Burden“ ein zusätzlicher Marker zu sein,

Innovative Therapie­strategien im Stadium III (und früher!)

Im Rahmen eines Workshops der IASLC (International Association for the Study of Lung Cancer) mit der FDA (Food and Drug Adminstration) wurde Anfang März in Washington die Möglichkeit diskutiert, die konditionale Zulassung von neueren Medikamenten beim NSCLC von einem präoperativen Einsatz und dem Erreichen von kompletten oder „majoren“ pathologischen Remissionen abhängig zu machen [47]. Dieses Konzept hat sich in den letzten zehn Jahren beim Mammakarzinom sehr erfolgreich etablieren lassen. Die FDA selbst hat aus den bisherigen Daten der konditionalen Zulassungen und der finalen Bestätigung in späteren großen randomisierten Phase-III-Studien eine sehr positive Zwischenbilanz gezogen [47]. Für einen Einsatz dieses Prinzips beim NSCLC fehlen aber noch ausreichende Basis-Datensätze zum Erreichen von pathologischen Remissionen nach präoperativem Einsatz der aktuellen Standardprotokolle. Sollte dies aber in einem kurzen Zeitraum nachgearbeitet werden, ließe sich in der Folge eventuell das Zulassungsverfahren beim NSCLC für neue Medikamente erheblich beschleunigen. Solche innovativen Vorgehensweisen sind sehr spannend und sollten von allen, die Patienten mit Lungenkarzinomen behandeln, grundsätzlich mit unterstützt werden. Denn die Schnelligkeit der Innovationen beim NSCLC hat sich in den letzten fünf bis zehn Jahren sehr gesteigert, sodass man die Verzögerungen durch die langen Nachbeobachtungszeiten der randomisierten Studien nicht mehr akzeptieren sollte. Entscheidend verkürzen ließe sich die Einführung neuer, sehr aktiver Medikamente bei unseren Patienten durch die Möglichkeit, sie über konditionale, vorübergehende Zulassungen frühzeitig anzubieten.


Update therapy of locally advanced non-small-cell lung cancer

Summary

The clinical and pathological heterogeneity of locally advanced non-small-cell lung cancer (NSCLC) has been emphasized by the new IALSC/UICC staging system. The mainstay of therapy currently is surgery or concurrent chemoradiotherapy, depending on the respective substage. Immunotherapy, however, will soon evolve as an integral part of the treatment algorithms in stage III NSCLC. PD-L1(PD-1)-antibodies seem to significantly increase the systemic efficacy of treatment for quite a number of patients (fig. 3). This leads to improving long-term survival results for the population in this stage. The optimal administration of immunotherapy has yet to be established. Consolidation immunotherapy with the PD-L1 antibody durvalumab seems to work based on the data we do have so far, but there are first signals that concurrent application of immunotherapy and radiotherapy is also feasible and there are trials ongoing to explore this alternative application sched­ule. Needless to say, that we need further basic and translational research to explore the mechanism of action between immunotherapy and radiotherapy and to investigate the different interactions. Surgery in this setting could probably help to identify major or complete pathological responses to modified induction treatments and further investigate the complex mechanism of action of immunotherapy in this tumor entity and stage.
Keywords: locally advanced non-small-cell lung cancer, NSCLC, IASLC/UICC staging, radiochemotherapy, immunotherapy, Durvalumab, nivolumab, pembrolizumab

Autoren
Dr. med. Wilfried Eberhardt
Innere Klinik (Tumorforschung), Westdeutsches Tumorzentrum
Universitätsmedizin Essen, Ruhrlandklinik
Dr. med. Michael Pogorzelski
Innere Klinik (Tumorforschung), Westdeutsches Tumorzentrum
Universitätsmedizin Essen, Ruhrlandklinik